Protokoll der Sitzung vom 28.02.2008

[Dr. Klaus Lederer (Linksfraktion): Er kennt alle!]

Ein paar Zeilen später wird es richtig gut. Da kommt die Rede auf ein

... fantastisches Projekt. Ökologisches Wohnen, gepaart mit modernisierter, effizienter Energieversorgung – Brennstoffzelle, Blockheizkraftwerk, Fernwärme.... – eine neue Uni, ebenfalls für Bereiche wie ökologisches Bauen (...) ein auf modernste Technik setzendes Zukunftskonzept, das Wettbewerbsfähigkeit und Umweltbewusstsein zusammenfügt. Sehr, sehr spannend.

[Frank Henkel (CDU): Die Wasserstandsmeldungen haben Sie vergessen!]

Falls Sie aber gedacht haben, dass hier von der künftigen Nutzung des Areals in Tempelhof die Rede sei, falsch gedacht. Denn im Gegensatz zu seinem Auftritt in Hamburg

wissen wir alle, dass Friedbert Pflüger in Berlin ganz unökologisch die Offenhaltung des innerstädtischen Flughafens in Tempelhof unterstützt.

[Uwe Goetze (CDU): Und Sie schaffen die Erdgasbusse ab!]

Noch interessanter ist aber, was der Friedbert den Ole in einem anregenden Gespräch nicht gefragt hat. Er fragte ihn nicht, warum die CDU-Alleinregierung den Volksentscheid der Hamburger gegen die Privatisierung der Krankenhäuser ignoriert hat.

[Beifall bei der Linksfraktion und der SPD – Oh! bei der Linksfraktion Mehr noch, warum sie gegen den Mehrheitswillen die Privatisierung durchgeführt hat, das hat der Berliner Ritter der Volksentscheide nicht gefragt, der in Berlin Zeter und Mordio schreit, weil Rot-Rot angeblich Volkes Stimme missachtet. In Hamburg jedoch sieht er keinerlei Anlass zu dieser kritischen Nachfrage. Herr Pflüger! Die Zahlen haben Sie garantiert im Kopf: Fast 600 000 Hamburgerin- nen und Hamburger – das sind 77 Prozent der Wählerin- nen und Wähler – haben sich am 29. Februar 2004 dafür ausgesprochen, dass die Hansestadt Mehrheitseignerin des Landesbetriebes Krankenhäuser bleibt. Der CDU-Senat hat dieses deutliche Ergebnis ignoriert und die Privatisie- rung durchgeführt – vorbei am Willen der Mehrheit des Volkes in Hamburg. [Dr. Friedbert Pflüger (CDU): Aber er hat die Bürger nicht beleidigt! – Zurufe von der Linksfraktion: Das ist ja ein gutes Argument!]

Das Volksbegehren pro Tempelhof hat die vielen guten Argumente für die Schließung eines innerstädtischen Flughafens nicht widerlegt. Alle rechtlichen, sicherheitstechnischen, ökologischen und wirtschaftlichen Gründe stützen die Position der Koalition. Am kommenden Dienstag wird der Senat den Zeitpunkt des Volksentscheides zu Tempelhof festlegen. SPD, Bündnis 90/Die Grünen und wir selbst, Die Linke, werden die Zeit bis dahin nutzen, um unsere Argumente den Bürgerinnen und Bürgern näherzubringen und für das Zukunftsprojekt BBI zu werben. Interessanterweise waren meine Fraktion und die Senatoren der Linken die Ersten, die sich das Vorhaben in Schönefeld vor Ort angesehen haben. Wir haben über die Perspektiven für Arbeitsplätze gesprochen, die dort fantastisch sind, und wir haben über das geglückte Konzept der Mittelstandsförderung gesprochen – Michael Müller hat die Zahlen genannt. Das Gros der Aufträge – mittlerweile umfasst es eine Summe von 737 Millionen € – bleibt in der Region Berlin-Brandenburg. Das ist ein riesiger Erfolg, das hat keiner BBI zugetraut. Wir haben selbstverständlich über die hohen Standards des Lärmschutzes und die Einhaltung des Nachtflugverbots gesprochen, das ist für die Anwohner dort von Interesse. Wir haben uns um diese Themen gekümmert, das sollte auch die CDU-Fraktion im Abgeordnetenhaus tun, die deutlich über fünf Prozent liegt,

[Dr. Wolfgang Albers (Linksfraktion): Noch!]

sie sollte sich nicht zu einer Ein-Thema-Partei machen, ganz im eigenen Sinn.

