Dann bitte ich Sie, hier nach vorne in die Mitte zu treten, damit wir die Ernennung und Vereidigung gemäß §§ 4
und 5 des Verfassungsgerichtshofgesetzes vornehmen können. – Ich bitte alle anderen, sich zu erheben.
Hiermit ernenne ich Sie, Frau Diwell, entsprechend Ihrer Wahl zur Präsidentin des Verfassungsgerichtshofes des Landes Berlin und übergebe Ihnen die Ernennungsurkunde.
Wir kommen nun zur Vereidigung. Ich habe Sie als Präsidentin des Verfassungsgerichtshofes zu vereidigen. Ich spreche Ihnen den Vereidigungstext vor, und Sie können ihn dann mit der Formel „Ich schwöre es“ oder „Ich schwöre es, so wahr mir Gott helfe“ bestätigen.
Ich schwöre, das Richteramt getreu dem Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland, der Verfassung von Berlin und getreu dem Gesetz auszuüben, nach bestem Wissen und Gewissen, ohne Ansehen der Person zu urteilen und nur der Wahrheit und Gerechtigkeit zu dienen.
Danke schön! Herzlichen Glückwunsch! Erfolgreiche Arbeit! – Wir haben eine neue Verfassungsgerichtshofpräsidentin.
Meine Damen und Herren! Sie können schon gratulieren, aber gleichwohl setzen wir die Wahl der Richter des Verfassungsgerichtshofes fort, und zwar mit der Wahl des Vizepräsidenten und der weiteren fünf Richterinnen und Richter.
Die Wahlzettel werden Ihnen wiederum ausgegeben. Nach dem Ausfüllen in der Kabine ist der Wahlzettel zu falten und in den Umschlag zu legen. Zur Erleichterung der Arbeit der auszählenden Präsidiumsmitglieder bitte ich darum, die Umschläge nicht zuzukleben. Auf dem gelben Wahlzettel finden Sie die Namen der Kandidatinnen und Kandidaten – jeweils mit der Funktionsbezeichnung.
Sobald die Wahlkabinen aufgestellt sind, bitte ich die Beisitzerinnen und Beisitzer, an den Wahlkabinen und Wahlurnen Aufstellung zu nehmen. Frau Grosse bitte ich um die Verlesung der Namen. – Die Wahlkabinen stehen nun. Frau Grosse, bitte beginnen Sie!
Darf ich fragen, ob jeder und jede Abgeordnete Gelegenheit hatte, die Stimmzettel abzugeben? Die Beisitzer ha
ben auch alle abgestimmt? – Gut! Es sind alle aufgerufen worden. Die Beisitzer haben auch die Wahl getroffen. Alle Abgeordneten hatten die Möglichkeit, von ihrem Wahlrecht Gebrauch zu machen. Das ist offensichtlich der Fall. Dann schließe ich den Abstimmungsvorgang und bitte die Beisitzer, mit der Auszählung zu beginnen.
Dann bitte ich Sie, Platz zu nehmen, etwaige Gesprächskreise nach außen zu verlagern, weil unter den Fraktionen vereinbart worden ist, während des Auszählungsvorgangs mit der Sitzung fortzufahren. Dafür wird der Tagesordnungspunkt 12 b vorgezogen.
Dreizehnter Tätigkeitsbericht des Berliner Landesbeauftragten für die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes der ehemaligen DDR – Jahresbericht 2006
Dazu begrüße ich auch den Landesbeauftragten Herrn Gutzeit auf unserer Tribüne. – Herzlich willkommen, Herr Gutzeit und auch von meiner Seite ein Dank für die Arbeit!
