Protokoll der Sitzung vom 27.09.2007

Danke schön, Herr Kollege Schruoffeneger! – Für die FDP-Fraktion hat nun Frau Senftleben das Wort. – Bitte schön, Frau Senftleben!

Herr Präsident! Meine Herren! Meine Damen! Sicherlich bestreitet es niemand in diesem Hohen Hause, dass das Berliner Bildungssystem marode ist und wir endlich Reformen brauchen. Die Frage ist, welche es sind, die wir dringen brauchen.

[Carl Wechselberg (Linksfraktion): Abschaffung der Hauptschule! – Dr. Wolfgang Albers (Linksfraktion): Gemeinschaftsschule!]

Für den rot-roten Senat heißt das Allheilmittel die Einheitsschule,

[Zuruf von Dr. Felicitas Tesch (SPD)]

zuerst als Pilotprojekt, verehrte Frau Kollegin Dr. Tesch, ich komme nachher noch ausführlich auf Sie zurück,

[Zuruf von der Linksfraktion: Nein!]

anschließend ab 2011 soll dieses Einheitsschulsystem alle Berliner Kinder beglücken. Die offensichtlichen Schwachstellen des Berliner Bildungssystems werden damit nicht beseitigt, sie werden damit auch nicht konsequent angegangen.

[Dr. Wolfgang Albers (Linksfraktion): Alphabetisierung, Frau Senftleben! Gemeinschaftsschule!]

Sie setzen ausschließlich auf die Einheitsschule. Das ist zu schlicht, das ist keine nachhaltige Verbesserung der schulischen Qualität, das ist nachhaltige Verschlechterung, und zwar ideologisch motiviert.

[Beifall bei der FDP]

Für die Einführung eines bildungspolitischen Unsinns zunächst als Pilotprojekt stellt der Senat in den nächsten zwei Jahren für einige wenige Schulen 22 Millionen € zur Verfügung, man könnte auch sagen: ein Lockmittel.

Nun kommt es dicke: Seit Samstag weiß man es in Berlin: Es melden sich nicht die passenden Schulen. Die Gymnasien bleiben aus, selbst Gesamtschulen mit gymnasialer Oberstufe wollen nicht richtig dabeisein. Andere wiederum würden gerne dabeisein, werden jedoch charmant von der Verwaltung aufgefordert, ihren Antrag zurückzuziehen, da das passende Klientel fehle. Andere wiederum fragen sich, wie sie die hochgeschraubten pädagogischen Anforderungen erfüllen sollen bei einem Gesamtbudget von doch nur 22 Millionen €,

[Dr. Felicitas Tesch (SPD): Widerspruch!]

andere haben generell Zweifel an diesem Projekt. Kurz und gut, verehrte Frau Kollegin, die rot-rote Einheitsschule ist bereits am Ende, bevor das Pilotprojekt überhaupt begonnen hat.

[Beifall bei der FDP und der CDU – Dr. Wolfgang Albers (Linksfraktion): Gemeinschaftsschule! – Zuruf von Dr. Felicitas Tesch (SPD)]

Herr Senator Zöllner! Ich glaube, Sie wissen, dass man mit Antworten von gestern keine leistungsstarken Schulen für morgen schaffen kann.

[Stefan Liebich (Linksfraktion): Das dreigliedrige Schulsystem ist von gestern!]

Herr Senator! Bevor Sie weiter mit einem Köder angeln, der die Fische anekelt,

[Oh! von der SPD]

geben Sie den Schulen endlich Freiheit, lassen Sie die Leinen los, lassen Sie den Schulen die Chance, sich zu entwickeln, lassen Sie allen Schulen die Chance, sich zu entwickeln.

[Beifall bei der FDP und der CDU]

Bleiben wir in diesem Bild, ich finde es ganz schön. Wenn nämlich dem Fisch der Köder nicht schmeckt, dann wird halt mit Dynamit geangelt,

[Heiterkeit bei Dr. Martin Lindner (FDP)]

vor allen Dingen hier in Berlin.

[Dr. Martin Lindner (FDP): So ist das!]

