Martin Lindner

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Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Meine letzte Rede im Abgeordnetenhaus ist zum Thema Stasi. Dieser Antrag, den wir eingebracht haben, hatte den Zweck, von der Einzelfallbetrachtung wegzukommen und zu einer wissenschaftlichen, globaleren Betrachtung dieses Themas zu kommen. Ich finde, es war auch eine gute Gelegenheit – 20 Jahre Fall der Mauer –, und wir waren auch in der Fraktion guter Hoffnung, dass das Erfolg hat.
Wir hatten – ich darf Sie erinnern – in der ersten Rederunde von der SPD, insbesondere vom Kollegen Hilse, Ausführungen, die darauf schließen ließen, dass sich zumindest die SPD vorstellen könnte, dem Antrag näherzutreten. Wir haben Anregungen des Senators Körting im Innenausschuss aufgenommen, und jetzt hören wir, dass das offensichtlich von Ihnen nicht gewünscht ist. Jetzt könnte ich es mir einfach machen, ein billiges Schlussresümee ziehen
und sagen: Was können wir auch von Fraktionen – zumindest einer Fraktion – erwarten, die im Landtag von Brandenburg die Stasi gleich in Mannschaftsstärke ins Parlament und sogar an den Kabinettstisch gebracht hat.
Wissen Sie, ein Kapaun, ist wenigstens jemand, der schon einmal etwas hatte. Sie gehören zu den Leuten, bei denen noch nie etwas war. Das ist der Unterschied, mein Lieber!
Ich bin gerade in ein neues Parlament gekommen, da sitzen ganz andere Kapaune. Das können Sie sich mal anschauen!
Gott sei Dank sitzen Sie hier, dort haben Sie gar nichts zu melden, und das ist auch richtig so.
Ich bedauere, dass es zu dem Antrag tatsächlich keine Mehrheit gibt. Ich habe von Hubertus Knabe „Die unter
wanderte Republik. Stasi im Westen“ gelesen. Ich fand das ein sehr faszinierendes Buch, weil es deutlich gemacht hat, was es im Westen für Aktivitäten gab. Ich persönlich habe immer ein gewisses Problem damit, den Finger nach dem Osten zu richten und Schuld auf Menschen abzuladen, die in Verhältnissen lebten, die ich gar nicht nachvollziehen kann. Ich habe nie in einer solchen Drucksituation gelebt. Umso verwerflicher halte ich es allerdings, dass Menschen völlig ohne Not und ohne Druck, ohne die Gefahr, vielleicht berufliche oder auch persönliche bzw. familiäre Konsequenzen zu haben, für die andere Seite Spitzeldienste geleistet haben. Deswegen – übrigens meine Partei in Berlin hat unter diesem Phänomen besonders gelitten – hätte ich es auch richtig gefunden, hier zu einer wissenschaftlichen Untersuchung zu kommen, um auch dem Vorwurf zu begegnen, es ist eine reine West-Ost-Fingerzeiggeschichte, sondern wir nehmen uns auch einmal der Geschichte an, dass wir im Westen genauso dieses Phänomen hatten. Ich hätte es auch einen Punktausgleich in der Gerechtigkeit zwischen Ost und West gefunden, wenn dieser Antrag heute eine Mehrheit gefunden hätte.
Eine Zustimmung zu unserem Antrag wäre natürlich auch ein Sahnehäubchen auf dem an sich schon so gelungenen heutigen Plenartag gewesen. Das muss man auch sagen.
Es war kein schlechter Abschied.
Ich darf mich jetzt zum Schluss bedanken und Abschied nehmen. Es war eine sehr spannende Zeit. Als wir vor acht Jahren ins Parlament kamen – wir waren davor außerparlamentarisch, und die wenigsten von uns hatten parlamentarische Erfahrung –, war es auch für mich – als dann sofort ins Amt des Fraktionsvorsitzenden Gelangter – eine extreme Herausforderung, gleichzeitig den technischen Apparat einer Fraktion aufzubauen und auf der anderen Seite schon Reden zu halten. Das ging nicht ohne sehr gute Zusammenarbeit und gute Hilfe der Mitarbeiter des Hauses, die ich ausdrücklich erwähnen will. Morgen haben wir noch einen Abschied. Da werde ich das noch speziell an meine eigene Fraktion richten. Deswegen erlauben Sie mir, das heute mehr an die Runde hier zu richten, aber natürlich auch die Kollegen im Haus.
Mit Michael Müller, Volker Ratzmann und viele anderen, auch fraktionsübergreifend, hat es Freude gemacht, und ich bedanke mich ausdrücklich für die kollegiale Zusammenarbeit und die Geduld, die Sie mit mir hatten.
Wenn Sie mir das ausnahmsweise gestatten, Frau Präsidentin, komme ich zu ein, zwei Schlussbemerkungen. Ich halte Polemik für eine zentrale und wichtige Angelegenheit des Parlaments. Ein lebendiges Parlament lebt von Polemik. Ich erinnere mich an eine Zeit in den Siebziger/Achtzigerjahren, da haben sich unsere Schulbusfahrer immer Plenardebatten des Deutschen Bundestages auf
Vizepräsidentin Karin Seidel-Kalmutzki
Mittelwelle angehört. Da waren eben noch Strauß und Wehner. Ich sagen Ihnen vollen Ernstes: Die political correctness ist der Totengräber einer lebendigen Debattenkultur. Wir müssen wieder mehr zu Klartext kommen. Das erwarten die Leute. Das bringt die Parlamente wieder näher ans Volk.
Und die Polarisierung ist auch wichtig. Die Bürger haben einen Anspruch auf Auswahl im demokratischen Spektrum. Wenn wir eine Vermengung und Verbreiung machen, wird es allenfalls dazu führen, dass die Leute entweder gar nicht zur Wahl gehen oder sich an irgendwelche Ränder auf der rechten oder linken Seite wenden. Das sollten wir nicht tun. Wir sollten Klartext sprechen. Wir sollten uns klar abgrenzen und dann auch wieder zusammensetzen können, ein Bier trinken und wieder gemeinsame Sachen machen können. Das ist eine zentral wichtige Geschichte.
Dass ich im Einzelfall zu weit gegangen bin, das nehmen Sie mir bitte nicht zu krumm. Solle ich jemanden persönlich beleidigt haben, zu weit gegangen sein, entschuldige ich mich hier ausdrücklich dafür. Das war nicht meine Absicht. Es ging mir um lebendige Debatten, aber nicht um persönliche Beleidigungen.
Sie müssen mir keine Absolution erteilen. Wir werden uns wiedersehen, und da werden wir auch wieder aufeinanderprallen.
Zum Abschied: Es ist mir sehr wichtig: Ich möchte mich auch im Deutschen Bundestag für diese großartige Stadt einsetzen.
Lassen Sie mir bitte noch die zwei Sätze, dann erspare ich Ihnen nämlich die Rederunde zu dem letzten Antrag zum Verhältnis Bund-Berlin. Da können wir uns das sparen und früher rausgehen. Es ist aber wichtig: Wir sind in einer schwierigen Situation. Berlin, Brandenburg, Rheinland-Pfalz und Bremen sind die einzigen Länder, die keine Vertretung in der Bundesregierung haben. Das ist für das Verhältnis schwierig. Ich biete mich an, dafür zu sorgen, dass die Interessen Berlins nicht auf der Strecke bleiben. Schlagen Sie auf Schwarz-Gelb ein! Das ist überhaupt kein Problem, aber ich glaube, wir haben jenseits der Parteigrenzen ein Interesse, dass die Stadt Berlin, dass das Land Berlin in allen kulturpolitischen, infrastrukturpolitischen Fragen in parteiischen Auseinandersetzungen nicht auf der Strecke bleibt, sondern dass wir im Bund auch eine zentrale Rolle spielen.
Meine Damen und Herren! Alles Gute für Sie, das Abgeordnetenhaus! Wir werden uns über den Weg laufen. Lassen Sie es sich persönlich gut gehen! Lassen Sie den Parlamentarismus hier leben und lebendig sein! Für Sie alles Gute! – Herzlichen Dank! Bis bald!
Herr Präsident! Verehrte Damen! Meine Herren! Wenige Tage vor der Bundestagswahl lohnt es sich, nicht nur ganz allgemein darüber zu diskutieren, ob Rot-Rot mit grünem Trittbrett ein Modell für Deutschland ist, sondern vor allem hier in Berlin und im Berliner Abgeordnetenhaus. Vor zehn Jahren hatten wir hier Wahlen zum Abgeordnetenhaus von Berlin. Die CDU erreichte damals etwas über 40 Prozent, die SPD verabschiedete sich vom Status einer Volkspartei und kam etwas über 20 Prozent. Weniger demütig, sondern mehr gedemütigt kroch sie wieder in die sogenannte große Koalition. Aber vom ersten Tag an arbeiteten die rot-roten Architekten Wowereit und Strieder darauf hin, diese sogenannte große Koalition bei erstbester Gelegenheit platzen zu lassen.
