Sie können sich sicher an die Debatte erinnern, die wir gemeinsam über den Sozialstrukturatlas geführt haben.
Sie haben uns dort alles ganz schwarzgeredet, Sie haben herumgekreischt, dass die Wirtschaftspolitik nicht gut sei usw.
Schauen Sie sich die Zahlen an! Die Arbeitsmarktzahlen sind gut. Die Arbeitslosigkeit sinkt deutlich. Auch die Zahl der sozialversicherungspflichtigen Beschäftigten steigt. Die Langzeitarbeitslosigkeit sinkt ebenfalls.
Wenn Sie dies ernst nehmen, kann ich Ihnen sagen: Gerade mit der Wirtschaftspolitik, die auch eine gute Sozialpolitik macht, dann müssten Sie eigentlich sofort für Mindestlöhne sein. Denn wenn wir den Menschen existenzsi
chernde Arbeit, das heißt auch gute Arbeit, zukommen lassen, dann schützt es sie vor Armut. Wenn Sie hier auf der einen Seite Daten verlangen, müssen Sie auch erkennen, welche schon vorhandenen Maßnahmen schon umgesetzt werden.
Wir haben als Rot-Rot ganz konkrete Maßnahmen angestoßen. Die können Sie mit vorhandenen Daten nachvollziehen. Wir haben sie im Ausschuss besprochen. Ich will Ihnen einige unserer konkreten Maßnahmen, die wir auch fortsetzen werden, benennen: Mit der Entwicklung der sozialen Infrastruktur, um Ausgrenzung entgegenzuwirken, liegen wir richtig. Das zeigen die Erfolge im Quartiersmanagement, in der Arbeit der Nachbarschaftseinrichtungen und in der Arbeit der Stadtteilzentren. Hier werden wir, wie es auch in unserem Koalitionsvertrag steht, die zielgerichteten Hilfemaßnahmen so organisieren, dass die Potenziale der Betroffenen einbezogen werden können. Auch das ist der richtige Weg.
Ich kann nur festhalten, Sie haben nicht im Interesse der Betroffenen gehandelt. Sie wollten hier einfach ein bisschen pöbeln, ein paar Seitenhiebe verteilen. Sie haben nicht das Interesse, aktiv mit richtigen Maßnahmen Armut oder Armutsrisiken zu verringern. Sie fragen nach Maßnahmen, sind nicht in der Lage, eigene zu entwickeln.
Ich kann es nur wiederholen: Es ist ein Armutszeugnis, aber Sie werden uns sicherlich in den Beratungen im Ausschuss darlegen können, mit welchen Mitteln Sie z. B. eine halbjährliche Datenerhebung finanzieren und organisieren wollen. Sie werden uns sicher auch erklären können, wie Sie es schaffen wollen, innerhalb von sechs Monaten aktuelle Daten zu erheben, diese auszuwerten, Maßnahmen zu entwickeln, die dann über die Verwaltung umzusetzen, dann auch noch zu sehen, welche Wirkungen sie zeigen und zu eruieren, wie sie gegriffen haben. Das alles werden Sie uns zeigen. Meine Schlussfolgerung ist, dass dies ein Armutszeugnis für die Sozialkompetenz der CDU ist. – Vielen Dank!
Vielen Dank, Frau Abgeordnete Radziwill! – Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hat jetzt Frau Abgeordnete Villbrandt das Wort. – Bitte sehr!
Danke! – Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Der CDU-Antrag fordert mehr statistische Daten über Empfängerinnen und Empfänger von sozialen Leistungen und Daten über die Situation von armen Menschen in Berlin. Die Berichterstattung über diese Daten, insbeson
Frau Radziwill! Ich weiß, dass Sie den Anträgen der Opposition generell nicht zustimmen, aber Sie haben sich offensichtlich überhaupt nicht mit diesem Antrag auseinandergesetzt. Es geht um die Sozialberichterstattung, und dazu haben Sie fast nichts gesagt.
Dabei soll die Sozialberichterstattung auch ein Frühwarnsystem sein, um prekäre Lebenslagen in der Bevölkerung möglichst zeitig oder im Vorfeld auszumachen. Immer größere Überschuldung von Familien oder Jugendlichen bekämpft man am effektivsten im Frühstadion. Für die Sozialplanung gibt es dann die Chance, präventiv zu handeln, notwendige Maßnahmen einzuleiten und Angebote zu machen.
Diese Zielsetzung erfordert es jedoch, dass es eine regelmäßige und in sinnvollen Abständen stattfindende Datenerhebung und Berichterstattung z. B. über von Armut betroffenen Menschen gibt. Bei dieser grundsätzlichen Überlegung muss daher künftig geklärt werden, welche Daten sinnvoll und aussagefähig sind, um andererseits Datenfriedhöfe zu vermeiden. Dazu gehören auch Regelungen, in welcher Frequenz diese Daten erhoben werden sollen. Wir halten den halbjährlichen Rhythmus, den die CDU in diesem Antrag vorschlägt, für zu kurz.
