Alice Ströver

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Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Braun! Verzeihen Sie, aber ich empfinde es als geradezu körperlich unangenehm, den Antisemitismusvorwurf so pauschal in Richtung Linke zu richten, und ich empfinde es auch als unpassend, dies so konkret und im Zusammenhang mit dem Thema NS-Geschichte zu tun. Dazu braucht es ein anderes Forum als ausgerechnet die Beratung diese Antrags!
Das Bezirksamt Friedrichshain-Kreuzberg hat bereits im Jahr 2010 erklärt, dass es sich bei der Planung um das Tempelhofer Feld auch für einen Ort der Information und des Gedenkens an das Columbiahaus einsetzen werde. Dieses Ansinnen, das auf einen Förderverein zurückgeht – das wurde von Frau Haußdörfer ja schon gesagt –, der sich seit Jahren um das vergessene Konzentrationslager Columbiahaus kümmert, wird von uns nachdrücklich geteilt.
Es ist bereits Bestandteil des Antrags der grünen Fraktion als Teil des Gesamtkonzeptes zum Umgang mit dem Tempelhofer Gelände. Deswegen will ich klar sagen, dass wir dem Antrag der Fraktionen von SPD und Linken gerne zustimmen werden.
Dem Förderverein „Tempelhofer Feld von 1933 bis 1945 e. V.“ ist es zu verdanken, dass die Geschichte des Ortes am Columbiadamm lückenlos zusammengetragen wurde. Zunächst wurde es als Gefängnis und Folterstätte vorwiegend für politische Gefangene der Gestapo genutzt. Ab 1934 wurde es der SS-geführten Inspektion der Konzentrationslager unterstellt und zum Konzentrationslager erklärt. Ab 1937 wurde es aufgelöst, die Häftlinge wurden in das KZ Sachsenhausen, das von den Nazis bis dahin erbaut wurde, verbracht. Politische Gefangene und besonders homosexuelle Inhaftierte aus Berlin saßen dort. Am Ort des KZ entstanden anschließend Zwangsarbeiterbaracken für Zwangsarbeiterinnen und Zwangsarbeiter, die in der Rüstungsindustrie eingesetzt wurden. Es steht in unserer Verantwortung, an diesen Ort des Leidens der Menschen im NS-Regime zu erinnern.
Wir haben es gehört, es gibt bereits eine Gedenktafel, aber die ist sicher nicht ausreichend, um die ganze Dimension des dortigen Geschehens deutlich zu machen. Ich verstehe den Antrag der Koalition so, dass man dem Senat ein bisschen Druck machen möchte, denn schon lange gibt es eine Arbeitsgruppe in der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung, die sich um die Ausgestaltung des authentischen Ortes bemühen soll, bisher ohne Ergebnis. Wir alle haben die Pflicht, neben der positiven Geschichte des Tempelhofer Flughafens mit der alliierten Luftbrücke auch an die schrecklichen Ereignisse zu erinnern und diese zu dokumentieren.
Der Antrag kommt spät, aber er macht deutlich, dass alle Planungen für Tempelhof und das Gesamtgelände im Zusammenhang mit diesem Ort gedacht werden sollen und müssen. Das wird nicht gehen, ohne dass dafür investive und dauerhafte Mittel bereitgestellt werden müssen. Das wird die Aufgabe des nächsten Parlaments sein, sicher in Verbindung mit einer vorhandenen Institution des NS-Gedenkens. Ich wünsche Ihnen alle Kraft, dass Sie es schaffen, dafür die Mittel bereitzustellen, auf dass wir dort in nächster Zeit einen würdigen Dokumentationsort für das Geschehen finden werden.
Danke schön! – Herr Thiel! Ist Ihnen nicht bekannt, dass, wenn es einen politischen Willen gibt und die Planungsvorgaben entsprechend umgesetzt worden sind, es dann
Fachgremien braucht, die die künstlerische oder dokumentarische Ausgestaltung eines solchen Ortes beraten müssen? Dafür gibt es jene Arbeitsgruppe, und ich hätte mir gewünscht, dass wir heute etwas weiter sind und schon Ergebnisse hätten, dann könnten wir darüber diskutieren. Wichtig ist aber, dass nicht wir über die Form entscheiden, sondern andere. Ist Ihnen das nicht klar? – Das müsste Ihnen doch eigentlich klar sein.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich frage den Senat:
1. Wie ist es erklärlich, dass der Regierende Bürgermeister in seiner Funktion als Kultursenator und sein Staatssekretär nichts vom Aus für das Art Forum gewusst haben, obwohl die Messe eine landeseigene Gesellschaft ist?
2. Wie und wann war der für Wirtschaft zuständige Senator Wolf in den Vorgang eingebunden, und warum hat er sich nicht mit dem Kultursenator über eine positive Lösung für das Art Forum verständigt?
Frau Staatssekretärin Helbig! Teilen Sie meine Auffassung angesichts auch der von Ihnen gemachten Aus
führungen, wonach die zuständigen Senatsverwaltungen nicht informiert waren, dass es kein identifizierbares Konzept zur Präsentation zeitgenössischer bildender Kunst in Berlin darstellt, wenn auf der einen Seite gut anderthalb Millionen Euro für die sechswöchige Ausstellung „Based in Berlin“ ausgegeben werden,
auf der anderen Seite aber die einzige Kunstmesse, die wir in Berlin haben, eben das Art Forum, abgeschafft wird oder zum Beispiel auch die internationale Fotogalerie C/O Berlin immer noch darauf wartet, dass der Senat hilft,
einen Ersatzstandort zu finden, damit nicht auch noch diese wichtige Einrichtung in Berlin verloren geht?
Meine Frage richtet sich an die Senatorin für Stadtentwicklung, Frau Junge-Reyer. – Frau Senatorin! Wie beurteilen Sie die Aussage des Kultursenators in der letzten Sitzung des Kulturausschusses, wonach sich die Kulturverwaltung und die SPD-Fraktion nunmehr der einstimmigen Auffassung der Bezirksverordnetenversammlung von Steglitz-Zehlendorf angeschlossen haben, auf die kostenintensive Restaurierung des Anbaus von Max Taut aus den Sechzigerjahren am Jagdschloss Glienicke zu verzichten?
Ja, ich hatte zu der Haltung des Senats gefragt und würde Sie jetzt auch noch mal fragen, welche inhaltliche Haltung Sie einnehmen.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Wenn eine Fraktion ein Thema zur Priorität erklärt, dann tut sie das in der Regel aus zwei Gründen. Zum einen könnte es sein, dass sie ein Thema besonders anprangern will. Das ist das übliche Verfahren, wenn die Opposition etwas zum Thema macht. Das andere Prinzip ist, und das ist meistens das Vorgehen einer Regierungsfraktion, dass man einen Vorgang loben möchte. Die Linke hat das Thema Zentral- und Landesbibliothek als Priorität auf den Plan gehoben und scheint sich loben zu wollen. Ich kann nur sagen: Viel zu loben gibt es daran nicht, weil die Binnenprobleme der Zentral- und Landesbibliothek mit dieser Gesetzesänderung ganz bestimmt nicht gelöst werden.
Das ist kein Ruhmesblatt, das hier vorgelegt worden ist, und überhaupt muss man sagen: Nur durch den Eingriff der Parlamentarier sind die schlimmsten Änderungen, die
der Senat vornehmen wollte, wieder rückgängig gemacht worden.
Die Probleme der Zentral- und Landesbibliothek sind vielfältig. Es ist schon gesagt worden: Drei Standorte sind ein großes Problem, aber klar ist, wir brauchen eine Zentral- und Landesbibliothek als die wichtigste, größte öffentliche Bibliothek Berlins, die den ungeheuren Informationsbedarf der Bevölkerung decken muss. Deswegen legen wir großen Wert auf eine zukunftsgesicherte, auskömmliche, gut strukturierte Zentral- und Landesbibliothek.
Die Sammlung und die öffentliche Zugänglichmachung von Pflichtexemplaren der in Berlin erscheinenden Publikationen ist hierbei ein ganz wichtiger Faktor, und der Senat wollte dieses einschränken.
Das nur zum rot-roten Bildungsansatz, wie er vom Senat formuliert wird. Es ist auch nötig, dass eine öffentliche Bibliothek einen großen Freihandbestand hat, damit die Nutzerinnen und Nutzer schnell an ihre Bücher und andere Medien kommen.
Die Vorgeschichte zu dieser Gesetzesänderung zeigt doch: Gremien, die selbst vom Senat einberufen worden sind wie die eingesetzte Strukturkommission unter der Leitung der ehemaligen Hamburger Senatorin Helga Schuchardt, haben ein vernichtendes Urteil über die Binnenstruktur der ZLB gesprochen. Deswegen kann hier doch nicht einfach darüber hinweggeredet werden, dass auch hinter dem bunten Konzept für eine neue Marketingstruktur, das uns die Bibliothek noch reingereicht hat, eine Menge Defizite existieren. Die werden mit diesem Gesetz leider nur minimal korrigiert. Es ist schade, dass man nicht ganz grundsätzlich eine Revision der schlechten Binnenstruktur gemacht hat.
Summa summarum: Es ist kein überzeugender Entwurf vom Senat vorgelegt worden. Ich bin froh, dass diese Gesetzesinitiative von Rot-Rot im parlamentarischen Verfahren korrigiert worden ist. Man muss doch mal sagen: Wenn ein rot-roter Senat Mitbestimmung – wir wissen ja, das ist nicht Kultursenator Wowereits Ding – in einer Stiftung nicht zulassen will und nur durch Initiative von Rot-Rot im Parlament jetzt überhaupt ein Personalvertreter im Stiftungsrat ist, dann zeigt das, dass Sie regierungsnah, jedoch parlamentsfern und erst recht mitarbeiterfern arbeiten wollen, und das wollen wir nicht.
