Uwe Goetze
Appearances
16/1
16/2
16/4
16/5
16/6
16/8
16/9
16/10
16/12
16/13
16/15
16/16
16/18
16/19
16/20
16/24
16/25
16/27
16/29
16/30
16/32
16/34
16/35
16/36
16/37
16/38
16/39
16/40
16/41
16/42
16/44
16/45
16/46
16/48
16/49
16/50
16/51
16/52
16/53
16/54
16/56
16/58
16/59
16/64
16/65
16/66
16/70
16/71
16/75
16/76
16/79
16/80
16/81
16/82
16/83
16/86
Last Statements
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Lieber Herr Senator Nußbaum! Sie sind ja möglicherweise aus Ihrem Unternehmen eine andere Form der Kommunikation und der Entscheidungsfindung gewohnt. Hier bei uns geht es nach Mehrheiten und Minderheiten und nach einem parlamentarischen Verfahren. Da kann man nicht so argumentieren wie Sie. Und die Tatsache, dass Sie eine ständig ja sagende Koalition um sich herum haben, die jeden Schund, den Sie im Hauptausschuss vorlegen, abnickt, kann auch nicht als Beleg dafür herangezogen werden, dass Ihr Haushalt und Ihr Haushaltsvollzug so grandios sind, wie Sie es hier glauben machen wollen.
Das Jonglieren mit den Zahlen von Primär-, Tertiär- und Sekundärhaushalt ist letztlich auch unergiebig, weil die Frage ist: Wie viel Gesamtschulden hat das Land? Wo gibt es noch Kredite zu diesen Bedingungen? Wenn Sie die anderen Bundesländer als Vergleichsmaßstab nehmen und dabei außer Acht lassen und hier auch verschweigen, dass z. B. ein Bundesland wie Hessen, das nach Ihrer Rechnung angeblich deutlich schlechter dasteht als Berlin, Kredite aufnehmen muss, um den Länderfinanzausgleich, der zur Hälfte nach Berlin geht, zu finanzieren, dann ist es wirklich eine Veräppelung der Öffentlichkeit, so zu argumentieren.
Kurze Bilanz – was ist in dieser Legislaturperiode passiert? – Nur zwei Zitate:
Alle Einnahmeverbesserungen sind der Rückführung der Nettokreditaufnahme zuzuführen.
Und:
Neue finanzwirksame Maßnahmen dürfen in der kommenden Legislaturperiode nur realisiert werden, wenn eine Gegenfinanzierung möglich ist.
Das erste Zitat stammt aus der Koalitionsvereinbarung, das zweite aus der Regierungserklärung. Nun können wir uns alle aus der Kenntnis der Haushaltsabschlüsse der letzten fünf Jahre fragen: Hat die Regierungskoalition diese beiden zentralen Aussagen zur Haushaltspolitik eingehalten? – Nein! Sie hat vom ersten Tag an dagegen verstoßen und ist weiter in die Neuverschuldung gegangen – knapp 22 Milliarden Euro zusätzliche Schulden in den fünf Jahren. Hier ist was versprochen worden, was ganz klar gebrochen wurde.
Der vermeintliche Konsolidierungserfolg im Haushalt 2012/13 – wie ist der zustande gekommen? – Da gibt es zwei kleine Unschärfen. Die erste Unschärfe ist, dass man im Doppelhaushalt 2010/11 erst mal 600 Millionen Euro aus der Pulle genommen hat, der ganz große Schluck aus der Pulle, um durch neue Kreditaufnahmen alles zu finanzieren, was im Wahlkampf lieb und teuer ist. Das haben Sie erst mal gemacht, erst mal aufgesattelt. In der Zeit haben die anderen Bundesländer, die angeblich so schlecht dastehen, schon konsolidiert und teilweise sogar ausgeglichene Haushalte vorgelegt. Da sind Sie kräftig in die Neuverschuldung reingegangen.
Die zweite kleine Unschärfe liegt darin, dass Sie den Eckwertebeschluss mit 0,3 Prozent Zuwachs nicht eingehalten haben. Wenn Sie sich Ihr Zahlenwerk genau anschauen, dann kommen Sie in der Saldierung ohne BIH auf diesen Wert 0,3 Prozent. Und dann gibt es da eine kleine Randnummer 3, vielleicht ist Ihnen die entgangen. Wenn Sie sich diese Randnummer 3 angucken, dann steht da drin, da kommen noch mal 140 Millionen Euro Ausgaben dazu. Sie haben eben gerade bestätigt, wozu die dienen sollen. Die sollen dazu dienen, um ggf. Wohnungen in den staatlichen Bestand reinzunehmen. Es ist also eine klare Ausgabe im Haushalt, und damit ist das Konsolidierungsziel von Ihnen gerissen worden. Ihr eigener Beschluss hat gerade mal fünf Monate gehalten. Der Zuwachs ist eben nicht 0,3 Prozent, sondern 0,6 Prozent. Sie sind nicht mal in der Lage, über ein halbes Jahr Ihre eigenen Beschlüsse einzuhalten – ein Desaster!
Dieses Tricksen und Taktieren zieht sich wie ein roter Faden durch die Haushaltspolitik der vergangenen fünf Jahre. 3 000 Vorlagen im Haushaltsausschuss sind voll von nicht erbrachten Einsparungen, Nachbewilligungen aufgrund von Verwaltungsversagen und fehlender Rechts
förmlichkeit. Viele Vorlagen – wir können die nachzählen, weil ja alles dokumentiert ist – hat der Senat nachbessern müssen. Etliche hat er zurückziehen müssen, weil selbst die Koalitionsabgeordneten nachher eingesehen haben, dass es so nicht geht. Das ist Ihre Haushaltspolitik.
In der Folge davon haben Sie natürlich intransparente Schattenhaushalte gebildet. Die Berliner Immobilien Holding: Da haben Sie für Hunderte von Millionen Euro Fondsanteile gekauft, teilweise wird gesagt, wertlos, teilweise ist der Sinn dieser Veranstaltung nicht klar. Sie legen nicht offen, was Sie damit machen wollen, welche politischen Zielsetzung Sie haben. Einzig und allein ist klar: Gegen diese Blackbox Berliner Immobilien Holding ist der ganze Bereich Wasserverträge wie ein von allen Seiten offenes Rohr. Hier ist alles transparent.
Ins Sondervermögen Immobilien des Landes Berlin schießen Sie jetzt 310 Millionen Euro rein. 310 Millionen Euro in die nächste große Blackbox! Früher war das alles mal abgebildet in der Bauunterhaltung und in der Investitionsplanung. Heute geht das als Gesamtsumme da rein. Die Berliner Immobilien Holding macht damit, was sie will, völlig am Parlament vorbei, ohne jede Beschlussfassung. Das ist organisierte Verschleierung und Täuschung.
Den Knüller haben Sie gestern geboten. Da wird jetzt eine Entwicklungsgesellschaft für Tempelhof gegründet. Nun haben wir schon ein großes Problem mit den landeseigenen Gesellschaften, denn wenn man was von denen will und wenn man die einbinden möchte –
Entschuldigung! Tegel! –, dann heißt es immer: Es ist eine Gesellschaft, die nicht unmittelbar dem Parlament verantwortlich ist. Dazu können wir eigentlich nichts sagen, aber wir bitten die mal um Auskünfte. – Jetzt haben Sie noch eine Tochtergesellschaft dieses Landesunternehmens beauftragt. Das heißt, es wird noch intransparenter, und wir können uns alle schon vorstellen – darum rankte sich ja gestern auch die große Debatte –, wie wenig das Parlament hier mitzubestimmen haben wird und wie viel dort an Information an uns vorbeigeht. Aber zahlen sollen wir dafür. Sie werden ja wieder mit den Beträgen kommen, Minimum zweistellige Millionenbeträge. Zahlen sollen wir, aber wir wissen nicht, was da passiert. Das ist die Art, wie Sie hier Haushaltspolitik machen. Unvorstellbar!
Was haben Sie uns denn – damit möchte ich noch mal den Fokus auf den Haushaltsplanentwurf legen, den Sie heute vorgestellt haben – als Notwendigkeit zum Haushaltsplanentwurf 2009 mitgeteilt? – Sie wollten sich um die Entwicklung der Beschäftigten im öffentlichen Dienst kümmern. Ein Personalentwicklungskonzept liegt uns bis heute nicht vor. Fünf Jahre versagt!
Sie haben als zentrales Thema in Ihrer Rede selbst die Transferausgaben 2009 angesprochen. Hier wollten Sie
der Dynamik Einhalt gebieten und ein Element der Steuerung erarbeiten. Liegt uns bisher nicht vor!
Sie haben uns bei der Beschlussfassung zum Haushaltsplan gesagt, Sie wollen Prozesse und Abläufe in der Berliner Verwaltung besser organisieren, um sie effektiver zu machen und die Effizienzressourcen zu heben. Eine Vorlage dazu hat es bisher nicht gegeben.
Das ist alles ausgesprochen schlecht und führt natürlich im Ergebnis dann auch dazu, dass vieles, was in den Haushaltsberatungen vorgetragen wurde, immer weniger transparent wird. Sie haben ja auch Probleme mit der eigenen Bewertung bestimmter Vorgänge. Wenn ich mir Ihren großen Erfolg in der Sommerpause angucke – da haben Sie die Bürgerämter besucht und den Leuten nette Vorschläge gemacht, wie sie effizienter arbeiten und woher sie mehr Personal bekommen sollten. Das war natürlich völlig daneben und zeigt, dass Sie die eigentlichen Probleme, auch die Finanzierung der Bezirke, die 80 bis 90 Prozent der Aufgaben für die Bürgerinnen und Bürger erfüllen sollen, einfach nicht verstanden haben. So ist auch dieser Haushaltsplan aufgebaut, bedauerlicherweise zum zweiten Mal. Sie haben es nach der großen Debatte um die Bezirke wieder nicht verstanden und wiederholen den Fehler vom Doppelhaushalt 2010/2011. Dazu gehört schon was, innerhalb von zwei Jahren diese öffentlichen und auf der Hand liegenden Probleme einfach zu verdrängen!
Über die Steuerung der notwendigen Investitionen haben Sie sich keine Gedanken gemacht. Ihre eigenen Zahlen 2010, was ist passiert? – 220 Millionen Euro Bauunterhaltung im Haushaltsansatz, 120 Millionen Euro tatsächlich ausgeschöpft. 100 Millionen Euro Bauunterhaltungsmittel sind trotz maroder Schulen, maroder Straßen, maroder Einrichtungen bei Ihnen nicht zum Einsatz gekommen. Sie haben das Geld schön zur Haushaltskonsolidierung einkassiert, und die Sachen sind an den Bürgerinnen und Bürgern wie auch an der Wirtschaft vorbeigegangen.
Insofern muss dieser Haushaltsplanentwurf dramatisch umgearbeitet werden,
anders geht es nicht. Da das von Ihnen und von der Koalition nicht zu erwarten ist, wird das letztendlich eine neue Regierung, dann sicherlich unter Beteiligung der CDU, machen müssen.
Wir sind jedenfalls dazu bereit.
Ich werde dem nächsten Abgeordnetenhaus von Berlin nicht mehr angehören. Ich danke allseits für die Unterstützung, insbesondere auch meiner parlamentarischen Arbeit als Geschäftsführer. Wir, die Geschäftsführer, haben uns alle stets große Mühe gegeben, die Arbeitsabläufe zu straffen, zu optimieren und Ihnen ein erträgliches Arbeiten im Parlament zu ermöglichen. Vieles an der Ausstattung hat sich verbessert. Für die kollegiale Zusammenarbeit darf ich mich ganz herzlich bedanken und ein letztes Mal auch für die Aufmerksamkeit, die Sie mir geschenkt haben. – Vielen Dank!
