Protokoll der Sitzung vom 10.12.2009

[Vereinzelter Beifall bei der SPD]

Es ist richtig, Ziele vorzugeben. Es ist richtig, einen Stufenplan umzusetzen, aber die SPD ist sich einig mit der IHK, dem Mieterverein und dem BUND: Wir müssen diese Ziele und Vorgaben in einer weitestgehenden Technologieoffenheit erreichen. Es muss auch darum gehen, dass wir das entsprechend umsetzen. Ich glaube, dass wir so im Klimaschutz entscheidend vorankommen.

[Beifall bei der SPD und der Linksfraktion]

Wir investieren nach wie vor. Der BBI allein ist ein Sonderkonjunkturprogramm. Wir finanzieren weiter unsere Sanierungsprogramme im Bereich der Bäder und Schul- und Sportstätten. Das Konjunkturprogramm II kommt hinzu. 632 Millionen Euro werden dort insgesamt ausgegeben, davon 434 Millionen Euro im Bereich der Bildung. Über 94 Prozent der geplanten Maßnahmen sind angepackt. 737 Projekte gelten als laufende Maßnahmen, und 51 Millionen Euro sind bereits ausgezahlt. Das alles stärkt die Wirtschaft, das alles sichert Arbeitsplätze. Die Handwerkskammer betont, dass die Berliner Betriebe von einer

veränderten Auftrags- und Vergabepraxis, die die Stadtentwicklungssenatorin durchgesetzt hat, profitieren. Viele Aufträge – bauliche und energetische Sanierung, technische Ausstattung wird verbessert, in der Verwaltung, in Krankenhäusern, Kitas und Schwimmbädern. Viele dieser Aufträge verbessern unsere Infrastruktur, insbesondere auch im Bildungsbereich. Wir können die Schulstruktur weiterentwickeln und Ganztagsbetreuung sowie Mensen an unseren Schulen verstärkt anbieten.

Da bin ich beim Thema Bildung: Ich glaube, dass das neben der Wirtschafts- und Arbeitsmarktpolitik einer der ganz großen, wichtigen weiteren Schwerpunkte ist. Schüllerrückgang, bildungsferne Elternhäuser, Schulabbrecher, zu wenig Abiturienten für ein Land, dessen wichtigste Ressource das Wissen ist, führen bundesweit zu Diskussionen über die Schulstruktur. Dabei steht fest: Bildung ist in Deutschland immer noch von der sozialen Herkunft abhängig.

[Zurufe von der FDP]

Damit können wir uns nicht abfinden – damit das klar ist.

[Beifall bei der SPD und der Linksfraktion]

Es muss sein, dass wir jetzt alle Anstrengungen unternehmen, um eine größere Chancengleichheit zu erreichen, denn wenn wir jetzt keine Reform auf den Weg bringen, dann bedeutet das für unser Land nicht nur Stillstand, sondern Rückschritt. Genau diesen Rückschritt können wir uns nicht leisten, weder in der Kita noch in der Schule noch in der Hochschule. Die Berliner Kitas sind schon hervorragend ausgestattet. Wir haben ein Platzangebot, eine Vielfalt wie bundesweit sonst nirgendwo. Wir haben konfessionelle und staatliche Träger, bilinguale Kitas und Sportkitas. Sie alle sind auf engstem Raum zu erreichen. Wir haben das letzte gebührenfreie Jahr vor der Einschulung ohnehin schon eingerichtet. Sprachlerntagebücher machen deutlich, dass Kitas bei uns wirklich Bildungseinrichtungen sind.

[Beifall bei der SPD, den Grünen und der Linksfraktion – Zuruf von der FDP]

Aber wir werden diesen Standard noch einmal verbessern.

