Dieser zwölfjährige Weg zum Abitur ist härter als der auf einer Sekundarschule, und das sollte dann auch bei der Schülerauswahl berücksichtigt werden. Ziel der Sekundarschule soll es doch gerade sein, Schüler auf einem anderen Weg zum Zentralabitur zu führen – in dreizehn Jahren, in kleineren Klassen, mit mehr Personal und bei einem obligatorischen Ganztagsbetrieb. Die hervorragend ausgestattete Schule, die besser ausgestattet ist als das Berliner Gymnasium, das ist Sinn, das soll die Sekundarschule darstellen. Sie soll mehr Schülerinnen und Schülern die Chance geben, nach dreizehn Jahren das Abitur abzulegen. Insofern sage ich hier ganz deutlich: Es sind andere Wege, die zu einem Ziel führen. Das müssen wir endlich anerkennen.
Nach vielen Reformen stehen die Berliner Schulen schon vor der nächsten, und zwar einschneidenden Schulstrukturreform. – Herr Zillich! Ich bin sehr dankbar für Ihre Ehrlichkeit, und offensichtlich haben jetzt auch die Grünen jegliche Hemmungen verloren, denn diese Reform ist in der Tat ein Zwischenschritt, denn das erklärte Ziel der Linken, der Grünen und zumindest auch von Teilen der
SPD ist es nach wie vor, das Einheitsschulsystem flächendeckend in Berlin einzurichten. Ich sage Ihnen klar: Das wollen wir nicht!
Wir Liberalen treten weiterhin auf und kämpfen vehement für Vielfalt, Qualität, bessere Startchancen, mehr Bildungs- und mehr Leistungsgerechtigkeit sowie Eigenverantwortung, wirkliche Eigenverantwortung an den Schulen. Genau dafür haben wir in den letzten Wochen, habe ich in den letzten vier Wochen ganz viel Beifall bekommen. – Herzlichen Dank!
[Beifall bei der FDP – Uwe Doering (Linksfraktion): Ist das alles? – Mieke Senftleben (FDP): Wart’s ab!]
Vielen Dank! – Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Der Ältestenrat empfiehlt die Überweisung der Gesetzesvorlage Drucksache 16/2624 an den Ausschuss für Bildung, Jugend und Familie sowie an den Hauptausschuss, wozu ich keinen Widerspruch höre.
Ich rufe jetzt auf die lfd. Nr. 4 d. Das ist die Priorität der CDU unter dem lfd. Tagesordnungspunkt 24:
Für die Beratung stehen den Fraktionen jeweils fünf Minuten zur Verfügung. Das Wort für die CDU-Fraktion hat der Kollege Michael Braun.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es verwundert Sie vielleicht, warum gerade wir, die CDU, das Lieblingsthema des Regierenden Bürgermeisters zur Priorität der heutigen Sitzung gemacht haben.
Es ist nicht nur Fürsorge nach einem langen Wahlkampf – der Regierende ist schon grau geworden –, nach heftiger Kritik aus den eigenen Reihen am unseriösen Haushaltsplan und jetzt auch noch vor einem schwierigen Wahlsonntag. Nein, wir wollen als Union ein Bekenntnis dafür abgeben, dass Berlin eine Kunsthalle braucht, ohne Wenn und Aber! Streiten wollen wir allerdings darüber, ob alles, was für die Stadt richtig und schön ist, auch öffentlich finanziert werden muss. Wir meinen, für die Kunsthalle kann es auch einen privaten Finanzier geben, wenn man sich nur ernsthaft darum bemüht.
Die Berliner Kunstpolitik hat erhebliche Sorgen. In meinem politischen Heimatbezirk Steglitz-Zehlendorf haben wir bereits vor Jahrzehnten ein Zeichen für die zeitgenös
sische Kunst gesetzt. Steglitz-Zehlendorf unterstützt das Haus am Waldsee mit 156 000 Euro jährlich. Das ist für den Bezirk viel, für das Haus wenig, zu wenig. Aber es gelingt unserer renommierten Leiterin Katja Blomberg immer wieder – wie der „Tagesspiegel“ schrieb –, die Bezirksklasse hinter sich zu lassen. Welcher kommunalen Galerie in Deutschland ist es je gelungen, in die Tagesthemen zu gelangen, internationale Beachtung zu finden?