Für die Besprechung steht den Fraktionen jeweils eine Redezeit von bis zu fünf Minuten zur Verfügung. Die Redefolge erfolgt nach Stärke der Fraktion. Es beginnt die SPD-Fraktion in Person des Kollegen Hilse. – Kollege Hilse, Sie haben das Wort.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Gutzeit! Ich bin froh, dass wir diesen Tagesordnungspunkt heute auch mit einer Besprechung versehen. Die volle Tagesordnung und die seit Jahren zuverlässige Arbeit der Behörde unter Ihnen, Herr Gutzeit, hätte es auch vorstellbar gemacht, den Bericht ohne Aussprache zur Kenntnis zu nehmen. So zu verfahren, wäre jedoch kein gutes Signal in unserer Zeit gewesen, in der viele Menschen erst jetzt den Mut finden, über Verfolgung und Benachteiligung während der SED-Diktatur zu reden und Nachforschungen anzustellen.
Zum anderen müssen wir beobachten, dass jene Kräfte, die das Unrechtsregime der DDR verharmlosen und schönreden, mit provozierender Geschichtsverfälschung auftreten und auch nicht davor zurückschrecken, die Opfer der Staatssicherheit zu verhöhnen. Hier sei nur das Auftreten der ehemaligen Generäle, Offiziere und sonstiger Angehöriger des Staatssicherheitsdienstes erinnert, die am 14. März 2006 eine Diskussionsveranstaltung im Stadtbezirk Lichtenberg nutzten, um massiv zu stören. Sie gingen sogar so weit zu fordern, die Gedenkstätte der frü
Weil auf der einen Seite die Leugner des Unrechts immer selbstbewusster auftreten und auf der anderen Seite viele Menschen erst jetzt die nötige Kraft finden, sich den politischen Hintergründen eigener Schicksale zu stellen, ist es gut, dass wir uns auch in 13. Folge diesem Bericht des Landesbeauftragten öffentlich zuwenden. Wer einen Blick in den Bericht hineinwirft, wird auch in diesem Jahr wieder interessante Fakten herauslesen können. Ich empfehle es Ihnen sehr, dies einmal zu tun. Auch im Jahr 2006 wandten sich wiederum mehr Menschen an die Behörde als im Vorjahr. Allein im Jahr 2006 waren es 97 000 Menschen, die Einblick in ihre Unterlagen beantragten. Das sind 20 Prozent mehr als im Jahr zuvor.
Das Interesse am repressiven Wirken der Staatssicherheit und den möglichen Auswirkungen auf die eigene Person ist spürbar gestiegen. Zum Teil kann dieses gestiegene Interesse auf den Spielfilm „Das Leben der Anderen“ zurückgeführt werden, durch den bis dahin nicht betroffene Bevölkerungsschichten mit dieser Problematik sensibilisiert wurden. Zum anderen Teil ist das gestiegene Interesse der guten politischen Bildungsarbeit der Behörde selbst zu verdanken. Dies wird in dem 13. Tätigkeitsbericht ebenfalls deutlich und sehr gut dokumentiert.
Die Schwerpunkte der Arbeit der Behörde sind seit Jahren unverändert. Die Beratungstätigkeit, die politische Bildungsarbeit und die Förderung von Verfolgtenverbänden stellen nach wie vor ihre Haupttätigkeit dar. Die Inanspruchnahme dieser Leistungen und Hilfestellungen ist nach wie vor ngebrochen hoch. u Auf eine besondere Stärke des Tätigkeitsberichts der Landesbehörde für die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes möchte ich hinweisen. Das vielfältige Unrecht, welches Menschen in der DDR erleiden mussten, wird jedes Jahr immer an konkreten ausgewählten Beispielen nachvollziehbar sichtbar gemacht und damit in einen emotionalen Lebensvollzug gestellt. So möchte ich nur ein Beispiel in diesem Bericht aufführen, das Beispiel eines 14-jährigen Mädchens, das zu Zeiten der DDR als Beste ihrer Klasse nicht auf die erweiterte Oberschule gehen durfte. Sie durfte nicht einmal die 10. Klasse absolvieren und musste mit besten Noten in der 8. Klasse die Schule verlassen. Soweit ging es damals. Auch Kinder mussten die volle Härte dieses DDR-Unrechtsstaates spüren.