Sicherlich! Das Volksbegehren hat mit dazu beigetragen. Das, was in einem Stufenplan ohnehin beabsichtigt war, kommt jetzt schneller, das ist keine Frage. Der Teilzeitanspruch wird erweitert. Wir haben eine Verbesserung beim Personalschlüssel vorgesehen sowie die Absenkung des Leitungsschlüssels. 2010 kostet uns das rund 20 Millionen Euro, 2011 60 Millionen Euro. Das ist viel Geld, das auch aus anderen Bereichen kommen musste, aber es ist richtig, dass wir das gemacht haben, und es ist richtig, dass wir nicht zugelassen haben, dass die Qualitätsverbesserung ausgespielt wird gegen die Gebührenfreiheit im Bereich der Kitas.

[Beifall bei der SPD und der Linksfraktion]

Da waren einige ganz schnell vorneweg und haben gesagt: Lasst das doch! – Nein, es ist richtig, dass wir in

unserer Stadt die Kitas gebührenfrei anbieten. Gerade bei der Sozialstruktur, die wir in unserer Stadt haben, ist das der richtige Weg, und gerade weil wir wollen, dass möglichst viele Kinder in die Kitas gehen, dass es keine Hürden bei den Kitas gibt. Deswegen ist das falsch, was wir auf Bundesebene erleben, dass Schwarz-Gelb tatsächlich wieder auf ein Betreuungsgeld setzt und die Kinder von den Bildungseinrichtungen, die sie so dringend brauchen, fernhalten möchte.

[Zuruf von der FDP]

Natürlich geht es genau darum. Ich will deutlich sagen: Nicht nur dieses Betreuungsgeld ist falsch, sondern ganz grundsätzlich, diese Art der Finanzierung in der Bildungslandschaft ist falsch, und auch Kindergelderhöhungen sind falsch. Wir müssen Schritt für Schritt dazu kommen, dass wir viel mehr die Systeme finanzieren, von denen unsere Kinder und Jugendlichen profitieren. Darum muss es gehen, da müssen die Milliarden reinfließen.

[Beifall bei der SPD, den Grünen und der Linksfraktion]

Die Schulstrukturreform ist das zentrale Thema in der Bildungspolitik. Das Schuljahr 2009/2010 hat gut begonnen, der Bildungssenator hätte sich zurücklehnen können. Das hat in den letzten Jahren nicht immer so gut begonnen, was etwas damit zu tun hatte, das dieses Schuljahr sehr gut ausgestattet war und sehr gut organisiert wurde. Aber der Bildungssenator hat sich eben nicht zurückgelehnt, sondern er hat gesagt: Es ist ja einiges zu tun! Wir müssen den Kinder eine Perspektive in unserer Bildungslandschaft bieten. Deswegen ist es richtig, dass wir von der Vielgliedrigkeit wegkommen. Deswegen ist es richtig, dass wir von der Hauptschule wegkommen, die vielen Kindern und Jugendlichen keine Bildungsperspektiven mehr bietet. Wir haben eine bundesweite Debatte. Berlin steht – vielleicht gemeinsam mit Hamburg und Bremen – an der Spitze der Bewegung. Wir wollen hin zu einem längeren gemeinsamen Lernen, das ist uns wichtig. Wir wollen das Ganztagsangebot ausweiten. Wir wollen an den Sekundarschulen eine hohe Durchlässigkeit haben, um an einer Schule wirklich zu jedem Bildungsabschluss kommen zu können.

Diese Schulen werden sehr praxisorientiert mit der Berliner Wirtschaft zusammenarbeiten. Man wird dort die Chance haben, in insgesamt 13 Jahren zum Abitur zu kommen. Wir werden eine hervorragende Ausstattung an den Sekundarschulen haben, mehr Erzieher, mehr Sozialarbeiterstellen, mehr Lehrerstellen, und an den Brennpunkten ist die Anzahl noch einmal mit zusätzlichen Lehrerinnen und Lehrern verstärkt worden. Insgesamt kommen noch einmal über sechs Millionen Euro zu den ohnehin 18 Millionen Euro hinzu, die für die Umsetzung der Schulstrukturreform obendrauf vorgesehen waren.