Nicht nur das Haus am Waldsee wird vom Regierenden Bürgermeister und Kultursenator nicht beachtet, auch die Kunst-Werke lässt der Senat links liegen. Ihre Arbeit sichert der Senat mit ca. einem Achtel dessen ab, was er für die neue Kunsthalle ausgeben will. Die Direktorin der Kunstwerke Gabriele Horn sieht deshalb in der neuen Kunsthalle auch nur ein Politikergeschenk von oben, eine Marketingnummer, keine inhaltliche Auseinandersetzung.
Das Scheitern der temporären Kunsthalle in Berlin hat gezeigt, dass ohne Einbeziehen der in Berlin tätigen Künstler, der bestehenden Institutionen und Ressourcen keine Kunsthalle funktionieren kann.
Unsere Aufgabe ist es daher, zunächst die bestehenden Einrichtungen angemessen auszustatten, ihnen Entwicklungschancen einzuräumen und gemeinsam mit den Berliner Künstlern ein Konzept zu entwickeln.
Noch einmal: Die Berliner CDU wünscht sich eine Kunsthalle für die Stadt. Ehe wir uns jedoch mit öffentlichem Geld neuen Projekten zuwenden, müssen bestehende Einrichtungen gestärkt werden. Hier gibt es viel zu tun. Schauen Sie sich nur den Zustand des Berliner Bauhaus- Archivs an, seinen baulichen Zustand, seine Enge, seine zum Himmel schreiende Unterausstattung! Hier wird ein wichtiges kulturelles Erbe der Stadt vielleicht nicht ruiniert, aber zumindest infrage gestellt. Gleichzeitig träumt Klaus Wowereit im Stil seines sozialistischen Genossen Mitterrand von einem dauerhaften Zeichen seiner Regentschaft.
Noch kurz ein Wort zum geplanten Standort Humboldthafen: Warum setzt der Senat eigentlich immer nur auf die Mitte der Stadt? Jede Metropole der Welt – übrigens auch Berlin – hat mehrere Zentren. Diese Zentren, von Köpenick über Pankow bis Zehlendorf, städtebaulich zu entwickeln, vielleicht auch mit dem Setzen oder Wandern eines Solitärs wie einer Kunsthalle, wäre die Aufgabe eines die Gesamtinteressen der Stadt wahrnehmenden Senats. Aber Kreativität, Wowereit und Junge-Reyer passen nicht zusammen. – Vielen Dank!
Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Braun! Ich freue mich über Ihr Bekenntnis zur Kunsthalle. Damit sind wir schon zu zweit.
Humor muss sein. – Allerdings bin ich für eine vom Land betriebene, künstlerisch und finanziell unabhängige Kunsthalle, und ich möchte, dass diese Kunsthalle am Humboldthafen entsteht. Eine Kunsthalle wäre ein wesentlicher Standortvorteil und für Kunstinteressierte aus aller Welt eine Attraktion erster Wahl. Berlin ist ein, wenn nicht sogar der wichtigste Produktionsort für bildende Kunst weltweit, und eine Kunsthalle mit guten Ausstellungen und fundierter Vermittlungsarbeit könnte zu einer international führenden Ausstellungsinstitution werden. Eine Kunsthalle kann nicht nur unter Kostenaspekten gesehen werden. Sie bringt auch einen Mehrwert für die Stadt. Eine Investition in die zeitgenössische bildende Kunst hat nichts mit Glamour zu tun. Die bildende Kunst ist ein wichtiger Wirtschaftsfaktor, und darum ist es wichtig, nachhaltige Strukturen zu entwickeln. Rund 72 Prozent der Ausstellungsbesucher sind Touristen. Kunst ist ein Besuchermagnet.
Gestern wurde die Kunstmesse Art Forum mit Tausenden Besuchern eröffnet. Das ist ein wichtiges Beispiel dafür, wie die zeitgenössische bildende Kunst internationales Fachpublikum und kunstinteressiertes Publikum in die Stadt lockt. Die Kulturwirtschaft ist ein wichtiger Wirtschaftszweig. Bereits jetzt hat sie einen Anteil von 21 Prozent am Bruttoinlandsprodukt, und rund 10 Prozent aller Beschäftigten arbeiten in diesem Bereich. Nach einer Studie des Wirtschaftssenators soll bis zum Jahr 2015 die Zahl der in der Kulturwirtschaft Tätigen von jetzt 160 000 auf 200 000 steigen, und das trotz der Finanzkrise.
