Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Hoffmann! Von Ihrem Fraktionsvorsitzenden können Sie noch etwas zum guten Benehmen lernen. Wir haben in den letzten Plenarsitzungen immer wieder über die Probleme gesprochen, die es auch noch zwei Jahre nach der Einführung der Hartz-Gesetze gibt.
Herr Hoffmann! Wir haben auf Landesebene nur einen sehr geringen Spielraum, etwas zu ändern. Ich glaube, das sollten Sie mal zur Kenntnis nehmen.
Was auch nicht stimmt! – Trotzdem, Herr Hoffmann, möchten wir dazu beitragen, dass sich die Probleme in den Jobcentern verbessern, dass sie gelöst werden. Dafür haben wir Ihnen entsprechende Anträge vorgelegt, nämlich solche, die Vorschläge machen, wie die Verbesserung und die Beratung und Betreuung von Langzeitarbeitslosen herbeigeführt werden kann.
Darüber haben wir schon einmal diskutiert. Sie sind auf bestimmte Punkte eingegangen, Frau Grosse auch. Ich will noch einmal ein paar Sachen schlagwortartig nennen. Wir brauchen – das ist ein zentraler Punkt – qualifiziertes und von der Anzahl her ausreichendes Personal in den Jobcentern. Das bedeutet aber auch, dass die jetzt befristeten Verträge der Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen, die – wie wir alle wissen – auslaufen, in diesem Jahr entfristet werden.
Herr Hoffmann! Dafür zuständig ist die Bundesregierung und nicht dieser Senat. Der Senat kann die Verträge nicht entfristen.
Machen Sie was! – Herr Hoffmann! Da gibt es nur einen Vorschlag: Die Verträge müssen entfristet werden. – Was soll man denn da für einen Vorschlag machen? Das ist ein arbeitsrechtlicher Akt, da muss man nicht viel vorschlagen, also braucht man nicht viel Phantasie.
Wir machen Vorschläge, wie die Serviceleistungen in den Jobcentern im Sinne der Betroffenen verbessert werden können. Dazu gehört auch, wie Menschen mit Behinderungen besser beraten und betreut werden können. Und wir haben in einem Antrag ein Konzept für den Ausbau des öffentlich geförderten Beschäftigungssektors vorgelegt.
Die Senatsverwaltung hat sich außerdem entschlossen – auch darauf ist Frau Grosse kurz eingegangen –, eine Beschwerdestelle einzurichten, die die eingehenden Beschwerden von Hartz-IV-Empfangenden bearbeiten wird. Sie kann nicht die Aufgaben wahrnehmen, die die Grünen in ihrem Antrag vorgeschlagen haben, die hatten eine Ombudsstelle gefordert, weil die gesetzlichen Regelungen dazu nicht ausreichen. Trotzdem finde ich, es ist ein guter Schritt, um weitere Verbesserungen herbeizuführen. Aber ich sage auch, dass das nicht die Einrichtung von Widerspruchsstellen in den Jobcentern vor Ort ersetzt. Dafür werden wir uns weiter einsetzen, ich hoffe, mit Ihrer Unterstützung. – Herr Hoffmann! Ich gucke immer in Ihre Richtung, dafür muss das SGB II geändert werden, auch eine Bundesangelegenheit.
Über einen Antrag haben wir noch nicht geredet, das ist der Antrag der CDU zum ÖBS. Ehrlich gesagt, der ist mir in weiten Teilen ein großes Rätsel. Herr Hoffmann! Ich hatte gedacht, Sie gehen noch mit einem Wort darauf ein, das ist nicht passiert. Wenn Sie unseren Antrag gelesen
hätten, Drucksache16/0312, hätten Sie feststellen können, dass all Ihre Fragen aus Ihrem Antrag dort beantwortet werden.
Wir haben Ihnen ein Konzept für einen öffentlich geförderten Beschäftigungssektor vorgelegt, was Sie erwarten. Dort werden genauso wie in der Koalitionsvereinbarung die Zielgruppen genannt, wie Sie fordern.
In diesem Antrag werden auch Finanzierungsmöglichkeiten aufgezeigt. Das beinhaltet auch, dass die Entgelte und die Entgeltvarianten der Teilnehmenden vorgestellt werden. So, Herr Hoffmann, und hätten Sie den Antrag richtig gelesen, dann wüssten Sie übrigens auch, dass es beim ÖBS nicht in erster Linie darum geht, Menschen in den ersten Arbeitsmarkt zu bringen, sondern dass ein ehrlicher Arbeitsmarkt geschaffen werden soll, der gesellschaftlich notwendige Arbeit erledigt und der die Zivilgesellschaft stärkt.
Was wollen Sie eigentlich? Sie wissen doch genau wie wir auch, dass der Senat in der Frage ÖBS nicht allein entscheidet, dass es weitere Akteure gibt, nämlich die Bundesregierung und die Regionaldirektionen. Sie wissen auch, dass die Senatorin in entsprechenden Verhandlungen ist und dass wir regelmäßig im Ausschuss darüber informiert werden. Solange der Prozess nicht abgeschlossen ist, gibt es keine Antworten auf bestimmte Detailfragen, die kann es gar nicht geben.