Noch etwas: Es ist von Frau Lange gesagt worden, hier wird eine Doppelspitze eingeführt, eine Doppelspitze, die zu einem großen Ausdehnungsfeld der Hauptamtlichen führt. Wir werden hier eine Menge hochdotierter Stellen haben. Es liegt daran, dass die jetzige Generaldirektorin der Stiftung ihrer Aufgabe nicht gerecht wird, und aus diesem Grund hat es auch schon im letzten Haushaltsjahr
Nachschiebebedarf in erheblicher Größenordnung gegeben, um die ZLB wirtschaftlich zu stabilisieren. Ich muss sagen, dann soll man das auch so benennen, dass diese Gesetzesinitiative vor allen Dingen eine Lex Lux ist, weil man sagt, wir müssen jemanden an ihre Seite stellen, denn wirtschaftlich ordentlich arbeiten kann die Generaldirektorin leider nicht.
Sie sehen, im Inneren der ZLB ist noch viel zu tun. Das muss erst geordnet werden, damit wir hinkommen zu Fragen wie: Wie stellen wir die ZLB baulich auf? – Da kann ich nur sagen: 270 Millionen Euro als Anker für eine kommerzielle Ansiedlungspolitik des Senats reichen nicht als Legitimation für einen Protzbau am Tempelhofer Damm.
Deswegen den letzten Satz: Ich halte die Initiative zur Sonntagsöffnung in Bibliotheken für gut aber nur Sonntagsöffnung, ohne dass man die Institution mit ausreichend Personal ausstattet, wird auch nicht reichen und bleibt damit ein Lippenbekenntnis, das schön auf dem Papier ist, aber dazu gehört noch mehr.
Frau Präsidentin! Frau Lange! Das bin doch nicht ich! Lesen Sie den Bericht der Strukturkommission. Es ist ja wohl Ihre Parteikollegin Helga Schuchardt, die diese Untersuchung über die Binnenstruktur der ZLB geführt hat. Da ist ausdrücklich die Problematik benannt worden – ich mag das hier gar nicht weiter ausführen –, dass die ZLB nicht so nach innen geleitet ist, wie sie zu leiten wäre. Der Senat hat uns selber gesagt, er habe im Haushaltsjahr 2010 im Rahmen der Haushaltswirtschaft viel Geld nachschießen müssen, um die ZLB nicht in eine finanzielle Schieflage kommen zu lassen. Das ist doch auch der Grund für die geplante Doppelspitze. Dieses Gutachten, dieser Strukturbericht, die Marketingagentur, die beauftragt wurde – sie allesamt kommen zum Urteil: Um die ZLB wirklich zukunftsweisend aufzustellen, muss sie im Inneren komplett neu sortiert werden, inhaltlich, aber auch von der gesamten Struktur her.
Das Problem ist, dass Ihnen nichts anderes eingefallen ist, als hier zwei B-3-Stellen, eine B-2-Stelle und vier A-15Stellen zu schaffen, die tatsächlich eine Menge Geld kosten. Für den Übergang ist es vielleicht ja auch richtig, und das weiß der Regierende Bürgermeister als Kultursenator auch ganz genau. Aber das Problem ist, dass es unten an Personal und an Geld fehlt, also bei den Leuten, die mit den Menschen Kontakt haben, die in die Bibliotheken gehen, sich informieren und ausleihen wollen. Das ist leider ein Problem der Leitung. Ich wollte das gar nicht weiter ausführen, aber Sie selber haben die Doppelspitze als Kann-Bestimmung in dieses Gesetz hineingeschrieben, und das kann man ja wohl nicht anders benennen als Lex Lux. – Danke schön!
Danke schön, Herr Präsident! Ich frage den Senat:
1. Wie beurteilt der Senat die weitere Entwicklung des Kunstprojektes „Stolpersteine“ in der Erinnerungslandschaft Berlins?
2. Was will der Senat unternehmen, damit die bei der Gedenkstätte Deutscher Widerstand angesiedelte Koordinierungsstelle „Stolpersteine“ weiter arbeiten kann, wenn im September 2011 die Abordnung eines Mitarbeiters aus dem Zentralen Stellenpool enden wird und sich die beiden anderen Kollegen Anfang 2012 in Ruhestand bzw. bereits jetzt in Altersteilzeit befinden werden?
Vielen Dank für die Ausführungen, Herr Regierender Bürgermeister! Aber wie konkret werden Sie sicherstellen, dass diese Stellen, die die wissenschaftliche Begleitung und die Koordinierungsarbeit machen, tatsächlich vom Land Berlin oder durch gemeinsame Finanzierung durch Bund und Land bei der Gedenkstätte Deutscher Widerstand dauerhaft etatisiert werden, damit auch die Kooperation zwischen dem Künstler Gunter Demling und der Initiative auf der einen Seite als bürgerschaftlichem Projekt und auf der anderen Seite der öffentlichen Hand, Bezirke und Land, tatsächlich weitergehen kann?
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich muss es Ihnen zumuten: Es ist argumentativ die dritte Runde. Dem Regierenden Bürgermeister war es, obwohl er für die Rundfunkstaatsverträge zuständig ist, wahrscheinlich so langweilig, dass er lieber zur Eröffnung der Autoausstellung gegangen ist. Aber sei’s drum! Wir machen jetzt diese Runde, damit Sie in der fünften Rede, bei der FDP, erfahren, warum man auch anderer Meinung sein kann hinsichtlich des Wechsels im Finanzierungsmodell für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk.
Zahlungen für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk sind heute nicht mehr an die Existenz eines Radio- oder Fernsehgerätes zu knüpfen, und es entspricht einem alten, urgrünen Anliegen, zu einem anderen Finanzierungsmodell zu kommen. Anders als beim inzwischen gescheiterten Vierzehnten Rundfunkänderungsstaatsvertrag, dem Jugendmedienschutz-Staatsvertrag – Sie erinnern sich vielleicht noch –, sind wir als Grüne bereit, bei diesem Staatsvertrag mitzugehen. Wir wollen Sie heute dazu auffordern, der Beschlussfassung zuzustimmen, weil wir es für ein gerechteres Modell halten.
Dennoch – und das ist von den Kollegen auch schon angesprochen worden – bleiben Bedenken, die nur zum Teil
in den Nachverhandlungen der Ministerpräsidenten ausgeräumt werden konnten.
Zum Ersten: Es gibt immer noch heftige Kritik vonseiten einiger Datenschutzbeauftragter an dem Umgang mit den Daten, die erhobenen werden, um festzustellen, was ein Haushalt ist. An die Haushaltsstruktur sollen künftig die Abgaben für die öffentlich-rechtlichen Gebühren geknüpft sein. Auf die Erwartung, dass es bei der ersten Haushalts- und Betriebserfassung nur um die notwendigen Daten gehen darf, die einmalig erfasst werden, möchte ich unbedingt alle, die heute die Hand dafür heben werden, nachdrücklich hinweisen. Hier darf es nicht zu Adresshandel oder etwas in der Art im Umgang mit diesen Daten kommen, die hierbei in großer Zahl gesammelt und gesichtet werden.
Auch nicht nach 2014, denn da liegt nach dem Staatsvertrag eine Zeitgrenze für die Erprobung!
Zweitens: Behinderte haben einen anderen Status als alle anderen Menschen. Wir wissen, dass das Programmangebot für Menschen mit verschiedenartigen Behinderungen auch in den öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten immer noch viel zu gering ist. Dass sie jetzt dennoch zur Beitragszahlung gezwungen sind – es ist ein Drittelbeitrag –, ist ein grundsätzliches Problem und widerspricht unseres Erachtens ganz klar der UN-Behindertenrechtskonvention.
Das ist von den Verbänden der Behinderten in der Anhörung auch heftig kritisiert worden.
Zum Hintergrund: Wir hätten dem vielleicht zugestimmt, wenn auf der anderen Seite eine echte Mehrleistung für behinderte Menschen – z. B. gebärdensprachliche Begleitung der Programme – im Staatsvertrag festgeschrieben worden wäre. Das ist aber leider nur im Protokoll erfolgt und nicht im Staatsvertrag selbst.
Drittens: Erfreulicherweise wird hoffentlich – Herr Zimmermann und Herr Goiny haben es gesagt – endlich die Schnüffelei der GEZ-Menschen vor und hinter den Wohnungstüren ein Ende haben.
400 Mitarbeiter mehr allerdings, um überhaupt erstmalig die Statuserfassung zu erbringen – was ist ein Haushalt, was ist ein Betrieb? –, das wollen wir nicht. Wir wollen, dass weniger Geld für die GEZ und mehr Geld für das Programm ausgegeben wird.
Viertens: Es ist ein großes Manko, das der Regierende Bürgermeister mit zu verantworten hat: Es ist nicht geglückt, die Ungleichheit in dem gesamten Verfahren des
Finanzausgleichs zu beseitigen. Kleine Anstalten bleiben weiterhin die Leidtragenden dieses Systems, und das ZDF kann es sich leisten, entgegen allen Absprachen die Hochzeit aus dem britischen Königshaus zu übertragen oder 51 Millionen Euro für die Champions League auszugeben. Auch als Fußballfan kann man sich wirklich fragen: Muss das sein? – Ich denke, nein. – Wir brauchen also eine wirkliche Nachbearbeitung dieses Staatsvertrags – es stehen der Sechzehnte und Siebzehnte Rundfunkänderungsstaatsvertrag an –, damit es zu einem Finanzausgleich auch zugunsten des RBB kommt.
Im Grundsatz aber bleibt: Nur ein besseres Programm ist die Voraussetzung für die Zustimmung der Menschen zur Weiterexistenz des öffentlich-rechtlichen Systems. Ich hoffe, dass diese Umstrukturierung auf einen Rundfunkbeitrag pro Haushalt nicht zu geringeren Einnahmen führt und wir tatsächlich zu einer Beitragsstabilität gelangen. Es wird eh schon schwierig sein, diesen Transformationsprozess zu erreichen. Trotzdem bin ich optimistisch. Aber es kann nicht sein, dass mit dem Inkrafttreten dieses Staatsvertrags – übrigens erst am 1. Januar 2013 – gleich eine Gebührenerhöhung verbunden ist. Wir gehen davon aus, dass sich die Einnahmen hoffentlich insgesamt erhöhen, wenn wir alle Haushalte und die Betriebe erfassen. Deswegen kann das nicht Einhergehen mit einer Erhöhung der Gebühren, die nun Abgabe heißt.