Wir bekommen dafür viel Unterstützung von der IHK, der Handwerkskammer und vom Landeselternausschuss. Nur von der Opposition – genauer gesagt von CDU und FDP – hört man an dieser Stelle so gut wie gar nichts.

[Zurufe von der CDU und der FDP]

Ich habe das CDU-Papier dabei. Es sind 15 Seiten, in denen gefordert wird, dass viele Kommissionen für eine neue Schulstruktur eingesetzt werden, Arbeitspapiere gefertigt und Gutachten eingeholt werden, und Arbeitsgruppen auf Landes- und Bundesebene sollen das immer begleiten. Ich dachte immer, Herr Kollege Henkel, die SPD wäre Weltmeister im Gründen von Arbeitskreisen, aber den führenden Status

[Vereinzelter Beifall bei der SPD und der Linksfraktion]

haben Sie jetzt übernommen. Es ist gut, wenn man sich gründlich vorbereitet, aber irgendwann, Herr Kollege Henkel, muss man auch mal etwas entscheiden.

[Beifall bei der SPD und der Linksfraktion – Zuruf von der CDU]

Ja! Irgendwann muss man auch mal etwas entscheiden. – Es geht nicht darum, ob Sie sich oder wir uns gut fühlen, ob die Journalisten das richtig oder falsch finden oder die Lehrer oder sonst wer, sondern es geht darum, ob wir ein entsprechendes Bildungsangebot für die Kinder in unserer Stadt machen. Darum muss es gehen!

[Beifall bei der SPD, den Grünen und der Linksfraktion]

Da schlagen Sie nun in Ihrem langen Papier vor, dass man in den Kommissionen tatsächlich darüber reden kann, ob nicht innerhalb der nächsten zwei Legislaturperioden, das heißt, innerhalb der nächsten zehn Jahre, schrittweise etwas neu organisiert wird. Dieses Neue soll dann so aussehen, dass es einen ersten Bildungsgang gibt, der einen praktischen Schulabschluss bietet, und einen zweiten Bildungsgang, der einen mittleren Schulabschluss bietet, und einen dritten Bildungsgang, der dann das Abitur bietet. Sie wollen genau bei der Schulstruktur bleiben, die wir im Moment haben, und den Kindern und Jugendlichen keine bessere Bildungsperspektive bieten – um das ganz deutlich zu sagen.

[Beifall bei der SPD und der Linksfraktion – Vereinzelter Beifall bei den Grünen]

Ich möchte auch gern wissen – ich glaube, die Berlinerinnen und Berliner wollen das auch gern wissen –, was die CDU, die größte Oppositionsfraktion an dieser Stelle zu bieten hat. Herr Heilmann kann jetzt nicht nach vorne kommen, der Werbefachmann der CDU, der immer mal testet, was denn in der Öffentlichkeit so geht. Jetzt ist der Oppositionsführer gefragt, wohin aus Sicht der CDU die Reise in der Bildungspolitik gehen soll.

Ich möchte gern auch ein Wort von Ihnen hören, wie Sie das begleiten, was im Moment schon an Umstrukturierung in den Bezirken passiert. Ist das, was zu lesen war, wahr, nämlich, dass im CDU-Landesvorstand darüber entschieden wurde, ob die CDU-Bildungsstadträte in Reinickendorf, Spandau und Tempelhof-Schöneberg tatsächlich diese Schulreform begleiten können oder nicht? – Wenn das so wäre, dann ist es ein Skandal,

[Beifall bei der SPD, den Grünen und der Linksfraktion]

dass nicht alle an der Spitze der Bewegung stehen und sich darum kümmern.

Wir machen einen guten Vorschlag zu dieser Schulstrukturreform. Der Elternwille wird eindeutig gestärkt,

[Gelächter bei der CDU]

die Sekundarschulen werden starke Sekundarschulen sein, und auch die Gymnasien werden als zweite starke Säule mit den Schulleiterinnen und Schulleitern, die durch ihre Entscheidung echte Profile an den Gymnasien bilden können, ein starkes Angebot in unserer Bildungslandschaft machen können.

