Danke schön, Herr Kollege Wolf! – Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hat nunmehr die Fraktionsvorsitzende Frau Pop das Wort. – Bitte schön, Frau Pop!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Auch ich möchte mich dem Dank anschließen, dem Dank an die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Hauptausschusses, an die Kolleginnen und Kollegen im Hauptausschuss für die geleistete Arbeit.
Herr Wolf! Ihre Rede war leider so uninspiriert wie Ihr gesamter Haushalt. Herr Müller hat es schon besser gemacht, er hat es vorgezogen, darüber lieber gar nicht zu reden, sondern sich in allgemeinen Phrasen und Überlegungen zu retten, denn zu diesem Haushalt gibt es tatsächlich wenig zu sagen.
Vor zwei Jahren haben Sie sich ja noch vollmundig gelobt, wie geräuschlos Sie den Haushalt beraten und beschlossen haben – davon kann dieses Mal keine Rede mehr sein. Über nahezu jeden Euro wurde in der Koalition erbittert gestritten, öffentlich und hinter verschlossenen Türen. Diese Regierung ist nicht mehr in der Lage, Entscheidungen zu treffen. Sie streiten über jeden Euro und jede Maßnahme – dieser Haushalt ist ein Dokument Ihrer Zerstrittenheit.
Ihnen fehlt die klare Linie, und der einzige Schwerpunkt, den Sie mit der Kitapolitik haben, haben Ihnen die Eltern unter Druck abgerungen. Niemand dort draußen nimmt es Ihnen ab, wenn Sie sich dafür auch noch abfeiern.
Stattdessen haben Sie zur inneren Befriedung jede Menge Kleingeld über den gesamten Haushalt verteilt. Statt Zukunftsinvestitionen legen Sie uninspiriertes Klein-Klein auf den Tisch – mehr haben Sie nicht mehr zu bieten.
Es wäre jetzt ein Leichtes, der Bundesregierung die Schuld an der miserablen Lage zu geben. Diese neue
Bundesregierung macht auch wahrlich alles falsch: In der Familienpolitik wird die Uhr zurückgedreht, anstatt die Kindersätze für Kinder zu erhöhen und etwas gegen die Kinderarmut zu tun, werden Eltern, die wenig Geld haben, mit dem Betreuungsgeld regelrecht geködert, ihre Kinder aus der Kita zu nehmen – das ist ein riesiger Unsinn.
Mit der Auflösung der Jobcenter geht es zurück in die arbeitsmarktpolitische Steinzeit, und es ist ein Treppenwitz der Geschichte, dass CDU und FDP, denen die Hartz-Gesetze damals im Bundesrat nicht weit genug gingen, heute den Kern der Hartz-IV-Reform, die Jobcenter, abschaffen wollen. Hier muss endlich Vernunft einkehren; allerdings habe ich bei der Bundesregierung wenig Hoffnung.
Der Tiefpunkt dieser Bundesregierung ist schon genannt worden – das sogenannte Wachstumsbeschleunigungsgesetz, das in Wahrheit nichts anderes als ein Schuldenbeschleunigungsgesetz ist. Lauter sinnlose Klientelgeschenke für Hoteliers, Erben und sonstige Besserverdiener. Steuersenkungen in dieser Form haben noch nie zu Wachstum geführt – außer auf den Konten der Besserverdienenden.
Die Zeche für diese Klientelgeschenke werden die Arbeitnehmer und auch die Länder und die Kommunen zahlen. Wenn aber CDU und FDP in Berlin diesen Unsinn der Bundesregierung auch noch verteidigen, kann ich Ihnen nur sagen, dass Sie für eine Haushaltskonsolidierung in dieser Stadt nicht mehr ernst zu nehmen sind.
Herr Müller! Auch wir sind der Meinung, dass Haushaltskonsolidierung eine gemeinsame Anstrengung von Bund und Ländern sein muss. Sie von Rot-Rot sollten sich aber nicht hinter dem Bund verstecken. Die Leute messen Sie an Ihren eigenen Taten hier in Berlin. Sie hätten mit dem letzten Haushalt Pflöcke einschlagen können. Sie hätten den Berlinerinnen und Berlinern sagen können, wofür Sie eigentlich noch stehen. Sie hätten Ihnen sagen können, was sie von diesem Senat noch zu erwarten haben, aber Sie geben selbst zu, dass dieser Haushalt keinerlei Zukunftsvorstellungen enthält. Wenn zuerst Udo Wolf in der Zeitung beklagt, dass die Koalition keine Ideen mehr hätte, dann Harald Wolf eine Woche später fordert, man müsse sich rasch auf die zentralen Aufgaben verständigen, dann frage ich: Ja, wann denn, wenn nicht jetzt? Wie lange sollen die Berlinerinnen und Berliner noch warten? Sie stellen doch jetzt den Haushalt für die nächsten zwei Jahre auf.
Wenn Sie, Herr Müller, allgemein positive Aussagen zu Bildung, Soziales, Klima und Umweltschutz machen, kann ich Ihnen nur angesichts des Haushalts sagen: Die Botschaft höre ich wohl, allein mir fehlt der Glaube. Denn
Sie werden heute einen Haushalt verabschieden, der keinen Plan hat und auf die entscheidenden Zukunftsfragen keinerlei Antworten gibt. Zu den Fragen von Wirtschaftsentwicklung und zukunftsfähigen Arbeitsplätzen, zu der Frage des Klimaschutzes und zu der sozialen Frage, nichts findet sich dazu im Haushalt, der, wie es so schön heißt, in Zahlen gegossene Politik sein soll. Dieser Haushalt ist in Zahlen gegossene rot-rote Planlosigkeit und nichts anderes.
