Protokoll der Sitzung vom 14.02.2008

Ich bedanke mich auch bei Harald Wolf und bei dem Berliner Senat insgesamt, bei Klaus Wowereit, für die verstärkten Bemühungen um die Berliner Industrie, die es nunmehr gibt. Das Industrieforum im Berliner Roten Rathaus ist erwähnt worden – eine sehr gute Veranstaltung. Auch dort ist deutlich geworden, dass es sich bei der Berliner Industrie nicht um Vergangenheit, sondern um Zukunft handelt und dass unser Senat und unsere Koalition gemeinsam daran arbeiten, ihr bestmögliche Rahmenbedingungen zu bieten.

[Beifall bei der Linksfraktion und der SPD]

Und auch da – das hat Harald Wolf angesprochen –, wo es manchmal nicht so gut läuft – die Beispiele sind bekannt und wurden benannt und werden wahrscheinlich auch benannt –, stehen Koalition und Senat – und manchmal auch Opposition – zusammen an der Seite der Beschäftigten und kämpfen um jeden Arbeitsplatz. Auch wenn das die FDP immer gerne kritisiert, ich finde, das ist genau der richtige Weg.

[Beifall bei der Linksfraktion und der SPD]

Mein Fazit also – ich kann mich da den Kollegen der Verbände anschließen –: Die Zeichen stehen weiterhin auf Wachstum und Beschäftigungszuwachs. So sagt der IHKHauptgeschäftsführer Jan Eder: Das Stimmungshoch hat mehrere Gründe. Vom Export getrieben erweise sich insbesondere die Industrie als Wachstumsmotor. – Und Arno Hager von der IG Metall fragt: Wo wird denn die leistungsfähigste Turbine der Welt gebaut? Wo entstehen die besten Windkraftmotoren, die modernsten Autolampen und die Motoren für den Maybach? – Alles in Berlin! Zwar werde es noch ein paar Havarien geben, doch auf längere Sicht werde der Industriestandort ausgebaut. – Was wir dafür tun können, tun wir gemeinsam. – Ich danke Ihnen für die Aufmerksamkeit.

[Beifall bei der Linksfraktion und der SPD]

Danke schön, Herr Kollege Liebich! – Für die Fraktion der CDU hat nunmehr der Fraktionsvorsitzende Herr Dr. Pflüger das Wort. – Bitte schön!

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich werde heute zum Thema Tempelhof ausnahmsweise nichts sagen.

[Beifall bei der SPD – Oh! von der Linksfraktion]

Wir haben gerade die Zahl bekommen. Es haben 203 500 Berliner für Tempelhof abgestimmt. Das spricht für sich. Das ist ein starkes Signal.

[Beifall bei der CDU und der FDP – Zurufe von der Linksfraktion – Christian Gaebler (SPD): Wer hat das Ganze bezahlt?]

Lieber Herr Wolf! Herr Senator! Meine Damen und Herren! Wir freuen uns darüber, dass die Arbeitslosigkeit in Berlin im Jahresvergleich abgenommen hat. Wir freuen uns darüber, dass das Wirtschaftswachstum auf einem guten Weg ist. Das ist doch gar keine Frage. Aber wir sagen auch: Bitte reden Sie die Lage nicht schön! Wir alle wissen, dass wir diesen Aufschwung beim Wachstum und den Rückgang bei der Arbeitslosigkeit der bundesweiten Konjunkturlage zu verdanken haben und nicht den Leistungen des Berliner Senats.

[Beifall bei der CDU und den Grünen]

Und wir wissen, dass die Zahlen in Berlin im Vergleich zum übrigen Bundesgebiet eher schlecht sind.

[Uwe Doering (Linksfraktion): Niedersachsen, Schleswig-Holstein!]

Da gucken wir uns die ganz aktuellen Zahlen bis Januar an. Da ist wahr, die Arbeitslosigkeit in Berlin ist um zehn Prozent zurückgegangen, Herr Wolf!

[Uwe Doering (Linksfraktion): Na, so was!]

Aber der Rückgang ist der geringste in ganz Deutschland. In Bayern ist er um 20,8 Prozent zurückgegangen, in Baden-Württemberg um 20 Prozent, obwohl in Bayern nahezu Vollbeschäftigung herrschte und es damit noch schwieriger ist, solche Zahlen zu erreichen.

[Dr. Wolfgang Albers (Linksfraktion): Vielleicht sollten Sie doch lieber zu Tempelhof reden!]

Das heißt: Reden Sie die Lage doch nicht schön! Der Rückgang ist gut, aber er ist geringer als im gesamten übrigen Bundesgebiet, und das sollte uns sehr zu denken geben, meine Damen und Herren!

[Beifall bei der CDU und den Grünen]

Da Sie die Lage so schönreden und meinen, wir seien auf einem so guten Weg, sage ich Ihnen: In den letzten 10 Jahren hat Berlin, verglichen mit der bundesweiten Wachstumsentwicklung, 20 Prozent weniger Wachstum des Bundesinlandsprodukts als der Bundesdurchschnitt gehabt. Das ist die reale Situation unserer Stadt. Andere Städte wie Leipzig und Duisburg wachsen, andere Industrieregionen kommen nach vorne, und Berlin kommt nur sehr mühsam voran. Die Schere in Bezug auf die bundesweite Entwicklung wird nach wie vor größer. Die Wachstumsschere zwischen Bund und Berlin bleibt enorm groß, und das können Sie mit noch so schönen Formulierungen nicht wegreden.

[Beifall bei der CDU – Uwe Doering (Linksfraktion): Immer noch besser als Niedersachsen!]