Wir erlebten damals von zehn Jahren genau die Blaupause für das, was passiert, wenn hier Schwarz-Gelb am Sonntag keine Mehrheit bekommt.
Das ist genau eingetreten. 2001 bei der Bankgesellschaftskrise, für die die SPD genauso verantwortlich war wie die CDU, nutzte man die Gelegenheit. Und die Grünen, ihr Bündnis 90 damals schon vergessend, halfen dabei, für den Lohn einiger Übergangssessel in einem Übergangssenat für Wieland und Konsorten einmal ein wenig Senat zu spüren – und dann war Schluss.
Dann wurde mit uns ein bisschen zur Farce ein wenig Ampelkoalition beredet – auch das wieder so wie heute. Heute erzählt der Vizekanzlerkandidat auch, er wolle eine Ampel, obwohl wir nein sagen. Das ist heute so wie vor zehn Jahren, wo die Ampel suggeriert wurde.
Am Ende ist Rot-Rot herausgekommen. Dies gilt es in wenigen Tagen für Deutschland zu verhindern.
Denn das Ganze, das hier angerührt wurde, wurde festgesetzt: Ypsilanti in Hessen und der Bruch des gegebenen Wortes ist genauso, wie es jetzt passiert. Sie hat versucht, mit Hilfe von Rot-Rot – auch dort stand das grüne Trittbrettchen bereit – eine Linksaußenregierung zu installieren. Man versuchte genauso, mit Rot-Rot-Grün den bei 80 Prozent der Deutschen beliebten Bundespräsidenten aus dem Amt zu kehren. Man versucht jetzt im Saarland und in Thüringen ebenfalls Rot-Rot-Grün.
Dann zu Ihrer Rolle, verehrte Damen und Herren der grünen Fraktion! Da ist es nicht einmal mehr ein Trittbrett, da ist es ein Trittbrettchen, wenn man noch nicht einmal zahlenmäßig gebraucht wird wie in Thüringen, aber trotzdem hilfswilliger Geselle dabei sein möchte, wie hier Rot-Rot gebildet wird. Dann ist das schon erbärmlich.
Im Saarland trauen sie sich noch nicht einmal, den Bürgern vor der Bundestagswahl klaren Wein einzuschenken. Da veranstaltet eine Partei mit 5,8 Prozent Wähleranteil drei Regionalkonferenzen im Saarland, das so groß ist wie drei Berliner Bezirke,
um vor der Wahl nicht zu sagen, was hinterher gemacht werden soll, nämlich Rot-Rot-Grün.
Wir müssen heute hier aktuell darüber diskutieren, ob dies ein Modell für Deutschland sein kann. Das ganze Chaos, das wir bei der S-Bahn erleben, wird dann bei der deutschen Bahn gemacht, das ganze Einheitsschultheater gegen den überwältigenden Teil der Bevölkerung, wie eine Forsa-Umfrage gezeigt hat, die Schullotterien sollen dann auf ganz Deutschland ausgeweitet werden.
Die Grundsteuererhöhung machen Sie dann als Dauerabzocke bei der Einkommensteuer und anderem. Das Wegschauen bei linker Gewalt, das völlige Ignorieren von linker Gewalt von Linksaußen hier in Berlin sollte dann ein Modell für ganz Deutschland werden.
Wir müssen heute an dieser Stelle, aktuell, ganz dringend darüber diskutieren, welche Zumutungen auf dieses Land zukommen,
wenn man eine solide Mehrheit, wie sie gerade in Sachsen gewählt wurde, in Nordrhein-Westfalen, in BadenWürttemberg, in Bayern, in Niedersachsen, die die Deutschen in eine wesentlich bessere Position versetzt, gegenüberstellt diesem Bündnis von Versagern, diesem Bündnis von Menschen, von Leuten, die gegen die Bürger, gegen die Mitte der Gesellschaft arbeiten, ob wir das den Leuten hier nicht klar sagen könnten: Kämpft dagegen, passt auf, was am Sonntag mit Deutschland passiert.
Was in Berlin passiert ist, darf kein Modell für Deutschland werden. – Herzlichen Dank!
Lieber Kollege Ratzmann! Würden Sie uns die Frage des Kollegen Steffel zumindest am Ende Ihres Redebeitrags beantworten? Mit wem wollen Sie Ihre Vorstellungen in Form einer Regierungsbeteiligung realisieren?
Frau Präsidentin! Verehrte Damen! Meine Herren! Mein lieber Kollege Steffel! Wenn Sie das nicht hinbekommen in Ihrem Wahlkreis, dann kann Ihnen niemand mehr helfen!
Ich würde Ihnen am Ende meiner Rede auch gern wünschen: Viel Spaß im Deutschen Bundestag! – aber ich glaube, das macht keinen großen Sinn.
Ich wundere mich schon über die Frage, wie hier mit Gewalt auf verschiedenen Seiten des Spektrums unterschiedlich in dieser Stadt umgegangen wird. Dass Sie, Kollege Ratzmann, da wegschauen, wundert mich, nachdem wir uns ja ein paar Jahre kennen, schon.
Wenn 157 Autos seit Jahresbeginn in dieser Stadt brennen, und dann kommt der Polizeipräsident, andere Beamte, der Innensenator und sagen: Tja, wenn man mit so bestimmten Autos in bestimmte Gegenden fährt, ist es schwierig. – Dann hat er das noch verglichen mit einem Brillantring, den man ja auch nicht unter einer Straßenlaterne liege ließe.
Damit Ihnen deutlich wird, was er da gesagt hat, stellen Sie sich mal das Beispiel mit rechtsradikalem Hintergrund vor. Stellen Sie sich mal vor, der Innensenator, der Polizeipräsident würden, nachdem reihenweise Männer mit etwas längeren Haaren von Rechtsradikalen geprügelt, verscheut werden aus bestimmten Orten der Stadt, die würden sich hinstellen und sagen: Tja, wenn man so lange Haare hat, würde ich in bestimmte Gegenden nicht gehen. – Der Teufel wäre los, und zwar zu Recht wäre er los!
Wo kommen wir denn eigentlich hin, wenn wir es zulassen, dass Leute versuchen, andere Leute mit Kriminalität aus ihren Wohngegenden zu vertreiben?
Ich gebe Ihnen noch ein Beispiel. Wir haben vor etwa einem Jahr erlebt, wie im Zug einer Schüler- und Studentendemonstration linksradikale Straftäter in die Humboldt-Universität eingedrungen sind und 12 von 16 Schaukästen über jüdisches Unternehmertum während der Zeit des Nationalsozialismus kaputt geschlagen haben. Stellen Sie sich vor, das wären Rechtsradikale gewesen! Zu Recht wären wir empört, zu Recht wären wir alle dorthin gegangen, und zu Recht wären der Regierende Bürgermeister und die Bundeskanzlerin aufgekreuzt. Aber da: Ein paar zornige junge Männer vielleicht! Im Übermaß konnten sie die Davidsterne, die in fast jedem Schaukasten waren, nicht erkennen. – So wird in dieser Stadt unterschiedlich gemessen.
Und wir wollen nicht, dass in Deutschland nach dem 27. September auf gleiche Weise – auf dem linken Auge blind gegen Straftaten – agiert wird oder nicht agiert wird wie in dieser Stadt.
Gleichmacherei in der Bildungspolitik: Wir wollen nicht, dass Einheitsschulen und Einheitshochschulen in Deutschland Platz greifen.
Wir wollen auch nicht, dass zukünftig eine Lotterie über das Schicksal junger Menschen bestimmt. Ich war heute im Schadow-Gymnasium in Zehlendorf und hatte das Vergnügen, mit Herrn Benneter auf dem Podium zu sitzen. Wissen Sie, wie Herr Benneter begründet hat, warum man diese Lotterie, die hier stattfindet, durchaus vertreten kann? Er sagte: Na ja, so etwas gibt es doch bei den Hochschulen auch. – Im dem Sinne: Wenn da schon Schlechtes auf euch wartet, warum fangt ihr damit nicht bereits im Kindheitsalter an – mit Lotterieverfahren statt einem gerechten System?