[Beifall bei der Linksfraktion und der SPD]

Wir werden ebenso sachlich wie engagiert unsere Argumente vortragen, den Streit austragen, für BBI als wichtigstes Infrastrukturprojekt streiten und damit Verantwortung für die gesamte Stadt übernehmen, aus der sich CDU und FDP deutlich verabschiedet haben.

[Beifall bei der Linksfraktion und der SPD – Beifall von Heide Kosche (Grüne)]

Vielen Dank! – Das Wort für die Fraktion der Bündnisgrünen hat Frau Eichstädt-Bohlig. – Bitte schön!

Herr Präsident! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Wir ärgern uns darüber, dass das Thema so viel parteipolitisches Muskelspiel hervorgerufen hat. Für uns steht nach wie vor die Frage im Zentrum: Was ist das beste Konzept für die Zukunft unserer Stadt?

[Beifall bei den Grünen – Vereinzelter Beifall bei der SPD und der Linksfraktion]

Unsere Antwort darauf lautet vom ersten Tag an, ist aber bis heute gültig: Für die Lebensqualität und die Gesundheit von etwa einer Million Menschen in Berlin, für den Umwelt- und Klimaschutz und auch für Berlins Wirtschaftsentwicklung ist die Verlagerung aller Flugverkehre nach Schönefeld und die Eroberung des Tempelhofer Feldes für neue städtebauliche Impulse ein unschätzbarer Vorteil. Darüber müssen wir hier sprechen.

[Beifall bei den Grünen, der SPD und der Linksfraktion]

Die Wiederaufnahme des Flugverkehrs in Tempelhof schadet der Lebensqualität in der Stadt. Wer den Bürgern und Bürgerinnen einredet, man könne gleichzeitig ein ruhiges ungestörtes Wohnen und Leben in der Stadt haben und einen wirtschaftlich ausgelasteten innerstädtischen Verkehrsflughafen betreiben, lügt sich selbst und den Bürgern etwas in die Tasche.

[Beifall bei den Grünen, der SPD und der Linksfraktion]

Wer für die Forderung des Volksbegehrens stimmt, stimmt für täglich viel Lärm, Kerosin und Unfallgefahren über Neukölln, Tempelhof und Schöneberg, und das zusätzlich zu dem Lärm, Kerosin und der Unfallgefahr, denen die Menschen im Einzugsbereich des BBI ausgesetzt sein werden. Das ist Belastung genug für die Menschen, die dort leben.

[Beifall bei den Grünen – Vereinzelter Beifall bei der SPD und der Linksfraktion]

Niemand soll mit dem Verweis auf Tempelhof die Belastungen für die Anrainer von Schönefeld kleinreden.

[Uwe Doering (Linksfraktion): Richtig!]

Es ist sinnvoll, die Belastungen des Flugverkehrs auf einen Ort zu konzentrieren, und zwar auf den Ort, an dem die wenigsten Menschen betroffen sind. Das ist eine Grundregel, der sich aus meiner Sicht alle anschließen können müssen.

[Beifall bei den Grünen – Margit Görsch (CDU): 133 000!]

Deshalb unterstützen wir die Bürgerinitiative, die sich für die Schließung von Tegel stark macht, Herr Kollege Sarrazin.

Die Wiederaufnahme des Luftverkehrs in Tempelhof konterkariert alle Klimaschutzziele. Wer behauptet, auf zwei Flughäfen würde nicht mehr Flugverkehr stattfinden als auf dem einen, der hat die Wirtschaftlichkeit von Flughäfen aus dem Auge verloren. Wer aber die Ausweitung des Flugverkehrs zum Ziel hat, der pfeift auf den Klimaschutz. Das muss ich klar sagen, Herr Kollege Pflüger.

[Martina Michels (Linksfraktion): Oh! Schwarz-Grün!]

Aus Sicht der Grünen ist es eindeutig: Nicht die Ausweitung, sondern die Begrenzung von Flugverkehr muss die klimapolitische Leitlinie für Berlin sein und bleiben.

[Beifall bei den Grünen – Beifall bei der SPD und der Linksfraktion]

Über den dritten Punkt ist schon viel gesprochen worden. Die Wiederaufnahme des Flugverkehrs in Tempelhof gefährdet die Rechtsgrundlage für den Bau von BBI. Daran gibt es überhaupt keinen Zweifel, Herr Kollege Pflüger.

