Protokoll der Sitzung vom 29.06.2006

[Kaczmarek (CDU): Kaczmarek!]

wurden geregelt, und die Wahrung betriebswirtschaftlicher wie auch Landesinteressen sind in ein vernünftiges Verhältnis gebracht worden. Das war notwendig, um die Entscheidungsprozesse im Aufsichtsrat zu beschleunigen. Das wissen Sie doch auch! Wir haben jetzt eine Aufsichtsratssitzung weniger, wenn wir eine Pattsituation haben. Das sollten wir zumindest einmal festgestellt haben. Aber ich hatte bei Ihrem Vortrag den Verdacht, dass Sie das Gesetz überhaupt nicht gelesen haben.

[Wansner (CDU): Kaczmarek!]

Durch die Pflicht zur Nachkalkulation von Tarifen wird eine für die Verbraucher sehr nützliche Transparenz eingeführt, die geplante mit tatsächlichen Einnahmen abgleicht und ggf. zu viel gezahlte Gebühren praktisch wieder an die Nutzer und Gebührenzahler zurückgibt. Mit diesem Vorschlag ziehen wir die Konsequenz aus dem Gebührenskandal bei der BSR und reagieren auf die Erkenntnisse des Sonderausschusses BSR des Abgeordnetenhauses in dieser Legislaturperiode.

Meine Damen und Herren! Ich bitte Sie um Zustimmung zu unserem Gesetz.

[Beifall bei der Linkspartei.PDS und der SPD]

Herr Kollege Doering! Der Kollege Kaczmarek heißt Kaczmarek. Sie haben das, glaube ich, immer nicht ganz richtig ausgesprochen, wenn ich das mitbekommen habe.

[Gram (CDU): Er hat die Unterschrift unter der Rede gelesen!]

Aber an seiner Reaktion habe ich gemerkt, dass er durchaus gemerkt hat, dass er gemeint war.

Ja, das war offenkundig für uns alle. Aber trotzdem war es falsch ausgesprochen. – Schönen Dank, Herr Kollege Doering! – Jetzt geht es weiter mit dem Kollegen Thiel für die Fraktion der FDP. – Bitte schön, Herr Thiel!

Wir haben schon im Zusammenhang mit dem Teilprivatisierungsgesetz diskutiert, dass die von Ihnen eingeführten neuen Verzinsungsregelungen zu einer systematischen Gebührenerhöhung führen können. Das ist eine staatliche garantierte Kapital

verzinsung auf Kosten der Gebührenzahler. Das ist nicht Modernität und nicht Wettbewerb, sondern Ausplünderung. Das ist ungeheuerlich. Es ist auch von der Konstruktion her noch nie da gewesen, dass das unternehmerische Risiko auf eine solche Art und Weise ausgeschaltet wird. Zahlen muss dafür der Tarifkunde. Das ist alles andere als ein Zukunftsmodell, das ist nicht wegweisend.

Ich weiß es, aber die Regelung, die Sie jetzt in dem Teilprivatisierungsgesetz vorgenommen haben, entspricht der alten Regelung, nur dass Sie den Faktor R eingeführt haben.

Das würde wirklich zu weit gehen, Sie dermaßen in Schutz nehmen zu wollen. Nein, unser Antrag, den wir Ihnen vorgelegt haben, geht in die richtige Richtung. Wir sind für Wettbewerb. Wir sind gegen die Staatswirtschaft. Herr Wolf, Sie brauchen sich nicht zu wundern, wenn Sie, statt nach vorn zu schauen und sich dem Wettbewerb positiv zu öffnen, um die Chancen zu erkennen, immer lieber in den Rückspiegel schauen und dabei melancholisch an vergangene Zeiten denken und irgendwann an der Wand der Realität aufwachen. – Ich danke Ihnen!

Danke schön, Herr Präsident! – Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich habe den Eindruck, dieses Gesetz, das wir jetzt vorgelegt bekommen haben und in II. Lesung beraten, soll ein wenig die Krönung der Wolfschen Wirtschaftspolitik darstellen: Sicherung der Staatswirtschaft über die Legislatur hinaus. – Herr Wolf, wenn man sich nur die letzten Jahre Ihrer Aktivitäten als Wirtschaftssenator ansieht, dann ist es auffällig, dass Sie immer einen Hang hatten, zu Gunsten der Staatswirtschaft zu intervenieren. Das war beim Teilprivatisierungsgesetz Berliner Wasserbetriebe so. Ganz unglücklich war Ihre große Euphorie beim BVG-Tarifvertrag: Förmlich Arm in Arm mit dem Regierenden ließen Sie sich als die Retter der Berliner Wirtschaft feiern. Die Zeche werden wir in ein paar Jahren zahlen, wenn die Berlin Transport GmbH nämlich nur noch eine tote Hülle ist. Die kleinen Pflänzchen, den Versuch, mit den Beschäftigten zusammen ein wenig Personal abzubauen, haben Sie konterkariert – oder aber auch die vollkommen unverständliche Vergabe des Facility-Managements der Charité förmlich nach Großkombinatsart zugelassen – alles immer zu Gunsten staatlicher Einflussnahme, zu Gunsten der Staatswirtschaft und gegen private Unternehmer gerichtet. Wettbewerb soll es nur so weit geben, wie Sie ihn noch kontrollieren können, also maximal 49 %. Ansonsten sitzen wir lieber als Senator da im Aufsichtsrat und wollen mitbestimmen, was los ist.