Was für ein Unsinn! Berlin schneidet im Rahmen der IGLU-Studien – allen Studien – immer an schlechtester Stelle ab. Sie kommen dann daher und sagen, Deutschland sei insgesamt schlecht. Wir sagen Ihnen: Ja, wir müssen vieles in Deutschland erreichen. Wir müssen uns über einheitliche Bildungsstandards bei Abschlüssen in Deutschland auch nach der Bundestagswahl unterhalten, aber Sie versagen hier vor Ort, wo Sie Verantwortung tragen. Auch dies kann kein Modell für Deutschland sein.
Ihre rot-rote Klientelpolitik im Sozialbereich: Bei den Grünen bin ich ja als kaltes Herz von Berlin auf den Blättchen, die sie verteilen. Ich sage Ihnen: Ich habe nur dort ein kaltes Herz, wo ich merke, dass dieser Sozialstaat von Faulpelzen ausgeplündert wird, und das werde ich immer und immer wieder vertreten.
Ich sage Ihnen auch, wo mein Herz glüht. Es gibt in diesem Staat Alte – Witwen beispielsweise –, die eine Witwenrente erhalten, die unter den Sozialhilfesätzen liegt. Da fragt nie ein Amt nach: Wie kommt ihr aus? Können wir euch unterstützen? Könnt ihr ergänzende Sozialhilfe bekommen?
Mein Herz glüht für Menschen, die in spätem Alter in die Arbeitslosigkeit kommen und denen über das ungerechte Hartz-IV-System, was Rote und Grüne installiert haben, ein Schonvermögen von lediglich 250 Euro pro Lebensjahr übrig bleibt. Für die schlägt mein Herz, für die werden wir uns einsetzen, für die wirklich Bedürftigen in der Gesellschaft,
aber nicht für Leute, die schlichtweg keine Lust haben, die in Bethanien im Bett bleiben und dann auch noch Strom und Wasser vom grünen Bürgermeister auf Staats
kosten geliefert bekommen, die keine Lust haben zu arbeiten und die selbst Angebote für eine gemeinnützige Arbeit ablehnen.
Die leben auf Kosten der anderen, und dann ist für diejenigen nicht genug da, die es wirklich verdient haben – für die wirklich Bedürftigen. Da müssen wir umsteuern.
13 Prozent der Arbeitslosen bekennen sich zur FDP. Das sind nicht diejenigen, die glauben, dass man dauerhaft in Hartz-IV bleibt, sondern diejenigen, die von einer soliden Regierung mit der FDP – einer CDU-FDP-Regierung – erwarten, dass sie wieder eine Chance auf dem ersten Arbeitsmarkt haben. Für diese Menschen werden wir uns nach dem 27. September einsetzen.
Mindestlohn: Sehen Sie doch einmal die Realität in diesem Land! Ein Facharbeiter bekommt 10,50 Euro in der Stunde, ein Facharbeiter mit zwei Kindern kommt damit auf monatlich 1 700 Euro. Der kann es sich nicht leisten, ein drittes Kind zu bekommen, weil er dann nicht automatisch eine größere Wohnung oder mehr Lohn bekommt.
Ein Hartz-IV-Empfänger mit drei Kindern bekommt 2 000 Euro. Das ist doch die Schieflage zwischen denjenigen, die morgens aufstehen und arbeiten gehen, und denjenigen, die liegen bleiben. Das müssen wir wieder ins richtige Lot bekommen.
Da hilft überhaupt kein Mindestlohn. Dem Mann hilft noch nicht einmal der linke Mindestlohn von 10 Euro.
Keine Fragen! – Danke!
Kündigungsschutz – das sind Dinge, die wir selbstverständlich bei kleinen und mittleren Betrieben auf den Prüfstand stellen. Wir müssen sehen, ob wir durch ein Übermaß von Schutz genau das verhindern, was wir für die Menschen erreichen wollen.
Wir wollen Arbeit auf dem ersten Arbeitsmarkt und keinen öffentlich geförderten Beschäftigungssektor, eine Art VEB Knake-Werner. Das wollen wir nicht. Wir wollen Arbeit in den kleinen und mittleren Betrieben und nicht wieder beim Staat, was uns gerade hier in Berlin in die Staatsverschuldung geführt hat.
Damit bin ich beim Thema „Steuern und Abgaben“. Soll das ein Modell für Deutschland werden, was Sie hier gemacht haben? Grundsteuer – höchstes Niveau in ganz Deutschland! Gewerbesteuer über dem Satz unserer Umlandgemeinden! Grunderwerbsteuer von 3,5 auf 4,5 erhöht! Hohe Wasserpreise, die der Senat zu verantworten hat! Bürger abzocken, statt das abzusenken, was sie wirklich zum Leben brauchen – ihr Einkommen. Auf das Netto kommt es an, nicht auf irgendwelche Mindestlöhne.
Verräterisch ist schon allein der Duktus, in dem Sie sprechen und in dem Sie solche Debatten führen. Da reden Sie von Steuergeschenken, als sei es der Staat, der seinen Untertanen ein Geschenk macht. Es sind die Bürger – es ist ihr Geld –, die uns als Treuhänder für ihr sauer verdientes Geld einsetzen. Wir haben nur das zu nehmen, was wir unbedingt brauchen. So herum wird ein Schuh daraus. Aber nicht von Geschenken reden wie bei einem Taschengeldempfänger!
Kollege Ratzmann! Sie sagen: Wir – damit meinen Sie die Parlamentarier bzw. das Land Berlin – kämpfen mit dem Haushaltsnotstand, und die FDP macht Steuergeschenke. – Wissen Sie, dass sehr viele Menschen dort draußen gerade im mittleren Einkommensbereich auch einen Haushaltsnotstand haben? Um den kümmert sich die FDP. Um die mittleren Einkommen geht es.
Sie haben für die Reichen den Spitzensteuersatz gesenkt – zusammen mit der SPD.
Und um die Hartz-IV-Empfänger haben Sie sich auch gekümmert. Wissen Sie, es gibt Reiche und Superreiche. Die haben alles. Die suchen sich tatsächlich dort den Platz aus, wo sie die günstigsten Steuern bezahlen können. Um die müssen wir uns nicht kümmern.
Und es gibt Leute, die nichts haben. Aber wir kümmern uns um die Leute, die weniger als alles, aber mehr als nichts haben. Das ist der Mittelstand, und das ist die Mittelschicht in Deutschland. Denen wird es nach dem 27. September besser gehen. Das verspreche ich Ihnen.
Die Koalitionssituation ist nun ganz einfach. Zunächst geht es darum: Schwarz-Rot oder Schwarz-Gelb? – Hier spielt das zunächst einmal gar keine Rolle. Vizekanzlerkandidat Steinmeier bewirbt sich erneut um sein Amt. Oder kommt eine Partei der Vernunft, die FDP, zusammen mit der CDU? – Das ist die Entscheidung, die wir zu treffen haben.
Aber nur fürs Erste! Wir wissen alle genau, was dann passiert. Die SPD – ob sie nun mit 25 oder 26 Prozent abschneidet, spielt überhaupt keine Rolle – –
Kleinen Moment! Ich komme zum letzten Satz: Die SPD wird es nicht aushalten, die nächsten vier Jahr wieder unter Frau Merkel in der großen Koalition zu sein. Sie werden genau das machen, was Sie in Berlin gemacht haben: Spätestens nach der nordrhein-westfälischen Landtagswahl ist Schluss mit der großen Koalition. Dann gibt es Rot-Rot-Grün auf Bundesebene. Aber das werden wir verhindern. Das wollen die Menschen in dem Land nicht. Sie wollen keine Linksaußen-Regierung.
Sie wollen eine Regierung der Vernunft aus CDU und FDP. – Herzlichen Dank!
Ich habe eine Frage an die Stadtentwicklungssenatorin. – Frau Senatorin Junge-Reyer! Auf welcher rechtlichen Grundlage wird im Land Berlin die Außenwerbung von politischen Parteien verboten?
Trifft es zu, dass die Allgemeine Anweisung Außenwerbung aus dem Jahr 1997 – um Ihnen auf die Sprünge zu helfen –, auf der tatsächlich angeblich diese politische Werbung, die jetzt am Charlottenburger Tor stattfindet, verboten wurde, bereits im Jahr 2007 ausgelaufen ist, ohne dass sie verlängert wurde, und damit als rechtliche Grundlage für ein Verbot nicht in Betracht kommt?
Da sehen wir uns dann wieder.
Herr Regierender Bürgermeister! Wollen Sie bitte endlich zur Kenntnis nehmen, dass alle, die mit der Privatisierung zu tun haben, Damen und Herren – es sind im Wesentlichen Herren –, alle Sozialdemokraten sind?
