Protokoll der Sitzung vom 02.04.2009

[Beifall bei den Grünen – Dr. Martin Lindner (FDP): Die Grünen reisen noch mit der Postkutsche!]

Frau Junge-Reyer! Die Ankündigung, dass Sie den Weiterbau auch noch mit dem Projekt Bauabschnitt A 17 verbinden wollen, zeigt, dass Sie bis zur Frankfurter Allee weiterbauen wollen.

[Beifall bei der CDU und der FDP]

Das widerspricht sogar Ihrem Koalitionsvertrag. Das haben die Kolleginnen und Kollegen von der Linkspartei schon in der letzten Sitzung festgestellt. Auch da machen Sie eine höchst unglaubwürdige Politik.

Ich will Ihnen im Rahmen der Begründung noch etwas mitteilen: Wir haben uns die Planfeststellung sehr genau angesehen, und es gibt nicht nur das grundsätzliche Problem dieser A 100, sondern auch das Problem, dass die Planfeststellung und die Unterlagen schlampig und miserabel vorbereitet sind. Offenbar kennt Ihr Haus noch nicht einmal das Bundesimmissionsschutzgesetz und die entsprechenden Verordnungen. Es gibt keine solide Prognose für die Jahre bis 2025. Wir fragen uns, wer daran solide gearbeitet hat. Deshalb werden wir mit allen rechtlichen und politischen Mitteln kämpfen. Wir fordern dieses Haus auf, sich die Planungen sehr ernsthaft anzuschauen. Sie werden alle zu der Überzeugung kommen, dass das für Berlin unverträglich ist. Steigen Sie mit uns in diese Diskussion ein!

[Beifall bei den Grünen]

Weil sich Frau Junge-Reyer beschwert hat, es würden sich zu wenig Bürger mit Einwendungen an sie wenden: Die Planfeststellung ist bewusst in die Zeit vor Ostern gelegt worden, damit die Leute in den Osterferien gestört werden. Darum werde ich Ihnen jetzt die Einwendungen unserer Fraktion überreichen. Sie werden sehen, wie viele Argumente zusammenkommen.

[Franziska Eichstädt-Bohlig (Grüne) übergibt Bürgermeisterin Ingeborg Junge-Reyer (SenStadt) einen Karton. – Dirk Behrendt (Grüne), Claudia Hämmerling (Grüne), Clara Herrmann (Grüne) und Felicitas Kubala (Grüne) halten ein Transparent hoch.]

Ich bitte die Ordnungskräfte, das Transparent zu entfernen. Bitte greifen Sie ein!

[Beifall bei den Grünen und der FDP]

Meine Damen und Herren, die das Plakat halten! Ich mache Sie darauf aufmerksam, dass das nicht der Ordnung entspricht. Ich rüge Sie deshalb. Bitte entfernen Sie das Plakat sofort!

[Zuruf von den Grünen]

Wer dazwischenbrüllt, wird ebenfalls zur Ordnung gerufen, Herr Kollege.

Wo sind denn die Ordnungskräfte, die das Plakat an sich nehmen?

[Michael Schäfer (Grüne): Wir können es Ihnen nach vorne bringen!]

Sie kommen sich dabei wohl besonders toll vor.

Jetzt hat für die FDP-Fraktion die Kollegin Senftleben das Wort. – Bitte schön!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir sind momentan in einer merkwürdigen Situation. Der rot-rote Senat beabsichtigt, eine Schulreform durchzuführen, die auf tönernen Füßen steht – nicht nur, weil Eltern vehement dagegen sind und nicht wissen, wohin der Weg geht. Nein! Es gibt andere Punkte: Erstens fehlt ein Parlamentsbeschluss, der die Reform rechtfertigt. Zweitens sind die äußeren Rahmenbedingungen bezüglich der Reform nicht geklärt, und drittens werden Steuergelder in Maßnahmen gesteckt, deren Notwendigkeit und Zukunftsfähigkeit fragwürdig ist, zumindest großenteils.

