der ihm beibringt, das es nicht zwangsläufig ist, dass der Islam aggressiv ist und mit unseren Werten nichts zu tun hat. Das sind ganz wesentliche Aspekte, die uns dazu führen, für Wahlpflicht zu sein. Es geht um optimale Wertevermittlung.
Kollege Müller! Sie hatten gesagt, die Schüler brauchten hier Orientierung und Hilfe. Richtig! Aber sie brauchen nicht zwangsläufig staatliche Orientierung und staatliche Hilfe, sondern wir wollen, dass sie selbst entscheiden, wer das tun soll.
Und diese ganzen Argumente, die hier kommen, das sei trotzdem noch möglich, Religionsunterricht zu bekommen: Seien Sie doch nicht weltfremd! Wenn Sie Kinder hätten und wüssten, wie das läuft, dann wüssten Sie doch, dass es völlig absurd ist, wenn man in der 7./8./9. Klasse ist und die Dichte des Stundenplans kennt, am Nachmittag oder Spätnachmittag noch einmal zusätzlich zum Religionsunterricht zu gehen.
[Carola Bluhm (Linksfraktion): Haben Sie die Zahlen gesehen? Die Kinder sind doch religionsmündig! Können sie doch allein entscheiden!]
Sie degradieren den Religionsunterricht zum Schwimmunterricht. Das ist der Vorwurf, der Ihnen zu machen ist.
Sie setzen ihn dem Schwimmunterricht gleich, das ist auch eine Art Kirchenkampf, den Sie hier führen.
Ich bin zutiefst davon überzeugt, meine Partei, meine Fraktion auch, dass man in dieser Frage die Dinge durchaus auch anders sehen kann.
Herr Lindner! Sie sind ja Jurist, daher meine Frage: Können Sie uns sagen, was sich rein rechtlich – ich rede nicht von der Praxis – am Status des Religionsunterrichts in Berlin geändert hat?
Rein rechtlich! Der Herr Kollege Mutlu hat mich nach der rechtlichen Veränderung gefragt. Der hat sich nicht geändert, aber der Religionsunterricht ist an den Rand gedrängt worden. Wir wollen ja, dass er sich rechtlich ändert.
[Beifall bei der FDP und der CDU – Martina Michels (Linksfraktion): Die Leute wollen ihn nicht! Gucken Sie sich doch die Zahlen an!]
nicht vom Pfarrer in irgendwelchen Nebenetagen, sondern wie ich das bekommen habe, von einem Deutschlehrer, von einem sonstigen Lehrer, der die Berechtigung hat, auch Religionsunterricht zu machen. Das wollen wir. Wir wollen den Religionsunterricht aus den Nischen herausholen, wollen ihn insoweit breit anbieten.
Ich sagte gerade: Wir sind in der Frage Ethikunterricht, Wahlpflicht Religion durchaus der Auffassung, dass man hier auch anderer Auffassung sein kann. Ich sehe das nicht so apodiktisch, dass ich sage, es ist alles unanständig, illiberal, indiskutabel, was nicht der Auffassung Wahlpflicht ist.
Bei der Frage des Termins aber sehe ich es anders. Das begründe ich hier. Wir haben, Kollege Müller, das Gesetz extra so geändert, dass es zulässig ist, solche Volksentscheide innerhalb von bis zu acht Monaten mit Wahlen zu verbinden.
Denklogisch hat es doch nie mit der jeweiligen Wahl zu tun, was in einem Volksentscheid begehrt wird.
In Volksentscheiden werden immer nur singuläre Fragen, in Wahlen aber immer generelle Fragen zu beantworten sein.
Wenn Ihre kleine Argumentation irgendwo greifen würde, dann hätte man das Gesetz so sicher nicht geändert, sondern gesagt, dass es bei Volksentscheiden auszuschließen sei, weil Volksentscheide mit Wahlen grundsätzlich nichts zu tun haben. Wenn man sich auch noch die Zeitläufe hier anschaut, stellt man fest, dass ein möglicher Volksentscheid in Verbindung mit der Europawahl noch knapp in der Viermonatsfrist liegt. Innerhalb von acht Monaten könnte man ihn sogar mit der Bundestagswahl verbinden.
Ja, das „Kann“ ist wie „Ist“ zu lesen, es sei denn, die Natur des Volksentscheids selbst fordert ein schnelles Handeln. Das kann ja einmal sein, dass ein Volksentscheid etwas berührt, was durch Zeitablauf hinfällig wird, wenn man es nicht schnell macht. Hier gibt es das nicht. Es gab am Anfang eine Hilfskrückenargumentation der Regierung, die gesagt hatte, na ja, wir müssen das schnell einführen. Die eigene Schulverwaltung sagte: Frühestens 2010, 2011 ist das möglich. Also ist absolut Zeit, ihn bis zur Europawahl zu legen. Es besteht überhaupt kein Grund für irgendeine Eile.
Die Mehrkosten von 1,4 Millionen Euro, wenn man die Wahlen nicht verbindet, wären dann hinzunehmen, wenn es einen sachlichen Zwang gäbe, es vorzuziehen. Aber umgekehrt, wenn es keinen Zwang gibt, dann frage ich Sie wirklich: Hat Ihnen diese Diskussion um die Milliardenbeträge beim Konjunkturpaket so das Gehirn vernebelt, dass Sie keinen Blick für Millionenbeträge mehr haben? Was ist denn in dieser Stadt gestrichen worden für solche Beträge? Symphoniker, Sozialprojekte, Hörberatungsstellen, an die Sie heranwollen, das sind doch alles viel kleinere Beträge, an die Sie herangehen als 1,4 Millionen Euro.
Da sage ich Ihnen: Ich diskutiere das nur weiter, wenn Sie, Herr Wowereit, das Geld hier persönlich aus Ihrer Tasche auf den Tisch legen. Haben Sie es dabei?
Haben Sie die 1,4 Millionen Euro in Ihrer Aktentasche dabei? Legen Sie sie auf den Tisch, Herr Wowereit!
Sie haben Sie nicht, Herr Wowereit! Wenn Sie die 1,4 Millionen Euro nicht haben, dann gehen Sie lieber in sich und überlegen sich, welche Rolle Sie haben. Sie sind nicht Herr von Steuerzahlergeld, Sie sind Treuhänder von Steuerzahlergeld! Es ist nicht Ihres, was Sie hier einfach ausgeben können.
Die Gesetzeslage sieht es ausdrücklich vor, es gibt kein sachliches Argument abzuweichen, es zu verbinden mit der Europawahl, sondern es ist ein Gebot für anständige Demokraten, dafür zu sorgen, dass es eine breite Partizipation der Bürger an der Geschichte gibt.
Natürlich ist es auch der Wille der Initiatoren, der mitzuberücksichtigen ist. Damit muss man doch sensibel umgehen. Es ist doch denklogisch klar, dass sich Volksentscheide immer gegen den Willen des Senats richten. Es kann gar nicht anders sein. Deswegen ist es eine Frage des Anstands, wie ich damit umgehe. Aber das scheint Ihnen in Ihrer Partei, der SPD, komplett abhandengekommen zu sein.