Protokoll der Sitzung vom 30.04.2009

Unter jungen Menschen entsteht verbreitet das Bild, als sei der Alltag in der DDR eine unpoliti

sche Nische gewesen, in der man, wenn auch bescheiden, so doch ohne existenzielle Sorgen gut leben konnte.

Gefahr erkannt, Gefahr gebannt? – Mitnichten! Wenn wir die Spitzenfunktionäre der Linken in den abendlichen Talkshows hören, müssen wir feststellen, dass dieser Eindruck durch die Linke bewusst gefördert wird. Offensichtlich sind die Berliner Schulen immer noch nicht in der Lage, den Schülerinnen und Schülern die DDRGeschichte zu vermitteln. Oder ist es in Berlin auch politisch nicht gewollt, das zu tun? – Diese Frage müssen Sie sich nach der alljährlichen Beratung mit den immer gleichen Fragen und immer gleichen Ergebnissen gefallen lassen, und das ist zu wenig.

[Beifall bei der FDP, der CDU und den Grünen]

Mich beunruhigen die Ergebnisse der Studie der Freien Universität Berlin. Es ist ein bildungspolitischer Skandal, wenn insbesondere in Berlin ca. 60 Prozent der Jugendlichen keine Ahnung von DDR-Geschichte haben und sogar 40 Prozent die DDR positiv bewerten. Ich halte es für äußerst gefährlich, wenn die Hälfte der Schülerinnen und Schüler den Unterschied zwischen einer Diktatur und einer Demokratie nicht mehr kennt und die Stasi für einen „normalen Geheimdienst“ hält, den es in dieser Form auch in anderen Staaten gibt. Ich erwarte, dass insbesondere in Berlin, der Stadt, in der die Zentrale der DDRDiktatur, eines Unrechtstaates, beheimatet war, die DDRGeschichte auf dem Stundenplan ganz oben steht. Das ist aber leider nicht der Fall. Dass bayerische Hauptschüler größere Kenntnisse haben als Berliner Schüler, die auf ein Gymnasium gehen, zeigt doch deutlich, dass es ein Problem des Unterrichts ist.

Es bestehen weiterhin erhebliche Defizite bei der Lehrerfortbildung. Das Interesse bei Lehrern ist scheinbar gering. Zahlreiche Fortbildungsangebote fallen mangels Anmeldungen aus. Auch hier gab es offensichtlich keine Bemühungen des Senats, diesen Missstand zu beheben. Wenn bereits bei den Lehrern grundlegende Kenntnisse über die SED-Diktatur fehlen, ist es doch eine zwingende Folge, dass die dringend erforderliche Auseinandersetzung im Unterricht nicht möglich ist.

Ich habe den Eindruck, dass die jährliche Beratung hier in diesem Hause immer mehr zu einem Lippenbekenntnis der Regierungskoalition verkommt – ein Lippenbekenntnis gegen ihr schlechtes Gewissen. Dennoch sind Sie nicht bereit, aus diesem Bericht die erforderlichen Konsequenzen zu ziehen. Das ist ein Armutszeugnis, das Sie sich jedes Jahr hier an dieser Stelle erneut ausstellen.

[Beifall bei der FDP und den Grünen – Vereinzelter Beifall bei der CDU]

Der Dank der FDP-Fraktion gilt dem Beauftragten für die Stasiunterlagen und seinen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern. Aber ich würde mich freuen, wenn wir dieses alljährliche Ritual im nächsten Jahr durchbrechen könnten und seitens der Regierungskoalition und insbesondere des Bildungssenators, der leider nicht an seinem Platz ist

[Zuruf: Er sitzt hier hinten!]

Er sitzt hier. Ach, das ist gut: Der Bildungssenator, der hinten sitzt. –, dann auch die richtigen Ergebnisse und die richtigen Erkenntnisse aus den jährlichen Debatten gezogen werden. Ich möchte nicht im nächsten Jahr wieder eine Rede mit diesem Tenor vor Ihnen halten müssen. – Vielen Dank!

[Beifall bei der FDP, der CDU und den Grünen – Uwe Doering (Linksfraktion): Müssen Sie auch nicht!]

Weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor.

[Michael Schäfer (Grüne): Es ist peinlich, dass bei einem solchen Tagesordnungspunkt der ganze Senat quatscht! – Reg. Bürgermeister Klaus Wowereit: Aber Sie lesen Zeitung! – Uwe Doering (Linksfraktion): Herr Schäfer, Sie haben Zeitung gelesen! – Weitere Zurufe]

Ich bitte, keine Zwischenrufe von der Senatsbank zu machen! – Der Jahresbericht 2008 als Fünfzehnter Tätigkeitsbericht des Landesbeauftragten für die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes der ehemaligen DDR ist damit vorgelegt und besprochen. Für den Bericht und die ansonsten geleistete Arbeit bedanke ich mich bei Herrn Gutzeit und seinen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern ganz herzlich und wünsche dem Landesbeauftragten und seinen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern weiterhin erfolgreiche und gute Arbeit!

[Allgemeiner Beifall]

Dann rufe ich auf

lfd. Nr. 15:

Beschlussempfehlung

Energieausweise öffentlicher Liegenschaften ins Internet stellen

Beschlussempfehlung GesUmVer Drs 16/2277 Antrag der Grünen Drs 16/2047

in Verbindung mit

lfd. Nr. 22:

Beschlussempfehlungen

Für eine Berliner Energiesparstrategie – Landeshaushalt von den steigenden Energiekosten entlasten

Beschlussempfehlung GesUmVer Drs 16/2311 Antrag der Grünen Drs 16/1660

und in Verbindung mit

lfd. Nr. 38:

Antrag

Berlin soll beim Klimaschutz nicht weiter im Abseits stehen

Antrag der Grünen Drs 16/2335

Diese Punkte sind vertagt, wobei zum neuen Antrag von Bündnis 90/Die Grünen Drucksache 16/2335 die Vorabüberweisung an den Ausschuss für Gesundheit, Umwelt und Verbraucherschutz verabredet wurde. – Widerspruch höre ich nicht. Dann ist das so beschlossen.

Die

lfd. Nr. 16:

Beschlussempfehlung

Neubau der Rathausbrücke

Beschlussempfehlung StadtVerk Drs 16/2289 Antrag der CDU Drs 16/1498

ist vertagt.

Die lfd. Nrn. 17 bis 19 stehen auf der Konsensliste. Die lfd. Nr. 20 war Priorität der Fraktion der FDP unter TOP 5 c.

Ich komme jetzt zur

lfd. Nr. 21:

a) Beschlussempfehlung

Kameralistische Eingriffe und Vorgaben des Senats für die produktbasierten Bezirkshaushalte beenden und Steuerung der Bezirkshaushalte auf produktbasierte Verfahren umstellen

Beschlussempfehlung Haupt Drs 16/2309 Antrag der Grünen Drs 16/0837

b) Beschlussempfehlung

Bezirkliches Facility-Management verbessern

Beschlussempfehlung Haupt Drs 16/2310 Antrag der Grünen Drs 16/0836

c) Beschlussempfehlung

Bezirksfinanzen auf eine solide Basis stellen

Beschlussempfehlung Haupt Drs 16/2313 Antrag der Grünen Drs 16/2130

Für die gemeinsame Beratung steht den Fraktionen jeweils eine Redezeit von bis zu fünf Minuten zur Verfügung. Es beginnt die antragstellende Fraktion Bündnis 90/Die Grünen in Person von Herrn Schruoffeneger. – Bitte schön, Herr Schruoffeneger, Sie haben das Wort.