Sie sehen, was wir heute von grüner Seite beizutragen haben: Es ist ein Ja mit Bedenken. Wir sehen in diesem Rundfunkänderungsstaatsvertrag einen wichtigen Schritt zu einer transparenteren und besseren Finanzierung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich frage den Senat:
1. Welche aktive politische Rolle hat der Staatssekretär für Kulturelle Angelegenheiten André Schmitz anlässlich der Eröffnung der Ausstellung „Die Kunst der Aufklärung“ in Peking vor Ort wahrgenommen?
2. In welcher Weise hat sich der Vertreter des Landes Berlin vor Ort für die Freilassung des während dessen Aufenthalts in Peking verschleppten weltberühmten Künstlers Ai Weiwei eingesetzt, und hat er sich für die Einreise des Berliner Publizisten und Sinologen Dr. Tilman Spengler eingesetzt, dem die chinesischen Behörden die Einreise verweigerten?
Ich interpretiere Ihre Ausführungen so, dass konkret vor Ort nichts passiert ist. Deswegen die Frage, Herr Regierender Bürgermeister – ich hoffe, wir sind uns da alle einig –: Was werden die Berliner Behörden, gegebenenfalls in Absprache mit dem Auswärtigen Amt, jetzt tun, damit Ai Weiwei seinen angekündigten Wohnsitz in Berlin einnehmen kann, wo er entsprechend seinem politischen Selbstverständnis seiner künstlerischen Arbeit in Freiheit nachkommen möchte? Gibt es Aktivitäten, und welcher Art sind diese – abgesehen von dem Schreiben, von dem Sie gesprochen haben?
Meine Frage geht an den Regierenden Bürgermeister! – Inzwischen gibt es von der Gruppe Tacheles das öffentlich gemachte Angebot, für 2,5 Millionen Euro das 1 200 Quadratmeter große Grundstück, auf dem das Tacheles steht, zu kaufen. Werden Sie sich konkret gegenüber der HSH Nordbank und beim Hamburger Senat für die Abtrennung des Teilgrundstückes zugunsten einer kulturellen Nutzung und als Schutz vor dem stadtbekannten Immobilienspekulanten Herrn Müller-Spreer einsetzen?
Ich wollte Sie gern fragen, ob sie sich entgegen Ihrer verbalen Erklärung, sich für den Kulturstandort einzusetzen, nun, da ein Angebot vorliegt, tatsächlich konkret für all das Genannte einsetzen, und zwar vor dem 4. April, dem Versteigerungstermin für das Areal.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich frage den Senat:
1. Welche Aktivitäten unternimmt der Senat angesichts der bevorstehenden Versteigerung des Gesamtareals, auf dem das Tacheles liegt, gegen die Zerstörung des Kunsthauses, zum Beispiel durch die Herauslösung der Fläche des Tacheles-Grundstücks?
2. Ist der Senat für die Idee zu gewinnen, das Tacheles wieder zu einem für die zeitgenössische Kunst in Berlin prägenden Ort zu entwickeln, und welche konzeptionellen Vorstellungen hat er dazu?
Danke schön! – Nachdem Sie und auch der Wirtschaftssenator sich öffentlich geäußert haben, frage ich Sie: Können Sie sich vorstellen, dass wenigstens die öffentliche Ankündigung, man brauche kein Kunsthaus mit glatten Fassaden, wenn es einen neuen Eigentümer gibt, realisiert wird, und daraufhin zu denken, dass eine Rekommunalisierung möglich ist und man dann vonseiten des Landes Berlin eine eigenständige passende Vermarktung des Gesamtareals unter Erhalt des Kunsthauses vornimmt oder das Kunsthaus dann für eine von Ihnen angekündigte öffentliche Kunsthalle herrichten könnte? – Es gibt eine Menge Überlegungen, und man erledigt das nicht mit Briefe schreiben, sondern mit Konzepten!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich frage den Senat:
1. Wie ernst nimmt der Regierende Bürgermeister in seiner Funktion als Kultursenator die große Zahl von Protestbriefen zum Ende der Basisförderung für die Berliner Kammeroper, die am dem 1. Januar 2011 beendet werden soll, und welche Antwort gibt er auf die Schreiben?
2. Welche Musiktheater in Berlin beschäftigen sich auch nur annähernd mit Musikstoffen, um die sich die Berliner Kammeroper mit großer internationaler Beachtung als Teil der professionell arbeitenden freien Szene in Berlin bisher erfolgreich gekümmert hat?
Herr Regierender Bürgermeister! Warum weichen Sie als zuständiger Fachsenator, darauf hatte ich Sie auch in meiner ersten Frage hingewiesen, nicht von den Empfehlungen ab, wie es von Rot-Rot in einer Vielzahl von Fällen – ich nenne Beispiele wie das Renaissance-Theater, die Tribüne oder Atze – getan hat, wenn es sich tatsächlich um ein Repertoire handelt, das von keiner anderen Oper in Berlin in den letzten 30 Jahren auch nur annähernd auf die Bühne gebracht worden ist? Das, denke ich, ist doch die Frage. Und wenn Sie sagen, 150 000 Euro sind im Rahmen der Haushaltswirtschaft nicht zu erbringen, dann glauben Sie das doch selbst nicht.
Meine Frage richtet sich an den Regierenden Bürgermeister: Herr Regierender Bürgermeister! Ich hatte vor Kurzem die Gelegenheit, gemeinsam mit Ihrem Finanzsenator auf einem Podium im Inforadio zum Thema „Wie teuer ist (uns) die Kultur?“ zu sitzen. Dort hat er gesagt, der Berliner Kulturetat umfasse 662 Millionen Euro und damit mehr als 3 Prozent des Berliner Etats. Welchen Kulturbegriff legt der rot-rote Senat hier zugrunde, wenn
diese Summe mit Folgendem unterlegt wird: Es wird der reguläre Kulturetat finanziert, aber auch die künstlerischen Hochschulen, der Denkmalschutz, der Zoo, der Tierpark und der Botanische Garten – um nur einige der Beispiele zu nennen, die nach den Angaben des Finanzsenators zur Kulturförderung des Landes Berlin gehören.
Dann freuen wir uns doch schon auf den noch weiteren Kulturbegriff, den der Regierenden Bürgermeister demnächst anlegt. Aber meine Frage geht dahin: Ist denn beispielsweise durch Sie sichergestellt, dass der Finanzsenator, wenn wir demnächst über den Wissenschaftsetat sprechen, z. B. die künstlerischen Hochschulen dort aus der Gesamtsumme herausrechnet, wenn er sie schon zum Kulturetat hinzugerechnet hat?
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Jugendmedienschutz ist im Zeitalter von Internet und digitalen elektronischen Medien absolut wichtig. Wir brauchen wahrgenommene und aktive Verantwortung der Inhalteanbieter im Internet, genauso wie aktiven Ausbau der Medienkompetenz auf der anderen Seite. Das ist völlig unbestritten.
Diesem Anspruch genügt der hier vorgelegte Vierzehnte Rundfunkänderungsstaatsvertrag in keiner Weise. Er soll den alten Jugendmedienschutzstaatsvertrag ändern. Der besteht seit 2003. Dort gilt ein Jugendschutz für das Internet, weil sogenannte entwicklungsbeeinträchtigende Angebote für Kinder und Jugendliche unzugänglich sein sollen.
Nun sollen die Anbieter im Internet mit dem neuen Staatsvertrag Alterskennzeichnungen an ihre Seiten anbringen, damit sie durch neu zu schaffende Jugendschutzprogramme ausgefiltert werden. Anbieter sollen ihre eigenen Programme klassifizieren ab 0 Jahren, ab 6 Jahren, ab 12 Jahren, ab 16 Jahren und ab 18 Jahren. Jeder einzelne Anbieter soll selbiges tun. Wer keine Angaben macht, wird ausgefiltert. Ich frage mich, wie das geschehen soll.
Am 1. Januar 2011 bereits soll dieser neue Staatsvertrag in Kraft treten. Ich denke, er scheitert an sich selbst, nämlich an der Umsetzung.
Es gibt keine Kriterien zur Klassifizierung. Niemandem wird ein Instrumentarium an die Hand gegeben, wie welches Alter für welchen Inhalt festzustellen ist. Niemand bekommt ein allgemeingültiges elektronisches Jugendschutzprogramm – ein Programm, das für Eltern, Erzieher, öffentliche Einrichtungen geeignet ist, gemäß diesen Filtern einzelne Inhalte zuzulassen oder nicht zuzulassen. Dabei soll dieser Staatsvertrag in drei Wochen in Kraft treten. Können Sie mir sagen, wie man das jetzt machen will? Ich weiß es nicht. Er läuft ins Leere, weil das Internet eben nicht unter rundfunkrechtliche Bestimmungen zu fassen ist: Das ist der Sender, und das ist der Empfänger. Das geht eben nicht.
Noch absurder ist, wenn die Programme ab 18 klassifiziert sind. Damit weiß doch jeder Internethacker sofort, wie er genau an diese ab 18 klassifizierten Programme herankommt. Im schlimmsten Fall erreicht also dieser Staatsvertrag genau das Gegenteil dessen, was er beabsichtigen will. Deswegen sagen wir: Macht das nicht!
Er ist eine Stigmatisierung der Netzgemeinde aller Anbieter in Deutschland, und das bei einem weltweiten globalen Netz. Die Webgemeinde wird drangsaliert, mehr passiert nicht. Deswegen lehnen wir die Novellierung des Jugendmedienschutzstaatsvertrages ab. Die Vorgaben zur Altersklassifikation von Websites sind realitätsferne Vorstellungen. Internetseitenbetreibern werden sinnlose Hürden und juristische Probleme aufgehalst. Eine Zustimmung käme einem Rückfall in die netzpolitische Steinzeit gleich.