[Beifall bei den Grünen, der SPD und der Linksfraktion]

Der Konsensbeschluss ist eingegangen in das Planfeststellungsverfahren und damit eine rechtliche Bedingung für den Bau von BBI. Daran zu rütteln, ist gefährlich für BBI. Sie wissen, dass es auch für den Flugverkehr in Tempelhof mittlerweile keine Rechtsgrundlage mehr gibt. Obendrein wäre es absurd, nachdem sich jetzt die Fluggesellschaften aus Tempelhof zurückgezogen haben – bis auf wenige Ausnahmen –, jetzt für drei Jahre eine Rückkehr nach Tempelhof zu fordern und anschließend erneut eine Verlagerung auf andere Flughäfen vorzunehmen. Das ist kein strategisches Konzept. Lassen Sie uns deshalb dabei bleiben, Tempelhof im Herbst zu schließen, so wie es beschlossen und inzwischen rechtlich notwendig ist.

[Beifall bei den Grünen, der SPD und der Linksfraktion]

Das vierte Argument für die Schließung von Tempelhof kommt aus der Wirtschaftspolitik, die den Befürwortern ja so besonders wichtig ist. Die Wiederaufnahme des Flugverkehrs in Tempelhof ist wirtschaftspolitisch schlicht unsinnig. Sie führen als Hauptargument an, Tempelhof sei von zentraler Bedeutung für Berlins Wirtschafts- und Arbeitsplatzentwicklung. Wenn dem so wäre, hätten wir mit unseren derzeit drei Flughäfen in den letz

ten 18 Jahren einen wirtschaftlichen Boom erleben müssen, was jedoch leider nicht der Fall war.

[Beifall bei den Grünen – Vereinzelter Beifall bei der SPD und der Linksfraktion]

Die Zunahme des Flugverkehrs der letzten Jahre ist – ich sage sogar: leider – am wenigsten einer wachsenden Wirtschaft zu verdanken, sondern hängt seit 1999 mit der Hauptstadtfunktion zusammen. Ich gehe jedoch davon aus, dass wir alle gemeinsam wollen, dass dieser erhöhte Flugverkehr endet, denn alle hier wollen, dass das BerlinBonn-Gesetz so geändert wird, dass endlich der Rutschbahneffekt eintritt und wir nicht mehr so viele Flüge zwischen Bonn und Berlin benötigen. Ich hoffe, dass wir uns in diesem Punkt einig sind.

[Beifall bei den Grünen, der SPD und der Linksfraktion]

Zum anderen geht die Zunahme des Flugverkehrs auf die Billigflieger zurück, die vom rot-roten Senat mit Dumpinggebühren angereizt werden. Das finden wir überhaupt nicht gut, was wir auch dem Senat immer wieder sagen.

[Beifall bei den Grünen – Dr. Martin Lindner (FDP): Ihr zahlt lieber hohe Flugpreise!]

Diese Billigflüge stehen im völligen Gegensatz zu jeglicher Klimaschutzverantwortung. Sie werden und sie müssen auch wieder verschwinden, wenn die Energiepreise weiter steigen und wenn – aus grüner Sicht hoffentlich bald! – die Kerosinbesteuerung kommt und etwas besser als heute die ökologische Wahrheit sagt.

[Beifall bei den Grünen]

Wir arbeiten nicht nur daran, sondern wir verlassen uns darauf, dass über kurz oder lang, vielleicht schon 2015, spätestens 2020, die Flugverkehrsprognosen, die Sie jetzt so sehr im Anstieg sehen, sich völlig verändern und wir dann vielleicht sogar weniger Flugverkehr haben werden als zum heutigen Tag. Schön wäre das für uns!

Das Hauptproblem scheint mir zu sein, dass das wirtschaftpolitische Leitbild, von dem Sie ausgehen, die CDU und die FDP, die ICAT, die Springer-Presse, rückwärtsgewandt ist und weder der heutigen noch der künftigen Wirtschaftsentwicklung und dem Wirtschaftsprofil unserer Stadt entspricht.

[Beifall bei den Grünen]

Es ist ein altmodisches Leitbild zu meinen, dass große Infrastrukturen große Industriepotenziale nach sich ziehen. Das trägt für die Zukunft einfach nicht mehr! Es trägt speziell nicht für Berlin. So sehr wir uns die Stärkung der Industrie und der allgemeinen Wirtschaftskraft wünschen würden, Tatsache ist, dass Berlin auch in Zukunft keine großen Konzernzentralen abbekommen wird, sondern dass die Wirtschaftsentwicklung hier kleinteilig und mittelständig ist und sich so weiterentwickeln wird.

[Zuruf von Henner Schmidt (FDP)]