[Beifall bei der FDP – Özcan Mutlu (Grüne): Reden Sie doch nicht alles schlecht!]

Der Senator für Bildung wurde im letzten Jahr aufgefordert, ein Konzept zur Zukunft der Berliner Schulen vorzulegen. Es sollte zum Ende des Jahres 2008 vorliegen. Das Ziel ist schon einmal verfehlt worden. Uns liegt die Mitteilung – zur Kenntnisnahme – seit ca. vier Wochen vor. Das Konzept sieht die Zusammenlegung von Haupt- und Realschulen zu Sekundarschulen vor, das Gymnasium soll erhalten bleiben.

[Dr. Felicitas Tesch (SPD): Lesen Sie doch erst einmal das Konzept und sagen dann etwas!]

Ich sage gar nichts, Frau Dr. Tesch! Es wäre schön, wenn Sie mich ausreden ließen. – Ich bitte, diese Störungen von meiner Redezeit abzuziehen.

[Beifall bei der FDP]

Franziska Eichstädt-Bohlig

Weiterhin gibt es die Option der Gemeinschaftsschule, des eingliedrigen Schulsystems.

[Dr. Martin Lindner (FDP): Die Einheitsschule, Mieke!]

Dies wabert weiterhin am Planungshorizont. Das sind die Fakten. Das Parlament des Landes Berlin hat noch keinen Beschluss zur anstehenden Schulreform gefasst, lediglich im Ausschuss haben wir ein wenig darüber geplaudert. Mehr war nicht drin.

[Zuruf von Dr. Felicitas Tesch (SPD)]

Fakt ist und bleibt, meine Herren, meine Damen, sehr geehrte Frau Dr. Tesch: Es gibt keine Legitimation, eine Schulstrukturreform in diesem Land durchzuführen.

[Beifall bei der FDP]

Ad 2: Zwar wurden die Eckpunkte der Reform in der Mitteilung – zur Kenntnisnahme – genannt, nicht genannt wurden jedoch die notwendigen Details. Der Übergang von Grundschule zum Gymnasium – Fragezeichen; die zukünftige Größe der Schule – Fragezeichen; Anzahl des Personals – Fragezeichen; Klassengröße – Fragezeichen. Stattdessen hören wir bizarre Äußerungen bezüglich der Einführung einer Sozialquote an Gymnasien. 25 Prozent der Schüler sollen allein aufgrund ihrer Herkunft und ohne weiteren Eignungsnachweis auf das Gymnasium gehen, nach dem Motto, verehrte Frau Dr. Tesch: Wir wollen mehr Abiturienten produzieren! – so zumindest hat sich die Kollegin Dr. Tesch im Rahmen einer Podiumsveranstaltung am letzten Montag geäußert.

Dieser Vorschlag ist ein typisches Beispiel dafür, wie Politiker und Politikerinnen auf dem Rücken von Schülern ihre kruden Fantasien umsetzen, ohne die Realität zu kennen.

[Beifall bei der FDP – Beifall von Frau Monika Thamm (CDU)]

Herr Zillich! Die Sozialquote an Gymnasien – dümmer und schlimmer geht es nimmer.

[Zuruf von Dr. Felicitas Tesch (SPD)]

Ad 3: Während die Mitteilung – zur Kenntnisnahme – die Öffentlichkeit über die Details im Unklaren lässt, werden andererseits mit Hilfe von Steuergeldern Nägel mit Köpfen gemacht. Es werden Schulen geschlossen, es werden Schulen zusammengelegt, es entstehen Neubauten. Möglich wird das alles durch das sogenannte Konjunkturpaket II – ich nenne es K II –, das diesen Segen über uns ausbreitet.