Das sagen nicht wir – ich habe es mir gerade zueigen gemacht –, sondern die Jusos Berlin, und sie fordern die SPD auf, diesem Staatsvertrag nicht zuzustimmen. Das wollen wir auch gern machen.
Wir wollen den Beschluss aussetzen, bis die Enquetekommission im Deutschen Bundestag Kriterien entwickelt hat und daran arbeitet, wie man es erreichen kann, dass es einen sinnvollen, wirksamen Medienschutz gibt, und gute Vorschläge macht. Es ist nicht angemessen, in dieser wichtigen Frage – verzeihen Sie, Frau Hiller, auch wenn ich weiß, dass jeder in jedem Bundesland anders abgestimmt hat – dieses auf dem Tablett eines rot-roten Kuhhandels zu opfern. Es ist nicht gut, weil es keinen Schaden nimmt, wenn wir dieses Gesetz heute nicht beschließen. Wir können es qualifizieren. Deswegen hoffen wir – wenn Sie heute so beschlössen, was ich sehr schade fände – auf die Kollegen in NRW. Vielleicht kann sich die SPD ja dort besinnen. Dieser Staatsvertrag, den uns der Regierende Bürgermeister heute zur Zustimmung vorgelegt hat, wird von uns jedenfalls abgelehnt. Ich hoffe, viele sind heute an unserer Seite.
Es tut mir leid, Herr Präsident! – Herr Zimmermann! Ich glaube, ich habe versucht, inhaltliche Argumente zu bringen und nicht auf diese billige und populistische Art zu argumentieren. Dass diesem Staatsvertrag als Staatsvertrag, den die Ministerpräsidenten und ihre Rundfunkreferenten aushandeln, tatsächlich eben nur zugestimmt oder er nur durch die Parlamente abgelehnt werden kann, wirft die grundsätzliche Frage auf.
Nun zur „Hure der Politik“, Herr Kohlmeier: Die Hure SPD – ich zitiere Sie –
das waren seine Worte – hat im Saarland aus der Opposition heraus diesem Staatsvertrag zugestimmt, in Schleswig-Holstein hat sie ihn abgelehnt, also je nachdem, hat jeder gemacht, was er konnte. Das zieht sich durch.
Aber in NRW, um es noch einmal deutlich zu sagen, haben die NRW-Regierung und der Landtag dieses Gesetz nicht beschlossen. Es wird nächste Woche auf der Tagesordnung sein. Da er vom Vorgängerministerpräsidenten Rüttgers paraphiert worden ist, wird der Landtag nächste Woche entscheiden, was zu tun ist. Wenn Sie so große Kritik daran haben, dann sollten Sie auf Ihre Kollegen in NRW einwirken, dass sie sagen, wir setzen als großes Bundesland diesen Staatsvertrag aus, damit nicht Berlin diese Rolle zufällt. Das kann ich aus Berliner Sicht verstehen. Er ist nicht geeignet, die Probleme zu lösen, ganz und gar nicht, die wir mit Jugendschutz wollen.
Ich spreche nicht von Zensur, um das noch einmal zu sagen, Herr Zimmermann! Das ist unmöglich, was Sie hier unterstellen! Das werden Sie nie in irgendeinem Beitrag von mir hören. Aber ich kann Ihnen sagen, wenn wir in eine Situation kommen, wo schon auf der Grundlage des alten Staatsvertrags mehrere Kulturseiten nicht nur gesperrt worden sind, sondern inzwischen schon Leute verklagt worden sind, muss ich sagen, kommen wir doch in eine Situation hinein, wo wir uns fragen müssen, ob dieses Mittel geeignet ist. Ich bin sowieso sicher, dass wir, wenn ein Internet global ausgerichtet ist, mit einer nationalen Regelung nichts, aber auch gar nichts erreichen können, weil natürlich die Betreiber schlimmer Seiten nicht in Deutschland sitzen. Deswegen werden Sie hier gar nichts erreichen. Das ist uns doch klar. Viel wichtiger wäre es, dass wir uns daran machen, Medienkompetenz zu vermitteln, den jungen Menschen tatsächlich beizubringen, wie sie mit den Inhalten des Webs umgehen, aber nicht die Anbieter stigmatisieren und letztendlich auch noch kriminalisieren. Das wird nämlich die Folge sein. Das wollen wir doch nicht.
Diese Protokollnotiz, die Sie erwähnten, dass man diese Anwendung nicht auf Blogs bezieht, die geht ausschließlich auf die Grünen zurück und auf niemanden sonst.
Auch meine Frage richtet sich an den Regierenden Bürgermeister. – Ich frage Sie: Wie beurteilen Sie das mehr als fragwürdige und von der Fachwelt heftig kritisierte Ergebnis des neuerlichen Wettbewerbs für das Einheits- und Freiheitsdenkmal, und wie hat sich Berlin in der Jury diesem Votum gegenüber verhalten?
Angesichts der Äußerungen, die Sie gerade getätigt haben, und der Aussage von Herrn Staatsminister Neumann in der Öffentlichkeit, dass das Ergebnis einstimmig zustande gekommen sei, möchte ich Sie fragen, ob Sie sich vorstellen können, von Berliner Seite eine Initiative zu starten, das Verfahren auszusetzen, weil man der Meinung ist, dass das – da bin ich ganz bei Ihnen – kein tragfähiges Ergebnis ist und man es auch nicht einem Staatsminister überlassen kann, aus drei prämierten Siege
rentwürfen über das für – glaube ich – 7 Millionen Euro zu bauende Denkmal zu entscheiden.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich frage den Senat:
1. Was tut der Senat, um in Anbetracht des 20. Jubiläums der deutschen Wiedervereinigung die Ausstellung „Friedliche Revolution 1989/90" am Alexanderplatz über den 3. Oktober hinaus der Öffentlichkeit zugänglich zu machen und einer übereilten und kurzsichtigen Entsorgung der Materialien entgegenzuwirken?
2. Wie wird sich der Senat dafür einsetzen, die Ausstellung langfristig an einem geeigneten Ort als Open AirAusstellung zu erhalten, bzw. welche Möglichkeiten sieht er für einen Umzug in ein festes Gebäude, ohne den Charakter der Ausstellung zu gefährden?
Okay, Herr Regierender Bürgermeister, ich habe es verstanden: Der Bund ist blöd, der Bezirk ist blöd. Aber halten Sie das Thema und die Behandlung der friedlichen
Revolution von 1989 tatsächlich für erledigt, oder sehen Sie weiterhin einen großen Informationsbedarf, der auch niedrigschwellig zu erreichen ist, dem eine öffentliche Präsentation dieser Ausstellung dringend weiter nachkommen sollte? Sollte nicht ein Abriss, auch noch genau über den 3. Oktober hinaus, verhindert werden? Hätten nicht Mittel aus dem SED-Parteivermögen genau die richtige Verwendung gefunden, um die Ausstellung wetterfest zu machen? Vielleicht hätte man lieber das Geld hier investiv verwenden sollen anstatt im Club Berghain oder anderswo.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich muss jetzt hier die Rausschmeißerin machen. – Liebe Frau von Stieglitz! Wir haben in dieser und in der vergangenen Legislaturperiode x-mal zum Thema Medienkompetenz gesprochen und auch Anhörungen durchgeführt. Alle Fraktionen, denke ich, sind sich über die Bedeutung dieses Themas definitiv einig, und es bleibt auch der ernste Kern, im Falle der Internetnutzung und im Umgang mit den eigenen Daten für eine größere Kompetenz zu sorgen. Keine Frage! Es besteht ein Auftrag an die gesamte Mediennutzungsgesellschaft, und zwar vom kleinen Kind bis zum Senior hin. Auch alle Multiplikatoren – wie Frau Dr. Hiller sagte –, Eltern, Lehrer usw. müssen einbezogen werden.
Der FDP-Antrag weist auf diesen Zusammenhang hin, und ich sehe es auch so: Medienkompetenz ist eine Schlüsselkompetenz, die in einem Qualifizierungsnetzwerk verankert werden muss. Das sind alles vernünftige, aber eben auch – und das haben alle anderen auch schon gesagt – sehr allgemein gehaltene Vorschläge. Richtig ist auch, dass Sie die Kritik am 14. Rundfunkänderungsstaatsvertrag zum Jugendmedienschutz formuliert haben.
Es bleibt aber folgenlos, wenn Sie oder wir alle da, wo wir jeweils in den Ländern Zuständigkeiten haben, dann zustimmen, während wir ihn hier ablehnen. Dann können wir uns diese ganze Geschichte schenken.
Ich muss an dieser Stelle auch sagen – und ich lobe den Senat selten –: Immerhin machen sie in Zusammenhang mit dem Thema Medienkompetenz eine Menge – vor allem in der Bildungsverwaltung. Es gibt den Medienführerschein, und es gibt den „eEducation Masterplan Berlin“. Das sind richtige Ansatzpunkte, an denen wir weiterarbeiten sollten. Wir sollten den Antrag im Ausschuss diskutieren, und ansonsten wünsche ich Ihnen jetzt von meiner Seite aus einen schönen Abend. – Danke schön!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Runde fünf ist eingeläutet, Runde fünf, in der fünf Mal die gleichen kritischen Bemerkungen zu diesem Vierzehnten Rundfunkänderungsstaatsvertrag gemacht wurden. Der Regierende Bürgermeister ist schon gleich geflohen.
Wahrscheinlich konnte er das fünfte Mal die kritischen Worte zu einem Entwurf, den er uns als ein Ergebnis der Aushandlungen der Ministerpräsidenten vorgelegt hat, nicht mehr ertragen. Wer weiß?
Wir spielen als Medienpolitiker immer in einer Extrarunde. Es ist aber vielleicht wirklich einmal gut, dass wir uns hier alle einig sind.