Der Aufsichtsratsvorsitzende Müller ist Sozialdemokrat. Der Vorstandsvorsitzende wurde von Schröder, Sozialdemokrat, berufen.
Der Herr Tiefensee ist Sozialdemokrat.
Der Bundesfinanzminister Steinbrück ist Sozialdemokrat. Sie sind Sozialdemokrat. Frau Junge-Reyer ist Sozialdemokratin. Alles Sozialdemokraten!
Das ist ein Skandal der Sozialdemokratie.
Wollen Sie endlich zu dieser Verantwortung Ihrer Partei auf allen Ebenen stehen oder nicht?
Herr Präsident! Verehrte Damen, meine Herren! Wenn Sie gestatten, kehre ich zum parlamentarischen Sie zurück. – Herr Regierender Bürgermeister, es war sehr spannend, wie Sie wieder suggerierten, Schuld an allem sei die FDP.
Das hören wir uns jetzt schon seit Wochen an. Wir regieren zwar seit 1998 im Bund und seit Mitte der 80er-Jahre in Berlin nicht mehr, aber dank unserer charismatischen Art kriecht der Geist des Neoliberalismus schon seit Jahren in sozialdemokratische Schädel – natürlich auch in Grüne, fast schon in Linke und CDU-Schädel – und vergiftet den ganzen Raum. Deswegen wird seit 1998 überall neoliberale Politik gemacht,
obwohl wir gar nicht regieren. Das ist wirklich ein ganz erstaunliches Phänomen.
Er kriecht zum Beispiel in die sozialdemokratischen Schädel von Tiefensee oder Herrn Steinbrück, Herrn Clement; sie sind alle verseucht gewesen, um einmal zu einer Verantwortung auf Bundesebene für die Bahn, die S-Bahn und die Deutsche Bahn, zu kommen. Das gilt auch für Herrn Schröder, der den Mehdorn berufen hat. Das ist auch ein klassischer Neoliberaler. Werner Müller, im Aufsichtsrat, ist Sozialdemokrat.
Parteilos, das ist klar, aber er war auf eurem Ticket da drin, er war schließlich auch unter Schröder Wirtschaftsminister. Nicht vergessen zu erwähnen möchte ich für Berlin Herrn Wowereit, Herrn Strieder, Frau JungeReyer. Das sind alles Sozialdemokraten, aber schuld ist die FDP.
Das können Sie vielleicht auf Ihren Parteitagen Ihren Leuten verzapfen. Da draußen glaubt es keiner.
Auf die Parteitage verweisen Sie dann. Aber der SPDParteitag hat etwas ganz Anderes beschlossen als die bösen Tiefensees und Steinbrücks und alle anderen. Seien Sie stolz auf Ihre Erfolglosigkeit, dass Sie es nicht geschafft haben, sich mit diesen Fragen durchzusetzen, und Sie es lieber unter der Decke halten. Erzählen Sie uns auch noch, wie wirkungslos Sie in den letzten Jahren gewesen sind! Das ist wirklich bemerkenswert.
Lassen Sie mich zum Thema Privatisierung der Bahn zwei Sätze sagen. Ich finde es schon erstaunlich, wie in diesem Haus hier auf einem Sanierungskurs der Deutschen Bahn herumgehackt wird, der wirklich beispiellos ist.
Da kann mir das Eine oder Andere auch nicht gefallen. Aber wohin wollen Sie denn wieder? Wollen Sie wieder zurück zu dem von Referenten geführten alten Staatsunternehmen Reichsbahn oder Bundesbahn, das über Jahrzehnte ein Milliardengrab für den deutschen Steuerzahler war? Wollen Sie wirklich wieder dorthin zurück?
Wollen Sie wieder, dass der deutsche Michel, der deutsche Steuerzahler jedes Jahr von seinen Steuergeldern, die er bezahlt, Milliarden Euro in die Deutsche Bahn subventioniert? Das kann doch nicht ernsthaft Ihr Wille sein. Es ist jedenfalls nicht der Wille der FDP, und wir werden auf jeden Fall dagegen kämpfen, dass wir zurück in die alte Staatsbude fallen, die den Steuerzahler Milliarden Euro gekostet hat.
Deswegen danke ich Herrn Mehdorn und der Führung der Deutschen Bahn, dass sie sie aus diesem Milliardengrab heraus und hin zu einem international wettbewerbsfähigen Unternehmen geführt hat.
Die FDP hat sich gegen das ursprüngliche Privatisierungsverfahren gestellt. Das ursprüngliche Verfahren hat diese Mischform vorgesehen. Wir wollen – das zieht sich quer durch alle Ebenen –, dass die Infrastruktur – Bahnhöfe, Gleise – in hundertprozentigem Staatsbesitz bleibt. Der Betrieb kann dann umgekehrt privatisiert werden.
Die Privatisierung – jetzt kommen wir zum Kern der Debatte – ist doch gar nicht der Punkt im Sinne eines Veränderns der Rechtsform oder eines Veränderns der Aktionärsstruktur. Das hat doch damit gar nichts zu tun. Das ist das, was sich ein sozialdemokratisch leicht neoliberal vernebelter Kopf darunter vorstellt.
Wir wollen Wettbewerb. Es kommt doch gar nicht auf die Aktionärsstruktur an.
Ich zeige Ihnen noch ein Bespiel auf Landesebene. Es geht um die Wasserbetriebsprivatisierung. Das sind auch sozialdemokratische Ergüsse. Sie haben genau dazu geführt, dass Sie ein staatliches Monopol teilprivatisiert, damit die Kontrolle verloren haben und jetzt Renditeverpflichtungen eingehen müssen, ohne wirklich Wettbewerb zu haben.
Hier sage ich Ihnen als zweiten Punkt: Merke, aus freier demokratischer Sicht haben wir lieber ein staatliches Monopol als ein privates Monopol.
Aber dort, wo man Wettbewerb organisieren kann, verlangen wir, dass auch Wettbewerb betrieben wird. Wir haben es im Luftverkehr, um Ihnen einmal Beispiele zu nennen. Gleiches gilt für die Telekommunikation. Da ist auch die staatliche Infrastruktur, die Flughäfen, in staatlicher Hand. Die Vergabe der Slots befindet sich auch unter staatlicher Kontrolle. Der Betrieb selbst ist jedoch wettbewerblich organisiert. So wollen wir es auch hier haben.
Jetzt kommen wir zur S-Bahn. Sie können doch nicht ernsthaft erwarten, dass sich die Zustände der S-Bahn ändern, wenn Sie hier erklären – das war auch noch höchst widersprüchlich –, dass Sie auch langfristig gar keinen anderen Anbieter dieser Leistung als die Deutsche Bahn sehen. Was glauben Sie denn, was diese dann für eine Leistung erbringen? Wer sich sicher sein kann, dass er trotz aller immer wieder neuen Fehler und Verfehlungen immer wieder Auftragnehmer bleibt, ist ein schlechter Auftragnehmer. Das ist inzident. Das ist ein diesem Konstrukt innewohnender Fehler.
Wir müssen das natürlich ausschreiben. Wir definieren als Staat die Leistung, nicht die technischen Details. Wir definieren, wie oft, wann und wo was abzufahren ist und wie es der Auftragnehmer zu erbringen hat. Oder umgekehrt bedeutet dies, was die Probleme sind, ob das Manager oder Bremsklötze oder Ähnliches sind, interessiert den Auftraggeber nicht. Dann kürzt er nach einer vorher vereinbarten Vertragsstrafe die Vergütung. Das geht natürlich, Kollege Lederer, über 100 Prozent hinaus. Natürlich ist darin auch Schadensersatzpflichtigkeit vorzusehen. Im Zweifelsfall ist bei einer wiederholten Vertragsverletzung der Vertrag zu kündigen und neu auszuschreiben. Damit organisieren Sie über die Zeitachse Wettbewerb. Darum muss es gehen. Nur dann bekommen die Berlinerinnen und Berliner eine hervorragende Leistung zu einigermaßen günstigen Preisen. Verstehen Sie doch einfach einmal, dass es hier um Wettbewerb und nicht um eine Änderung der Rechtsform oder anderen Kokolores geht!
Wenn schon liberal, dann wenigstens richtig, Herr Wowereit!
Frau Präsidentin! Verehrten Damen! Meine Herren! Wir erleben in Berlin seit Jahren eine Erosion des Rechtsstaates.
Der normale Bürger, der morgens aufsteht und Steuern zahlt, sich im Wesentlichen rechtstreu verhält, bei dem zeigt sich bereits bei kleinen Rechtsüberschreitungen die Staatsmacht.