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir teilen einige der Ausführungen, die der Kollege Behrendt hier vorgenommen hat, und mehr von denen, die der Kollege Zimmermann vorgetragen hat. Wir vertreten auch eine Position, die darauf setzt, dass hier eine klare Regulierung und eine klare Vorbeugung gegen grenzenloses Ausleben einer Spielsucht getroffen werden. Dazu müssen Maßstäbe entwickelt werden, und man muss sich leider auch noch mit 15 anderen Bundesländern verständigen, am Schluss auch noch eine EU-Notifizierung hinkriegen. Das macht die ganze Geschichte so schwierig.
Eins allerdings, finde ich, ist hier vom Redner der Bündnisgrünen als falscher Schwerpunkt gesetzt worden. Ich glaube nicht, dass das Hauptproblem dieses Glücksspielstaatsvertrags die Frage der freien Kommunikation im Netz ist. Das ist nicht das Hauptproblem, was es hier zu lösen gilt. Der Vorschlag von Ihnen, Herr Dr. Behrendt, mit den Kreditkartenunternehmen eine Vereinbarung oder Ähnliches zu treffen, ist genauso illusorisch wie die Annahme, man könne bei einem freien Wettbewerb darauf setzen, dass sich die Glückspielsüchtigen schon in irgendeiner Form selbst kontrollierten und es dort nicht zu Fehlentwicklungen käme. Der Ansatz mit den Kreditkartenunternehmen ist aus unserer Sicht ein reines Scheinargument, überhaupt nicht zu realisieren, keine gesetzliche Grundlage, und funktioniert daher auch nicht.
Die Frage mit der freien Kommunikation – ich will das jetzt nicht ausdiskutieren, sondern einfach im Raum stehen lassen –: Wo, bitte schön, ist denn bei Ihnen die Grenze, die erreicht werden muss? Es wird aktuell diskutiert, welches Verfahren im Internet zur Unterbindung der Kinderpornografie gewählt wird. Ist das auch noch etwas, was aus Ihrer Sicht unter freiem Netzzugang und fehlenden Restriktionen und Sanktionen fällt? Irgendwo dazwischen ist wahrscheinlich bei Ihnen die Grenze, bloß wo ist sie, ich kann es nicht nachvollziehen.
In diesem ganzen Bereich ist viel Musik, aber eben auch sehr viel Geld mit drin. Deswegen ist die Auseinandersetzung natürlich auch sehr hart. Wenn man das Thema im Internet googelt, fordern die einen, dass Gesetze im Kampf gegen den Wettbewerb überprüft werden sollen, beim Wettskandal sind Leute festgenommen worden.
Andere sagen: zocken bis zum letzten Hemd bei den Positionen gegen ausuferndes Glücksspiel. Ein Sportjurist fordert, mehr private Wettanbieter zuzulassen. Ein anderer fordert ein Gesetz gegen Wettbetrug im Profisport. Und das Beste, was ich gelesen habe, ist, dass von den Befürwortern einer ganz freien Regelung argumentiert wird, der neue Glücksspielstaatsvertrag vernichte bis zu 6 000 Autobahn-Lkw-Parkplätze. Die Argumentation ist, dass die einzelnen Automaten in den Autobahnraststätten nicht mehr zum Einsatz kämen, die deswegen keine Überschüsse mehr erwirtschaften würden und deswegen die Lkw-Fahrer letztlich keine Standplätze mehr am Rand der Autobahn hätten. So weit ist diese Argumentationsschiene schon geraten.
Letztlich geht es doch darum, wie ich mit einem ganz einfachen Geschäftsmodell, ohne nennenswerte Schaffung irgendwelcher bedeutsamer und dauerhaft funktionierender und sozialversicherungsrechtlich abgesicherter Arbeitsplätze eine möglichst große und schnelle Rendite erwirtschaften kann. Das ist der Punkt. Das ist genau das Gleiche wie bei Spielhallen. Warum verbreiten die sich über das ganze Stadtgebiet? – Weil in Lagen, wo von sonstigen Gewerbetreibenden eine normale Miete gezahlt wird, hier ein deutlicher Aufschlag von den Anbietern von Wettbüros und von Spielotheken gegeben wird. Deswegen wird natürlich das alteingesessene Gewerbe verdrängt.
Deswegen müssen wir, glaube ich, auch von dieser Seite her denken. Der eigentliche Ansatz ist doch: Wie wirkt sich eine solche Regelung bei Sportwetten und nachher auch bei den Spielhallen auf das Stadtgebiet, auch auf Berlin, auf Regionen hier in der Stadt aus? Da ist einfach die Situation, dass sich all diese Anbieter nicht verteilen von Pankow bis Steinstücken, sondern sie sind konzentriert. Sie finden sich in einzelnen Straßen wieder, in kleinen Stadtgebieten. Dies sind die Fehlentwicklungen, die auch für uns, für die CDU-Fraktion, hinter der Frage stehen: Können wir einem solchen Glücksspielstaatsvertrag mit seinen Auswirkungen zustimmen oder nicht?
Eine letzte Bemerkung noch, die für uns ganz wichtig ist: Was als Argument überhaupt nicht zählt, ist die Finanzierung von Sport und Kultur. Ganz klare Ansage: Die Sportförderung –
Ein letzter Satz, wirklich nur – und die Kulturförderung sind von dem Aufkommen und den Erträgen aus dem Glücksspiel möglichst bald zu entkoppeln. Da haben wir eine ganz andere Verantwortung als Landesgesetzgeber und Haushaltsverantwortliche. Das Argument, wir müssen viel spielen, damit zwei wichtige gesellschaftspolitische Dinge finanziert werden können, das geht nicht.
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Manches hat nicht so recht den Kern und auch die Wahrheit getroffen, aber, lieber Kollege Buchholz, schreiben Sie sich einfach mal ins Stammbuch: Der Erhöhung der Vergnügungsteuer haben wir zugestimmt! Schauen Sie bitte im Plenarprotokoll nach, Sie haben das schon beim letzten Mal wahrheitswidrig behauptet, wir haben zugestimmt. Lesen Sie das nach, das können Sie gleich bei mir am Rechner machen, und behaupten Sie das einfach nicht noch einmal! – Vielen Dank!
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Meine Kurzintervention von vorhin muss ich zurückziehen. Ich habe mich geirrt. Das kollektive Gedächtnis des Hauses ist präziser. Frau Bung, Herr Buchholz, Herr Klemm haben es ja gesagt: Die CDU-Fraktion hatte sich bei der Abstimmung über den Steuergesetzentwurf enthal
ten, war nicht dagegen, hatte sich enthalten. Insofern bitte ich für den Irrtum um Entschuldigung.
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Kollege Nolte! Sie sind wirklich ein Meister der Verdrängung!
Sie formulieren zunächst, man solle das Problem nicht in den Wahlkampf einbeziehen, die Schule sei dann, wenn man es täte, der Verlierer. Kann man das anders verstehen als eine Drohung gegen die Eltern, Lehrer und Schüler, jetzt mal die Klappe zu halten und nicht ihre Probleme vorzutragen? – Ich kann es nicht anders verstehen, und das ist ein Skandal, lieber Kollege Nolte!
Sie haben davon gesprochen, man solle keine Schnellschüsse tätigen. Wir sind in einem Verfahren, das ewig dauert und das Ihre Fraktion und der von Ihnen getragene Senat zu verantworten hat. Zwei Jahre hängt diese Geschichte mit den derzeitigen Erkenntnissen – ich darf Sie mal daran erinnern: Am 14. April 2009 gab es eine Kleine Anfrage. Da sagte der Senat, der Schulersatzbau auf dem Olympiagelände werde für die I-Planung 2009-2013 eingeplant, Baubeginn solle 2012 sein, man hätte angemeldet. Am 26. Juni 2009 wird allerdings mitgeteilt, es gebe kein Ergebnis der vorbereiteten Untersuchungen. Die Bausubstanz könne man nicht abschätzen, man hätte auch keinen Kostenplan. Die Antwort auf die Anfrage vom 14. April 2009 entsprach schlicht der Unwahrheit oder der Unfähigkeit der Antwortenden! Am 27. Januar 2010 wurde geantwortet, die Prüfung des Umzugs sei nicht abgeschlossen. Am 10. November 2010 wird mitgeteilt, es sei angemeldet, man wolle anmelden für die I-Planung 2011-2015. Bei der Beantwortung der Kleinen Anfrage vor anderthalb Monaten wurde mitgeteilt, nun wolle man für 2012 anmelden – ja, Kollege Nolte, wo sind Sie denn? Die Öffentlichkeit und die Betroffenen werden veräppelt und teilweise sogar mit Unwahrheiten bei Laune gehalten. Nichts von dem, was Sie erzählen, spielt sich hier ab, schon gar keine Schnellschüsse!
Ich darf Sie noch an eins erinnern, was Sie offenbar verdrängt haben: Der Hauptausschuss hat es mit Ihrer persönlichen Stimme am 20. Januar 2011 abgelehnt, die Maßnahme Poelchau in die I-Planung aufzunehmen, die Vorplanungen vorzunehmen und darüber Bericht zu erstatten. Das war Gegenstand der Beschlussempfehlung des Sportausschusses und der Beschlussempfehlung des Bildungsausschusses. Das wurde mit den Stimmen der Linken und der SPD und auch mit Ihrer Stimme abgelehnt!
Sie sagten noch, die Containerlösung sei kein Königsweg. Ich glaube aber, sie ist es, weil wir in der selten guten Situation sind, dass die Betroffenen damit im höchsten Maße einverstanden sind und damit noch einen Qualitätsgewinn für ihre sportorientierte Schule haben. Über die Containerlösung würden sie nämlich viel näher an das Olympiagelände heranrücken, wo sie den größten Teil ihrer täglichen Übungen absolvieren, und sie wären mit dieser Lösung einverstanden. Warum sind sie denn damit einverstanden? – Weil – und das ist keine Hellseherei, wie Sie es angeführt haben – es ganz einfach der Erfahrung der letzten 20 bis 25 Jahre entspricht, dass in einem Gebäude, in dem man gebundenes Asbest hat, irgendwann einmal die Fasern nachgewiesen werden. Das war in ganz vielen Gebäuden so. Ich kenne es aus meinem Bezirk, damals noch Charlottenburg, mit der FriedensburgOberschule, übrigens auch eine Schule, die in Container umziehen musste, wo im Ergebnis nachher beim Rückzug aus den Containern die Schüler gesagt haben: War so toll da drin, wir wollen gar nicht mehr in ein anderes Gebäude.
Eine Containerlösung muss also nicht schlecht sein. Und diese Containerlösung kostet auch keinen zweistelligen Millionenbetrag. Das verwechseln Sie, obwohl im Hauptausschuss, mit den Investitionssummen für die Sanierung der Gebäude auf dem Olympiagelände. Die Schule hat Ihnen ja nachgewiesen: Es gibt eine Lösung, und zwar mit einer Containerfirma, die auch schon an anderer Stelle für den Berliner Senat Aufträge übernommen hat. Da ist man mit Mietkosten von 50 000 Euro pro Monat, also 600 000 Euro pro Jahr, mit dabei. Das sind die Kosten der Containerlösung, und nicht zweistellige Millionenbeträge.
