Dann kommt etwas sehr Bemerkenswertes. Herr Müller kritisiert in massiver Weise den sich heute nicht im Haus befindlichen Wirtschaftssenator Wolf, und zwar in einer Art und Weise, die ich mir als Wirtschaftssenator verbitten würde.
Der Wirtschaftssenator tut so, als ob er mit dem Thema Umweltzone nichts zu tun hätte. Es bedarf einer Ansprache des Wirtschaftssenators an die Umweltsenatorin. Das erwarte ich dringend.
Wo der Herr Müller recht hat, hat er recht. Der Wirtschaftssenator muss etwas tun, er soll jetzt mal was machen. Aber nicht nur Herr Wolf ist gefordert, sondern: Wer ist der Regierende Bürgermeister dieser Stadt? Herr Wowereit, was ist Ihre Auffassung zur Umweltzone, zum Handwerk und zu den Arbeitsplätzen in dieser Stadt in dieser Frage? Sie sind gefordert, wenn sich Ihre Senatoren und Fraktionen nicht einigen können.
Er hat im Moment andere Probleme. Er hat zu signieren, herumzufahren und Menschen zu begrüßen. Hier geht es um wirkliche, handfeste Probleme dieser Stadt, und dazu wollen wir heute ein Wort von Ihnen hören, Herr Wowereit!
Sie kommen nicht so einfach davon. Das Berliner Handwerk, der ADAC und viele andere in dieser Stadt erwarten von Ihnen, dass Sie sich persönlich dieses Themas und dieses fürchterlichen Chaos annehmen.
Ich komme zum Schluss. – Wir haben einen konkreten Vorschlag gemacht. Der konkrete Vorschlag sieht Folgendes vor:
Zweitens: Es gibt Bestandsschutz für alle Fahrzeuge bis zum 1. Januar 2012. Neu anzuschaffende Fahrzeuge müssen die grüne Plakette haben. Ab 1. Januar 2012 haben alle Autos in Berlin die grüne Plakette.
Das bedeutet: keine Bürokratie, keine Überlastung der Bezirksämter, keine Prozesse, und es bedeutet den Erhalt von Handwerksbetrieben und Arbeitsplätzen in dieser Stadt, die wir dringend benötigen. – Ich danke Ihnen für die Aufmerksamkeit!
Danke schön, Herr Kollege Pflüger! – Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hat nunmehr der Kollege Schruoffeneger das Wort. – Bitte schön!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen beantragt das Thema „Bezirkshaushalte zwischen Dichtung und Wahrheit“.
Wer in den letzten Wochen und Tagen die Zeitungen aufgeschlagen hat, kommt an dem Thema „finanzielle Ausstattung der Bezirke“ nicht vorbei. Es ist eines der meistdiskutierten und umstrittensten Themen in der Stadt.
Es wird nicht nur in der Presse viel diskutiert, sondern auch in der Koalition knirscht es gewaltig bei diesem Thema. Die PDS kann sich intern auch nicht so recht einigen, wie sie mit dem Thema umgehen soll.
Diesen Streit nutzt der Finanzsenator, indem er offensive Öffentlichkeits- und Pressearbeit macht. Er ist damit zum Namensgeber für unsere Aktuelle Stunde geworden:
„Zwischen Dichtung und Wahrheit“. Denn bei Herrn Sarrazin wird aus einem Minus schnell ein Plus, aus Personalkürzungen wird schnell eine Personalschwemme, und aus Defiziten werden schnell Überschüsse – wenig Wahrheit, viel Dichtung, viel Zynismus, viel Besserwisserei des Finanzsenators.
Wenn wir aber über das Thema Bezirke reden, dann reden wir hier nicht über einen anonymen Verwaltungsapparat, sondern wir müssen uns noch einmal klarmachen, was das eigentlich ist: Die Bezirke sind die Kurzfassung für die Parkanlagen und Grünflächen in der Stadt, die immer weiter verkommen. Sie sind die Formulierung für die bauliche Unterhaltung der Infrastruktur, der Straßen, der Radwege, der Gehwege, der Schulen und Kindertagesstätten. All das sind die bezirklichen Aufgaben. Sie sind aber auch die Jugendgesundheitsdienste, der Zustand der Schulen und die Veterinär- und Lebensmittelaufsichtsämter, die beim nächsten Lebensmittelskandal wieder große Aufregung verursachen.
Dann wird mit den Flügeln geschlagen, und die Gesundheitssenatorin sagt, wie schlimm alles sei, aber die Bezirke werden im Regen stehen gelassen. Sie sollen diese Aufgabe stemmen, ohne dafür das notwendige Personal zu erhalten.
Es sind eben auch 140 geschlossene Jugendeinrichtungen als Bilanz von sechs Jahren rot-roter Koalition. Es ist nur noch zynisch, wenn in dieser Stadt immer wieder über Jugendgewalt, über Jugendliche, die auf der Straße herumhängen, diskutiert wird, und man gleichzeitig mitverantwortlich ist für die Schließung von 140 Jugendeinrichtungen in wenigen Jahren.
Wir müssen feststellen, die Bezirke haben die Hauptlast der finanziellen Konsolidierung der letzten Jahre getragen. Es scheint eine Strategie von Rot-Rot zu sein, hier große Beschlüsse zu fassen, sich feiern zu lassen für Kinderschutzprogramme, für ein Programm gegen den Alkoholismus, aber gleichzeitig die Rahmenbedingungen zur Umsetzung dieser Beschlüsse nicht zu schaffen.
Wir müssen endlich auch in Berlin zu der Regelung kommen: „Wer bestellt, der zahlt!“ Statt öffentlicher Belobigungen für die eigenen Beschlüsse und dann Fingerzeig auf die bösen Bezirke, die es nicht umsetzen, muss endlich klargestellt werden, wenn wir als Parlament, wenn der Senat und der Gesetzgeber einen Schwerpunkt setzen wollen, dann müssen wir auch die Rahmenbedingungen schaffen.
Neben dieser Forderung nach einer angemessenen, fachlich definierten finanziellen Ausstattung für die Bezirke muss es die Finanzverwaltung endlich unterlassen, in das eigentlich sinnvolle Modell der Steuerung nach Kostenund-Leistungsrechnung, nach Produkten, immer wieder kameralistisch einzugreifen. Dies macht eine Steuerung unmöglich.
Es ist kein Zufall, dass es nicht einige Bezirke sind, die klagen, sondern dass diesmal erstmals alle zwölf Bezirke sagen: Das ist nicht mehr zu handhaben, wir gehen ins Minus. – Dass der Bezirk Schöneberg einen umfangreichen Forderungskatalog beschlossen hat, dass der Pankower Bürgermeister davon spricht, der Finanzsenator würde Rechentricks anwenden, dass die BVV KreuzbergFriedrichshain sich geweigert hat, einen nicht haltbaren Haushalt zu beschließen, das alles ist kein Zufall. Wir müssen die Zuspitzung der Situation ernstnehmen.
Herr Sarrazin! Da wird es nur noch absurd, wenn Sie sagen, Sie könnten überhaupt kein Problem erkennen, die Bezirke hätten noch nie so viel Geld gehabt wie jetzt.
Hören Sie zu, hören Sie hin, lernen Sie daraus, und machen Sie nicht nur auf Besserwisserei! Das müssen wir heute diskutieren, in der Hoffnung, Sie einen Schritt auf diesen Weg zu bringen.
Danke schön, Herr Kollege Schruoffeneger! – Für die FDP-Fraktion hat nun Frau Senftleben das Wort. – Bitte schön, Frau Senftleben!