Fünf Minuten Falschparken, ein Heizpilz vor einer Gaststätte: Das Ordnungsamt ist zur Stelle. Drei Tage zu spät seine Steuervorauszahlungen abgeliefert: Das Finanzamt kommt mit Säumniszuschlag. Das Bauamt und Denkmalamt prüfen die pixelgenaue Darstellung der Fassadenfarbe und die Breite der Kellertür. Das Grünflächenamt kommt sofort, wenn ein etwas dickerer Ast ohne Genehmigung abgeschnitten wird. Polizei und irgendein Amt sind immer zur Stelle.
Wer sich in der Stadt allerdings nur asozial und kriminell genug verhält, dem schlägt Milde entgegen, dem passiert oftmals gar nichts.
Heute steht in der Zeitung: Berlin zieht Sprayer aus ganz Europa an. Warum wohl? Weil wir hier so konsequent gegen diese Schmierereien vorgehen? Oder weil dies hier ein Eldorado für Graffity-Schmierereien ist?
In dieser Stadt wird es monate- und jahrelang hingenommen, dass fast täglich Busfahrer zusammengeprügelt werden, obwohl es technische Möglichkeiten gibt, die Menschen zu schützen. Ich sage hingenommen, nicht gewollt an dieser Stelle. Aber bei vielen hat sich der Eindruck verfestigt, der Senat, Linke und SPD stehen eher aufseiten Kleinkrimineller als aufseiten von Normalbürgern.
Dieser Eindruck entsteht bei einer solchen inkonsequenten Verhaltensweise. Und bei linker Gewalt kommt bei Teilen der Koalition noch klammheimliche Freude und teilweise Billigung dazu.
Der Rechtsextremismus wird in Berlin von allen entschlossen und konsequent bekämpft. Das ist richtig und gut so. Wir schulden es nicht nur unserer Geschichte, sondern allen Menschen in dieser Stadt, dass niemand zum Beispiel wegen seiner Hautfarbe, seiner Religion oder seiner sexuellen Orientierung angefeindet, angepöbelt, beleidigt, geprügelt oder sonst wie geschädigt wird. Wir schulden es aber auch allen Menschen in dieser Stadt, dass niemand wegen seiner Kleidung, Automarke oder seines Restaurantgeschmacks angefeindet, angepöbelt beleidigt, geprügelt oder sonst wie geschädigt wird,
oder nur, weil er nicht ins Bild eines politisch korrekten „Homo mons crucis“ – gemeinhin: der Kreuzberger – hineinpasst.
Ich nenne Ihnen Beispiele linker Gewalt, wie sie in einer besonderen Weise hier zu bemerken sind: Das geht mit der Beschädigung von Sachen los und geht weiter mit Buttersäureanschlägen auf Restaurants und Aktionen gegen eine McDonald’s-Filiale in Kreuzberg.
Lieber Kollege Ratzmann! Ich habe Ihr heutiges Interview mit großem Interesse gelesen. Ich glaube Ihnen persönlich durchaus, dass Sie ernsthaft gegen Aktionen gegen gute Restaurants, schöne Autos und Anzüge sind.
Sie wollen ja in Kreuzberg selbst weiterhin leben.
Udo Wolf
Ich glaube Ihnen auch, dass Sie gegen irgendeine Art von Bezirkstaliban sind. Aber wie sieht es mit dem Großajatollah Ströbele aus?
Ist der auch so tolerant? Der steht doch als Erster vor dem McDonald’s, so intolerant und unliberal wie er ist.
Man muss sich umgekehrte Beispiele bilden: Stellen Sie sich vor, es gäbe in irgendeinem Bezirk eine von einem bürgerlichen Bundestagsabgeordneten angeführte Demonstration gegen eine Dönerbude, weil man dort lieber nur Schwarzwaldlokale oder Pfälzer Weinstuben hätte.
Was glauben Sie, was in dieser Stadt los wäre? – Man hätte zu Recht Zweifel an der demokratischen Gesinnung dieses Kollegen.
Zu den Maidemonstrationen sage ich Ihnen ganz klar: Die FDP will keine repressive Staatsmacht bei Demonstrationen. Wir wollen ein liberales Versammlungs- und Demonstrationsrecht.
Das ist für uns ein wichtiges und wertvolles Gut.
Wir wollen keine lummersche Innensenatorenpolitik. Es gibt aber eine Grenze. Das, was in den letzten Jahren geschehen ist, war schlicht Laxheit gegenüber kriminellem Pack und nichts anderes.
Das hat mit einer Demonstration nichts mehr zu tun.
Das entscheide gar nicht ich, sondern der vernünftige Menschenverstand. Wenn jemand durch die Gegend zieht und Gegenstände auf Polizisten wirft, die den Tod herbeiführen können, dann ist das keine Frage meiner Prärogative, sondern nur eine des gesunden Menschenverstands, Frau Kollegin. Das sagt einfach nur die Mitmenschlichkeit und der gesunde Menschenverstand. Wenn das bei Ihnen nicht angekommen ist, ist das mehr Ihr Problem als meines.
Auch zu den Brandanschlägen auf Autos bilde ich ein Gegenbeispiel: Wenn ich höre, dass es aus dem Bereich des Polizeipräsidenten und von Ihnen gebilligt, Herr Senator, heißt: Na ja, wer mit einem größeren Auto einer bestimmten Marke in gewisse Viertel fährt, provoziert und sollte das lieber lassen. –, dann stellen Sie sich einmal vor, Herr Körting, ein ähnlicher Spruch käme gegenüber einem Homosexuellen: So provozierend, wie du hier herumläufst, solltest du dich nicht in bestimmten Gegenden aufhalten. – Das würde zu Recht einen Aufschrei der Empörung in dieser Stadt herbeiführen.
Die Staatsmacht hat sicherzustellen, dass sich jeder überall ungefährdet aufhalten kann – ob mit Punkfrisur oder Nadelstreifenanzug, ob mit Fahrrad oder Mercedes, ob im Sushilokal oder in der Dönerbude. Das haben Sie sicherzustellen, Herr Körting!
Ich bin übrigens auch dafür, dass sich der Innensenator überall aufhalten können sollte und nicht genötigt ist, die Flucht zu ergreifen.
Der schlimmste Fall der Erosion des Rechtsstaats in dieser Stadt ist Bethanien. Es handelt sich um ein Gebäude, das dem Land Berlin – also dem Steuerzahler, den Bürgerinnen und Bürgern – gehört, um eine 1 600 Quadratmeter umfassende Fläche, die seit dem 1. Juni 2005 und damit seit über vier Jahren besetzt ist. Der Kollege Meyer hat nachgefragt und zur Antwort bekommen, dass 380 000 Euro Miete entgangen seien, und zwar NettoKaltmiete. Hinzu kommt – und das ist das Irrsinnige –, dass seit vier Jahren Strom, Wasser und Heizung komplett auf Steuerzahlerkosten für die Besetzer entrichtet werden.
Das nenne ich Untreue im Amt, Frau Kosche!
Die Staatsanwaltschaft Berlin ist aufgefordert, gegen Ihren Bezirksbürgermeister ein Ermittlungsverfahren einzuleiten.
Der soll das aus eigener Tasche bezahlen. Das ist nicht sein Geld, das verloren geht, Frau Kosche, sondern das der Steuerzahler. Der Senat soll Amtshaftungsansprüche geltend machen. –
Neben dem finanziellen Schaden ist vor allem die Zersetzung des Rechtsbewusstseins der zentrale Punkt an der Sache. Was soll der anständige Bürger denken, der seine Miete zahlt, die Versorgergebühren entrichtet und die BSR bezahlt? Das ist doch ein Schlag ins Gesicht solcher Leute.
Der Senat ist auf dem linken Auge blind. Das ist auch kein Wunder. Wer Linksradikale in den Senat holt, braucht sich nicht zu wundern, dass es an entschlossenem Vorgehen gegen linksradikale Gewalt und der erforderlichen Konsequenz mangelt.
Ich erlaube mir einen kleinen Ausblick auf das gesamte Land. Tempelhof ist ein wirklich schönes Beispiel. Linke und Jusos unterstützen Tempelhofproteste. Die Parteien regieren, aber auf der Straße fordert man zum Protest auf. Die Grünen tun das auch. Frau Eichstädt-Bohlig erklärt, eine friedliche Zaunübersteigung werde unterstützt. Erklären Sie mir, Frau Kollegin, wie eine friedliche Zaunü
bersteigung gegen den Willen des Gewahrsamsinhabers, des Grundstückseigentümers aussehen soll! Lassen Sie sich von Ihrem juristischen Kollegen Ratzmann erklären, dass das schlicht nicht möglich ist. Das ist ein Widerspruch in sich, ein Paradoxon. Frau Eichstädt-Bohlig, Sie setzen sich wie Linke und Jusos für eine solche Aktion ein. Da kann sich jeder vorstellen, wie der Senat dieses Grundstück gegen die eigenen Parteimitglieder für zwei Millionen Euro verteidigt, und das wieder auf Kosten der Steuerzahler.