Und warum ist das nicht nur wegen einer drohenden Asbestgefahr notwendig? – Es ist auch wegen der Beschulung der Schülerinnen und Schüler notwendig, vorsorgend zu handeln. Die Schulverwaltung hat auf der Elternversammlung erklärt, sie habe für den Fall, dass Asbest gefunden wird und die Schule geschlossen werden muss, keinen Plan. Das bedeutet Zerschlagung der Schule und Zerschlagung der Klassen, keine Sportförderung mehr, das Gymnasium ist erledigt. – Zweiter Grund: Durch die jetzt drohenden Asbestgefahren werden Schüler nicht mehr an dieser Schule angemeldet. Auch das bedroht den Bestand der Sportschule. Deswegen ist es fahrlässig, so zu argumentieren, wie Sie es gemacht haben.
Herr Staatssekretär! Sind Sie sich sicher, dass der Gesetzentwurf am 29. März im Senat beschlossen wurde? Der Landespressedienst des Senats vom 29. März hat nämlich dazu keine Hinweise enthalten. Und wie kommt es, dass Sie die Anfrage beantworten, obwohl uns im Hauptausschuss mitgeteilt wurde, dass die Federführung bei diesem Gesetzentwurf die Senatskanzlei hat?
Meine Frage richtet sich an den Bildungssenator. Es geht um die Asbestkontamination an der Poelchau-Eliteschule des Sports. Herr Senator Zöllner! Wie begegnen Sie dem Problem, dass zahlreiche Eltern angekündigt haben, ihre Kinder zu Beginn des nächsten Schuljahres an der von Asbestfunden gebeutelten Poelchau-Eliteschule des Sports nicht mehr anzumelden, weil sie gesundheitliche Beeinträchtigungen befürchten, und wie begegnen Sie der Tatsache, dass daraus eine deutliche Reduzierung der Schülerzahl und weniger Sportförderung resultieren kann?
Herr Senator Zöllner! Wollen Sie die Schülerinnen und Schüler und Lehrerinnen und Lehrer tatsächlich fünf Jahre bis zur Fertigstellung des Ersatzbaus in dem kontaminierten Gebäude unterrichten lassen, oder werden Sie den Plan der Eltern, Schüler und Lehrer unterstützen, ein Containerdorf anzumieten, um gemeinsam in einer sauberen Lernumgebung die Beschulung fortsetzen zu können?
Herr Senator Zöllner! Die Verlagerung der PoelchauOberschule auf das Olympiagelände ist seit Beginn der Legislaturperiode in der Diskussion und von Ihnen auch zugesagt worden. Warum melden Sie diese Investitionsmaßnahme erst mit einer Verzögerung von vier Jahren zur I-Planung an?
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich frage den Senat:
1. Wie beurteilt der Senat die Auffassung der BVG, wonach nach einer notwendigen Streckenveränderung im Sommer 2011 aus Kostengründen und betrieblichen Gründen die Erschließung der Eigenheimsiedlung West-Staaken durch öffentlichen Personennahverkehr – Buslinie 237 – nicht mehr darstellbar ist?
2. Welche Maßnahmen wird der Senat zur Sicherstellung des öffentlichen Personennahverkehrs und der Mobilität der Anwohner ergreifen, bspw. dem Bezirk Spandau zusätzliche Instandsetzungsmittel bereitstellen, damit die bisherige Streckenführung der Buslinie 237 auch über den Sommer 2011 hinaus für den Schwerlastverkehr und damit für den Busverkehr freigegeben werden kann?
Frau Senatorin! Da wir gerade das Thema Investitionsplanung und das Vorziehen von wichtigen Maßnahmen hatten – sehen Sie eine Chance dafür, dass eine solche Grundinstandsetzung des betroffenen Straßenzuges nicht fünf oder sechs Jahre warten muss im Rahmen der regulären I-Planung, sondern auch vorgezogen werden kann, um eine ganze Siedlung wieder rechtzeitig an den ÖPNV anzubinden?
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Die erste wichtige Nachricht dieser Aktuellen Stunde ist, wenn man das Niveau und die Kontroverse, auf die sich die Koalition gerade noch bei der Festlegung von Themen einigen kann, die, dass da nichts mehr ist, was die Stadt bewegt. Die Rede, die gehalten wurde, entstammt dem falschen Manuskript – die hätten Sie vielleicht im Lebensmittel- oder Verbraucherschutzausschuss des Bundestages halten können, aber nicht im Berliner Abgeordnetenhaus.
Hier geht es um das, was die Koalition und der Senat zu verantworten haben. Der Rede zufolge gibt es da offenbar gar nichts.
Das ist aber ein Irrtum. Der Titel der Aktuellen Stunde – Klare Vorschriften, wirksame Kontrollen, mehr Transparenz – entspricht offenbar Ihrem eigenen Arbeitsprogramm. Das sind offensichtlich die Sachen, die Sie noch vorhaben und die Sie in den vergangenen zehn Jahren nicht zustande gebracht haben.
Der Arbeitsauftrag an Sie bedeutet also: Endlich klare Vorschriften schaffen, endlich wirksame Kontrollen durchführen, mehr Transparenz beim Verbraucherschutz schaffen!
Vor einiger Zeit hatten wir in Berlin einen riesigen Putengammelfleischskandal, und die Konsequenzen daraus sind bis heute nicht gezogen.
Bevor der nächste Skandal über uns hereinbricht, muss gehandelt werden!
Wo stehen wir heute? – Seit einigen Wochen erlebt die Nordhälfte Deutschlands einen immensen Dioxinskandal; die Futtermittelsicherheit steht im Fokus, rund 150 000 Tonnen dioxinbelastetes Futter wurden in Umlauf gebracht, und wie viel Schaden dieses Futter auf den Irrwegen von Niedersachsen über Rotterdam nach Schleswig-Holstein und in über 550 landwirtschaftlichen Betrieben angerichtet hat, das wissen Sie nicht. Das wissen Sie auch für Berlin nicht, und das ist das eigentliche Problem, das wir heute besprechen müssen.
Eines aber wissen wir in Berlin: Die zuständige Senatorin für Gesundheit und Verbraucherschutz, Frau Lompscher, hat Anfang des Jahres erneut sehr heftig das eisige Klima zwischen Winterdienst und Verbrauchern zu spüren bekommen, war schon damals total überfordert und ist es wohl auch jetzt. Im Zuge des Dioxinskandals erklärt sie, dass man nicht wisse, ob – und wenn ja, wie viel – belastetes Futter durch die landwirtschaftliche Produktion beispielsweise in Geflügel- und Schweinefleisch auch nach Berlin transportiert worden sein könnte. Sie weiß es einfach nicht! Die nachfolgende Aktion, die Überprüfung des einzigen Legehennenbetriebs in Berlin, blieb zwar glücklicherweise erfolglos, kann aber nun wirklich nicht als Erfolg gewertet werden. Es reicht bei Weitem nicht aus, die Hände in den Schoß zu legen oder gar von vorläufiger Entwarnung auszugehen. Sie wissen nicht, was mit landwirtschaftlichen Produkten, beispielsweise Geflügel- und Schweinefleisch aus Betrieben, die unwissend verseuchtes Futtermittel eingesetzt haben und anschließend ihre Tierprodukte auf den Absatzmarkt Berlin transportiert haben, passiert ist. Rätselraten in Berlin!
Klar ist aber: Dieser Dioxinskandal ist durch eine wirksame Kontrolle in einem anderen Bundesland aufgedeckt worden. Dort haben Kontrollen funktioniert, dort hat das System funktioniert. Was an kriminellen Machenschaften vorhanden war, konnte anhand dieser Kontrollen tatsächlich aufgedeckt werden.
Ende 2006 hatten wir den Putenfleischskandal, und schon damals wurden Alarmrufe der Lebensmittelkontrolleure in den Bezirksämtern laut, die Personaldecke sei – vor allem nach den drastischen Einschnitten bei der Reform des Gesundheitsdienstes – viel zu dünn, um der notwendigen Wachsamkeit und Sachlichkeit Herr werden zu können.
Nein, die gestatte ich nicht! – Bis zum Jahr 2006, der Verabschiedung des ÖGD-Reformgesetzes, waren in Berlin bereits 1,2 Millionen Euro Einsparungen im Bereich Gesundheitsdienst realisiert worden. Hinzu kamen allgemeine Personaleinsparungen in den Gesundheitsämtern, die im Zeitraum 2004 bis 2010 – wie der Rat der Bürgermeister fraktionsübergreifend ermitteln ließ – insgesamt 550 Stellen betrugen. Ein erheblicher Aderlass auf Kosten der Gesundheit der Bürgerinnen und Bürger! Was ist heute, Jahre später? – Immer noch die gleiche Verantwortungslosigkeit! Die „Morgenpost“ titelt am 20. Januar 2011: „Keine schärferen Dioxinkontrollen in Berlin“ – so die Aussage der Senatorin. Die Sprecherin der Senatorin erklärt, flächendeckende Proben könne es nicht geben, der zeitliche und finanzielle Aufwand sei zu hoch. Das wird durch Ihre eigenen Statistiken belegt: Schauen Sie sich die Antwort einer Kleinen Anfrage zum Thema Lebensmittelkontrollen in Berlin an! Im Bezirk FriedrichshainKreuzberg werden pro Jahr die Hälfte der vorhandenen Betriebe kontrolliert, und bei diesen gibt es über 60 Prozent Beanstandungen! Da sieht man doch, dass die Kontrolldichte zu gering ist. Sie haben es geschafft, dass weniger als die Hälfte der Betriebe eines Bezirkes tatsächlich kontrolliert wird. Aber die Konsequenzen daraus werden nicht gezogen, denn 60 Prozent Beanstandungen sind ein starkes Stück, da kann man sich nicht einfach hinstellen und sagen: In Berlin ist alles in Ordnung, wir kümmern uns jetzt mal um die Bundesebene.
Die viel zu geringe Ausstattung bei den Veterinär- und Lebensmittelaufsichtsämtern besteht seit Jahren. Die Aufgaben wurden zwar an die Bezirke übertragen, finanziell und personell aber nicht untersetzt. Das sichert bestenfalls, dass die Menschen im Nachhinein von Ihnen erfahren, was sie gestern besser nicht hätten essen sollen, anstatt dass sie durch ein funktionierendes, schnelles und
zwischen den Ländern und im Zusammenspiel mit Bund und sogar der EU gespanntes Kontrollnetz im Vorhinein erfahren, was sie morgen besser nicht verzehren sollen.
Frau Senatorin! Sie sagen, dass berlinweit eine Erhöhung um allenfalls 23 Stellen auf 220 Stellen beschlossen sei – und das bis 2015. 23 zusätzliche Stellen bis 2015! Gott sei Dank haben Sie mit der Realisierung nichts mehr zu tun, weil Sie dann keine Verantwortung mehr tragen werden.
Deswegen wird es mehr Stellen geben müssen. Sie werden auch ausfinanziert sein, wie wir mit unseren Anträgen zum letzten Berliner Landeshaushalt deutlich gemacht haben.
Beim Dioxinskandal sind Sie genauso unwissend, wie Sie es beim Gammelfleischskandal 2006 waren – die unwissend Getriebene, aber nicht Herrin des Verfahrens. Es genügt eben nicht, die Lebensmittelüberwachung einfach in Verbraucherschutzbehörde umzubenennen, solange die Rahmenbedingungen nicht angepasst, sondern sogar noch verschlechtert werden.