So soll es sein. Es ist aber wirklich so, dass man gemeinsam kritische Worte – das haben wir in der Vordiskussion im Ausschuss schon nachhaltig deutlich gemacht – zu diesem Entwurf sagen muss. Niemand aus der Runde der Medienpolitiker hat etwas gegen Jugendschutz. Aber dieses Instrument, das uns hier vorgelegt wird, ist dafür nicht geeignet. Schon allein die Frage, wer für was zuständig ist, stellt sich. Der Jugendmedienstaatsvertrag ist erst seit 2003 ein eigener Staatsvertrag. Schon jetzt wird er grundlegend reformiert. Daran, dass hier die umfangreiche Änderung nötig ist, merkt man schon, dass das Instrument überhaupt nicht greift.
Das liegt auch schon an der ungeklärten Rechtszuständigkeit. Wir haben ein bundesweites Jugendschutzgesetz, wir haben den Jugendmedienstaatsvertrag. Hier müsste es endlich einmal eine Angleichung der Rechtsvorschriften geben. Die sollten allgemein rechtsverbindlich wirken. So ist es hier beispielsweise so – nur um Ihnen das, falls es Interessierte gibt, zu verdeutlichen –, für DVDs gilt das Bundesjugendschutzgesetz, aber für Inhalte im Netz und für Rundfunk ist der Jugendmedienstaatsvertrag zuständig. Wer soll dem noch folgen? Kein Mensch kann das. Man muss einfach sagen, dass die Konvergenz der Medien überhaupt keine Trennung in diesem Bereich zulässt.
Alle meine Vorrednerinnen haben das gesagt. Man kann nicht mit analogen Mitteln eine digitale Welt steuern wollen. Das ist hochgradig absurd.
Auch von meiner Seite möchte ich es noch einmal sagen, damit es auch in einigen Köpfen ankommt: Diese freiwillige Altersbewertung von Inhalten ist als freiwillige Leistung gekennzeichnet, aber setzt natürlich jeden kleinsten Anbieter absolut unter Druck. Wer nicht die Mittel einbringt zu sagen, welche Altersgruppe sein Programm ansprechen soll, wird hier sozialem und politischem Druck ausgesetzt. Das ist gerade bei kleinen, unabhängigen Anbietern extrem zu groß. Alle Access Provider sind verpflichtet, ein Jugendschutzprogramm anzubieten. Man muss sagen, dass hier im Netz die Anbieter privilegiert werden sollen, die ein Klassifizierungssystem anbieten. Wir finden das schwierig. Frau Dr. Hiller hat es gesagt.
Herr Zimmermann! Ich finde es keine Kleinigkeit, wenn jedem Verantwortlichen für einen Internet-Blog 500 000 Euro Strafe angedroht wird, wenn er nicht selbst ununterbrochen dafür Sorge trägt, dass sein von ihm verantwortetes Angebot, in das sich jeder einklinken kann, nicht den Jugendschutzbestimmungen dieses Staatsvertrages entspricht. Diese Blogs und Foren sollen sich jetzt der freiwilligen Selbstkontrolle unterwerfen. Wer soll das leisten? Es greift in die Offenheit des Internets extrem ein.
Die Verpflichtung zur Sperrung einzelner Angebote war zunächst sogar mit der Abschaltung einer kompletten Website sanktioniert. Davon ist man jetzt abgekommen. Machen wir uns nichts vor. Es ist technisch, juristisch und gesellschaftlich bedenklich, was mit diesem Staatsvertrag gemacht werden soll. Er ist ein untaugliches Mittel, um einen echten Jugendschutz im Netz zu gewährleisten. Die Regelung betrifft nur die deutschen Seiten. Ich habe es bereits gesagt: Die Web-2.0-Anbieter sollen die Inhalte ihrer Nutzer überwachen. Das ist technisch überhaupt nicht zu handeln. Jugendschutzgesetz, Jugendmedienstaatsvertrag und die Kommission für Jugendmedienschutz, das sind alles ausschließlich nationale Regelungen. Besser wäre es, eine verbesserte Medienkompetenzerziehung und Eigenverantwortung im Elternhaus zu aktivieren und bei den Kindern und Jugendlichen selbst. Was hier vorliegt, ist ein ganz, ganz kleiner Wurf. Ich muss sagen, dass dieser Staatsvertrag an der digitalen Realität definitiv vorbeigeht. Wenn uns Frau Dr. Hiller das Angebot unterbreitet, sollten wir wirklich noch einmal überlegen, ob wir das nicht den Rundfunkreferenten und den Ministerpräsidenten zur Nachbesserung zurückgeben. – Vielen Dank!
Frau Senatorin! Ich möchte nachfragen, wie Sie die Möglichkeit interpretieren, dass der Berliner Senat sich angesichts der Realisierung einer Humboldt-Forumsidee vielleicht auch von der ungeliebten Schlossidee verabschieden könnte. Ist der Senat gewillt, zum Fortkommen der Diskussion diese Frage vielleicht aktiv in den gesellschaftlichen Raum zu stellen, damit tatsächlich eine langfristige Lösung für die außereuropäischen Sammlungen der Staatlichen Museen in der Mitte der Stadt, aber in
einer anderen äußeren Form als geplant, umgesetzt werden kann?
Noch mal: Kann sich der Senat angesichts der enormen Kosten für die Info-Box – nach denen ich Sie auch fragen würde –, von der aus man dann auf eine Fata Morgana, nämlich eine grüne Wiese schaut, vorstellen, dass man dort, wenn man die Info-Box schon realisiert, eine aktive Diskussion über das Humboldt-Forum in seiner inneren Ausgestaltung, aber vor allem auch aktiv eine öffentliche Diskussion über die Kosten, die Dimension und die äußere Formensprache – sprich: das Infragestellen des Schlosses als Baukörper – führt?
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Was vielleicht ein wichtiges Anliegen ist, weil ein Tabuthema einer breiteren Öffentlichkeit zugeführt wird, verehrte Kolleginnen und Kollegen von der CDU, ist noch lange nicht in der Form eines Denkmals mit dem richtigen Mittel gewürdigt, ein bisher viel zu wenig beachtetes Thema aufzugreifen und darauf hinzuweisen. Deswegen sagen wir: „Ein Denkmal für die ab Frühjahr 1945 in Berlin geschändeten Frauen“ – ich zitiere die Überschrift Ihres Antrags – findet unsere Zustimmung eher nicht.
Einige Argumente: Ein Denkmal in einer künstlerischen Ausdrucksform – das hat Frau Lange auch schon gesagt – ist keine geeignete Form, auf die Vergewaltigung von Frauen nach dem Zweiten Weltkrieg hinzuweisen. Es ist ganz schwer, dafür eine künstlerische Formensprache zu finden. Mit welcher Aussage wollen Sie das machen? Wollen Sie Frauen als leidende Opfer darstellen, Soldaten als Täter?
Zweites Argument: Es ist kein landespolitisches Thema. Es ist eine wichtige Frage, die aber nicht mit einem auf Berlin bezogenen Kontext, wie es Ihr Antrag suggeriert, zu beantworten ist.
Ich will noch etwas zu der Thematisierung des Anliegens in Ihrem Antragstext sagen. Sie schreiben „ab Frühjahr 1945“. Wir wissen alle, Vergewaltigung war und ist immer ein Teil von Krieg und war auch ein Teil der Nachkriegsgeschichte. Aber es ist nicht so eindeutig zu sagen, es waren nur Besatzungssoldaten ab Frühjahr 1945. Nein, Vergewaltigung ist ein wirklich dramatisches Thema im Krieg und auch nach dem Krieg, und nicht nur in Deutschland, sondern auch durch Wehrmachtssoldaten im Nationalsozialismus.
Ihre Formulierung „Besatzungssoldaten“ ist falsch gewählt, weil es im „Frühjahr 1945“ – von Ihnen selbst formuliert – alliierte Truppen sind, die zunächst, und so haben wir es, glaube ich, am 8. Mai auch thematisiert, als Befreier vom Nationalsozialismus hier waren. Man kann das nicht so generalisieren und sagen, die seien nun alle von Befreiern zu Besatzungssoldaten und damit sozusagen alle zu potenziellen Vergewaltigern mutiert. Sie haben das Kriegsende herbeigeführt und das barbarische Morden der Nationalsozialisten beendet.
Keine Frage, aus der Rolle des Siegers haben Soldaten das verheerende Recht abgeleitet, deutsche Frauen als
quasi Freiwild zu betrachten und ihnen körperlich und seelisch schwerstes Leid anzutun. Es ist völlig klar, dass dies weiterhin geächtet und aufgearbeitet gehört. Und das ist bisher immer noch nicht ausreichend getan worden, obwohl es schon Filme gibt wie den von Helke Sander oder wie es das Buch „Anonyma“ und der dazu entstandene Film beschreiben.
Aber ich bin sicher, hier ist noch eine Menge gesellschaftlicher Aufklärung zu leisten. Dieses Unrecht muss thematisiert und geächtet werden. Und was viel wichtiger ist: Die betroffenen Frauen müssen in zahlreichen Fällen das erlittene Trauma bis heute noch bearbeiten und brauchen auch heute noch Betreuung und Unterstützung und das Recht und die Möglichkeit, zu sprechen und über dieses Leid wirklich die Verarbeitung dieses Traumas zulassen zu können.
Was Sie nicht machen sollten, Kollege Braun, ist – und das suggeriert leider Ihr Antrag auch –, dass Sie den Frauen quasi die Schande zuschreiben. Sie sagen, die „geschändeten Frauen“. Nein, die Frauen wurden vergewaltigt, keine Frage, und die Schande liegt auf der Seite der männlichen Täter, die solche Verbrechen begangen haben.
Manchmal kommt es auf die Wortwahl an, finde ich, und das stört mich schon in der Überschrift Ihres Antrags. Ich denke, wir alle sollen das zum Anlass nehmen zu überlegen, was wir tun können, Aufarbeitung fortzuführen. Es ist vielleicht ein wichtiges Thema, das im Rahmen der neu gegründeten Stiftung Flucht und Vertreibung bearbeitet werden soll. Ich denke, da gehört es vielleicht ganz unmittelbar hin und ist dort ein ganz wichtiges Thema, das nicht unterschlagen werden darf. Aufarbeitung fortführen, aber, Kollege Braun und die CDU, ich denke, die von Ihnen vorgeschlagene Weise ist nicht das richtige Mittel. – Danke!