Jetzt kommen wir zum Thema Industriepolitik. Es ist doch nicht irgendein künstlicher Konflikt gewesen, sondern es war der Regierende Bürgermeister Wowereit, der am 14. August 2006 gesagt hat:

Berlin muss seine Zukunft als nachindustrielle Stadt annehmen und alle Bestrebungen, verarbeitendes Gewerbe wieder zu beleben, aufgeben. Unsere Wirtschaft konzentriert sich auf Tourismus, Mode Dienstleistungen und junge kreative Unternehmen

[Uwe Doering (Linksfraktion): Das hat Diepgen auch gesagt!]

Wowereit 2006. Das ist doch nicht von uns erfunden worden, sondern das Zitat steht in der Landschaft. Damit hat sich Herr Wowereit in Gegensatz gesetzt zu Herrn Wolf, der immer für Industriepolitik war, zu der CDU und zum Deutschen Gewerkschaftsbund. Es haben nämlich 67 DGB-Betriebsräte eine Petition für eine aktive Industriepolitik unterzeichnet. Die Unterzeichnerinnen und Unterzeichner dieses Memorandums fordern den WowereitSenat auf, die Industrie und ihre Beschäftigten nicht länger ins politische Abseits zu stellen. Das ist ein schönes Zeugnis für Rot-Rot: Betriebsräte des DGB sagen: Stellt die Industriepolitik nicht länger ins Abseits! Ein schlechteres Zeugnis kann man einem rot-roten Senat überhaupt nicht ausstellen.

[Beifall bei der CDU]

Dann hat meine Fraktion einen Antrag zur Industriepolitik erarbeitet, der im letzten Jahr eingebracht wurde. Siehe da: Der Deutsche Gewerkschaftsbund

[Uwe Doering (Linksfraktion): Der hat das toll gefunden!]

meldet sich mit einer Presseerklärung vom 23. März 2007 zu Wort und sagt: Ein bemerkenswerter Denkansatz der CDU!

[Dr. Wolfgang Albers (Linksfraktion): Machen Sie was daraus!]

Ich kann nur sagen: Wir haben Herrn Wowereit dazu getrieben, dass er Industriepolitik, die er abgeschrieben hatte, wieder auf die Tagesordnung setzt. Seine industriepolitische Konferenz im November ist das Ergebnis von massivem Oppositionsdruck

[Unruhe]

und dem Druck des deutschen Gewerkschaftsbundes, und das ist ein Fortschritt. Respekt, Rot-Rot hat entscheidend dazu gelernt.

[Beifall bei der CDU – Uwe Doering (Linksfraktion): Wie denn nun? Machen wir was oder nicht?]

Ich stimme Ihnen zu: Die IHK ist optimistisch hinsichtlich der Wirtschaft, merkwürdig ist allerdings, dass sie gleichzeitig sagt, der Senat tue zu wenig dafür. Die Kammer hat dem Senat in einer Pressekonferenz gerade ziemlich schlechte Noten ausgestellt. Sie freut sich über

die Wirtschaftslage, sagt aber, das hätte herzlich wenig mit dem Berliner Senat zu tun.

[Stefan Liebich (Linksfraktion): Das stimmt überhaupt nicht!]

Diesen Teil der Wahrheit haben Sie hier verschwiegen. Deswegen sprechen wir dies an.

Ich nenne Ihnen nun die Punkte, die schieflaufen: Zum Beispiel René Gurka, Chef von Berlin Partner – Ihr Mann also –, sagt: Das Thema Bestandspflege in dieser Stadt ist noch ungelöst.

[Bürgermeister Harald Wolf: Das hat er von mir!]

Das ist schon ein gewaltiger Vorwurf, wenn er dies sagt. Und wenn ich mit Herrn Mehdorn spreche,

[Zurufe von der Linksfraktion: Ah!]

kann ich nur sagen: Das ist auch wahr. Sie können zu Herrn Mehdorn eine persönliche Haltung haben, wie Sie wollen. Ich bin auch nicht mit allem einverstanden, so zum Beispiel war ich gegen die Schließung des Bahnhofs Zoo für Fernzüge. Auch wir haben unsere Meinungsunterschiede mit Herrn Mehdorn – es gibt eine ganze Menge davon. Man muss ihn nicht lieben, er ist ein eigener Typ. Aber er ist der größte Arbeitgeber dieser Stadt. Wenn Christian Wulf VW so behandeln würde, wie der rot-rote Senat Herrn Mehdorn, wenn Herr Oettinger DaimlerChrysler so behandeln würde, wie Sie Herrn Mehdorn und die Deutsche Bahn AG behandeln, dann wären die schon lange aus Niedersachsen oder Baden-Württemberg weggegangen. Warum will denn Herr Mehdorn jetzt mit seiner Logistik nach Hamburg? Warum erwägt er denn solche Schritte? – Er tut dies, weil er vom Berliner Senat nicht vernünftig unterstützt wird, sondern Sie ihm bei jeder Gelegenheit in den Rücken fallen, weil Sie ihm nicht helfen, seine Politik umzusetzen. So geht man nicht mit dem führenden Arbeitgeber in der Stadt um!

[Beifall bei der CDU]

Herr Kollege Dr. Pflüger! Gestatten Sie eine Zwischenfrage des Kollegen Gaebler?

Dann fahren Sie bitte fort!

Zweiter Punkt: Neben der Bestandspflege, die für die Wirtschaft so unendlich wichtig ist, ist das Thema Ansiedlung von entscheidender Bedeutung. Dann schauen wir uns an, wie Ole von Beust, wie Oettinger, wie Rüttgers, wie Koch ihre Auslandspolitik machen,

[Dr. Gabriele Hiller (Linksfraktion): Ach, Koch! Das ist gut!]