Es hilft auch nicht weiter, dass Sie die gleiche Strategie wie bei der Spielhallenproblematik verfolgen. Dazu haben wir heute drei Anträge, und sie machen deutlich, wie Sie sich Ihre Probleme vom Halse schaffen wollen, anstatt sie zu lösen: Erstens wird der Schwarze Peter an die Bezirke weitergegeben. Bei den Spielhallen sollen sie sich um Prävention kümmern. Hier sollen sie die wenigen Lebensmittelkontrollen verstärken, die noch ausfinanziert sind, aber der Senat hat damit nichts zu tun.
Das Nächste ist eine Bundesratsinitiative – immer schön die Verantwortung weggeben, diesmal auf die nächsthöhere Ebene. Vielleicht kommt demnächst noch eine EUInitiative für ein EU-Lebensmittelrecht. Das wäre auch etwas Neues. Aber Sie hier im Land Berlin machen absolut gar nichts. Sie sind abgetaucht. Die Rednerin der SPDFraktion hat es ja deutlich gezeigt: Kein Wort zu den Berliner Verhältnissen, obwohl hier die Hütte brennt.
Denn kontrollieren, das müssen die Länder. Daran geht kein Weg vorbei. Die Rahmenbedingungen auf Bundesebene haben die entsprechenden Minister einvernehmlich auf den Weg gebracht, aber die Hauptverantwortung liegt hier in Berlin. Hier muss gehandelt werden. Deswegen hilft es auch nicht weiter, sich an dem festzuhalten, was angeblich nicht gefunden wurde. Auch hier wieder die gleiche Strategie, aber diesmal die Parallele zur Polizei: Wenn Sie bei der Polizei 1 000 Stellen einsparen, keine Kontrollen mehr in bestimmten Bereichen machen und deswegen dort auch null Feststellungen haben, kann man sich natürlich hinstellen und sagen: Die Welt ist in Ordnung. Wir haben hier nichts festgestellt. – Aber die Welt ist eben nicht in Ordnung. Dadurch, dass Sie zu wenig Personal einsetzen, können Sie nichts feststellen, und
deswegen ist es blauäugig, davon auszugehen, dass im Land Berlin alles in Ordnung sei.
Nehmen Sie den Handlungsauftrag, den Sie mit der Formulierung des Themas dieser Aktuellen Stunde gewählt haben, ernst, und vielleicht kann uns der Redner der Linken einmal sagen, was er denn nun in Berlin machen will,
um hier eine Verbesserung der Situation herbeizuführen. – Ich höre gleich zu! Aber Sie werden – und davon können wir ausgehen – genauso wenig zu bieten haben wie Ihre Vorrednerin. – Schönen Dank!
Lieber Kollege! Auch hier wieder das falsche Manuskript. Wir sind hier im Berliner Landesparlament; nochmals zum Mitschreiben.
Vielleicht haben Sie sich vergeblich beworben für den Deutschen Bundestag und hatten schon ein paar Reden vorbereitet. Aber hier sind Sie im Landesparlament, und hier geht es um das, was von dieser Senatorin zu verantworten ist. Wenn Sie in Ihrem letzten Satz sagen, die Kontrollen in Berlin seien ausreichend, dann haben Sie nicht zugehört. In Friedrichshain-Kreuzberg wurde in einem Jahr nur die Hälfte der Betriebe kontrolliert, und es gab über 60 Prozent Beanstandungen. Hören Sie einmal hin: die Hälfte der Betriebe kontrolliert. In vielen relevanten Betrieben war nicht einmal einmal pro Jahr ein Lebensmittelkontrolleur. Das halten Sie für ausreichend? Meinen Sie, die Leute warten darauf, dass die Kontrolleure kommen, die Sie nicht finanziert haben, um denen dann das Gammelfleisch vorzulegen?
Das ist doch eine Riesenlücke, die sich da auftut, und das wird von Ihnen völlig negiert!
Der entscheidende Punkt, der hier realisiert werden muss, ist ein dichtes Netz an Lebensmittel- und Veterinärkontrolleuren, und das gibt es nicht. Wenn Sie sich die Beratungen etwa des Unterausschusses Bezirke des Hauptausschusses ansehen, wo auch Stadträte Ihrer Fraktion auftreten und beklagen, dass die Lebensmittelkontrolle völlig unterbesetzt sei, sie zu den vorhandenen Konditionen kein Personal mehr bekämen und die Leistungen, die von ihnen abgefordert würden, nicht mehr erbringen könnten, dann erkennen Sie, dass das ein Hilferuf ist. Das hat nichts mit Schönreden und einer bundespolitischen Debatte zu tun, sondern damit, dass Sie hier Ihre Aufgaben auch nicht ansatzweise erfüllen. Da können Sie in die Bezirke gehen und sich von den Kollegen Ihrer Fraktionen dort erzählen lassen, was da wirklich los ist.
Das ist Ihre Aufgabe für die Berlinerinnen und Berliner, und Sie sollen nicht darüber philosophieren, ob irgendwelche EU-Richtlinien oder irgendwelche Details bei der Futtermittelkontrolle tatsächlich funktionieren. Das können Sie im Bundestag machen. Hier aber haben Sie Ihre Berliner Pflicht zu erfüllen, und das tun Sie nicht.
Meine Frage richtet sich an den Finanzsenator, Herrn Nußbaum: Wird der Senat kurz vor oder kurz nach Beginn der Sommerpause 2011 noch einen Haushaltsplan für den Doppelhaushalt 2012/2013 beschließen, und ist gewährleistet, dass dieser Haushaltsplan dann unmittelbar nach der Sommerpause, so wie es in den vergangenen Jahren auch immer üblich war, in der ersten Sitzung des Parlaments von Ihnen hier vorgestellt wird?
Da ich mir nicht vorstellen kann, dass das Parlament darauf verzichten wird, den Haushaltsplan vorgelegt zu bekommen, können wir festhalten, Herr Senator, dass in der ersten Sitzung des Parlamentes nach der Sommerpause und damit auch noch vor den Wahlen die Einbringung des Haushaltes mit den entsprechenden Unterlagen aus Ihrer Sicht gewährleistet sein kann.
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Beide Anträge haben zwar Überschriften mit ähnlichen Formulierungen, aber doch hat man so ein bisschen den Eindruck, dass der Antrag der Koalitionsfraktionen eigentlich das Allernötigste nur beinhaltet, was gewährleistet, dass man vielleicht gerade noch mit dieser Überschrift längskommt. Diese Vermutung wird dadurch bestätigt, dass in den Fachausschüssen, in denen in der Tat schon über mehrere Jahre diskutiert wurde, wie man hier zu einer Problemlösung kommt, der Senat, den diese Koalition stützt, letztlich dadurch aufgefallen ist, dass er gar keine Transparenz schaffen wollte. Wir haben vehement und intensiv mit dem damaligen Finanzsenator Sarrazin diskutiert, der sich dann sozusagen breitschlagen
ließ, über das Vehikel der individuellen Einverständniserklärung der Betroffenen eine Regelung in Kraft zu setzen, die den jetzt als Gesetzestext vorgelegten Regelungen ein bisschen entsprechen konnte. Nachdem Herr Senator Nußbaum sein Amt angetreten hatte, war davon gar nicht mehr die Rede. Die Zusage wurde eingefangen. Transparenz gab es nicht mehr. Und auch Herr Staatssekretär Sundermann hat im Ausschuss vehement vertreten, dass das alles eigentlich so nicht gehe und auch nicht gewollt sei.
Dann hat dieses Parlament einen Auftrag an den Wissenschaftlichen Parlamentsdienst dieses Hauses gegeben, und dieser hat ausgeführt, natürlich gebe es dafür eine Möglichkeit, gebe es auch eine Regelungskompetenz dieses Hauses. Letztlich hat das angesprochene Beispiel aus einem anderen Bundesland deutlich gemacht, dass das offenbar republikweit Common Sense ist. Deswegen sollten wir es auch für das Land Berlin einführen.
In dieser Gemengelange sah die Koalition sich genötigt, nicht hinter das, was eigentlich dieses Parlament regeln sollte, zurückzufallen, und signalisierte in den Ausschüssen Zustimmung, ja, man könnte solch eine Regelung treffen. Dann haben eigentlich alle erwartet: Dann kommt ja mit dem geballten Sachverstand dieses Finanzsenators und vielleicht noch mit Unterstützung des Wirtschaftssenators eine Regelung aus den Häusern, die klare Richtlinien für die Lösung des Problems darstellt. Dem war aber nicht so. Deswegen ist es das Verdienst von Bündnis 90/Die Grünen, sich an die Spitze der Bewegung gesetzt zu haben, diese Vorlage eingebracht zu haben. Ich denke, wir werden sie eher so beschließen, wie Bündnis 90/Die Grünen sie vorgeschlagen haben, als so, wie die Koalition sie vorgelegt hat.
Wir kommen ein großes Stück weiter in Richtung der geforderten Transparenz, nicht nur bei den Vergütungen der Vorstände und Aufsichtsräte der mehrheitlich dem Land Berlin gehörenden Gesellschaften, sondern wir wollen das auch auf Zuwendungsempfänger und andere ausweiten, wie es auch Bündnis 90/Die Grünen gemacht haben, denn letztlich ist es egal, was in der Überschrift über einen kompletten Geldfluss vom Land Berlin an einen Dritten steht, ob Zuwendung oder Zuschuss oder was weiß ich. Entscheidend ist, dass der Dritte praktisch ausschließlich oder zu mehr als 50 Prozent vom Land Berlin finanziert wird, und dann muss er auch Transparenz schaffen, was die Gehaltsvergütungen und die entsprechenden Größenordnungen angeht.
In der inhaltlichen Begründung hat der Kollege Esser alles ausgeführt. Ich hoffe, dass wir in den nächsten Wochen schnell zu einer einvernehmlichen Lösung kommen, und setze darauf, dass die Ankündigung von Frau Kolat tatsächlich in der Bereitschaft gipfelt, weiter gehende Regelungen zu finden als die, die in dem äußerst kurz bemessenen und inhaltlich auch entsprechend kurzen Antrag der Koalition enthalten sind. Ich bitte Sie, dass Sie sich noch mal festlegen. Ansonsten kann man das, was
Sie hier geäußert haben, fast nur als ein rein taktisches Manöver ansehen. – Vielen Dank!
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Strom kommt aus der Steckdose, und das Geld für den Berliner Landeshaushalt kommt vom Bund – so die Zusammenfassung der Rede von Herrn Zackenfels. So einfach ist das Leben aber nicht, lieber Kollege Zackenfels. Ein bisschen Anstrengung als verantwortliche Regierungskoalition in der deutschen Hauptstadt kann man von Ihnen schon erwarten. Aber wahrscheinlich sind Sie damit überfordert.
Mit seiner fatalistischen Haltung gegenüber den finanzpolitischen Herausforderungen der Zukunft liefern uns Klaus Wowereit und sein offenbar völlig hilfloser Finanzsenator den Sparkommissaren von Bund und Ländern aus. Sollte sich der Senat weiterhin einem Nachtragshaushalt
verweigern, bleibt als einzige Notbremse des Abgeordnetenhauses, über die Aufhebung des Haushaltsgesetzes 2010/2011 zu entscheiden, um den Handlungsdruck auf die Regierung zu erhöhen. Andernfalls ist zu erwarten, dass über den Stabilitätsrat des Bundes binnen Jahresfrist seitens des Bundes und der Länder konkrete Kürzungsvorschläge für den Berliner Haushalt formuliert und diese dann auch realisiert werden. Damit würde Berlin unmittelbar nach der Wahl seine politische Handlungsfähigkeit verlieren. Die einzig Verantwortlichen dafür sind die rotroten Koalitionäre.