Herr Regierender Bürgermeister! Macht es nicht Sinn, die Mittel zu benutzen, um – statt klandestin in der Kulturverwaltung – öffentlich darüber zu diskutieren, welches Konzept man realisieren will, um in Berlin dauerhaft eine Kunsthalle zu installieren, und das auch unter Einbeziehung der von Herrn Braun genannten, bereits bestehenden Institutionen?
Danke schön, Herr Präsident! – Meine Damen und Herren! Ich frage den Senat:
1. Warum ist das normalerweise von den Gremien der Deutschen Film- und Fernsehakademie Berlin – dffb – in Kooperation mit der Universität der Künste durchgeführte Verfahren bei der Besetzung der/s Direktor/innen-Postens in Verbindung mit einer Professur gescheitert, und warum hat das Kuratorium der dffb dennoch eine Personalentscheidung für die Leitungsposition getroffen, ohne die Stelle neu auszuschreiben?
2. Wie beurteilt der Senat die Tatsache, dass die getroffene Personalentscheidung auf die Ablehnung der Studierenden gestoßen ist und fast alle Dozenten der dffb sich für eine Kandidatin ausgesprochen haben, und wie will der Senat den Konflikt in dieser landeseigenen GmbH lösen?
Bedeutet das, dass diese Stelle, die ursprünglich auch als Professur angedacht war – deswegen ja auch das Andocken an die Universität der Künste –, nun ausschließlich eine Direktoren- und Geschäftsführerfunktion umfasst? Können Sie uns sagen, was das Gespräch gestern Abend mit den Studierenden in der dffb ergeben hat?
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich frage den Senat:
1. Welche Zerstörungen sind bei Baumaßnahmen und der Aufstellung eines Mensazeltes an denkmalgeschützten Bereichen im Innenhof der HumboldtUniversität entstanden?
2. Wer ist dafür verantwortlich, und wie wird die Rekonstruktion der beschädigten Gartendenkmalbereiche sichergestellt?
Vielen Dank für die Ausführungen! Ich habe nur die Frage, wie die Gesamtkosten der Wiederherstellung sein werden und ob die betroffene Firma in Regress genommen wird. Gibt es da schon eine Lösung, nicht nur dieses Klageverfahren?
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es ist immer gut, wenn zu zeitgeschichtlichen und kulturpolitischen Themen ein großer Konsens unter den Parteien im Abgeordnetenhaus hergestellt wird, und ich würde mich sehr freuen, wenn diesen beiden Anträgen, die heute zur Schlussberatung anstehen, auch vom Regierenden Bürgermeister ein gewisser Respekt bezeugt würde.
Herr Kollege Gaebler, er sollte da sitzen, wo er als zuständiger Vertreter der Exekutive hingehört! – Freuen wir uns, wenn zwei von der Opposition initiierte Anträge heute eine Mehrheit finden. Ich denke, das ist gut so. Ich
freue mich auch, dass Herr Hilse dieses noch einmal zum Ausdruck gebracht hat.
Zum ersten Antrag, der sich mit dem Neuen Forum und seinem Gründungsdatum beschäftigt, fragt man sich im Nachhinein, auch nach der Debatte im Kulturausschuss, warum Rot-Rot nicht schon im September hier im Plenum an die Gründung des Neuen Forums als eines wichtigen, zentralen Teils der Bürgerbewegung vor zwanzig Jahren erinnern wollte. Es ist jetzt vier Monate zu spät, und deswegen ist die öffentliche Wirkung dieses Antrags leider nicht mehr die, die sie hätte sein sollen.
Nun wollen wir also, bis auf die FDP-Fraktion, in Berlin ein Zentrum für die Widerstands- und Oppositionsgeschichte gegen die SED-Diktatur initiieren. Es ist wirklich erfreulich, dass sich die Koalition nunmehr dazu durchgerungen hat, die Robert-Havemann-Gesellschaft als Trägerin dieses künftigen Zentrums vorzuschlagen, denn die Robert-Havemann-Gesellschaft ist die Institution, die seit zwanzig Jahren die Dokumente über die Arbeit des Widerstands gegen das SED-Regime in der DDR sammelt.
Was uns aber nervt – und das will ich ganz offen sagen –, ist, dass sich Rot-Rot auch hier ein Stück aus der Mitverantwortung, die Berlin hat, herausstiehlt und alle Verantwortung für die Umsetzung dieses Zentrums ausschließlich an den Bund abgeben will. Nein, wir denken, das ist wohlfeil! Auch Berlin hat eine Verantwortung, dieses Projekt zu initiieren.
Unseren grünen Vorschlag, hierfür Mittel aus dem aufgefundenen SED-Vermögen zu verwenden, haben Sie allerdings abgelehnt. Stattdessen geben Sie das Geld für das Elefantenhaus oder die Büros des Tierparkdirektors im Schloss Friedrichsfelde oder den Club Berghain. Ich muss sagen: Hier wären diese Gelder wirklich ein aktiver Beitrag des Landes Berlin für dieses Zentrum gewesen.
Bekanntlich ist Papier geduldig. Wie wollen wir das Projekt dem Bund näherbringen, wenn wir selbst keinen eigenen Beitrag leisten?
Wenn dieser Antrag nicht nur ein Bekenntnis auf Papier bleiben soll, muss Berlin einen eigenen Beitrag leisten und Gelder aus dem SED-Vermögen für ein Zentrum in Berlin bereitstellen zur Gründung einer Stiftung oder um die Erstausstattung mit zu finanzieren.
Ich möchte noch ein letztes Argument nennen, warum ich glaube – ich hoffe, Rot-Rot sieht das auch so –, dass die gesamtdeutsche Wiedervereinigungsgesellschaft den Akteurinnen und Akteuren des Widerstands gegen das SED-Regime insgesamt einen zu geringen gesellschaftlichen Platz gegeben und ihnen zu wenig Aufmerksamkeit gewidmet hat. Dieses gesellschaftliche Defizit sollten wir aktiv ändern und dagegen angehen. Es ist übrigens auch eine Aufgabe von allen Parteien.
Auch dafür ist ein lebendiges Zentrum der Opposition ein wichtiges Zeichen. Es ist gut so, wenn es dies nicht nur in Leipzig gibt, sondern auch in Berlin und den vielen anderen Orten, von denen Herr Hilse und Herr Dr. LehmannBrauns gesprochen haben, die den dezentralen Widerstand gegen das Regime geprägt und aktiv dagegen gekämpft haben. Ich hoffe sehr, dass der Regierende Bürgermeister den heutigen Beschluss, der mit mindestens vier Fraktionen – vielleicht bewegt sich die FDP noch – zustande kommen wird,
zum Anlass nimmt, Richtung Bund zu argumentieren, den Bund zu überzeugen, eine Initiative zu starten.
Wir haben bedauerlicherweise vergessen, einen Berichtstermin in unseren Antrag zu schreiben, aber ich hoffe, wenn sich zum Beispiel Herr Gaebler des Themas annimmt und dafür sorgt, dass der Regierende Bürgermeister als Exekutivvertreter Richtung Bund aktiv werden wird und wir in absehbarer Zeit einen konkreten Schritt gehen hinsichtlich dieses Widerstandszentrums, das wir alle wollen. – Vielen Dank!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich frage den Senat:
1. Wie will der Senat das Projekt „Kulturelle Bildung“ in Anbetracht der Tatsache, dass die Koordinierungsstelle für kulturelle Bildung innerhalb des Geschäftsbereichs der Kulturprojekte GmbH seit Beginn dieses Jahres nicht mehr besetzt ist, erfolgreich weiterführen?
2. Mit welchen konkreten Maßnahmen ist die weitere Umsetzung und Koordinierung des Rahmenkonzepts für kulturelle Bildung inklusive der Vorbereitung von Jury- und Beiratssitzung des Vergabefonds kurz-, mittel- und langfristig gewährleistet?
Angesichts der Tatsache, dass auch die zweite Stelle nicht besetzt ist und das Büro damit aktuell gar nicht besetzt ist, frage ich Sie: Wie wollen Sie als Kultursenator verhindern, dass die interessierte Öffentlichkeit, die das sehr im Auge hat, sich zunehmend fragt, worin die von Rot-Rot propagierte Priorität für kulturelle Bildung und die Umsetzung des Rahmenkonzepts – darum geht es ja – tatsächlich besteht, und wie wollen Sie sicherstellen, dass das Büro wirklich kurzfristig wieder arbeitsfähig wird?
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich frage den Senat:
1. Was hat der Senat unternommen, damit das von der israelitischen Synagogen-Gemeinde Adass Jisroel geführte Beth-Café in der Tucholskystraße, das am 4. Januar wegen eines herabgefallenen Fassadensteines aus Sicherheitsgründen geschlossen worden ist, wieder eröffnet werden kann?
2. Wie will der Senat die Sicherheit der Besucherinnen und Besucher der Gemeinde sicherstellen, wenn nun die Bewachungskräfte zwar von der anderen Straßenseite die Vorderfront des Gebäudes im Auge behalten, nicht jedoch den Innenbereich und die rückwärtigen Gebäudeteile überwachen?
Ich weiß, dass das nicht Ihre Zuständigkeit ist, aber vielleicht hört die zuständige Bausenatorin mit: Werden Sie sich mit dafür einsetzen, dass sich solche Vorfälle, dass Fassadensteine herabbröckeln und nicht nur Polizeibeamte gefährden, sondern auch Besucher einer Einrichtung, die eine öffentlich geförderte Religionsgemeinschaft in Berlin ist, nicht wiederholen und es bald zu einer Fassadensanierung kommt, damit das keine langfristige Problematik in der Tucholskystraße bleibt?
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ein Sprichwort sagt: Eigenlob stinkt. Mehr brauche ich zu dem eben Gehörten nicht sagen.
Es stimmt, dass der Kulturetat um knapp vier Prozent erhöht wird, und es ist sicher auch richtig, dass dafür der Regierende Bürgermeister verantwortlich ist, aber er korrigiert damit eine langjährige massive Kürzung des Kulturetats unter Senator Flierl.