Damit diesem Land das erspart bleibt, brauche ich nicht weiter zu betonen, dass am 27. September 2009 die dringende Gelegenheit besteht, dafür zu sorgen, dass wir so eine groteske, auf einem Auge blinde Politik in Deutschland nicht länger haben werden. – Vielen Dank!
Ich habe eine Nachfrage an den Herrn Innensenator: Es ist so, dass, wenn man nicht in einer gewissen Zeit Räumungsmaßnahmen ergreift, Gefahr im Verzug nicht mehr gegeben ist. Man muss sich dann einen Räumungstitel besorgen. Das hat mit der Staatsangehörigkeit gar nichts zu tun. Liegt Ihnen oder Ihren Kräften denn vom Bezirk, der offensichtlich für diese Liegenschaft zuständig ist, eine Bitte, ein Ersuchen vor, mit Polizeikräften Bethanien zu räumen, wie das üblicherweise geschieht, wenn in der Weise massiv Hausfriedensbruch begangen wird?
Danke, Herr Präsident! – Ich frage den Regierenden Bürgermeister, ob der Senat entsprechend Ihren Äußerungen und denen des Finanzsenators noch vor der Bundestagswahl am 27. September 2009 eine Bundesratsinitiative zur Änderung des Gewerbesteuergesetzes mit dem Ziel ergreift, künftig auch Freiberufler zur Gewerbesteuer heranziehen zu wollen. Wird der Senat eine Initiative zur Abschaffung von ermäßigten Umsatzsteuersätzen z. B für Taxi- und Gastronomiedienstleistungen starten?
Das war also wieder heiße Luft und ohne Folgen!
Aber apropos Abschaffung von Steuerprivilegien: Heute lesen wir in der Zeitung, dass sich die SPD der Abschaffung des Steuerprivilegs der deutschen Post zulasten der privaten Mitbewerber widersetzt hat und die Abschaffung deswegen gescheitert ist. Werden Sie sich jetzt im Präsidium Ihrer Partei, dem Sie meines Wissens beigeordnet sind, genauso tapfer für die Abschaffung dieses Privilegs einsetzen?
Kollege Zimmermann! Finden Sie, dass sich die SPD angemessen mit ihren eigenen Vorschlägen im Straßenbild präsentiert, indem sie sich ausschließlich mit anderen Parteien auseinandersetzt und überhaupt nicht zeigt, was sie selber europapolitisch draufhat?
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es ist sicher in einem föderalen Staat schwierig, verschiedene Interessen zum Ausgleich zu bekommen, von Bundesländern im Westen und im Osten – reich oder weniger reich. In Europa ist das natürlich ein noch komplizierterer und noch komplexerer Vorgang. Ein solches Unternehmen ist mit dem Vertrag von Lissabon versucht worden. Im Vertrag von Lissabon ist sicher nichts pur. Das ist nicht pur reichere Länder, das ist nicht pur Gründungsländer, das ist nicht pur sozialdemokratisch, das ist nicht pur liberal und nicht pur konservativ. Aber es ist ein Versuch gewesen, hier Interessen zum Ausgleich zu bekommen und das größer gewordene Europa zu einen und auch arbeitsfähig zu halten. Und wer sich diesem Vertrag von Lissabon widersetzt, dem spreche ich hier jede Möglichkeit ab, mitzureden.
Die Rechts- und die Linksextremisten in Europa – und dazu gehören Sie auch – haben sich gegen den Vertrag von Lissabon gestellt. Le Pen, NPD, Linkspartei und andere Extremisten versuchen nichts anderes als puren Populismus, dümmliche Hetze auf den Straßen. Die Leute aufzuwiegeln ist alles, was Sie drauf haben. Sie nehmen diffuse Ängste der Bevölkerung auf. Ja, natürlich gibt es die! Die gibt in Deutschland, in Polen und in Rumänien. Aber es ist verantwortliche Politik, eben nicht diesen diffusen Ängsten nachzugeben, sondern es ist verantwortliche Politik, alles aufzunehmen und in einen vernünftigen Konsens zu führen, und dies können Sie nicht, weil Sie eine platte populistische Partei sind, mit Lafontaine und anderen Hetzfiguren an der Spitze. Sie haben bei Europa nicht mehr mitzureden!
Wir alle – jedenfalls die meisten von uns – haben vor wenigen Tagen 60 Jahre Grundgesetz gefeiert, 60 für den Westteil des Landes und 20 Jahre für das wiedervereinigte Deutschland. Das Grundgesetz bietet einen bisher in unserer Geschichte nicht gekannten Rahmen unserer Grundwerteordnung. Es bietet einen verlässlichen Grundrechtekatalog, den man in seiner Essenz zusammenfasst als die freiheitlich demokratische Grundordnung, eine föderale Ordnung und parlamentarische Demokratie. Nun ist es klar – das sage ich auch als Jurist –, dass es niemanden geben wird, der nicht auch irgendwo Kritik am Grundgesetz formuliert, auch an neu hinzugekommenen Artikeln, Artikel 16 beispielsweise, andere Dinge. Man wird immer wieder streiten können. Ich glaube aber, dass wir uns darin einig sind, dass das Gesamte ein wirklich dieses Land voranbringendes und immer wieder stabilisierendes Werk ist.
Daraus erschließt sich umgekehrt: Wer gegen das Gesamte demonstriert und das Gesamte ablehnt, stellt sich gegen die Grundrechte, der stellt sich gegen die föderale Ordnung. Er stellt sich gegen die parlamentarische Demokratie. Deswegen wundert es nicht, dass die Demonstranten und Demonstrationszüge am 23. Mai der übliche Berliner Cocktail waren bei solchen Veranstaltungen, bestehend aus Linksradikalen, Linksextremisten, Autonomen, Chaoten, Spinnern und schlichtweg kriminellem Pack. Das sind genau dieselben Leute, die Autos anzünden und Ähnliches machen, die am 1. Mai Steine geworfen haben, kriminelles Pack, die sich dazugesellen und so etwas ausnutzen, um hier Randale in Berlin zu machen.
Im Osten nichts Neues, kann man sagen.
Das Bemerkenswerte ist aber, dass sich Abgeordnete dieses Hauses dazu gesellten, Frau Baba, Sie zum Beispiel, und genau mit diesen Leuten, Linksextremisten, Linksradikalen hier gegen unsere Grundwerteordnung, gegen den Parlamentarismus demonstriert haben.
Das nenne ich einen fast schon schizophrenen Akt, auf der einen Seite einem Parlament anzugehören, sich von dem Staat alimentieren zu lassen und dann bei solch einer Gelegenheit gegen den Parlamentarismus und gegen die parlamentarische Demokratie anzutreten. Ich sage Ihnen: Verlassen Sie doch dieses Parlament, Frau Baba! Gehen Sie doch raus!
Das wäre wenigstens konsequent. Aber sich hier hinzusetzen, Diäten zu kassieren und gegen den Parlamen
Vizepräsident Dr. Uwe Lehmann-Brauns
tarismus zu demonstrieren, das ist schon wirklich ein erstaunlicher Vorgang.
Ich frage an der Stelle natürlich auch die Grünen. Ich lese, dass Sie Frau Baba eine Einladung machen, in Ihre Fraktion einzutreten. Ich habe Sie bisher immer für eine Partei und Fraktion gehalten, die sich eher mitte-links orientiert. Wer aber Einladungen an Leute ausspricht, die linksextremistisch und linksradikal sind, wie Frau Baba, stellt sich selbst nach links außen, Herr Ratzmann. Das müssen Sie sich schon überlegen. Das werden wir natürlich auch im Bundestagswahlkampf thematisieren.
Sie müssen sich entscheiden, wohin Sie gehören, mittelinks, streiten Sie mit uns über die Mitte, oder gehören Sie eher nach links außen? – Ich glaube, eher nach links außen, wie ich Sie und Ihren letzten Parteitag erlebt habe.