In dieser Koalition kämpft inzwischen jeder nur noch auf eigene Rechnung. Der Wahlkampf ist eröffnet. Für eine gemeinsame Linie haben Sie keine Kraft mehr. Den Schaden hat die Stadt. Die Fehler, die Sie im Roten Rathaus machen, baden die Berlinerinnen und Berliner täglich aus. Inmitten dieses Regierungsgewurschtels sitzt Klaus Wowereit. Man merkt es ihm so richtig an, er will eigentlich nur noch weg hier. Herr Regierender Bürgermeister, Sie müssen sich schon entscheiden. Man kann nicht im Roten Rathaus 40 Stunden nach TVöD absitzen, amtsmüde aus dem Fenster schauen und von etwas ganz anderem träumen. Das darf der Beamte nicht, Herr Regierender Bürgermeister, und Sie dürfen es erst recht nicht.
Da kann man sich schon fragen: Was ist eigentlich los mit dieser Regierung? Verbesserungen im Kitabereich konnten diesem vermeintlich linken Senat nur unter Androhung eines Volksentscheids abgetrotzt werden. Sie von Rot-Rot haben doch bis zuletzt mit allen Mitteln versucht zu verhindern, Geld für die Kitaqualität in die Hand zu nehmen. Sie haben zuerst die angeblichen Kosten des Kitavolksbegehrens künstlich hochgerechnet, um dann den Eltern vorzuwerfen, sie würden den Haushalt ruinieren. Wenn hier einer den Haushalt ruiniert, dann sind Sie das von Rot-Rot und nicht die Eltern mit ihrem Anliegen.
Nach der Niederlage vor dem Verfassungsgericht dämmerte Ihnen so langsam, dass es für Sie nicht gut aussieht, wenn die Eltern auf der Straße Unterschriften gegen Ihre Kitapolitik sammeln. Nur unter diesem Druck sind Sie eingeknickt, und plötzlich ging alles, was vorher unmöglich schien und von Ihnen zum Problem erklärt worden ist. Nicht einmal eine Erhöhung der Neuverschuldung war nötig. Da kann man sich nun fragen: Warum nicht gleich so?
Sie haben heute wieder die Schulstrukturreform als zentrale rot-rote Reform dieser Legislaturperiode genannt. Aber auch hier mussten der Druck aus der Stadt und die Hilferufe aus den Schulen Sie regelrecht erdrücken, bis Sie überhaupt so weit waren. Wir mussten Sie zum Jagen tragen, und ich erinnere mich noch gut an Debatten hier im Haus, in denen Sie dieser Schulstrukturreform erst
Antrag ansehe, dann fordern Sie dort, dass wir die Zweigliederigkeit prüfen. Das ist doch ein Zementieren von Bildungsgängen.
So sah das bei Ihnen mit der Schulreform und der Abschaffung der Hauptschule aus. Wie immer musste der Tanker SPD kräftig von außen angeschoben werden.
Ich bedauere an dieser Stelle, dass Sie es nicht geschafft haben – wie in Bremen –, alle Fraktionen zu einem Bildungskonsens zusammenzuführen. Das wäre in dieser wichtigen Frage wahrlich vonnöten gewesen.
Wir finden es richtig, dass die Schulreform nicht mehr nur aus 16 Modellschulen bestehen soll, sondern tatsächlich umfassend angegangen wird. Aber auch hier schlagen Sie alle Warnungen der Experten in den Wind. So, wie die Reform jetzt gestaltet ist, bleibt den Schülerinnen und Schülern das Probejahr und das Sitzenbleiben erhalten. Die Sekundarschule droht damit, zur neuen Resteschule zu werden. Das kann doch hier eigentlich keiner wollen, oder?
Außer dieser Schulreform haben Sie nicht besonders viel zu bieten. Alle anderen Themen sind nur noch Überschriften geblieben. Herr Henkel hat es schon gesagt. Erinnert sich noch jemand daran, dass der Regierende Bürgermeister den demografischen Wandel oder die Integrationspolitik zur Chefsache erklärt hat? Was ist denn daraus geworden? – Erst einmal gar nichts. Man kann aber vielleicht auch froh sein, dass beim Klimaschutz kein Schaden angerichtet worden ist, der auch zur Chefsache erklärt worden ist. Dazu sage ich aber später noch was.
Der Golfplatzdeal in Wannsee hat es gezeigt und auch der Versuch, der in der letzten Plenarsitzung misslungen ist, eine Staatssekretärin und treue Parteigängerin der SPD zur Rechnungshofpräsidentin zu machen: Vom viel beschworenen Mentalitätswechsel der rot-roten Koalition ist nichts geblieben.
Die Linkspartei, die gerne harmlos tut, hat bei allem mitgemacht, auch wenn sie so tut, als ob sie eine Opposition in der Koalition wäre. Dass die Linkspartei nicht nur überall dabei war, sondern bei manchen Dingen regelrecht der Antriebsmotor gewesen ist, ist bei der letzten Niederlage vor dem Bundesverfassungsgericht manchen wieder