Der Regierende Bürgermeister ist mit großen Worten gestartet. Er wollte 30 Millionen Euro für eine Kunsthalle mit diesem Haushalt auf den Weg bringen. Daraus sind 600 000 Euro geworden. Vollmundig gestartet – kleinlaut gelandet. Damit ist er ganz klein gelandet.
Die Erhöhung des Kulturetats geschieht fast ausschließlich zugunsten der großen Institutionen. Die freie Szene bleibt auf der Strecke. Die wenigen positiven Korrekturen zugunsten der freien Kulturszene gehen auf die Koalitionsmitglieder im Hauptausschuss zurück. Die Kulturpolitiker hatten dazu nichts zu sagen. Quer durch alle künstlerischen Sparten entfaltet die freie Szene die größte Krea
tivität. Das kommentiert der Senat – allen voran der Regierende Bürgermeister in seiner Funktion als Kultursenator – mit Ignoranz. Dort sieht man ihn nicht. Dazu äußert er sich nicht. Diese Szene interessiert ihn einfach nicht. Dabei ist die Gefahr groß, dass hier ein Künstlerperkariat mit einem hohen Maß an Selbstausbeutung entsteht. Wir finden das absolut skandalös und nicht zukunftsweisend für die Stadt.
In diese Richtung werden seit Jahren grundlegende Strukturveränderungen verweigert. Außer einer halbgaren Opernstiftung, der die Koalition schon in der letzten Haushaltsberatung die Millionen wieder zugesteckt hat, ist nichts geschehen. Unser grüner Antrag, der drei Prozent der Fördersumme in den großen Häusern sperren will, soll dazu dienen, endlich die verkrusteten Strukturen zugunsten der Kooperation mit der freien Szene aufzubrechen.
Die Koalition hat auch dazu nichts zu sagen und wird den Antrag einfach ablehnen, aber glauben Sie mir: Diese Kopf-in-den-Sand-Mentalität wird sich nicht auszahlen. Wir können den Kulturetat nur mit einer schonungslosen Aufgabenkritik sichern, und nur so können wir den Kultureinrichtungen eine langfristige Zukunft geben!
Der Gipfel der Irrationalität in der Koalition ist der neu geschaffene Haushaltstitel für das Renaissance-Theater mit einem jährlichen Zuschuss von über 2 Millionen Euro, der nicht einmal einer Evaluierung unterliegen soll. Hier keinen Euro für ein seit 15 Jahren anerkanntes Jüdisches Filmfestival, dort ein Unterhaltungstheater mit Ewigkeitsgarantie! Ein solches Verfahren ist der falscheste aller Wege und gehört schleunigst revidiert.
Dieser Tage möchte man ausrufen: Ein Lob der Indiskretion! – Das haben sich die Gesellschafter der ROC GmbH schön ausgedacht: Da lassen wir uns den Etat für die vier Klangkörper mal eben um 6 Millionen Euro erhöhen, und dann schauen wir mal, dass wir aus den zwei Orchestern eins machen. – Der Intendant des Deutschlandradios wurde als Minenhund vorgeschickt, um zu sehen, wie die Reaktion ausfällt. Das Land will als Gesellschafter an diesem Vorschlag nicht beteiligt gewesen sein? Ich muss sagen: Ein schönes Armutszeugnis ist das!
Die öffentliche Aufregung war entsprechend. Senat und Bund rudern jetzt zurück, und heute wird der Landesanteil für die Rundfunk Orchester und Chöre GmbH ohne Wenn und Aber durchgewinkt und damit jeder echte Einfluss auf den Haushalt aufgegeben. Nach dem gestrigen rotroten Verhalten in der Sondersitzung des Kulturausschusses, die Rot-Rot mit der Begründung platzen ließ, dass die Gefahr einer Fusion vom Tisch sei und kein Handlungsbedarf bestehe, wird heute ein dringlicher Antrag genau des Inhalts – keine Fusion – vorgelegt. Mit Verlaub: Man könnte meinen, Sie sind nicht ganz bei Trost!
Wolfgang Brauer
Wobei ich das unparlamentarische Vokabular zu entschuldigen bitte. Das Beispiel zeigt nur allzu deutlich: Sie wissen nicht, was Sie tun! Das gilt für den Senat, die Koalition und auf längere Sicht für das Finanzgebaren rund um den gesamten Kulturhaushalt. Für Konzeptlosigkeit gibt es von uns keine Stimme!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Kunsthalle ist heute wirklich ein ganz schwieriges Thema, obwohl sie ein neues Projekt für Berlin sein könnte. Deswegen richtet sich meine Rede heute zwar an das ganze Haus, aber besonders an die in dieser Frage, wie ich weiß, sehr zerstrittene SPD-Fraktion.
Warum müssen wir darüber reden? – Weil wir – das ist meine feste Überzeugung, und da bin ich mir mit dem Regierenden Bürgermeister einig – in Berlin unbedingt eine öffentliche Kunsthalle brauchen. Dass wir keine städtische Kunsthalle in der Stadt haben, ist ein kulturpolitischer Makel. Ich plädiere vehement dafür, diesen Makel zu beseitigen. Hamburg, München, Frankfurt und Düsseldorf haben Kunsthallen. Dort hat in der Vergangenheit die Musik der bildenden Kunst gespielt. In den letzten Jahren ist in Berlin eine Menge passiert, und wir sind froh, dass sich hier so viele internationale Künstler angesiedelt haben.
Ich gebe Ihnen ein Beispiel: Vorgestern Abend wurde der Preis der Nationalgalerie für junge Kunst, den es seit dem Jahr 2000 gibt, verliehen. Alle bisher für diesen Preis nominierten Künstlerinnen und Künstler sind inzwischen international bekannt und beachtet. Alle leben und arbeiten in Berlin, schaffen Renommee für die Stadt, aber kaum einer von ihnen hat jemals in Berlin ausgestellt. Ich finde, das steht der Stadt nicht gut an.
Deswegen bin ich, Herr Braun, mit Ihnen im Konsens, wenn Sie ja zu einer Kunsthalle für Berlin sagen, denn
diese würde die bedeutende Szene der bildenden Kunst in der Stadt langfristig stützen.
Das Defizit existiert 15 Jahre. Damals wurde die Kunsthalle in der Budapester Straße geschlossen. Man merkt, dass das Land Berlin durch das Atelierprogramm etwas dafür tut, dass Künstler hier arbeiten können, und sich durch die Stiftung Preußischer Kulturbesitz und die Staatlichen Museen für die Präsentation von Sammlungen einsetzt. Dazwischen fehlt einfach eine überregional wirkende Kunsthalle. Die vielen Kunstvereine und auch die Kunstwerke, Herr Braun, leisten wichtige Arbeit, aber sie haben nicht diese Möglichkeit, das, was wir benötigen, eine Kunsthalle zu schaffen, die weit über die Stadt hinaus wirken sollte.
Herr Braun! Privat bauen – Frau Lange hat es gesagt –: Schön und gut! Aber dann stellt sich die Frage: Wer ist der Träger? Sie haben in Ihrem Dreizeilerantrag leider überhaupt kein Modell. Das ist nicht zu Ende gedacht. Wenn ich eine private Halle habe, dann muss ich fragen, wer das trägt. Das kann nur die öffentliche Hand sein und keine Großgalerie mit kommerziellen Interessen. Davon haben wir mittlerweile eine Menge in unserer Stadt. Dafür haben wir nun wirklich keinen weiteren Bedarf.
Was wir brauchen, wäre eine Kunsthalle in öffentlicher Trägerschaft mit einem transparenten Konzept. Da ist der Punkt, an dem ich den Regierenden Bürgermeister vehement kritisieren möchte. Es geht nicht, dass man der Stadt einfach eine Kunsthalle von oben oktroyiert. Wir benötigen auch keine 30-Millionen-Halle für 2 000 m2 am Humboldthafen. Nein, wir haben Standorte in Berlin, an denen wir eine kreative Szene bündeln können, an denen wir etwas tun können, um die Stärkung der Szene zu bewirken, wo wir durchaus auch stadtentwicklungspolitisch ein Zeichen setzen können, wo wir einen Raum mit passender Größe haben, wo wir variable Ausdrucksmöglichkeiten finden können und wo es zu einer Situation kommen kann, in der es nicht nur um die Präsentation der zeitgenössischen Kunst geht, sondern auch darum, sie zu vermitteln und in einen Diskurs mit Nutzern, mit Umgebung und Besuchern zu bringen. Wir benötigen nicht nur eine Kunsthalle für die Stadt, für die Besucher, sondern auch für die Menschen in dieser Stadt, um sie an die Gegenwartskunst heranzuführen, die in der Stadt existiert und gezeigt werden soll. Es geht viel preiswerter als für 30 Millionen.
Man kann, Herr Regierender Bürgermeister, das ist mein Plädoyer an dieses Haus, für 300 Millionen Euro, die Sie in der Investitionsplanung Kultur bereitstellen, sowohl die Zentral- und Landesbibliothek als auch den Ausbau des Bauhaus-Archivs als auch –
die Kunsthalle realisieren.
Ich bitte Sie von Herzen: Denken Sie darüber nach, dass nichts konkurrierend gegeneinander gestellt wird, sondern alles zukunftsweisend für die Stadt entwickelt wird!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hat Ihnen schon zu Beginn dieses Jahres gesagt, dass wir die Vielfalt der Erinnerungstermine im Jahr 2009 und unsere Verpflichtung für uns als Fraktion, aber auch für dieses ganze Haus sehen, diese vielen Daten des Erinnerns in diesem Jahr zum Anlass zu nehmen, dass sich dieses Haus aktiv mit den einzelnen Daten befasst. Und so ein Datum jährt sich heute. Heute ist der 20. Jahrestag der Gründung oder des Verfassens des Aufbruchtextes des Neuen Forums. Wenn Sie heute Morgen das Inforadio gehört hätten, dann hätten Sie gehört, dass ein großer Themenschwerpunkt zu dem Bereich gekommen ist und dort z. B. ein langes Gespräch mit Sebastian Pflugbeil stattgefunden hat, einem der Initiatoren dieses Aufrufs am 10. September 1989.
