Drei Beispiele: Warum leisten wir uns ein Schulanlagensanierungsprogramm, das die Bezirke dazu zwingt, eine Bauplanungsunterlage für jede Schule anzufertigen und diese dann der Stadtentwicklungsverwaltung zu schicken, die dann noch einmal darauf gucken und das in Listen einschreiben kann, um es dann den Bezirken zur Ausführung zurückzugeben? Das ist ein unsinniger Zwischenschritt, der nur Personal kostet.
Warum leisten wir uns ein 40/40/20-Programm im Sport, in dem es um die Sportvereine geht, die auf eigenem Grundstück eigene Gebäude sanieren oder bauen wollen, die eine hohe Eigenbeteiligung einbringen, also ein hohes Eigeninteresse haben, kostengünstig zu bauen? Sie müssen ihre Anträge – da geht es in der Regel um Summen von 50 000 bis 100 00 Euro – beim Landessportbund vorlegen und bei der Senatssportverwaltung, und zum Schluss wird die Bauplanungsunterlage von der Stadtentwicklungsverwaltung geprüft. – Wozu dieser Blödsinn?
Auch zum letzten Punkt ein Beispiel: Wir vergeben die Bauherreneigenschaft an die Hochschulen. Das kann man gut finden, das kann man schlecht finden, aber es ist die Realität. Die Hochschulen sind für ihre Bauten selbst zuständig. Sie lassen eine Bauplanungsunterlage anfertigen – und wo landet sie danach? – Nicht etwa in der Bauausführung, sondern bei der Stadtentwicklungsverwaltung, die sie noch einmal überprüfen muss.
Da muss man heran. Man muss die Aufgabenkritik üben und im zweiten Schritt Verwaltungsabläufe straffen. Die Hühnerleiter der Abzeichnung muss gekürzt werden, damit die Effizienz der Verwaltung erhöht wird. Wer das nicht tut, wer auch keinen vernünftigen Einstellungskorridor für Nachwuchskräfte schafft, der wird sehr bald sein blaues Wunder erleben. Eine mehr und mehr ausgeblutete und ineffiziente Verwaltung wird das Ergebnis sein. Ohne Personalentwicklungskonzept und Personalbedarfsplanung, Frau Flesch, wird der öffentliche Dienst in Berlin an die Wand fahren. Fünf Jahre sind verschenkt. Jetzt wird es Zeit zum Handeln. Deswegen werden wir dem FDP-Antrag zustimmen.
Vielen Dank, Herr Abgeordneter Schruoffeneger! – Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Die Ausschüsse empfehlen mehrheitlich gegen die Stimmen der Oppositionsfraktionen die Ablehnung auch mit Änderung. Wer dem Antrag der FDP Drucksache 16/0882 dennoch zustimmen möchte, den bitte ich jetzt um das Handzeichen. – Das sind die FDP-Fraktion, die CDU-Fraktion und die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen. Die Gegenprobe! – Das sind die Koalitionsfraktionen. Das ist die Mehrheit. Enthaltungen? – Enthaltungen sehe ich nicht. Damit ist dieser Antrag abgelehnt.
Das ist die Priorität der Fraktion der SPD unter der lfd. Nr. 7. Ich hatte den Antrag bereits vorab an den Ausschuss für Inneres, Sicherheit und Ordnung überwiesen und stelle Ihre nachträgliche Zustimmung hierzu fest.
Ich eröffne die I. Lesung. Für die Beratung steht den Fraktionen jeweils eine Redezeit von bis zu fünf Minuten zur Verfügung. Mir wurde signalisiert, dass zunächst Herr Senator Dr. Zöllner dazu sprechen möchte. – Bitte, Herr Senator, Sie haben das Wort!