Eine weitere ganz entscheidende Frage muss sich die Politik selbst beantworten, die diese Daten einordnet, um daraus politische Handlungsstrategien zu entwickeln: Wozu brauchen wir Berichte, wenn die Haushaltslage ohnehin die Richtung in der Sozialpolitik zu bestimmen scheint? Die Bündnisgrünen meinen, dass die Sozialberichterstattung eine Grundlage für politische Entscheidungen und auch Weichenstellungen sein muss.
Tatsächlich wächst die Notwendigkeit, die Instrumentarien der Sozialberichterstattung und -planung sowie den Umgang mit Sozialdaten als politische Fragen zu thematisieren. Wie sieht es in Berlin mit der sozialen Berichterstattung aus?
Stellt Berlin genug Daten zur Verfügung? Werden sie ausgewertet? Gibt es politische Konsequenzen z. B. bei der Umsteuerung in der Finanzierung? Gibt es eine Kontinuität dieser Arbeit? – Da fällt die Bilanz schon sehr mager aus.
Dabei hat der Senat vor einigen Jahren vielversprechend angefangen. So hat er z. B. für die Bezirke ein integriertes Fach- und Finanzcontrolling der Transferbereiche – IFFC – für 2006 angemeldet und dafür auch einen Batzen Geld ausgegeben. Leider hat sich dann der Senat dafür fünf Jahre Zeit gelassen. Jetzt ist es endlich so weit, und der Betrieb läuft in den Bezirken. Allerdings sind die Daten seit der Einführung von Hartz IV unvollständig, da die
Die Bezirke haben dieses Vorhaben mit Recht auf ein Jahr beschränkt und verlangen vor allem eine gründliche Auswertung. Man muss schon genau wissen, wofür und wie die Daten erhoben werden. Wie werden sie ausgewertet, und was sind dann die Folgen? Kann eine qualitative Verbesserung für die Arbeit erwartet werden, oder wird das Ganze nur unter fiskalischen Gesichtspunkten gesehen, um bereits beschlossene Kürzungen zu legitimieren?
Am Ende möchte ich noch auf eine erfreuliche Nachricht eingehen. Seit diesem Herbst gibt es einen kontinuierlichen Datenaustausch zwischen der Bundesagentur für Arbeit und dem Amt für Statistik Berlin-Brandenburg zu den aktuellen Arbeitslosenzahlen auch für die Bezirke. Die nun demnächst den Bezirken zur Verfügung stehenden Daten werden ihnen dazu verhelfen, eine einigermaßen vernünftige Sozialsteuerung durchzuführen. Dieser Datenaustausch muss aber im Sinne einer fundierten Sozialplanung auch für andere Gebiete organisiert werden.
Sehr geehrte CDU-Abgeordnete! Ihr Antrag hat einige positive Teile, geht aber nicht ausreichend differenziert auf Einzelaspekte ein und tut so, als wäre uns schon mit mehr Daten geholfen.
Sie haben aber – ein kleines Lob als Trost – mit Ihrem Antrag ein wichtiges Thema angesprochen und eine wichtige und interessante Diskussion angestoßen. Das kann für die zukünftige Sozialplanung in dieser Stadt auf jeden Fall von Vorteil sein. – Danke schön!
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Herr Hoffmann! Ich kann es gleich vorweg sagen: Auch wir finden Ihren Antrag nicht gut und werden ihn ablehnen, weil wir ihn für unrealistisch und nicht praktikabel halten – in Bezug auf die Dinge, die Sie dort vorschlagen.
Ich möchte wenigstens den Sachstand begründen. Wir haben in Berlin ein gutes, ausgebautes System der Sozialbe
richterstattung, das sich sogar bundesweit sehen lassen kann. Dieses ausdifferenzierte System der Sozialberichterstattung ist sukzessive über mehrere Jahre aufgebaut worden, und die Systematik dieses Systems besteht darin, dass es alle paar Jahre einen Grundbericht oder Basisbericht und zwischendurch Spezialberichte gibt.
hören Sie doch bitte einmal zu! – über die Situation der Familien, über Kinder- und Jugendlebenslagen, über die Frauengesundheit, die Lebenslage älterer Frauen, über Migrantinnen und Migranten, über behinderte Menschen in dieser Stadt, über Senioren, über die Situation des Arbeitsmarktes und was es sonst noch alles an ergänzenden sozialen Bereichen gibt. Darauf aufbauend sind in dieser Stadt systematisch – auch das kann dokumentiert werden – spezielle Handlungsansätze entwickelt worden – beispielsweise der Landesjugendplan, Leitlinien der Seniorenpolitik, Landespflegeplan und Ähnliches.
Sie brauchen doch nicht dazwischenschreien. – Ich habe gesagt: Es ist ein System, das mit einem zeitlichen Abstand immer wieder der Ergänzung bedarf, und diese Zwischenberichte liegen zwischen den jeweiligen großen Berichten, den Basisberichten. – Das macht in seiner Systematik auch Sinn, denn wir brauchen nicht halbjährlich Basisberichte, sondern wir brauchen über längere Zeiträume die Beschreibung der Tendenz der sozialen Entwicklung in dieser Stadt. Dazu soll auch eine kontinuierliche Sozialberichterstattung dienen.