Nun wird auch noch schnell das Grundgesetz geändert und zwar Artikel 104b GG. Herr Senator Zöllner! An dieser Stelle möchte ich Sie direkt ansprechen. In einer Ausschusssitzung im Januar haben wir über Maßnahmen des K II gesprochen. Frau Zinke, ihre Staatssekretärin, hat berichtet. Auf meine Frage, ob denn die Maßnahmen mit der jetzigen Regelung von Artikel 104b GG zu vereinbaren seien, haben Sie in der Ihnen eigenen Art etwas lax, süffisant und von oben herab geantwortet: Daran werden

sich höchstens einige Verwaltungsjuristen stören. – Hier, Herr Senator, irrten Sie gewaltig. Ein von der FDPBundestagsfraktion in Auftrag gegebenes Gutachten an den Wissenschaftlichen Dienst verdeutlicht, dass der Bund nur dann Mittel fließen lassen darf, wenn er hierfür die Gesetzgebungsbefugnis inne hat. Das ist nachweislich im Schulbereich nicht der Fall. Wir kennen alle die Krücke der Bundesregierung: Die Investitionen wurden als energetische Maßnahmen deklariert, damit sie überhaupt möglich werden. Dann hat auch das Bundesfinanzministerium erkannt – und dementsprechend die Länder informiert –, dass die energetische Sanierung zumindest prägend sein muss. Dazu hat Staatssekretärin Kressl erklärt, die energetische Sanierung muss bezogen auf das jeweilige Investitionsvorhaben prägend sein.

[Dr. Felicitas Tesch (SPD): Ja!]

Das heißt, Bauvorhaben lassen sich nicht miteinander verrechnen, so nach dem Motto: eine Schule wärmedämmen wir zu 100 Prozent, womit das Geld ausschließlich in die energetische Sanierung flösse, und in die andere Schule bauen wir eine Kantine ein.

[Özcan Mutlu (Grüne): Sind das aber lange fünf Minuten!]

Würden Sie zum Ende kommen, Frau Kollegin!

Das genau geht nicht, auch wenn es der Berliner Finanzsenator uns weismachen will. – Herr Senator, hier irren auch Sie!

[Beifall bei der FDP]

Ein Satz noch: Bei all diesen Ungereimtheiten ist es allerhöchste Zeit, dass sich das Plenum und nicht nur die Ausschüsse mit diesem Thema befassen. Es geht um die Weichenstellung für die Berliner Schulen. Es ist höchste Eisenbahn für eine Aktuelle Stunde. – Danke!

[Beifall bei der FDP]

Danke schön, Frau Kollegin!

Weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor. Ich lasse über das Thema der heutigen Aktuellen Stunde abstimmen, und zwar zuerst über das Thema der Koalitionsfraktionen. Wer diesem Thema der Koalitionsfraktionen seine Zustimmung zu geben wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. – Das sind die Koalitionsfraktionen. Danke schön! Die Gegenprobe! – Das sind die anderen Fraktionen. Ersteres war die Mehrheit. Dann ist der Antrag so angenommen. Die anderen beantragten Themen haben damit ihre Erledigung gefunden.

Mieke Senftleben

Nun hat der Kollege Goetze sich zur Geschäftsordnung gemeldet und hat dazu das Wort. – Herr Goetze!

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Als erste Rednerin in der politischen Debatte hat Frau Ülker Radziwill von der SPD-Fraktion die Aktuelle Stunde zum Thema Jobcenter begründet. Im Rahmen dieser Begründung hat Sie formuliert: Man könnte meinen, in der CDU/CSU-Bundestagsfraktion säßen Verfassungsfeinde. – Das ist eine absolut unsägliche und unakzeptable Formulierung, die wir auf das Schärfste zurückweisen und die deshalb noch unerträglicher wird, weil wir wenige Minuten zuvor eine gemeinsame Erklärung gegen die NPD und ihren Bundesparteitag hier in Berlin verabschiedet haben. Das ist Ihr Umgang hier im Haus.