Und der Senat und die senatstragenden Parteien – Herr Müller, Sie müssen sich auch mal überlegen, mit wem Sie eigentlich koalieren! Ihre Koalition hat gerade mal eine Zweipersonenmehrheit. Da ist auf der einen Seite Herr Wechselberg; er ist aus der Partei ausgetreten. Jeder weiß, dass Koalitionsverhandlungen und Koalitionsvereinbarungen zwischen Parteien und nicht zwischen Koalitionen geschlossen werden. Er ist schon nicht mehr gebunden. Und auf der anderen Seite ist die Kollegin Baba, die sich eindeutig als linksextremistisch, linksradikal identifiziert hat. Wie wollen Sie eigentlich mit so einer Koalitionsfraktion einen Haushalt aufstellen, wenn Sie gleichzeitig die Wünsche von Herrn Wechselberg befriedigen wollen, dem die ganze Geschichte schon zu links ist, und auf der anderen Seite die Wünsche von Frau Baba, die gegen das Parlament demonstriert?
Da kommt nichts raus. Das ist eine Hauptstadtregierung, eine Regierung für Berlin – ein lächerliches, unwürdiges Possenspiel, das Sie abliefern!
Sie treten am besten aus, Frau Baba! Gesellen Sie sich zu den Leuten, mit denen Sie auf die Straße gegangen sind, um gegen den Staat zu demonstrieren! – Und Sie beenden diese Koalition! Das wären die einzigen vernünftigen Sachen. Vorerst missbilligen Sie dieses Verhalten! – Herzlichen Dank!
Herr Präsident! Verehrte Damen! Meine Herren! Dieser Antrag von uns wird, wenn ich in die Runde schaue, wahrscheinlich keine Mehrheit finden,
aber ich glaube, allein die Rede des Kollegen Lederer war
es schon wert, diesen Antrag zu schreiben.
Das hat in einer so unglaublich erfrischenden Art dazu geführt, dass Sie in dieser Rede endlich einmal die Hosen heruntergelassen haben.
Zu so später Stunde, 21 Uhr 55, fällt die Maske. Sonst drücken Sie sich an dieser Stelle davor, wenn man Sie mit den Dingen konfrontiert, die in Ihrem Umfeld passieren, z. B. dieses wunderbare Video. Diese Rede passt zu dem Video. Wahrscheinlich haben es nicht alle gesehen. Da hat Die Linke ein wunderbares Video zum 7. Juni gemacht, da sieht man dann eine Villa, alle Klischees sind erfüllt, Heuschrecken an den Wänden und Cash und alles Mögliche.
Es ist nicht die von Lafontaine, nein, es ist eine Klischeevilla. – Dann wird ein Stein durch die Scheibe geschmissen. Dann heißt es: So besser nicht,
sondern lieber die Linkspartei wählen.
So besser nicht, heißt natürlich umgekehrt: So möglicherweise schon. Es gibt nur vielleicht noch eine bessere Lösung. Und zu diesem Video des So-besser-nicht, in dem Sie ganz unverhohlen zur Gewalt auffordern,
einen Teil der Bevölkerung, in einer besonders klassenkämpferischen und hetzenden Weise, passt diese Rede wunderbar, Herr Lederer.
Es gibt ein Wortprotokoll. Da werden wir schon in geeigneter Weise dafür sorgen, dass diese Rede von Ihnen und Ihre ganze Herablassung gegen all das, was in dem Westteil dieses Landes und dann ab vor 20 Jahren auch im Ostteil mit Schweiß und Tränen, mit viel Mühen und Anstrengungen aufgebaut wurde, in dermaßen mieser Weise herabgewürdigt haben, wie Sie das getan haben, bekannt wird. Das werden wir in geeigneter Weise der Bevölkerung zur Kenntnis bringen. Wir werden natürlich auch die SPD immer wieder mit dieser Rede konfrontieren.
Mit wem Sie sich hier eingelassen haben, Herr Müller! Schämen Sie sich! Bei denen ist Hopfen und Malz verloren. Schämen Sie sich für diesen Koalitionspartner!
Herr Wansner! Anstiftung ist vielleicht ein starkes Wort. Wie fänden Sie es aber, wenn beispielsweise ich am Rand einer revolutionären Arbeiterveranstaltung am Straßenrand zur Wirtschaftspolitik sprechen würde? Würden Sie das nicht auch möglicherweise als Zündeln betrachten?
Frau Präsidentin! Verehrte Damen, meine Herren! Nach zweijähriger Tätigkeit beendete die Föderalismuskommission am 5. März ihre Arbeit. Der Kernpunkt ist der Satz, dass die Haushalte von Bund und Ländern grundsätzlich ohne Einnahmen aus Krediten auszugleichen sind. Dies soll über eine Grundgesetzänderung implementiert werden. Es hat, das hat der Kollege Ratzmann schon betont, durchaus Bewegungen von der Länderbank gegeben, diesen Satz zu entschärfen, weil Sie und andere Kollegen, federführend der Kollege Kaienburg aus Schleswig-Holstein, der Auffassung waren, dass dies in die Autonomie der Länder, in ihre Haushaltsbefugnis, zu stark eingreift.
Ich habe als einziger Landesvertreter den entsprechenden Antrag nicht mitgemacht, weil ich der Auffassung bin, dass es nicht die Zeit ist, bei einem so grundsätzlichen Werk kleinkariert über Zuständigkeiten zu streiten. Wir müssen, wenn wir weiterkommen wollen in diesem Lan
Lande, auch mal über unsern Schatten springen. Das erwarten die Bürgerinnen und Bürger. Das nutzt ihnen nichts, das wollen sie nicht: ein kleinkariertes Parteienhickhack und ein kleinkariertes Hickhack über Zuständigkeit.
Es ist ihnen auch letztlich egal, ob auf einem Küstenschutzbeamten ein mecklenburgischer Ochse klebt oder ein Bundesadler oder ein niedersächsisches Ross. Sie wollen, dass die Küsten anständig geschützt werden, und sie wollen, dass die Länderhaushalte und der Bundeshaushalt konsolidiert und vernünftig saniert werden.
Da sind wir ein kleines Stückchen über diese Klausel vorangeschritten. Die FDP hat sich mit vielen Forderungen nicht durchsetzen können, das ist angesichts der Mehrheitsverhältnisse auch nicht weiter verwunderlich. Deswegen sind wir – das gebe ich durchaus zu – enttäuscht, auch wenn wir als konstruktive Partei im Wesentlichen den Ergebnissen zugestimmt haben.
Eine strikte Schuldenbegrenzung und vor allen Dingen Wettbewerbsföderalismus, so wie wir uns den vorstellen, war nicht mehrheitsfähig. Ich verstehe nicht die kleinmütige Haltung gerade vieler Länder, was die Steuerbefugnisse angeht, dies lieber alles auf den Bund zu delegieren. Das wäre eine Gelegenheit gewesen zu zeigen, dass Länder auch selbstständig sind, dass sie sich auch im Wettbewerb behaupten können. Die materielle Zuständigkeit für die Steuern, das wäre mal was gewesen, aber dazu fehlte vielen der Mut.
Und natürlich zu einer Steuerstrukturreform zu kommen! Dieses Land – und das merkt man doch gerade in der Krise – leidet unter einem seit Jahrzehnten aufgeladenen Ballast kaum überschaubarer steuerlicher Verästelungen, einerseits materieller, andererseits verfahrensmäßiger, und wenn wir den Finanzausgleich anschauen, dann sehen wir, dass hier nichts mehr in einer vernünftigen Weise noch Anreize bietet, zu einer Haushaltskonsolidierung und zu einer soliden Wirtschaftspolitik zu kommen, sondern dass wir hier ein unübersehbares Gestrüpp haben. Dies hätte auseinandergeschlagen werden müssen. Auch hierzu fehlte es insbesondere den beiden größeren Parteien in der Föderalismuskommission an Mut und auch an Durchsetzungskraft, vor allen Dingen in den eigenen Fraktionen.
Uns unterscheidet von Linken und SPD, dass wir kritisieren, aber dass wir die Geschichte auch konstruktiv begleitet haben. Kollege Ratzmann! Sie haben vollkommen recht, es war lächerlich, wie sich das Land Berlin dort präsentiert hat, diese Arroganz von Wowereit und Sarrazin in der Kommission.
Nachdem man kurz zuvor noch auf Ergänzungszuweisungen durch den Bund geklagt hat, dann aufzutreten wie ein großer Maxe, der alles selbst kann, das war einfach lächerlich und vor allen Dingen unglaubwürdig. Deswegen haben wir am Ende bei der Verteilung so schlecht abgeschnitten.
Natürlich! Das ist doch nicht glaubwürdig. – Aber was die Linken aufführen und warum ausgerechnet Sie, Kollege Liebich, dieses Thema hier auf die Tagesordnung gezogen haben, das versteht nun überhaupt niemand.