Noch etwas, Herr Hoffmann: Auch die bundespolitische Debatte darüber ist nicht abgesprochen. Ihre Partei ist Teil der Koalition auf Bundesebene, übrigens der größere Teil, der nicht durch übertriebene Dynamik, Innovationsbereitschaft oder gar Phantasie in der Arbeitsmarktpolitik auffällt. Aber vielleicht können Sie durch entsprechende Gespräche dazu beitragen, dass Licht in den öffentlichen Beschäftigungssektor kommt, vielleicht sogar, dass in Berlin der ÖBS ein leuchtendes Beispiel dafür ist, dass es sinnvoller ist, Arbeit statt Arbeitslosigkeit zu finanzieren.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Kolleginnen und Kollegen haben bereits darauf hingewiesen, dass wir alle Anträge, die wir hier beraten, bereits letztes Mal im Plenum beraten haben, und zwar bei ihrer Einbringung. Damals waren sie durch die Vorabüberweisung auch schon endberaten. Warum erzähle ich Ihnen das? – Ich verstehe schlichtweg nicht, warum wir diese Anträge, die bereits letztes Mal beraten vorlagen, heute noch ein
zweites Mal beraten. Es gibt überhaupt keinen neuen Sachstand, Frau Grosse und Frau Breitenbach. Dieses Vorgehen, das Sie an den Tag legen, bestätigt vielmehr den Verdacht, dass es sich bei Ihren Anträgen um reine Schaufensteranträge handelt.
Das will ich inhaltlich an einigen Punkten deutlich machen. Mit dem einen Antrag will die Koalition die Serviceleistungen der Jobcenter verbessern. Und das ist auch bitter nötig. Über zwei Jahre nach der Einführung der Jobcenter arbeiten sie immer noch nicht vernünftig. Aufbauphase, gemach, gemach, sagt Frau Grosse. Der Aufbau dauert unselig lange bei Ihnen, muss ich dazu sagen!
Nur ein einziges Beispiel: Ein Problem ist die telefonische Erreichbarkeit. Da scheinen wir uns auch alle einig zu sein, dass die Kunden und Kundinnen ihre Sachbearbeiter persönlich anrufen können, wenn sie einmal eine Frage haben. Das haben Sie beschlossen, Herr Albers, aber Ihre Senatorin tut etwas völlig anderes. Ihre Senatorin vereinbart mit der Regionaldirektion, dass das Callcenter weiter ausgebaut wird. – Da frage ich mich: Haben Sie Ihre Senatorin nicht im Griff? Oder erzählen Sie im Parlament und in der Öffentlichkeit das eine und tun hintenrum das andere? Wie das heißt, das Wort sage ich Ihnen nicht, weil es unparlamentarisch wäre, Herr Albers.
Zu der Frage des Personals: In einem weiteren Antrag wird der Senat aufgefordert, die gesetzlich vorgeschriebenen Personalschlüssel über zwei Jahre nach Einführung der Jobcenter endlich auch in Berlin zu realisieren und dabei auch Mitarbeiter des landeseigenen Stellenpools einzusetzen. – Na, herzlichen Glückwunsch, kann ich dazu nur sagen. Guten Morgen, Frau Grosse! – Das Anliegen ist absolut richtig, Frau Breitenbach, keine Frage. Warum, als wir jedoch diese Anträge gestellt haben, wir immer zu hören bekamen, man sei ja nicht zuständig, warum diese Anträge ständig abgelehnt wurden, weil Sie eben nicht in der Lage waren, nicht zuständig waren, warum das aber jetzt alles gehen soll – diese Erklärung bleiben Sie mir schuldig. Auch hier würde ich sagen: reine Symbolpolitik, Frau Grosse.
Die Ombudsstelle: Völlig unverständlich ist mir auch, wieso Sie bis heute die Einrichtung einer Ombudsstelle ablehnen. Dass Rot-Rot nicht die Möglichkeit nutzt, die Rechte der Arbeitslosengeld-II-Empfängerinnen praktisch zu stärken, ist schlichtweg nicht nachvollziehbar. Berlin sei darüber hinaus, sagt Frau Grosse hier im Plenum, und das angesichts der Klageflut vor den Sozialgerichten; und dank Ihnen werden die Betroffenen zukünftig immer noch nicht telefonisch ihre Sachbearbeiter direkt bei Klagen, Beschwerden oder Fragen anrufen können. Da bleibt die Einrichtung der Ombudsstelle schlicht und ergreifend eine hochaktuelle Forderung.
Zum Schluss noch ein paar Worte zu Ihrem großen, wichtigen Vorhaben der Einrichtung eines Modellprojekts eines öffentlich geförderten Beschäftigungssektors. Bis heute – wir haben Mitte April des Jahres – gibt es weder ein inhaltliches noch ein Finanzierungskonzept für Ihr Modellprojekt, Frau Breitenbach.