Verehrter Herr Hilse! Was für ein Problem haben Sie eigentlich mit unserem Antrag?
Es ist so, dass wir heute – und es ist immer etwas Symbolisches, wenn ein Parlament eine Entschließung verfasst – symbolisch exemplarisch erinnern, weil es das heutige Datum ist, um das es geht, um an die Vielfalt der breiten Bürgerbewegung in den Zeiten des Aufbruchs im Sommer und Herbst 1989 zu erinnern.
Ich finde, und ich denke, mit mir in Ost und West politisch engagierte Menschen, dass es ein gutes Zeichen gewesen wäre, wenn wir dieses heute zum Ausdruck bringen, 20 Jahre danach. Es wäre sicherlich richtig gewesen, wenn die SPD zur SDP-Gründung eine Resolution herausgebracht hätte und wir zur Grünen-Partei. Aber darum geht es doch gar nicht.
Uns nicht! Uns geht es nicht um kleinkariertes Parteigehabe,
sondern uns geht es darum, hier einen breiten Konsens der Demokraten hinzubringen. Und ich möchte Ihnen sagen, Herr Gaebler: Gerade Ihr Verhalten in der letzten Woche – wir haben Ihnen frühzeitig diesen Antrag gegeben,
in der Hoffnung, dass wir hier einen breiten Konsens aller hinbekommen. Auch für uns ist es nicht ganz einfach, mit den ehemaligen Blockparteileuten, die sich hinter CDU und FDP verbinden, diesen Antrag zu bringen. Aber gerade Sie hätten es gut gemacht, wenn Sie Ihren Koalitionspartner dazu gebracht hätten, in einen aktiven Erinnerungsprozess einzutreten und hier eine gemeinsame Resolution zu unterzeichnen und zu beschließen.
Das wäre gut gewesen. Es geht hier nicht um Kleinigkeiten. Es geht hier nicht um Eifersüchteleien. Ich denke, es wäre ein gutes Zeichen dieses Parlaments gewesen, dies heute nach außen zu schicken als eine aktive Form der Erinnerungspolitik, der sich ein Parlament sehr gut anschließen könnte.
Meine Frage richtet sich auch an den Wirtschaftssenator.
Herr Senator Wolf! Ich frage Sie: Wie hoch waren die Förderungen aus Landes- und EU-Mitteln für die in der nächsten Woche im Flughafen Tempelhof stattfindende Modemesse „Bread and Butter“ bis heute? Können Sie bestätigen und wie beurteilen Sie, dass gegen die Beihilfe auf EU-Ebene eine Beschwerde von Konkurrenten aus der Modebranche eingereicht wurde?
Wann rechnen Sie mit einem Entscheid der EU-Kommission? Welche Haltung haben Sie denn gegenüber der Kommission zu diesem Vorgang eingenommen?
Frau Kollegin Hämmerling! Können Sie sich als ebenso altgediente Parlamentarierin wie ich daran erinnern, dass die zuständige Fachsenatorin in der Vergangenheit immer der Meinung war, Fahrpreiserhöhungen und Tarifände
Vizepräsident Dr. Uwe Lehmann-Brauns
rungen gibt es nur dann, wenn alle Taxiverbände zusammengearbeitet und sich geeinigt haben? Ist Ihnen dieser Satz des Öfteren auch noch in Erinnerung so wie mir?
Herr Gaebler! Ich wollte Sie fragen, ob Ihnen bekannt ist, wie viele Taxiverbände es in Berlin gibt und wie viele
Unternehmen in den jeweiligen Verbänden mit wie viel Taxen sich zusammengefunden haben. Und werden Sie mir dann zustimmen, dass die Mehrheit von Taxiunternehmen gegen die Tariferhöhung zum jetzigen Zeitpunkt sind?
Herr Regierender Bürgermeister! Welche Leistungen erbringt denn der designierte Generaldirektor der Opernstiftung im Vorfeld seines Amtsantritts am 1. September, um die anstehenden Konflikte zu lösen – wobei der Bühnenservice und die dortigen Finanzprobleme nur ein Teil sind –, wofür er, wie man hört, ein ziemlich fürstliches Honorar bekommt, und wie sehen Sie vor diesem Hintergrund, dass der designierte Intendant der Opernstiftung Herr Flimm heute in der Presse weitere 12 Millionen Euro fordert, um die Probleme einer Unterfinanzierung der Staatsoper ausgleichen zu können?
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Meine Güte, Herr Regierender Bürgermeister, verehrter Kultursenator! Dass Sie jetzt die schriftliche Beantwortung der Großen Anfrage uns jetzt auch noch einmal vorgelesen haben und nur abgelesen haben,
das hätten wir nicht noch einmal anhören müssen, zumal wir sehen, wie das Interesse bei den Prioritäten setzenden Fraktionen ist.
Besser, wir hätten die Große Anfrage und Ihre Antwort im Ausschuss diskutiert und dann sachgerechte Lösungen gefunden.
Wenn das Ziel ist, dass man hier noch einmal klar ins Mikrofon und vor der Presse sagen wollte, dass die Zentral- und Landesbibliothek 20 Jahre nach dem Fall der Berliner Mauer endlich einen gemeinsamen neuen Standort braucht, dann hat es seinen Sinn gehabt, dass wir heute darüber geredet haben. In diesem Zusammenhang, verehrter Herr Regierender Bürgermeister, wünsche ich Ihnen für die morgigen Chefgespräche mit dem Finanzsenator alles Gute.
Die Literatur ist eine wichtige Sparte – wir haben es schon gehört –, weil diese Stadt nicht nur Lebens- und Arbeitsort für weit über 1 000 professionell arbeitende Autorinnen und Autoren ist, sondern der Buchmarkt in Berlin eine wirklich wichtige Rolle spielt und laut Kulturwirtschaftsbericht 2008 die Buch- und Pressebranche
immerhin in Berlin einen Umsatz von 4,6 Milliarden Euro macht.
Wir sind froh, dass Berlin als Kreativstadt immer noch diese Anziehungskraft hat. Es ist natürlich gut, dass wir fünf institutionell geförderte Literatureinrichtungen in der Stadt haben, die in ihrem jeweiligen Profil – ich hoffe, da sind wir uns einig – ganz gut voneinander abgegrenzt sind. Nun muss man nach den Ausführungen und einer gewissen Selbstbeweihräucherung der Regierungskoalition und des Regierenden Bürgermeisters den Finger in die Wunde legen: 0,6 Prozent des gesamten Kulturetats des Landes Berlin gehen in die Literaturförderung. Das ist diesem Bereich definitiv nicht angemessen.
Selbst die institutionell geförderten Literatureinrichtungen sind mit zu geringen Mitteln ausgestattet, um die aktuellen Aufgaben vor allem im Bereich der internationalen Kooperation und der Interdisziplinarität zu bewältigen und weiterentwickeln zu können.
Es ist von meinen Vorrednern gesagt worden, aber ich finde, man muss es hier noch einmal sehr kritisch benennen: Die „lyrikline“, das international vielleicht profilierteste Projekt zur Literatur aus Berlin mit inhaltlicher Vernetzung zu über 40 Ländern, ist bisher finanziell überhaupt nicht abgesichert gewesen und musste Jahr für Jahr im Rahmen der Haushaltswirtschaft wie ein Bittsteller bei der Verwaltung vorsprechen, um überhaupt einige Zehntausend Euro zu bekommen. Ich finde das unwürdig, meine Damen und Herren von Rot-Rot! Deswegen hoffe ich, dass wir gemeinsam dieses innovative Projekt in den Haushaltsberatungen absichern können.
Fast alle Literaturhäuser sind darauf angewiesen, zum Teil mehr als die Hälfte ihres Etats aus Drittmitteln zu akquirieren. Sie schaffen das auch. Aber im Grundsatz zeigt sich immer wieder das Gleiche im Kulturetat: Alle zerren an einem viel zu kleinen Tuch.
Unter den Tisch fallen vor diesem Hintergrund die Einzelprojekte, die von dem ohnehin schon bescheidenen Kuchen das allergeringste Stück abbekommen, nur 10 Prozent der Mittel überhaupt. Und Nachwuchsförderung findet in Berlin nicht statt. Das ist kulturpolitisch ein besonderes Fanal, denn gerade der innovative und besonders kreative Kulturbereich in Berlin braucht dringend Förderung. Das gilt natürlich für die Kinder- und Jugendleseförderung in besonderem Maße. Für alles soll jetzt der Projektfonds Kulturelle Bildung herhalten. Was Sie alles daraus fördern wollen, dazu müssten Sie diesen Titel erst einmal ungefähr verzehnfachen. Ansonsten ist das nur eine klassische Bemühenszusage ohne Realitätschance.
Und die Sicht auf einen Teil der Berliner öffentlichen Bibliotheken in den Bezirken in Ihrem Bericht, Herr Regierender Bürgermeister, der zeugt ehrlich gesagt von
besonderer Ignoranz gegenüber den tatsächlichen Problemen: mangelnde Entwicklungsmöglichkeiten für diese Einrichtungen der Lesekompetenzförderung. Ich sage Ihnen, wenn Sie nicht dazu kommen, die Bibliotheken durch ein Landesbibliotheksgesetz abzusichern, dann sehe ich schwarz für diese zentralen Einrichtungen der Kultur.
Wir haben nicht über die soziale Lage der Autoren gesprochen, aber ich denke, bei einer Bestandsaufnahme in einer Großen Anfrage, die noch nicht einmal einen Begründungsteil hat, wäre zu wünschen gewesen, dass man erfährt, welche Zielvorstellungen der Senat mit der Literatur verbindet. Vor allen Dingen der Regierende Bürgermeister ist eine Antwort darauf heute leider schuldig geblieben. Daher verschieben wir diese Debatte in die Haushaltsberatungen. Da werden wir das Thema dann noch einmal aufrufen. – Danke schön!