Der Vorsitzende der Föderalismuskommission Struck sagte mal bei der Prüfung eines Abstimmungsverhaltens, gut, bei Herrn Ramelow brauche ich gar nicht zu gucken, der ist sowieso dagegen, er hat immer mit Nein gestimmt und keinerlei konstruktive Vorschläge. – Das spüren die Menschen in dem Lande, und deswegen profitieren Sie auch nicht von der Krise. Sie wissen, dass von Ihnen nichts, aber auch gar nichts an Lösungsvorschlägen, die durchführbar und vernünftig in diesem Lande sind, kommt.
Deswegen merken sie auch, dass da tatsächlich viel heiße Luft kommt.
Mir gefällt auch ein Teil der Plakate der SPD insoweit sehr gut.
Den Hai finde ich auch nicht schlecht.
Aber von Ihnen kommt nichts.
Es fehlt allerdings der SPD-Pleitegeier. Pleitegeier wählen SPD, nämlich die Partei, die hier seit zehn Jahren maßgebend für die Krise und das völlige Versagen bei den Regulierungsmechanismen verantwortlich ist, die seit zehn Jahren den Finanzminister stellt.
Aber das Entscheidende ist, man muss konstruktiv und zukunftsorientiert an die Sachen herangehen und nicht populistisch und rückwärtsgewandt wie die Linken. Deswegen wird es auch nichts mit Ihnen in diesem Land. – Herzlichen Dank!
Herr Präsident! Verehrte Damen, meine Herren! Hier kommt kein Arbeitsmarktexperte, sondern hier kommt jemand, der sich wirklich wundert, Frau Grosse, über Sie und Ihre Fraktion. Mit wem regieren Sie denn derzeit auf Bundesebene?
Es ist doch vollkommen lächerlich, was Sie hier abziehen! Auf der einen Seite werfen Sie Ihrem Koalitionspartner vor, er sei ein potenzieller Verfassungsfeind, und jetzt stellen Sie sich her und schreien rum: Peinlich, peinlich, Frau Merkel! Ich fordere Sie auf, verlassen Sie die Bundesregierung, das wäre couragiert, das wäre anständig! Machen Sie den Weg frei für Neuwahlen zum Deutschen Bundestag, gleichzeitig mit der Europawahl, das wäre mal eine Maßnahme, statt hier rumzujammern, rum
zulamentieren. Sie betreiben doch nichts anderes als durchsichtige, scheinheilige Agitation. Gehen Sie raus aus der Bundesregierung, dann glaube ich Ihnen Ihr Gesudere von gerade!
Kollege Behrendt! Wenn Sie so tapfer gegen Beschnüffelungen sind – hat sich die grüne Bundestagsfraktion und die Partei Bündnis 90/Die Grünen auch so vehement dagegen eingesetzt, dass die Finanzämter in Deutschland einen quasi automatischen Zugriff auf die Konten der Mitbürgerinnen und Mitbürger bekommen?
Herr Präsident! Verehrte Damen! Meine Herren! Sie haben schon die Sache mit der Frist, glaube ich, nicht so richtig erfasst,
denn nach meinem Kenntnisstand ist am 9. Februar im Amtsblatt von Berlin das Zustandekommen des Volksbegehrens veröffentlicht worden. Das heißt, der Viermonatsfristablauf ist dann am 8. Juni 2009. Die Europawahl findet am 7. Juni statt. Das bedeutet, dass es noch innerhalb der Regelfrist von vier Monaten möglich gewesen wäre, eine Zusammenlegung der Europawahl mit dem Volksentscheid durchzuführen.
Dann müssten Sie in die Drucksache gucken, in der wir damals begründet hatten, warum wir diese Fristverlängerung durchgeführt haben. Ich zitiere mit Erlaubnis des Präsidenten:
Es wird zudem leichter, Volksentscheide an einem Wahltag oder mehrere Volksentscheide gleichzeitig durchzuführen. Damit kann eine höhere Beteiligung erreicht werden.
Dann heißt es weiter, dass
der maximal zulässige Zeitraum zwischen dem Zustandekommen des Volksbegehrens und der Durchführung verdoppelt werden kann, wenn dadurch erreicht werden kann, dass der Volksentscheid an einem Wahltag oder gemeinsam mit einem anderen Volksentscheid durchgeführt werden kann. Das entspricht dem gewünschten Aspekt Bürgerfreundlichkeit und auch der Notwendigkeit, kostenschonend zu verfahren.
Wenn wir uns jetzt Ihre Argumente, sofern sie sachlich vorgetragen waren, anschauen: Sie sagten gerade, der Senat sei hier Partei im Unterschied zu Wahlen. – Der Senat ist immer Partei bei Volksentscheiden. Volksentscheide richten sich denklogisch immer gegen die Politik des Senats, das kann gar nicht anders möglich sein, weil ansonsten eine parlamentarische Gestaltung auf andere Weise möglich wäre.
Sie führen zweitens aus, dass es sachlich nicht miteinander zu tun hat. – Auch dies ist denklogisch bei Volksentscheiden und Wahlen immer der Fall. Ein Volksentscheid behandelt immer einen konkreten Einzelsachverhalt. Wahlen sind immer allgemeine Willensbekundungen. Da werden Kandidaten einer Partei gewählt. Das hat auch denklogisch nie etwas miteinander zu tun.
Sie sagen weiterhin, das muss so zügig wie möglich durchgeführt werden. – Ja warum? Das ist ein Zirkelschluss: Eile, weil eilig.
Aber warum diese selbstgewählte Eile in Abweichung hier von der Drucksache, die wir gemeinsam beschlossen haben, Kollege Lederer? Alle Fraktionen haben diese Verlängerung auf acht Monate mit dieser Begründung beschlossen. Es ist kein einziges sachliches Argument von Ihnen angeführt worden, warum hier abgewichen wurde. Da verbleibt deswegen nur ein einziger Grund: pure parteipolitische Taktik, und die wollen Sie den Steuerzahler 1,2 Millionen Euro kosten lassen. Es gibt keine Begründung. Das einzige ist Parteipolitik, das darf nicht auf Kosten der Steuerzahler gehen. – Herzlichen Dank!
Ich frage den Senator für Finanzen. – Sie, Herr Sarrazin, haben öffentlich verkündet, Herr Mehdorn, Vorstandsvorsitzender des größten Arbeitgebers der Stadt, sagt die Unwahrheit, wenn er sagt, er sei im Detail über die Arbeit der Konzernrevision nicht informiert gewesen. Die Beauftragung von „Network“ hatte ja dem Zwischenbericht der DB zufolge bereits vor Ihrer Zeit als Leiter der Konzernrevision begonnen. Kann man daraus ableiten, dass Sie in Ausübung Ihrer damaligen Funktion Herrn Mehdorn über strafrechtliche und datenrechtlich relevante Vorgänge direkt unterrichtet haben, und um welche Vorgänge handelt es sich gegebenenfalls dabei?
Wenn ich Sie richtig verstehe, wussten Sie damals selbst über diese Vorgänge und haben Herrn Mehdorn informiert, und haben aber trotzdem dies bisher nicht öffentlich zugegeben.
Herr Präsident! Verehrte Damen und Herren! Auch ich darf – wie mein Kollege Meyer in der Begründung der Aktualität – zunächst meine Freude darüber ausdrücken, dass „Bread and Butter“ wieder in Berlin ist. Ich teile – bei aller Diskussion, die wir gleich über das Verfahren haben werden – nicht die Auffassung einer anderen Oppositionsfraktion, dass dies per se den Investor zu einem schlechten macht. Ich freue mich über jeden, der hier Geld lässt, hierher kommt und Arbeitsplätze schafft. Dabei ist es mir völlig egal, ob der von einem schwarzen, roten oder gelben Senator oder Regierenden Bürgermeister akquiriert wird.
Das Problem, das, was zu kritisieren und der Dreh- und Angelpunkt der ganzen Geschichte ist, ist das fehlende Verfahren, die fehlende Transparenz. Deswegen ist es schwer, jetzt zu einer abschließenden Bewertung zu kommen, und zwar sowohl in stadtentwicklungspolitischer als auch wirtschaftlicher und wirtschaftspolitischer Hinsicht. Stadtentwicklungspolitisch ist es natürlich sehr fragwürdig, dass auf der einen Seite gerade von Ihnen, Frau Senatorin Junge-Reyer, beim Schließungsbeschluss von Tempelhof immer wieder gesagt wurde: Wir wollen das Tempelhofer Feld für die Bürger öffnen –, und sich nun herausstellt, dass nichts für die Bürger übrig bleibt, außer vor einem Gebäude zu stehen, das im Wesentlichen ein paar Tage oder Wochen von einer Messe genutzt wird und ansonsten voraussichtlich weitgehend für die Bürgerinnen und Bürger geschlossen ist.