Was wir hier an mittelfristiger Finanzplanung erhalten haben, das war eine Wissensvorlage zum Thema Schuldenbremse und Stabilitätsrat. Sie enthielt keinerlei Umsetzungsdetails. Sie war schlicht unbrauchbar. Es ist peinlich, oder ist es politisches Unvermögen, dass diese Vorlage keine belastbaren Zahlen für das Jahr 2014 enthält? Wofür es Zahlenangaben konkreter Art nach den entsprechenden gesetzlichen Vorgaben geben muss, trägt dieser Senat, trägt dieser Finanzsenator keine Planungszahlen ein. Das ist erstens ein Gesetzesverstoß und macht zweitens deutlich, wie peinlich das Agieren dieses Senats ist. Man hat nicht mal die Möglichkeit, fünf Jahre im Voraus zu planen.
Eine Investitionsplanung, so wie vom Haushaltsgrundsätzegesetz gefordert, liegt ebenfalls nicht vor – ein zweiter klarer Gesetzesverstoß. So agieren Sie hier, einfachste Grundlagen der Gesetzgebung werden missachtet. Das Parlament wird veräppelt. Das ist die Haushaltspolitik dieses Senats.
Bei den Sozialleistungen drücken Sie sich vor eigenen Stellungnahmen. Sie zitieren Dritte. Da heißt es, Wachstumsdynamik bei Sozialausgaben muss begrenzt werden. Eine eigene Positionierung, ob das die Auffassung des Senats ist, gibt es nicht. Hilfloser kann eine Regierung nicht agieren. Ihnen fehlt jeglicher Mumm, klare Aussagen zu treffen.
Sie führen allgemein aus: Jetzt gilt endlich Haushaltsdisziplin. Was war denn die letzten neun Jahre? Gab es da keine Haushaltsdisziplin? – Richtig, gab es nicht; das haben wir schon immer gesagt. Aber nun soll sie ja einkehren, diese Haushaltsdisziplin, und Unvorhergesehenes und Unabweisbares soll in dieser Form nicht mehr zum Einsatz kommen.
Wie sehen aber die Zahlen aus? – Im Finanzstatusbericht für das erste Halbjahr Defizit bei den Ausgaben 153 Millionen; Gesamtübersicht für die unvorhergesehenen und unabweisbaren zusätzlichen Ausgaben für das erste Halbjahr 2009 87 Millionen; für 2008 318 Millionen, für 2007 160 Millionen. In dreistelligen Millionenbeträgen überziehen Sie Jahr für Jahr die Ausgabenlinie, die Sie hier beschlossen haben. Das ist wirklich absolut unglaubwürdig, wenn Sie sich hinstellen und sagen, Sie wollen hier den Haushalt sanieren. Dazu sind Sie schlicht unfähig.
2008 haben Sie die Legende aufgebaut, es gebe angeblich kein strukturelles Defizit im Berliner Landeshaushalt mehr. Falsch! Dieser Senat hat nun endlich die Hosen runterlassen müssen. 1,2 Milliarden beträgt nach Ihren eigenen Angaben das strukturelle Defizit dieses Landeshaushalts. 1,2 Milliarden, wo Sie versagt haben, das in neun Jahren abzubauen! Schlimmer kann ein Land finanzpolitisch nicht regiert werden.
2011 ist als Konsolidierungsjahr verschenkt. Im Doppelhaushalt 2010/11 haben Sie 600 Millionen zusätzliche Ausgaben festgelegt. Die Sanierung ist auf 2012 vertagt. Maßnahmen für die Tilgung fehlen. Und Sie zwingen den Stabilitätsrat des Bundes, Vorschläge zu machen, mit denen der Berliner Landeshaushalt –
Ja! – wieder vom Kopf auf die Füße gestellt wird. Dies ist unerträglich. Wir brauchen einen Nachtragshaushalt, so der Antrag meiner Fraktion. Das ist die einzige Chance, hier noch mit den Zahlen klarzukommen und die Sparkommissare vom Bund aus der Stadt rauszuhalten.
Deswegen bitte ich, das zu beschließen. – Herzlichen Dank!
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Lieber Herr Zackenfels! Ich wüsste gar nicht, wer aus Ihrer rot-roten Koalition in diesem Lügenausschuss mitarbeiten sollte, denn bei nüchterner Betrachtung, wären Sie allen längst wegen Konkursverschleppung verhaftet worden.
Wir haben Anträge von Ihnen vorliegen – das ist die Art Ihrer Finanzpolitik –, die nicht eine einzige Zahl enthalten. Sie schlagen hier vier Steuerarten vor, die erhöht werden sollen, und der geneigte Leser sieht sich an, was das für Belastungen für den Einzelnen sind, was beim Land Berlin hängen bleibt: Nichts! Ein finanzpolitischer Antrag ohne eine Zahl! Das ist wirklich ein Verfahren, das nur diese Sozialdemokraten und diese Linke hinbekommen. Das gibt es in keinem anderen Landtag.
Was ist der Inhalt dieses Antrages? – Inhalt dieses Antrages ist der Ruf nach mehr Kohle von anderen. Nun hat man es bei den Bundesländern versucht. Da ist man gescheitert. Es steht die Drohung einzelner Bundesländer im Raum, den Länderfinanzausgleich zu beklagen. Man ist beim Bund gescheitert. Das Bundesverfassungsgericht hat festgestellt, Berlin sei vielleicht sexy, aber auf gar keinen Fall arm, und jetzt will man es sich bei den Bürgern holen. Das ist Finanzpolitik à la Rot-Rot, völlig indiskutabel für uns.
Dazu gibt es eine Bewertung. Die kann man zum Beispiel in der „Zeit“ nachlesen, die unter anderem Folgendes geschrieben hat:
Im Wahlkampf entdeckt die SPD ihr altes Kernthema: Sie will die Reichen zur Kasse bitten. Glaubwürdig ist diese Kehrtwende nicht, sondern
ich füge „nur“ hinzu –
populistisch. … Erst senkten sie den Spitzensteuersatz von 52 auf 42 Prozent.
in der rot-grünen Koalition. –
Dann verschenkten sie mit der Minderung der Körperschaftsteuer auf nur noch 15 Prozent zweistellige Milliardenbeträge jährlich an Kapitalgesellschaften aller Art. Anschließend beteiligte sich die SPD, die so gern die Chancengerechtigkeit predigt, mit der Abschaffung der Erbschaftsteuer auf Betriebsvermögen … an der garantierten Steuerfreiheit
wie es in der „Zeit“ heißt –
des Reichtums per Geburtsrecht. Und zu allem Überfluss setzte ausgerechnet der … SPD-Finanzminister durch, dass private Kapitalgewinne jeder Art nur noch pauschal mit 25 Prozent besteuert werden.
Zur Bewertung und zu den Formulierungen der „Zeit“ kann man unterschiedlicher Auffassung sein, aber dass ausgerechnet die Partei, die in Ihrer Regierungsverantwortung die Steuern massiv abgesenkt hat – offenbar nicht ohne Grund –, nun eine Kehrtwende macht, weil es populistisch ist, ist schlicht unerträglich.
Dann hat die SPD auf Bundesebene noch ein Steuererhöhungsprogramm beschlossen, das voll zulasten von Familien und Kindern geht. Das Ehegattensplitting soll abgeschafft werden, obwohl das gerade Familien mit Kindern besonders hart trifft, weil die Vorteile des Ehegattensplittings regelmäßig dort eintreten, wo ein Elternteil wegen der Erziehung der Kinder zu Hause bleibt oder halbtags arbeitet.
Sie wollen den Spitzensteuersatz anheben, die Ausweitung der Gewerbesteuer sowie die Einführung der Vermögensteuer. Das kostet Arbeitsplätze im Mittelstand. Gerade die Vermögensteuer bringt gerade mal 1 Milliarde Euro an Einnahmen. Das sind nicht mal die Zinsen für das letzte Konjunkturprogramm, das von Rot-Rot im Land Berlin heftig beklatscht worden ist.
Sie vernichten also Arbeitsplätze im Mittelstand, und Sie können mit dieser Steuerpolitik nur eines erreichen: Sie machen das Land insgesamt ärmer, und Sie blockieren den Aufschwung,
wie es schon mal passiert ist. Das konnte man in den Siebzigerjahren sehen. Damals gab es diesen finanzpolitischen Ansatz schon einmal. Den hat der damalige Bundeskanzler Schmidt mit seinem „Superminister“ Schiller favorisiert, und das Ende vom Lied war der Einstieg in die massive Staatsverschuldung, das Scheitern jedes Konjunkturprogramms. Jahr für Jahr wurden damals neue aufgelegt, alle verpufften, und die Folgen tragen wir heute.
Nein, der Ruf nach dem Geld des Bundes, der anderen Bundesländer und der Bürger ist nicht Ihre Aufgabe als Regierungskoalition. Ihre Aufgabe in diesem Hause ist einzusparen, Ihre Hausaufgaben zu machen, die 600 Millionen Euro, die Sie sich für diesen Doppelhaushalt zusätzlich gegönnt haben –
Jawohl! –, sofort auf die alte Ausgabensituation von 2008/2009 zurückführen und in die notwendigen Arbeiten zur Realisierung der Schuldenbremse einzusteigen, so, wie es alle anderen Bundesländer gemacht haben bis auf Berlin. Das ist Ihre Aufgabe, und dann sind Sie auch wieder zahlungsfähig.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Frau Matuschek! Auch bei Ihnen keine Zahl zu dem, was von Ihrer Bundesratsinitiative im Haushalt des Landes Berlin hängen bleiben soll! Sie verschweigen es einfach, dass fast alle Steuereinnahmen, die dort aufgeführt sind, über den Länderfinanzausgleich für Berlin weitestgehend abgeschöpft werden, da wir von den Transfersummen der anderen Bundesländer leben – und zwar massiv, mit über 4,5 Milliarden Euro! Das kommt vom Bund! Wenn Sie Ihre finanzpolitischen Abenteuerspielchen tatsächlich realisieren sollten – es bleibt nicht so viel mehr im Land Berlin hängen.
Zu den Einsparmaßnahmen: Warum kann man sich denn z. B. die Möglichkeit eröffnen, im Einzeletat Arbeit und Soziales einzusparen? – Der Einzeletat des Bundes Arbeit und Soziales hat ein Volumen von 143 Milliarden Euro und macht damit fast 50 Prozent des Bundeshaushaltes aus. Die Einsparmaßnahmen sind also vertretbar. Der nächstgrößere Etat ist Verteidigung, danach kommt Verkehr und Bau, die haben so um die 30 Milliarden Euro. Das ist der Abstand zwischen den Etatposten – 143 Milliarden Euro zu 30 Milliarden Euro! Man kann sich auch deswegen Einsparungen erlauben, weil andere Bundesländer bei der Schaffung und Beibehaltung von Arbeitsplätzen absolut erfolgreich sind, weil sie in der Lage sind, ihre Arbeitslosenquoten herabzusetzen, Industrie und Gewerbe anzusiedeln und die Leute aus Hartz IV zu bringen. Sie, Frau Matuschek, und Sie, von der rotroten Koalition, sind dazu nicht in der Lage!