Darum plädiere ich für eine Ensemble für die zeitgenössische bildende Kunst, und das ist meiner Meinung nach am besten am Humboldthafen aufgehoben. Gerade die Ballung von zeitgenössischer bildender Kunst ist das Herausragende. Der Kunstcampus an der Heidestraße hat sich in den letzten Jahren immer weiterentwickelt. Es gibt einen neuen Galeriestandort. Es gibt den Hamburger Bahnhof, die Rieckhallen mit der Flick-Sammlung, die Galerien am Wasser und Künstlerateliers. Einen Steinwurf entfernt ist der Hauptbahnhof. Das ist also auch für Tagesgäste ideal. Es könnte keinen attraktiveren Standort geben. Frau Ströver! Das kann auch keine Blumengroßmarkthalle überbieten.
Bürgerschaftliches Engagement als Ergänzung der öffentlichen Förderung wird von uns immer unterstützt, weil es die Gesellschaft insgesamt stärkt. Partnerschaften zwi
schen Unternehmen und Kultur können höchst effizient und gesellschaftspolitisch wichtig sein. Dafür finden Sie bei uns immer ein offenes Ohr, sehr geehrter Herr Braun. Aber wovor ich dringend warne: Eine Kunsthalle darf nicht in die Abhängigkeit von privaten Interessen geraten. Die inhaltliche Arbeit muss unabhängig von Sammlern, Galeristen und Auktionshäusern geschehen.
Aber, sehr geehrter Kollege Braun, wenn Sie einen Investor finden, der uns als großherziger Mäzen eine Kunsthalle baut und nicht in die Inhalte hineinredet, wären wir die Letzten, die das nicht unterstützen würden, und ich glaube, da hätten Sie auch den Regierenden Bürgermeister an Ihrer Seite. Aber mit Ihrem Antrag meinen Sie das nicht. Deswegen werden wir ihn ablehnen.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Kunsthalle ist heute wirklich ein ganz schwieriges Thema, obwohl sie ein neues Projekt für Berlin sein könnte. Deswegen richtet sich meine Rede heute zwar an das ganze Haus, aber besonders an die in dieser Frage, wie ich weiß, sehr zerstrittene SPD-Fraktion.
Warum müssen wir darüber reden? – Weil wir – das ist meine feste Überzeugung, und da bin ich mir mit dem Regierenden Bürgermeister einig – in Berlin unbedingt eine öffentliche Kunsthalle brauchen. Dass wir keine städtische Kunsthalle in der Stadt haben, ist ein kulturpolitischer Makel. Ich plädiere vehement dafür, diesen Makel zu beseitigen. Hamburg, München, Frankfurt und Düsseldorf haben Kunsthallen. Dort hat in der Vergangenheit die Musik der bildenden Kunst gespielt. In den letzten Jahren ist in Berlin eine Menge passiert, und wir sind froh, dass sich hier so viele internationale Künstler angesiedelt haben.
Ich gebe Ihnen ein Beispiel: Vorgestern Abend wurde der Preis der Nationalgalerie für junge Kunst, den es seit dem Jahr 2000 gibt, verliehen. Alle bisher für diesen Preis nominierten Künstlerinnen und Künstler sind inzwischen international bekannt und beachtet. Alle leben und arbeiten in Berlin, schaffen Renommee für die Stadt, aber kaum einer von ihnen hat jemals in Berlin ausgestellt. Ich finde, das steht der Stadt nicht gut an.
Deswegen bin ich, Herr Braun, mit Ihnen im Konsens, wenn Sie ja zu einer Kunsthalle für Berlin sagen, denn
Das Defizit existiert 15 Jahre. Damals wurde die Kunsthalle in der Budapester Straße geschlossen. Man merkt, dass das Land Berlin durch das Atelierprogramm etwas dafür tut, dass Künstler hier arbeiten können, und sich durch die Stiftung Preußischer Kulturbesitz und die Staatlichen Museen für die Präsentation von Sammlungen einsetzt. Dazwischen fehlt einfach eine überregional wirkende Kunsthalle. Die vielen Kunstvereine und auch die Kunstwerke, Herr Braun, leisten wichtige Arbeit, aber sie haben nicht diese Möglichkeit, das, was wir benötigen, eine Kunsthalle zu schaffen, die weit über die Stadt hinaus wirken sollte.
Herr Braun! Privat bauen – Frau Lange hat es gesagt –: Schön und gut! Aber dann stellt sich die Frage: Wer ist der Träger? Sie haben in Ihrem Dreizeilerantrag leider überhaupt kein Modell. Das ist nicht zu Ende gedacht. Wenn ich eine private Halle habe, dann muss ich fragen, wer das trägt. Das kann nur die öffentliche Hand sein und keine Großgalerie mit kommerziellen Interessen. Davon haben wir mittlerweile eine Menge in unserer Stadt. Dafür haben wir nun wirklich keinen weiteren Bedarf.