Wir sehen den Bedarf an soziokultureller Arbeit und an sinnvoller Beschäftigung in der Stadt, überhaupt keine Frage: Seniorencafés, Integrationslotsen, Einsätze in Sportvereinen, Jugendeinrichtungen – da kann man sich viele gute Sachen vorstellen. Doch auch Ihr heutiger Antrag gibt keine einzige Antwort zu den zentralen Fragen der Finanzierung: Sind die Jobcenter beteiligt, haben sie Kontingente eingeplant? Dieses Jahr fließen die Mittel der Jobcenter mal endlich ab. Da bleibt gar kein Geld mehr für Sie übrig, Frau Breitenbach. Welche Beschäftigungsfelder? Wie gehen Sie mit der Positivliste eigentlich um? Wird das weiterhin so eingeschränkt stattfinden wie die letzten Jahre? Da wird dann nämlich nichts stattfinden, fürchte ich. Die Frage der Zielgruppe haben Sie überhaupt noch nicht geklärt. Dazu verhalten Sie sich nicht.
Den Brief, den wir Ihnen geschrieben haben, Frau Senatorin, beantworten Sie nicht. Das lässt nur den einen Schluss zu: Sie haben keine Antworten auf diese zentralen Fragen. Deswegen ist der ÖBS bislang schlichtweg nur heiße Luft. Viel Gerede und nichts dahinter, das sind Ihre Anträge: Symbolpolitik, heiße Luft und leider nichts dahinter. – Danke!
Herr Präsident! Meine Damen, meine Herren! Alle Anträge – egal welchen Inhalts und von welcher Fraktion – zeigen vor allem eins: Jobcenter und Senat sind nicht in der Lage, das Problem der hohen Arbeitslosigkeit in unserer Stadt wirklich anzugehen. Die Betreuung der davon betroffenen Menschen durch die Jobcenter ist alles andere als zufriedenstellend. Diesbezügliche Bemühungen des Senats sind ebenso wenig zielführend – nur deshalb sind Forderungen nach mehr und vor allem qualifiziertem Personal und Verbesserung der Serviceleistungen der Jobcenter überhaupt laut geworden, angesichts der miserablen Situation im Interesse der Betroffenen aber auch dringend notwendig. Die Bedingungen in den Jobcentern vor Ort können damit nur verbessert werden, sodass ich diese Anträge nur befürworten kann.
Ich bin aber überzeugt, dass ich nicht der Einzige bin, der schnell erkennt, dass eine Ombudstelle die Situation nicht
zu entschärfen vermag. Die Betroffenen haben einen Anspruch auf die rechtmäßige Bearbeitung ihrer Anträge. Dass dieser in vielen Jobcentern gern verdrängt wird, zeigen die Massen an unbearbeiteten Widersprüchen, die mehr oder minder wohlbehütet in die Warteschleife zu vielen anderen gehängt werden. Dafür sollen nun ganze drei bekannte Persönlichkeiten in die Bresche springen und als Vermittler, Moderator und Berater zwischen allen Beteiligten zur Hilfe eilen – ehrenamtlich, versteht sich. 50 000 Widersprüche sollen es mittlerweile in Berlin sein, hinzu kommen mehrere Tausend Klagen bei den Sozialgerichten. Sie werden mir Recht geben, dass sich angesichts dieser Zahlen weitere Erklärungen der Ombudstelle erübrigen. Als Liberaler schlage ich vor: Lassen Sie die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Jobcenter ihre Arbeit machen, und verschonen Sie sie mit zusätzlicher bürokratischer Gängelei!
Ich komme nun zu den Anträgen, die jeder Ökonom, der sich nicht vom rot-rot-schwarzen Geplänkel beeindrucken lässt, im Bereich des Märchens ansiedeln würde – ich rede vom öffentlich geförderten Beschäftigungssektor. Dass vor allem ältere und gering qualifizierte Langzeitarbeitslose unserer besonderen Bemühungen bedürfen, liegt auf der Hand. Dazu zählt aber nicht, auf Kosten der Steuerzahlerinnen und Steuerzahler einen dritten Arbeitsmarkt zu schaffen.
Die primäre Aufgabe des Staates ist es, Rahmenbedingungen zu schaffen, die Unternehmer dazu zu bewegen, in unsere Stadt zu kommen, hier zu bleiben und durch Investitionen echte und dauerhafte Arbeitsplätze zu schaffen.
Wie wir alle wissen, fehlen diese Arbeitsplätze. Der Wowereit-Senat kann sich jedoch nicht mit der Schaffung besserer Rahmenbedingungen befassen – er ist mit dem Fernhalten von Investoren und den Bemühungen um den öffentlich geförderten Beschäftigungssektor scheinbar ausgelastet. Dabei mag ihm auch entgangen sein, dass selbst die Bundesagentur für Arbeit dagegen ist, Langzeitarbeitslose in öffentlich geförderten Jobs mit öffentlichem Geld zu bezahlen, wodurch sie einen neuen Anspruch auf Arbeitslosengeld erwerben. Immerhin wird dadurch ein bisschen Gerechtigkeit hergestellt: Das Ganze geht nicht nur auf Kosten der Steuerzahlerinnen und Steuerzahler, sondern auch auf die der Versichertengemeinschaft. Diesen Gerechtigkeitssinn werden wir Liberale aber nicht teilen.