Die Arbeitslosenquote in Berlin ist die höchste der Republik, die Bezieherqoute für Arbeitslosengeld II, Hartz IV etc. sind die höchsten in der Republik, die Zahl der Arbeitsplätze und der Durchschnittsverdienste in Berlin liegt am unteren Ende der Skala – das ist die Situation! Wenn Sie diese traumhaften Ergebnisse manch anderes Bundeslandes bei Arbeitslosenquote, Beschäftigung und bei Hartz IV hätten, dann bräuchten wir diesen Unsinn, den Sie uns zur Bewältigung der Finanzlage des Landes vorschlagen, nicht zu diskutieren, weil wir eben kein Einnahmeproblem hätten, sondern ein Ausgabenproblem. Da wollen Sie aber nicht ran, weil Sie die sozialen Wohltaten in bestimmte Bereiche der Stadt verteilen wollen. So meinen Sie, Ihre Regierungsfähigkeit zementieren zu können – das werden wir nicht durchgehen lassen!
Herr Finanzsenator! Der angebliche Einnahmeausfall von 24 Millionen Euro soll nach dem Willen der Koalitionsfraktionen SPD und Linksfraktion durch eine City-Tax zulasten der Hotels mit Einnahmen von rund 50 Millionen Euro kompensiert werden. Unterstützt der Senat die Einführung dieser Abgabe von 2,50 Euro pro Übernachtung
und damit eine entsprechende Belastung des Hotelgewerbes hier in Berlin,
angesichts der Tatsache, dass seitens des Senats immer wieder zu hören ist, Hotellerie und auswärtige Gäste seien eine der wesentlichen Pfründe, die Berlin hier noch im Wirtschaftsgeschehen darzustellen hat?
Meine Frage richtet sich an die für Verkehr zuständige Senatorin. – Frau Junge-Reyer! Bis auf den Finanzsenator waren alle Senatsmitglieder gegen eine Fahrpreiserhöhung von BVG und S-Bahn über den VBB. Nun kommt sie doch. Warum hat sich der Senat mit seiner Ansicht offenbar nicht gegenüber den Brandenburgern, der BVG und S-Bahn nicht durchsetzen können? Wie bewerten Sie die Erhöhungsquoten bei den Einzelfahrscheinen, Umweltkarten etc.?
Frau Senatorin! Wie hat der Vertreter im Aufsichtsrat letztlich gestimmt, und wie verträgt sich dieses Stimmverhalten damit, dass aus der Finanzverwaltung und aus der BVG die dringende Forderung nach einer Fahrpreiserhöhung für die beiden Unternehmen S-Bahn und BVG erhoben wurde?
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich glaube, wir sollten lieber darüber reden, wie überfordert der Senat mit seiner Finanzpolitik ist – deswegen haben wir das entsprechende Thema beantragt.
Es reicht nicht, sich nur Gedanken darüber zu machen, wo die 5 Milliarden Euro herkommen, die Berlin nicht selbst erwirtschaftet, sondern man muss sich auch Gedanken darüber machen, wie man selbst Geld reinkriegt, um die dringenden Probleme zu lösen.
Im Berliner Senat hat der Regierende Bürgermeister die Richtlinienkompetenz. Die Richtlinie von Klaus Wowereit – durch seinen Haushaltsplanentwurf 2010/2011 belegt und von Linken und Sozialdemokraten beschlossen – lautet: mehr Geld ausgeben! Wowereit wollte offenbar nicht kleinlich sein und es noch mal so richtig krachen lassen. So sind es 600 Millionen Euro Mehrausgaben im Doppelhaushalt geworden, die sicherlich nicht zufällig kurz vor den Wahlen 2011 ausgegeben werden sollen. Arm ist man ja sowieso schon, wird sich der Regierende gedacht haben, und ändern kann und will man auch nichts. Dann soll es wenigstens noch mal so richtig sexy sein, auch wenn man dazu insgesamt mehr als 2,5 Milliarden Euro neue Schulden pro Jahr machen muss.
Dann ist es auch konsequent, wenn sich die Berliner Landesregierung und darin ein Regierender und sieben Senatoren ums Geldausgeben kümmern. Das zeugt zwar nicht von Kompetenz und Linie, die Richtung in die finanzpolitische Katastrophe ist aber vorgezeichnet.
Da gibt es aber ja noch den Finanzsenator Nußbaum – nach mehr als vier Jahren Finanzsenatorentätigkeit in Bremen von Klaus Wowereit an die Spree geholt. Seine Bilanz ist zwar nicht so kernig – ausweislich der Zahlen der Bremer Finanzverwaltung hatte Bremen 2007 den höchsten Schuldenstand pro Einwohner, die höchsten Zinsausgaben je Einwohner, die höchsten Personalausgaben pro Einwohner im Bundesländervergleich, Bremen war anerkanntes Haushaltsnotlageland –, aber trotzdem, er war der geeignete Mann für Berlin. Damit passte der Neue zwar perfekt ins Senatsteam, versprochen wurde den Berlinern aber, dass jetzt alles besser werden würde. Was passierte aber stattdessen? – In seiner ersten Haushaltsrede führte der Finanzsenator vor einem Dreivierteljahr aus, welche Veränderungen und Einsparungen es im Berliner Haushalt geben müsse, und gespannt erwartete die Stadt eine entsprechende Ausgabenlinie. Hier wurde Nußbaum gleich das erste Mal gedemütigt, denn der Senat hatte keine Einsparungen beschlossen, nicht einmal den Status quo beibehalten, sondern er hatte die bereits erwähnten 600 Millionen Euro für zusätzliche Ausgaben beschlossen. Auf der offiziellen Webseite der Finanzverwaltung rechnete der Finanzsenator danach dezidiert vor, welche Einnahmeausfälle Berlin schon jetzt ausgleichen müsse und welche gewaltigen Risiken darüber hinaus noch bestünden – wahrscheinlich durfte er das im Senat nicht machen, also musste er es über seine Webseite tun. Anstatt aber auch nur ansatzweise zu reagieren, ignorierten Wowereit und der übrige Schuldensenat die glasklaren Zahlen des Finanzsenators und beschlossen eine mittelfristige Finanzplanung nach dem Motto: nach mir die Sintflut. Im Senatsdeutsch heißt es wörtlich:
Die für die Ausgabenanpassung erforderlichen Beschlüsse werden im Zusammenhang mit der Haushaltsaufstellung 2012/2013 gefasst.
Völlige Verantwortungslosigkeit, dieser Senat war nicht mehr handlungsfähig!
Alle anderen Mahnungen von Nußbaum wurden auch ausgesessen. Der Finanzsenator will mindestens 350 Millionen Euro einsparen, so wird er im „Tagesspiegel“ zitiert. Alle Ausgaben sollen überprüft werden, zur Not müssten die Bürger mehr zahlen. Man wolle Personalkosten und öffentliche Investitionen und Sachausgaben kürzen. Wie wurde das von Senatssprecher Meng kommentiert? – Das sei Nußbaums Blick in die Zukunft, die Diskussion darüber habe im Senat noch nicht einmal angefangen. Da möchte man doch gleich hinzufügen: Und das ist nicht das Einzige, was in diesem Senat noch nicht einmal angefangen hat!
Sozialdemokraten und Sozialisten machen sich heute mit ihrem Thema der Aktuellen Stunde Sorge um die Gelder und Kredite, die sie weiterhin von den anderen Bundesländern und vom Bund bekommen wollen, obwohl sie mit
den Berliner Landesfinanzen umgehen wie die Panzerknacker mit Onkel Dagoberts Geldspeicher.
Während selbst Bremen inzwischen schon einen Sonderausschuss des Parlaments für die Umsetzung der neuen Schuldenbremse im Grundgesetz hat, stecken die roten Vogel Strauße des Senats die Köpfe weiterhin in den Berliner Schuldensumpf. SPD und Linke fahren mit ihrer ungehemmten Ausgabenpolitik und ihrer einzigen Hoffnung auf eine Schuldenhilfe durch Dritte absolut unverantwortlich, aber volle Kraft den griechischen Kurs
und weinen schon jetzt die Krokodilstränen über vorhersehbare Konsequenzen.
Wir haben heute beantragt, darüber zu sprechen, wie diese Koalition ihren Finanzsenator ausgesessen, ignoriert und gedemütigt hat, und wir wollen nicht weiter die ungehörten Rufe in der rot-roten Einsparwüste verhallen lassen. Deshalb müssen wir heute über die Berliner Landesfinanzen diskutieren und nicht über die Zuschüsse der anderen Länder und des Bundes für Berlin. – Vielen Dank!
Meine Frage richtet sich an den Innensenator. – Herr Körting! Der Rat der Bürgermeister hat beschlossen, dass die Besoldungsanpassung für die Beamten von 1,5 Prozent bei gleichzeitiger Absenkung der Einmalzahlung abgelehnt wird, weil er das als Nullsummenspiel und Taschenspielertrick ansieht. Sind Sie bereit, der Aufforderung des Rats der Bürgermeister zu folgen und die Absenkung der Einmalzahlung zu unterlassen?
Herr Senator Körting! Wie wird denn der Gesetzentwurf des Senats hinsichtlich der Besoldungsanpassung aussehen? Ist damit zu rechnen, dass es keine Absenkung der Einmalzahlung geben wird und dass Sie die Besoldungsanpassung von 1,5 Prozent gleichzeitig hineinschreiben werden?
Meine Frage richtet sich an den Herrn Finanzsenator. – Herr Nußbaum! Sie haben ja angekündigt, dass sich Berlin auf Einsparungen einstellen muss. Ihre Äußerung von Mitte der Woche im Anschluss an die Senatssitzung ist da maßgeblich. Wann werden Sie der Öffentlichkeit und dem Parlament entsprechende Vorschläge unterbreiten, und beabsichtigen Sie, zur Umsetzung dieser Vorschläge einen Nachtragshaushaltsentwurf ins Parlament einzubringen?
Herr Senator! Haben Sie in dem Zusammenhang die Absicht, zumindest den Ausgabenzuwachs in Höhe von 600 Millionen Euro, den sich der Senat mit dem letzten Doppelhaushalt für zwei Jahre gegönnt hat, zu korrigieren und auf Null zu setzen, auch wenn das gegenüber den Vorjahren noch nicht mal eine Einsparung ist?