Sehr verehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! In jeder Schule in Berlin wird in jedem Jahr am Ende eines Schuljahrs für das darauffolgende Schuljahr neben dem Namen unter anderem erfasst, ob die Schülerin bzw. der Schüler lehrmittelbefreit oder nichtdeutscher Herkunftssprache ist. Diese Daten werden heute schon über die Bezirke an die Zentrale Schulverwaltung weitergegeben. Das ist nötig, weil sonst die Organisation des Schuljahrs, das heißt die Zuweisung an Lehrerwochenstunden für die entsprechenden Schulen, nicht einwandfrei erfolgen kann. Unter anderem kommt es durch Doppelanmeldungen von Schülerinnen und Schülern, durch falsche Zuordnungen von Schülerinnen und Schülern durch die Schule, aber auch durch Übertragungsfehler regelmäßig in jedem Jahr zu einer Abweichung von den korrekten Ist-Zahlen in der Größenordnung von 1 bis 2 Prozent. Das mag Ihnen nicht so groß und nicht so problematisch erscheinen, aber in Wirklichkeit entspricht das einer Zahl von Schülerinnen und Schülern in der Größenordnung von ca. 4 000, die – in den meisten Fällen zu viel – einer Schule zugeordnet werden. Das bedeutet, dass dann 200 bis 300 Lehrerinnen- und Lehrerstellen am falschen Ort sind.
Das ist ein Grund dafür, warum in jedem Jahr Unruhe an den Schulen herrscht und warum es so schwierig ist, zum
richtigen Zeitpunkt Schulen korrekt mit Schülerinnen und Schülern zu versorgen. Wer eine gute Bildungspolitik will, muss dies der Bildungsverwaltung ermöglichen, der muss sie in die Lage versetzen, die Einrichtung eines Schuljahrs ordnungsgemäß abwickeln zu können. Das ist nur möglich, wenn die Fakten bekannt sind, das heißt letzten Endes: durch eine zentrale Schülerdatei.
Das ist eine zentrale Schülerdatei, die über eine Schülernummer Doppelanmeldungen verhindert, aber auch – um auf den Kernbereich zu kommen – durch eine Verschlüsselung über ein Pseudonym verhindert, dass mit einem Namen auf sensible Daten wie z. B. soziale Herkunft zurückgegriffen oder zurückgeschlossen werden kann. Ich bin froh, dass der Datenschutzbeauftragte den vorgelegten Entwurf auch als ein Optimum an Datenschutz in diesem Zusammenhang und den Datenschutz als gewährleistet ansieht.
Wenn der Begriff „Bildungsrepublik Deutschland“ nicht nur eine leere Worthülse sein soll, kann es für uns nur einen Maßstab geben. Die bestmögliche Bildung der nachwachsenden Generationen beginnt, ob man es will oder nicht, bei der optimalen Organisation und Planung von Organisationseinheiten wie Schulen und Unterricht.
Ich bin froh, wenn wir als Bildungsverwaltung hier in Berlin durch eine solche Schülerdatenbank das notwendige Handwerkszeug für eine gute Bildungspolitik bekommen.
Vielen Dank, Herr Senator Prof. Dr. Zöllner! – Für die SDP-Fraktion hat jetzt Frau Abgeordnete Hertel das Wort. – Bitte sehr!
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Wer in den letzten Tagen die Medien verfolgt hat oder wie der Kollege Kleineidam und ich in den letzten Tagen so oft von Pressevertretern angerufen und zu dieser zentralen Schülerdatei befragt wurde,
konnte wirklich den Eindruck gewinnen, dass wir nicht über eine Schülerdatei sprechen, sondern es um die Einführung eines Berliner BKA-Gesetzes geht. Da gab es Diskussionen, da waren Fragen zu beantworten, die mich vermuten lassen, dass – obwohl es immer dabeistand, dass die Vorlage in der Redaktion bekannt sei und man sie gelesen habe –, wenn man die Vorlage gelesen hat, das Verständnis fehlt. Ich habe noch nie erlebt, dass wir bei einem Antrag, den wir hier einbringen wollen – in diesem Fall einer Gesetzesvorlage –, nicht so sehr dazu reden
sondern ich wohl mehr damit zu tun haben werde, zu erklären, was die zentrale Schülerdatei nicht ist, wozu sie nicht dient und auf keinen Fall dienen soll.