Es wurde schon von der Kollegin Paus darauf hingewiesen, dass nach ihrem Verständnis – das teilen wir – nach dem Wettbewerbsrecht AöRs keine InhouseVergaben annehmen dürfen, also keine Direktvergaben gemacht werden dürfen. Die geplante EU-Novelle wird wahrscheinlich noch schärfer sein. Sie wird jegliche wirtschaftliche Aktivität außerhalb der eigenen Grenzen eines Landes verbieten. Ich bin gespannt, wie wir das Gesetz nachher wieder flicken müssen, wenn die BVG oder vielleicht die Stadtreinigung ihre Aktivitäten allein innerhalb anderer Bundesländer, die sie vorhaben, einstellen müssen. Wir halten deswegen eine viel einfachere, konsequentere Regelung für sinnvoll: Solange es AöRs gibt, sollen sie sich gar nicht am Wettbewerb beteiligen. Sie sollen die Aufgaben, die Sie meinen, ihnen zumuten zu müssen oder zuweisen zu wollen, wahrnehmen, aber sie sollen auf Grund ihrer besseren Stellung gar nicht am Wettbewerb – weder im In- noch im Ausland – teilnehmen.

Das Gesetz sieht leider gar keinen Anreiz vor, Kosten zu senken, sondern es beschreibt nur, wie die Kosten weiterverteilt werden können. Auf die Gefahr von möglichen Tariferhöhungen gerade durch diese unglaublich schlechte Verzinsungsregelung der Berliner Wasserbetriebe haben schon einige vor mir hingewiesen. Mit Erlaubnis des Herrn Präsidenten zitiere ich dazu:

So weit der damalige Abgeordnete Wolf am 1. Juli 1999 in diesem Hause.

[Dr. Lederer (Linkspartei.PDS): Stimmt immer noch!]

Herr Wolf, ich habe den Eindruck, das Amt formt den Menschen und sein Denken. Damals waren Sie einer der vehementesten Gegner. Heute, weil es so schön ist, Senator zu sein, sind Sie einer der vehementesten Befürworter solcher unsinnigen Regelungen. Ihre Politik, Herr Wolf, geht in eine falsche Richtung. Sie sind eben – das muss man auch einmal zu Ihrer Ehrenrettung sagen – nicht, wie manche behaupten, in irgendeiner Form ein Neoliberaler.

[Gelächter bei der Linkspartei.PDS]

[Beifall bei der FDP]

Danke schön, Herr Kollege Thiel. – Zuerst lasse ich über den Änderungsantrag der Grünen Drucksache 15/4938-1. Wer diesem Änderungsantrag der Grünen zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Das sind die Grünen. Die Gegenprobe! – Das sind FDP, SPD und Linkspartei.PDS. Letzteres war die Mehrheit. Dann ist der Antrag abgelehnt. – Die CDU enthält sich. – Danke schön!

Zur Beschlussvorlage empfehlen die Ausschüsse mehrheitlich gegen die Stimmen der Oppositionsfraktionen die Annahme der Änderung. Wer so gemäß der Drucksache 15/4938 unter Berücksichtigung der Beschlussempfehlung Drucksache 15/5363 beschließen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Das sind SPD und Linkspartei.PDS. Die Gegenprobe! – Das sind die Grünen, CDU und FDP. Ersteres war die Mehrheit. Dann ist das so beschlossen.

Schriftliche Erklärung des Abg. Lorenz (SPD) zur Abstimmung nach § 72 GO Abghs:

Zu meinem Abstimmungsverhalten bei der dringli

chen II. Lesung des Betriebe-Gesetzes gebe ich folgende Erklärung ab. Ich habe aus folgenden Gründen gegen die Annahme des Berliner Betriebe-Gesetzes (BerlBG) Drucksache 15/4938 gestimmt:

Das Betriebe-Gesetz ist ein „Trojanisches Pferd“, das

die allgemein abgelehnten Regelungen zur Renditekalkulation des Teilprivatisierungsgesetzes Wasser nicht nur legitimiert, sondern nunmehr auf alle anderen Betriebe, die sich im Eigentum des Landes Berlin befinden, ausdehnt. Wenn der Vertreter der PDS in der Debatte die Regelungen dieses Teilprivatisierungsgesetzes zu Recht als unverantwortlich bezeichnete, missachtet er die einfachsten Gesetze der Denklogik, wenn er diese Regelungen nicht nur bestätigt, sondern sie auf die anderen Betriebe

vor allen Dingen die BSR – ausdehnt.