Frau Senatorin! Angesichts der Tatsache, dass wir gestern im Hauptausschuss in einem anderen Fall jahrelang ungeprüfte Verwendungsnachweise zur Kenntnis nehmen mussten, frage ich Sie, ob Sie uns sagen können, wie der Prüfstatus zu all den direkten und indirekten Zuwendungen an die Treberhilfe ist, ob der Senat seinen Prüfverpflichtungen nach der Landeshaushaltsordnung nachgekommen ist und wenn ja, warum diese Problematik, die durch Medienberichte offenbart wurde, nicht von Ihrem Haus bzw. von den anderen Senatsverwaltungen erkannt werden konnte.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Jahnke! Sie haben in Ihrer ersten Rede eine Ausführung zu dem Fall von Charlottenburg-Wilmersdorf und einer angebliche Connection unseres CDU-Baustadtrats im Fall des Moscheebaus gemacht. Sie wissen ganz genau als Abgeordneter dieses Bezirks, dass Ihre Fraktion dort zwar versucht hat, durch einen Sonderausschuss – hier im Abgeordnetenhaus wäre es ein Untersuchungsausschuss – irgendetwas zu finden, was diese aberwitzige Behauptung, die Sie aufgestellt haben, beweist. Tatsächlich ist das ausgegangen wie das Hornberger Schießen. Sie haben sich mit einem politischen Vorhaben nicht durchsetzen können und wollten eine billige Polemik fahren, um einem CDU-Baustadtrat dort eins auszuwischen. Es hat in diesem Sonderausschuss keinerlei Belege für Ihre Behauptung gegeben. Ich bitte Sie ganz herzlich, dass Sie das hier ausdrücklich zurücknehmen, denn das ist eine Täuschung der Öffentlichkeit. Und Ihre merkwürdigen Entlastungsangriffe, die Sie hier fahren, werden uns wahrscheinlich dazu führen, dass Sie am Ende noch behaupten, die 20 Millionen Euro Verlust beim Bau des Tempodroms z. B. hätten mit Ihrer Partei auch nichts zu tun und da sei auch alles korrekt gelaufen. Das geht schief, Herr Jahnke. Damit werden Sie nicht von den tatsächlichen Gegebenheiten ablenken.
Frau Senatorin! Sie haben uns gerade dargestellt, dass die Verantwortung beim Vorstand der HOWOGE und beim Aufsichtsrat der HOWOGE liegt und dass Sie kaum eine Möglichkeit haben, die Gesellschaft direkt zu steuern. Die Fehleraufzählung, die sie gerade eben vorgenommen haben, beweist das nachdrücklich. Was ist das Prä einer von Ihrer Partei immer wieder für vorteilhaft erklärten Wohnungsbaugesellschaft in öffentlicher Hand, wenn
diese Kardinalfehler, die Sie gerade vorgetragen haben, passieren können – nach jahrelanger Verantwortung einer SPD-Senatorin in diesem Bereich – und wenn mit den Mietern so umgegangen wird, wie es in den vergangenen Jahren in keinem Fall bei der privaten Wohnungswirtschaft festzustellen war?
Meine Frage richtet sich an die Gesundheitssenatorin. – Frau Lompscher! Nach den Verhandlungen mit dem Hersteller des Schweinegrippeimpfstoffs muss Berlin nach wie vor eine bestimmte Anzahl an Impfdosen zu einem festgelegten Preis abnehmen. Wie viel wird das letztlich sein? Wie viel von diesen Impfdosen sind tatsächlich zum Einsatz gekommen, das heißt, welches Delta verbleibt zulasten der Landeskasse Berlin?
Frau Senatorin! Um die Zahlen ein bisschen einschätzen zu können: Können Sie uns sagen, was die Impfdosis Sie
kostet? Ist es zum Zweiten zutreffend, dass es wenig Sinn macht, diesen Impfstoff einzulagern, weil der Impfstoff durch die Mutation des Erregers im nächsten Jahr wertlos ist?
Frau Präsidentin! Sehr verehrte Damen und Herren! Lieber Herr Zackenfels! Auch wir können „Spiegel Online“ lesen.
„Spiegel Online“ beruft sich auf einen Bericht der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“, eine Zeitung, die sicherlich Ihnen näher steht als uns. Wenn Sie den Artikel richtig gelesen haben, dann gebe ich Ihnen jetzt noch mal das entscheidende Zitat zur Kenntnis, und dann werden Sie sehen, dass der Versuch, Ihre systematisch herbeigeführte Schuldenfalle als Erfolg zu präsentieren, zum Scheitern verurteilt worden ist. Da heißt es nämlich:
Der Planansatz des neuen Bundesfinanzministers bleibt mit 37,5 Milliarden Euro unter dem Planansatz seines Vorgängers.
Stefan Zackenfels
Und der alte Minister war ja schließlich von Ihrer Partei, und deswegen ist das ein Erfolg des neuen und nicht etwa etwas Negatives.
Entscheidend ist an dieser Stelle, was wir vorhin vom Regierenden Bürgermeister nicht gehört haben. Wir haben von ihm kein Wort zur Wirtschaftsentwicklung in dieser Stadt und zur Schaffung von neuen Arbeitsplätzen gehört. Wir haben kein Wort gehört zum Umweltschutz in dieser Stadt und dazu, wie das Land Berlin die ganzen Forderungen, die an Unternehmen und Privatleute gestellt werden, nun beim Landesbesitz selber realisiert. Wir haben kein Wort zur Stadtentwicklung gehört und zum öffentlichen Personennahverkehr, wo ja vieles im Argen ist.
Es ist offenbar völlige Ideenlosigkeit in diesem Senat vorhanden. Nichts Konkretes, keine Idee mehr, keine Vorgabe mehr für die nächsten zwei Jahre. Das ist nur noch Abwicklung, und dabei werden wir Ihnen helfen, denn Sie werden 2011 nichts mehr damit zu tun haben.
Sie haben den Medien verkauft, der Landesetat, über den wir uns hier unterhalten, 2010 und 2011, sei noch verhältnismäßig konfliktfrei aufzustellen gewesen. Aber im nächsten Haushalt nach 2011 müsse die Berliner Politik dann noch höhere Einsparentscheidungen fällen als in den Vorjahren. Da sind in den Vorjahren zunächst einmal keine nennenswerten Einsparungen getätigt worden. Und mit welcher Begründung vertagen Sie die Haushaltskonsolidierung auf die Zeit nach 2011? Da gibt es doch nur zwei Gründe: Entweder völlige Unfähigkeit oder die Sicherheit, dass Sie 2011 mit der Regierung nichts mehr zu tun haben
und dass bessere Leute das dann realisieren können, was Sie nicht schaffen.
Beides ist wahrscheinlich der Fall, und wir werden alles dazu tun, dass diese Prognose, die Sie gestellt haben, auch tatsächlich eintrifft.
Warum also erst nach 2011 Haushaltskonsolidierung, wo doch die konjunkturbedingten Mehrausgaben bereits in zwei Nachtragshaushalten 2009 finanziert worden sind? Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich will Ihnen das sagen: Sie haben diesen Haushaltsplan 2010/2011 aufgestellt, um im Vorwahlkampf niemandem wehzutun und noch einmal den großen Schluck aus der Pulle zu nehmen. Unverantwortlich ist das, weil alles auf nachfolgende Generationen vertagt wird und Sie hier dokumentieren, dass Sie völlig saft- und kraftlos sind, was die Stadtpolitik angeht.
600 Millionen Euro mehr Ausgaben. 3 Prozent Erhöhung. In der „Berliner Morgenpost“ heißt es zu dem, was Sie an Finanzpolitik hier vorlegen: Jeder weiß, dass dann nach 2011 Hunderte von Millionen Euro fehlen, um die Vorgabe der Schuldenbremse, ohne Kredite auszukommen, einzuhalten. Dazu wird der Finanzsenator zitiert:
„Ich habe Sparlisten in meiner Schublade“, orakelt Finanzsenator Ulrich Nußbaum in kleinem Kreis. Derzeit sei es jedoch politisch unklug, darüber zu sprechen.
Das ist Ihre Haushaltspolitik, und die versuchen Sie nun mit der Begründung von 70 Millionen Euro Steuermindereinnahmen auf die Bundesregierung abzuwälzen. Das ist völlig unseriös. Sie wollen nur den Wahlkampf überstehen, aber das wird Ihnen nicht gelingen.
„In vielen Titeln war noch Luft drin“, sagt ein rotroter Haushälter und bestätigt damit den Eindruck der Opposition.
In der Tat, den hatten wir auch.
Die Senatoren haben offensichtlich den Amtsantritt des neuen Finanzsenators dazu genutzt, noch ein paar Reserven in ihre Haushalte einzubauen. Und dann kommt der Kollege Zackenfels und erzählt – auch in der „Morgenpost“ – von den grandiosen Einsparvorgaben dieser Koalition.
„Wir haben es sogar geschafft, die Nettoneuverschuldung zu reduzieren“, freut sich Stefan Zackenfels – nämlich um genau 1,3 Millionen Euro nach unten.
Das sind die Zinsen für viereinhalb Stunden und nicht mehr! Deswegen ist das ein Witz, was sie hier den Berlinern als erfolgreiche Finanzpolitik verkaufen wollen.
Aber nun könnte man glauben, dies sei Dummheit oder Unvermögen. Vielleicht kann man das noch dem einen oder anderen in der Fraktion unterstellen, aber mit Sicherheit nicht Herrn Nußbaum. Es gibt kein Erkenntnisdefizit, sondern es gibt nur Unwilligkeit oder Unfähigkeit. Nußbaum im Plenum:
Die Ausgabenlinie des Landes Berlin seit dem Jahr 2005 ist nicht mehr eingehalten worden.
Aha! – Das heißt, die Aussage des Regierenden Bürgermeisters von vorhin, man hätte in den letzten Jahren grandios die Haushaltskonsolidierung betrieben, ist vom Finanzsenator konterkariert worden. Da fällt einem doch gleich der Kollege Sarrazin ein, der Wowereits Haushalt als verfassungswidrig bezeichnet hat. So ist es halt: Der eine träumt, und der andere weiß, was Sache ist. Da hat sich nichts geändert in dieser Koalition.
Sie sagen uns, dass nach heutigen Erkenntnissen für das Jahr 2013 mit einem Schuldenstand von 70 Milliarden
Euro gerechnet wird. Das sind 10,5 Milliarden mehr als 2008. 10,5 Milliarden mehr in fünf Jahren – das ist also Haushaltskonsolidierung von Rot-Rot. Dramatisch, sage ich. Denn Sie bürden hiermit Schulden einer Generation auf, bei der Sie vorgeben, Sie wollten jetzt etwas für sie tun – im Kitabereich, im Schulbereich. Das heißt, Sie wollen jetzt scheinbar diesen jungen Menschen helfen, aber Sie bürden ihnen eine Last auf, die ihnen die Handlungsfähigkeit in den nächsten Jahrzehnten komplett nehmen wird.
Im Jahr 2013
so Nußbaum weiter –
zahlt Berlin dann 2,7 Milliarden Euro Zinsen. Das ist genauso viel, wie wir für Schulen ausgeben, und fast das Doppelte des Hochschuletats.
Dann stellen Sie sich hin und sagen, wir brauchen nicht zu sparen. 300 Millionen mehr, das macht auch nichts aus. Wir haben mal den großen Schluck aus der Pulle genommen. Meine sehr verehrten Damen und Herren, lieber Kollege Zackenfels: Völlig unverantwortlich!
1,8 Milliarden Euro Solidarpaktmittel wird Berlin bis 2020 verlieren. Und, auch diese Erkenntnis stammt vom Finanzsenator: Er philosophiert darüber, wie viele Beschäftigte man im öffentlichen Dienst braucht. 100 000 oder weniger oder mehr? Und er stellt die Frage: Wie setzen wir die Beschäftigten ein? Wie ist die Qualitätssituation? – Er spricht von Hamburg, nennt 93 500 Vollzeitstellen, die man möglicherweise in Berlin haben sollte. Aber auch das sind alles nur Erkenntnisse, die uns hier vorgetragen werden, ohne dass Sie Entscheidungen treffen. Sie, die Linke und die SPD, haben daraus keinen Erkenntnisgewinn, sondern Sie sind entscheidungsunfähig. Sie bieten uns nichts mit diesem Haushalt, Sie bieten uns nichts an Entscheidungen in der mittelfristigen Finanzplanung, aber Sie machen den Mund auf und suggerieren den Leuten, irgendetwas für die Stadt zu tun. Nein! Sie fahren diese Stadt konsequent in eine Fehlentwicklung.