In der Schlagzeile einer Berliner Tageszeitung ging man sogar so weit, die Entstehung des „gläsernen Schülers“ zu befürchten. Meine Damen und Herren! Ich bitte Sie, etwas mehr Baldrian in die Diskussion zu packen,
Zwei große Bereiche werden mit der zentralen Schülerdatei erfasst, bzw. soll sie zwei Bereichen dienen. Da ist sie, wenn Sie mich fragen, bereits überfällig. Darum ist es so herrlich, dass wir vor Kurzem über die Ergebnisse der PISA-Studie diskutiert haben, wo sich ein Herr Mutlu von den Grünen allen Ernstes hinstellt und völlig zu Recht fordert: Jetzt müssen aber die DaZ-Mittel endlich dort ankommen, wo sie gebraucht werden.
Für alle die nicht aus dem Bildungsbereich kommen: DaZ ist die Abkürzung für Deutsch als Zweitsprache.
Nun gehen wir in die Schulorganisation und zum Schulentwicklungsplan. Wer stellt den auf? – Der Senator für Schule und Bildung. Wie soll er dies tun, ohne die entsprechenden Daten zu haben? Da will ich nur einige nehmen, die in den letzten Tagen ganz aufgeregt diskutiert worden sind. Da ist die Frage, wie viele Schülerinnen und Schüler eine Schule besuchen werden wollen, und zwar bereinigt um die Zahl der Zweit- und Drittanmeldungen, die so mancher besorgte Elternteil vornimmt, um sicherzustellen, dass das Kind an eine solche Schule kommt, wie es der Elternteil möchte. Das ist menschlich nachvollziehbar, aber für eine Organisation schwierig, wenn Zahlen zwei- und dreimal auftauchen; Zahlen, wohlgemerkt Zahlen, nicht Namen!
Ein weiterer Punkt: Wie viele Schüler haben Deutsch nicht als Herkunftssprache? – Herr Mutlu hören Sie genau zu! –
Nur wenn ich weiß, wie viele Schüler – und unwichtig, ob einer Mahmut heißt oder Hannah – es sind, wenn ich weiß, an welcher Schule wie viele Schüler mit nichtdeutscher Herkunftssprache, oder von der Lernmittelzuzahlung befreit sind, denn das gibt einen Hinweis auf den sozialen Hintergrund.
[Beifall bei der SPD und der Linksfraktion – Benedikt Lux (Grüne): Auch für Polizei und Staatsanwaltschaft!]
Wer dieses Zahlenmaterial nicht hat, kann keine realistische und ernstzunehmende Planung vornehmen und darf sich dann hier wieder einmal Dresche abholen für nicht ausreichende Lehrerzuweisung. Das zu verhindern dient unter anderem diese Datei.
Sie hat auch einen zweiten Grund. Das ist das große Thema der Schuldistanz, besser der Schülerdistanz. Nun wird immer von Schulpflicht gesprochen, ich will es anders auffassen: Es geht darum, den Schülern das ihnen zustehende Recht auch zukommen zu lassen, eine Schule besuchen zu können. Da ist es schwierig, wenn immer mehr Schülerinnen und Schüler aus Familien kommen, wo das Interesse an einem regelmäßigen Schulbesuch, aus welchen Gründen auch immer, gering ist. Sie wissen, dass keine Schule, kein Bezirk, außer einem im ganz Berlin, überhaupt eine zentrale Datei hat. Wer vom Jugendamt, Gesundheitsamt oder von der Polizei eine Schülerin oder einen Schüler seiner Schule zuführen will, ist gezwungen, jede Schule einzeln anzurufen. Wenn das Ihre Form von guter Bildungsarbeit ist, dann habe ich hier etwas falsch verstanden.