Ich fordere Sie auf, das zu unterstützen, denn es kann nur eine Antwort in der Bildungspolitik geben: Ein klarer bildungspolitischer Kurs ist notwendig, nein zum Betreuungsgeld, Gebühren abschaffen von der Kita bis zur Universität, weiter in die Qualität der Kitas investieren und eine Schulstrukturreform umsetzen für die optimale Förderung aller Kinder und Jugendlichen, unabhängig von ihrer sozialen Herkunft und familiären Situation. Dafür müssen wir uns gemeinsam engagieren.

[Beifall bei der SPD und der Linksfraktion]

Klar ist auch: Wir dürfen in der Wissenschaft nicht nachlassen. Derzeit lehren, forschen, arbeiten und studieren rund 200 000 Menschen aus aller Welt in Berlin. Allein in den Hochschulbereich investiert Berlin im Jahr rund 1,5 Milliarden Euro. Mit dem Masterplan Wissenschaft wird die Hauptstadt zum führenden Wissenschaftsstandort in Deutschland ausgebaut. Durch die Hochschulverträge erhalten die Berliner Hochschulen mindestens 334 Millionen Euro zusätzlich für die Jahre 2010 bis 2013. Diese sehr gute finanzielle Ausgangslage der Hochschulen stärkt ihre Autonomie und Wettbewerbsfähigkeit.

Gleichzeitig haben wir den Startschuss für ein zukunftsorientiertes Hochschulfinanzierungssystem in Deutschland gegeben, das ab 2012 die Berechnung des Landeszuschusses zu zwei Dritteln auf der Grundlage der von den Hochschulen erbrachten Leistungen vorsieht. Mit dieser Umstellung können in den Jahren 2012 und 2013 bis zu 6 000 zusätzliche Studienplätze geschaffen werden. Auch das heißt: Im Bereich der Wissenschaftspolitik machen wir einen großen Sprung nach vorne und statten sie hervorragend aus.

[Beifall bei der SPD und der Linksfraktion]

Und trotzdem, obwohl wir also in den Bereichen der Wirtschaft und der Bildung eine gute Grundlage haben, die wir weiter stärken werden, gibt es keinen Anlass, sich zurückzulehnen. In unserer Stadt, die international geschätzt wird und innerhalb Deutschlands beliebt ist wie keine zweite Stadt, gibt es auch soziale Verwerfungen – keine Frage! Viele junge Menschen aus Deutschland und Europa zieht es nach Berlin. Als Tourist oder als Neuberliner kommen sie nach Berlin. Berlin ist ein Magnet für

Kreative genauso wie für Wissenschaftler. Die Berlinerinnen und Berliner gönnen sich Weltoffenheit, Modernität und vielfältige Lebensstile. Menschen verschiedener Herkunft leben tolerant und friedlich miteinander.

Aber Berlin ist eben auch – wie viele Metropolen – bedroht von sozialer Spaltung, Armut, Ausgrenzung oder Verdrängung aus dem angestammten Kiez. Darauf müssen wir Antworten finden, aber wir müssen politische Antworten finden. Das Anzünden von Autos ist keine Antwort, sondern schlichtweg ein krimineller Akt und nichts anderes.

[Beifall bei der SPD, der CDU, den Grünen und der Linksfraktion]

Das ist so, und ich erwarte auch, dass sich alle Fraktionen und alle Abgeordneten aller Fraktionen in diesem Punkt einig sind, dass wir den Innensenator und die Berliner Polizei in ihrem Bemühen unterstützen. Es kann hier kein Wackeln von Demokraten geben.

[Andreas Gram (CDU): Aha!]

Rechte wie linke Gewalt ist zu verurteilen und hat in unserer Stadt keinen Platz.

[Allgemeiner Beifall]