Von der Koalition wird uns mitgeteilt, der Ausgabenzuwachs 2010/2011 sei eine Stabilisierungsstrategie. Nußbaum dazu:
Wir müssen uns auf eine dauerhafte Unterfinanzierung der öffentlichen Haushalte einstellen, und wir müssen mit einer dauerhaften Unterfinanzierung der öffentlichen Haushalte umgehen.
Das heißt im Klartext: Sie wollen keinen Haushaltsausgleich mehr herstellen. Sie wollen sich nur hinter einem Grund verschanzen, um sinnlos weiter Schulden machen zu können. Sie wollen den einfachen Weg in die Verschuldung weiter gehen. Es ist das Eingeständnis, dass Sie nicht nur die Verschuldungspolitik der letzten Wahlperiode, in der Sie 20 Milliarden Euro Neuverschuldung aufgenommen haben, fortführen wollen, sondern Sie bekennen sich ganz offen zu einer neuen Verschuldungsmentalität bis zum Ende der Wahlperiode. Die Ausgaben
steigerung der Nachträge 2009 und des Doppelhaushalts 2010 haben Sie mit der Gegenwehr gegen die Störung des gesamtwirtschaftlichen Gleichgewichts in der Wirtschaftskrise begründet. Sie nehmen 300 Millionen Euro pro Jahr mehr an Schulden auf. Dann müssten Sie konsequenterweise, wenn Sie davon ausgehen, dass diese Krise in zwei bis drei Jahren wieder beendet ist, diese 300 Millionen Euro auch wieder zurückführen. Das heißt, Ihre mittelfristige Finanzplanung müsste ab 2012 minus 300 Millionen lauten. Wie lautet sie tatsächlich? – Es gibt auch da wieder einen Ausgabenzuwachs. Also auch diese Begründung ist nur vorgeschoben. Sie wollen die Mehrausgaben klammheimlich dauerhaft vereinnahmen. Nichts ist da mit einer eigenen Konjunkturbewältigung hier in Berlin, was letztlich auch klar ist: Denn außer der Kofinanzierung für die Konjunkturmittel des Bundes haben Sie nichts Eigenes zustande gebracht. Es gibt kein Berliner Konjunkturprogramm. Sie haben keine Investitionen vorgesehen, Sie haben keine Sanierung vorgesehen – nichts, gar nichts. Sie haben an dieser Stelle schlicht versagt. Deswegen konnte der Regierende Bürgermeister auch nichts zur Wirtschaftspolitik sagen, denn da gibt es nichts, was Sie uns sagen können. Da ist tatsächlich gähnende Leere, ein Vakuum im Weltall ist gefüllter als das, was Sie an Haushaltspolitik betreiben.
Senator Nußbaum hat in seiner Einbringungsrede gesagt: Die Finanzplanung bietet einen Leuchtturm, eine Wegweisung oder eine Orientierung nach vorn. – Aber spätestens heute können wir feststellen, dass das nicht stimmt. Die Finanzplanung dieses Senats ist ein Irrlicht. Wenn man ihm folgen wollte, dann wird man auf einem Riff landen. Sie haben sich offenbar fünf Grundsätze bereitgelegt, mit denen Sie die Haushaltspolitik des Landes betreiben: Sie wollen vertagen, verschleiern, vergessen, verweigern und verhindern. Das sind Ihre Grundprinzipien. Sie vertagen die Entscheidung zur Sanierung des ICC. Sie wissen nicht, was Sie mit einem Neubau der Messehalle anstelle der Deutschlandhalle machen sollen, Sie haben keine Entscheidung zur Deutschlandhalle, Sie vertagen die notwendigen Sanierungsmaßnahmen bei der Charité, und Sie haben kein Personalkonzept für den öffentlichen Dienst. Sie verschleiern die Unterfinanzierung der Bezirke. Die Bezirke sagen, wir brauchen 140 Millionen mehr, Sie geben 80 und sagen: großartige Leistung. Die Bezirke sind unterfinanziert, ein Bezirk, Charlottenburg-Wilmersdorf, setzt die Investitionsplanung auf null – katastrophal für die Wirtschaft –, aber uns wird suggeriert, verschleiernderweise, man hätte etwas für die Bezirke getan.
Flughafen Tempelhof wird im Haushalt verschleiert: Mindestens vier Etatpositionen gibt es, in die man die Kosten so wegmauschelt. Bei der BIM gibt es lediglich einen Wirtschaftsplan, den man zur Kenntnis nehmen kann, aber keine Zahlen zu Tempelhof. Jetzt wird noch die Adlershof-Gesellschaft mit einbezogen. Das ist klassische Verschleierung im Haushalt.
Bei der Landesbibliothek setzen Sie auf der einen Seite Bauvorbereitungsmittel in den Haushalt ein, die ausgegeben werden sollen, auf der anderen Seite sagen Sie: Aber eigentlich wollen wir die Landesbibliothek nicht. Und beim Olympiapark wissen Sie absolut nicht, was Sache ist. Auch hier keine Entscheidung. Sie vergessen die Risikoabschirmung bei der Berliner Immobilienholding, Sie vergessen eine Klärung der Stellenpoolproblematik. Das ist weit ins nächste Jahr hineingeschoben. Sie vergessen vollständig die Aufgabenkritik. Da haben wir von Ihnen seit Jahren nichts mehr gehört; kein Gesetz, keine Vorschrift, die etwa abgeschafft worden wäre, um Aufwand im öffentlichen Dienst zu reduzieren. Und Sie vergessen die Wirtschaftsförderung. All das ist dramatisch für den Berliner Landeshaushalt.
Sie verweigern sich den Realitäten, indem Sie sagen: Wir gründen einfach einmal einen landeseigenen Energiekonzern oder Energieverteiler. Was das so genau ist, weiß man nicht. Da kabbeln sich sogar die Koalitionsvertreter im Abgeordnetenhaus. Sie schwadronieren von Rekommunalisierung, gleichzeitig wollen Sie aber den Soli abbauen. Das schlägt jedenfalls der Finanzsenator vor. Alles sehr merkwürdig!
Und Sie verhindern Sanierung. Sie verhindern die Sanierung der BVG. Die häuft ein unübersehbares Defizit im dreistelligen Millionenbereich an. Sie verhindern die SBahn-Sanierung, indem die zuständige Senatorin seit Wochen nichts tut, um den Betrieb sicherzustellen. Sie verhindern die Aufnahme der Schuldenbremse in die Berliner Landesverfassung, und das alles, obwohl Sie wissen, dass Sie zu einem Großteil – nämlich fast der Hälfte des Berliner Landeshaushalts – von Bundes- oder Landeszuweisungen leben.
Verschleiern, vergessen, verweigern, verhindern und vertagen – das ist Ihr Politikprinzip!
Und das alles, obwohl Sie genau wissen, worum es geht. Herr Nußbaum zur Schuldenbremse: Wir brauchen einen Abbau des strukturellen Defizits im Zeitraum von 2010 bis 2020 um jeweils zehn Prozent pro Jahr. – Zehn Prozent pro Jahr!
Sie möchten diesen jährlichen Defizitabbau und machen uns dafür keinerlei Vorschläge!
Die Linke gibt in dieser Koalition den Tritt vor. Um Altschulden abzubauen, sagt sie, brauche man nur noch Bundeshilfen. Ein wichtiger Schritt, sagt Die Linke, um landespolitische Gestaltungsspielräume erhalten zu können, wäre die Prüfung einer Verfassungsklage. Sie will keine Aufgabenkritik, und sie wünscht sich ein linkes Lager, in
dem SPD und Grüne nach ihrer Pfeife tanzen – so gibt es Die Linke in Ihrem Strategiepapier vor. Das sind keine Grundlagen für eine solide Haushaltspolitik, das ist der Abgesang dieser Koalition. Wir helfen Ihnen dabei und können uns für die Stadt nur wünschen, dass diese Koalition nicht noch die nächsten zwei Jahre Verantwortung trägt, sondern möglichst schon vor der Zeit die politische Verantwortung verliert. – Vielen Dank!
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Vorweg: Es kann keinen Zweifel daran geben, dass die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die Kolleginnen und Kollegen des Rechnungshofes auf der Arbeitsebene weiterhin unabhängig und objektiv eine gute Arbeit zum Wohle Berlins leisten werden. Das ist, glaube ich, unstreitig.
Der Präsident des Rechnungshofs allerdings hat hier eine Vorbildfunktion, denn er leitet und beaufsichtigt die Tätigkeit des Rechnungshofs. So steht es auch in der Ausschreibung. Daraus resultiert bisher eine Ernennung auf Lebenszeit. Die Unabhängigkeit des Amtes soll dadurch ausdrücklich gewährleistet werden. Wir fordern mit dem vorliegenden Antrag eine zehnjährige Frist mit der Option, dass eine Wiederwahl möglich ist und damit eine Stellung des Präsidenten in diesem Verfahren, das durch eine möglicherweise wiederholte Wahl im Abgeordnetenhaus gekennzeichnet ist.
Der Rechnungshof gilt als ein Instrument des Parlaments. Daher gibt es auch die Wahl im Abgeordnetenhaus. Es gibt allerdings kein Auswahlverfahren durch das Abgeordnetenhaus. Die Exekutive sucht sich denjenigen aus, der sie kontrollieren soll. Deswegen ist allergrößte Sensibilität erforderlich. Das Zustandekommen der jetzt vorliegenden Entscheidung ist für das Parlament völlig intransparent und hat daher auch den Anschein jeder parteipolitischen Besetzung zu vermeiden.
Die Anforderungen in der Ausschreibung fordern vom Präsidenten des Rechnungshofs Unabhängigkeit, hohe Kooperations- und Integrationsfähigkeit auch in Zusammenarbeit mit parlamentarischen Gremien und ein hohes Maß an Souveränität. Daraus ergeben sich für uns folgende Fragen: Gab es oder gibt es unter den Dutzenden von Bewerberinnen und Bewerbern keine geeignetere Kandidatin oder keinen geeigneteren Kandidaten aus den Rechnungshöfen der Länder oder des Bundes, aus den Bereichen der internen Revision oder führende Verwaltungsfachleute?
Frage: Hat es unter den Dutzenden von Bewerberinnen und Bewerbern niemand gegeben ist, der neutraler ist als
Frau Dunger-Löper? Frage: Warum musste eine Besetzung mit einer ausgewiesen parteiischen SPD-Politikerin vorgenommen werden, deren Hauptanliegen in der Zeit von Rot-Rot eine in der Natur der Sache liegende parteiische Amtsführung sowohl im Hauptausschuss des Parlaments wie auch als Staatssekretärin war?
Frage: Hat nicht jedem Parlamentarier im Hauptausschuss zwingend auffallen müssen, dass die Vertretung des Stadtentwicklungshaushalts entweder von scheinbarer Unwissenheit geprägt war oder aber Merkmale des Verschleierns oder der Desinformation hatte? Ergebnis: Es gibt eine Fehlanzeige bei Unabhängigkeit, bei Kooperations- und Integrationsfähigkeit, bei der Zusammenarbeit mit den parlamentarischen Gremien. Es gibt auch eine Fehlanzeige bei hohem Maß an Souveränität. Diese Ausschreibungskriterien sind durch die Kandidatin alle nicht erfüllt.