Das Teilprivatisierungsgesetz Wasser war ein ab

schreckendes Beispiel für ein misslungenes ÖPP-Modell. In der Kritik an diesem Gesetz sind sich alle Parteien und Verbände einig. Dieses Gesetz forderte geradezu auf, es selbst und die durch ihre Regelungen bedingten Zustände zu revidieren. Meine Partei, die SPD, hat dies Wahlprogramm sogar angekündigt. Diese Versprechen wird durch das neue Betriebe-Gesetz fast unerfüllbar.

In der Praxis wir das Gesetz notwendig zu Preissteige

rungen bei der Stadtreinigung führen und die weiteren Preissteigerungen der Wasserpreise legitimieren. Die Novellierung des Teilprivatisierungsgesetzes Wasser im Jahr 2003 bedeutete für die Kunden eine zusätzliche Belastung von 44 Millionen € jährlich allein durch die Änderung der Abschreibungsmethode in der Preiskalkulation. Diese Regelung wird nunmehr auch für die BSR verpflichtend eingeführt.

Auf Grund meiner langen Tätigkeit im Abgeordneten

haus weiß ich, dass die Betroffenen keine gesetzliche Möglichkeit ausgeschöpft lassen, wenn sie ihnen Vorteile bringt. Zusicherungen für Zeitpunkte bis zur Neuwahl haben für mich lediglich den Charakter einer Täuschung der Wähler.

Diese und andere Umstände haben es mir daher un

möglich gemacht, als Abgeordneter, der die wirtschaftliche Not der Menschen kennt, diesem Gesetz zuzustimmen. Das geringe Einkommen Hunderttausender Berliner wird abermals geschmälert durch Kosten, die allein privaten oder öffentlichen Betrieben zugute kommen. Die Kaufkraft der Menschen und damit ihre Lebensqualität wird so abermals gemindert.

Dieses fast unbemerkt „durchgewinkte“ Gesetz halte

ich wegen seiner Auswirkungen für einen der schwersten Fehler der Legislaturperiode.

Zum Antrag der Fraktion der FDP wird die Überweisung an den Ausschuss für Wirtschaft, Betriebe und

Technologie und an den Hauptausschuss empfohlen. – Dazu höre ich keinen Widerspruch. Dann wird so verfahren.

Ich rufe auf die

lfd. Nr. 10 O:

Dringliche II. Lesung

Gesetz zum Vertrag des Landes Berlin mit der Evangelischen Kirche Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz

Beschlussempfehlungen Kult und Haupt Drs 15/5367 Vorlage – zur Beschlussfassung – Drs 15/4764

Der Dringlichkeit wird nicht widersprochen.

Ich eröffne die II. Lesung und schlage vor, die Einzelberatung der drei Paragraphen miteinander zu verbinden, wozu ich keinen Widerspruch höre. Ich rufe auf die Überschrift, die Einleitung sowie die Paragraphen 1 bis 3 gemäß Drucksache 15/4764.

Der Kollege Schruoffeneger hat für die Fraktion der Grünen das Wort. – Bitte schön, Herr Schruoffeneger!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir reden hier über das Verhältnis eines der wichtigsten Träger gesellschaftlicher Entwicklung in der Bundesrepublik zum Land Berlin, über das Verhältnis von Kirche zu Staat und damit auch über einen Großteil der kulturellen Entwicklung und der kulturellen Basis mitteleuropäischer Staaten. Dabei geht es nicht nur um die historische Rolle von Kirchen in der Gesellschaft und von Religion. Auch in unseren modernen Gesellschaften hat Religion und Kirche einen wesentlichen Einfluss. Ich will erinnern an das Sozialwort der beiden großen christlichen Kirchen vor knapp 10 Jahren, die damals die sozialpolitische Debatte in Deutschland wesentlich mitbestimmt haben. Ich will aber auch auf die vielfältigen Interventionen von Katholischer und Kvangelischer Kirche zum Beispiel in Fragen von Asyl und Flüchtlingsrechten in der Bundesrepublik, verweisen. Das macht deutlich, dass Kirche die Gesellschaft wesentlich mit beeinflusst und mitbestimmt. Wenn wir in die USA schauen, ist es dort eine andere Richtung, die mitbestimmt. Aber auch dort gibt es einen großen politischen Einfluss von Kirchen, die damit die Gesellschaft prägen. Wir reden über eine wichtige Institution und über ein wichtiges Zusammenspiel von zwei verschiedenen großen Trägern gesellschaftspolitischer Debatten.