Ich könnte jetzt aus meinem persönlichen Umfeld und meiner Kindheit noch einige Beispiele anfügen. Es war Usus: Wer keine Jugendweihe hatte, durfte kein Abitur machen und nicht studieren. Diese beruflichen Weichenstellungen, die durch diese Form der Repression, die zunächst nicht so schwerwiegend zu sein schienen, konnten oft ein ganzes Leben lang nicht mehr korrigiert werden. Wer in der DDR über die Eigenschaften Charakter, Aufrichtigkeit und Intelligenz verfügte und sich von diesen in
Nicht Gegenstand der Debatte ist der Antrag – das wurde bereits erwähnt. Er steht auf der Konsensliste. Ich finde es aber gut, dass dieser Antrag parteiübergreifend getragen wird und die Arbeit des Landesbeauftragten für die Staatssicherheitsunterlagen die nächsten Jahre bis zum Jahr 2012 zunächst sichert. Dieser Auftrag ist sehr wichtig. Warum ist er wichtig? – Er ist wichtig, weil wir erkennen müssen, dass eine Diktatur, die zwei Generationen währte, weit mehr als 10 oder 15 Jahre in die Zukunft hinein strahlt und ihre Auswirkungen zeigt. Deshalb bin ich froh, Herr Gutzeit, dass Sie die Arbeit wie bisher fortsetzen. Ich betone auch, dass ich es begrüße, dass Sie diese in unserer aller Sinn fortsetzen. Davon gehe ich aus. Ich danke Ihnen noch einmal für Ihre bisher geleistete Mühe. – Bei Ihnen, meine Damen und Herren, bedanke ich mich für Ihre Aufmerksamkeit.
Danke schön, Herr Kollege Hilse! – Das Wort für die CDU-Fraktion hat nunmehr der Kollege Scholz. – Bitte schön, Herr Scholz!
Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Schade, dass wir diese wichtige Debatte zum Bericht des Landesbeauftragten so zwischen Tür und Angel führen. Vielleicht liegt es daran, dass wir inzwischen zum 13. Mal einen solchen Tätigkeitsbericht zur Kenntnis nehmen. Schleicht sich dabei Routine ein? Was nicht entstehen darf, ist Gleichgültigkeit. Die Gefahr, dass die Aufarbeitung der Menschenrechtsverletzung im totalitären DDRRegime nur noch in politischen Zirkeln, unter Experten oder in Opfergruppen eine Rolle spielt, besteht permanent. Bereits im ersten Bericht wird dieses Problem skizziert. Bereits vor 13 Jahren stand dort zu lesen:
Solange Ex-Stasi-Offiziere und andere ewig Gestrige Netzwerke zu Politik und Wirtschaft knüpfen, solange kommunistische Kameradschaften die DDR-Diktatur öffentlich verharmlosen und solange nicht alle Opfer der kommunistischen Gewaltherrschaft angemessen rehabilitiert und entschädigt sind, so lange darf es keinen Schlussstrich geben.
Wo stehen wir heute, 17 Jahre nach dem Zusammenbruch des SED-Regimes? Steht denn in Geschichtsbüchern exakt das, was Menschen in der DDR ertragen und erleiden mussten?
Findet denn genug Aufklärung über die Zeit von 1945 bis 1989 im Rahmen der schulischen und universitären Ausbildung statt? Die spannendste Frage jedoch ist, wie wir es schaffen, wie es der Berliner Landesbeauftragte mit seiner Behörde schafft, eine schonungslose und objektive Aufarbeitung zu erlangen. Wie schaffen wir es, obwohl die persönliche Betroffenheit bei 75 Prozent der Deutschen sich auf die Kontrollen an der innerdeutschen Grenze reduziert, wenn Ostalgie um sich greift und vermehrt Stimmen laut werden wie „Es war doch alles nicht so schlecht“? – Hier in Berlin ist die Situation besonders problematisch, weil die politischen Verantwortungsträger dieser Stadt Aufarbeitung nur noch halbherzig, viele sogar nur noch zähneknirschend betreiben.
die demokratischen Saubermänner zu mimen, wohlwissend, dass sich in ihren Hinterzimmern, in den Hinterzimmern ihrer Basisorganisationen ewig Gestrige treffen, die sich die DDR zurückwünschen.