Die Kollegin Frau Dr. Tesch, Bildungsexpertin der SPDFraktion, hat in der „Berliner Morgenpost“ vom 25. September 2007 gesagt – ich zitiere mit Erlaubnis des Präsidenten:

Der Unterschied zwischen der einfachen und der Zweidrittelmehrheit beträgt in der jeweils mit 14 Mitgliedern besetzten Schulkonferenz lediglich 2 Stimmen.

Daran sollten interessierte Schulen nicht scheitern dürfen.

Frau Dr. Tesch, zwei Stimmen – ich glaube, Frau Bluhm sah das ähnlich – scheinen Sie gemeinsam mit Ihrer Kollegin nicht richtig ernst und genau zu nehmen. Ich hatte nach diesem Debakel mit den Mehrheiten hin und her, das wir hier vor einem Jahr hatten, als es um die Wahl des Regierenden ging, gedacht, Sie und Ihre Fraktion hätten etwas daraus gelernt. Ich sehe das leider überhaupt nicht.

Verehrte Frau Dr. Tesch und Frau Bluhm – direkt an sie weiterzugeben –:

[Stefan Liebich (Linksfraktion): Ja!]

Grundkonsens unter den Demokraten ist doch wohl, dass vereinbarte Regeln gelten und nicht mitten in der Abstimmung, mitten im Abstimmungsprozess geändert werden. Sie verfahren doch nach dem Motto: Passt uns die Mehrheit nicht, dann wird sie eben schnell neu definiert,

[Zuruf von Dr. Felicitas Tesch (SPD)]

oder anders ausgedrückt: Seid ihr nicht willig, dann brauchen wir Gewalt.

[Beifall bei der FDP – Zurufe von der SPD – Dr. Wolfgang Albers (Linksfraktion): Dynamit, Frau Senftleben! – Dr. Martin Lindner (FDP): Zwangsbeglückung!]

Meine Damen! Ihren Umgang mit Schülern, Eltern und Lehrern an den Berliner Schulen, Ihr geplanter Anschlag auf die demokratische Meinungsfindung an Berlins Schulen ist außerordentlich bedenklich. Wir halten es durchaus für würdig, dies hier und heute in der Aktuellen Stunde gemeinsam mit Ihnen zu diskutieren. – Vielen Dank!

[Beifall bei der FDP und der CDU – Zurufe von der SPD]

Danke schön, Frau Kollegin Senftleben!

Ich lasse nun zuerst über das Thema der Koalitionsfraktionen abstimmen. Wer diesem Thema seine Zustimmung zu geben wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. – Das sind SPD und Linksfraktion. Danke! Die Gegenprobe! – Das sind CDU und FDP. Ersteres war die Mehrheit, dann ist das so beschlossen. Bündnis 90/Die Grünen enthält sich, wenn ich das richtig sehe. –

[Ramona Pop (Grüne): Fragen wäre nicht schlecht!]

Danke schön!

Die übrigen Anträge auf Durchführung einer Aktuellen Stunde sind damit erledigt.

Ich möchte Sie jetzt wieder auf die Ihnen vorliegende Konsensliste hinweisen. Als Dringlichkeit liegt Ihnen das einstimmig beschlossene Gesetz zum Staatsvertrag Berlin-Brandenburg zur Amtsanwaltsprüfung vor, das sich unter dem Tagesordnungspunkt 4 A aufrufen werde.

Für die heutige Sitzung liegen folgende Entschuldigungen von Senatsmitgliedern vor: Der Bürgermeister Wolf ist ganztägig abwesend, um den Regierenden Bürgermeister auf der Generalversammlung der Union der Europäischen Hauptstädte in Tallin zu vertreten. Senator Dr. Sarrazin wird ab ca. 17 Uhr abwesend sein, um an der Zusammenkunft des Bremer Tabak-Collegiums im Berliner Rathaus teilzunehmen.

[Özcan Mutlu (Grüne): So ein wichtiger Grund!]

Außerdem wird Frau Junge-Reyer ab ca. 18.45 Uhr abwesend sein und im Martin-Gropius-Bau in Vertretung des Regierenden Bürgermeisters die Ausstellung des Fotografen „Eugène Atget“ eröffnen.

Ich rufe auf die

lfd. Nr. 1:

Fragestunde – Mündliche Anfragen