dass Sie, Herr Wowereit, nachher klar sagen, was Sie gegen die ausufernden Schulden in Berlin zu unternehmen gedenken – auch vor dem Hintergrund der bereits beschlossenen Schuldenbremse. Da scheint es erhebliche Streitereien innerhalb ihrer Koalition zu geben,
Meine Fraktion, aber auch die anderen Oppositionsfraktionen hier im Haus haben während der Haushaltsberatungen Konsolidierungsvorschläge in dreistelliger Millionenhöhe gemacht.
Es wird nicht besser dadurch, dass Sie immer wieder den Versuch unternehmen, uns zu unterstellen, wir hätten keine Vorschläge gemacht. Die Haushaltsberatungen zum Doppelhaushalt 2010/2011 können doch nicht gänzlich am Fraktionsvorsitzenden der SPD vorbeigegangen sein!
Sagen Sie endlich, wie Sie konsolidieren wollen, aber auch, wie Sie auf die großen Herausforderungen im Sozialbereich, im Bildungsbereich oder bei der Charité reagieren wollen! Wir werden es Ihnen jedenfalls nicht durchgehen lassen, dass Sie im Bund und hier in Berlin so tun, als gingen Sie alle diese Probleme nichts an. Machen Sie erst einmal hier ihre Hausaufgaben, bevor Sie mit dem Finger auf irgendjemand anderen zeigen! – Herzlichen Dank!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Henkel! Die Kollegin Seelig hat mir gerade erzählt, dass Sie gestern bei einer Veranstaltung bei der GdP wieder mehr Personal und eine höhere Besoldung gefordert haben.
[Beifall bei der Linksfraktion und der SPD – Zurufe von Dr. Gabriele Hiller (Linksfraktion) und Lars Oberg (SPD)]
Im Geldausgeben war die CDU immer Spitze, insbesondere die Westberliner CDU, beim Konsolidieren habe ich nichts davon erlebt.
Wir sind heute nicht im Europaparlament, wir sind auch nicht im Deutschen Bundestag. Wir sind in einem Landesparlament, das sich große Sorgen machen muss, Sorgen, weil wir sehen, wie die Bundesregierung zur Bewältigung der europäischen Finanzkrise herumstümpert und weil die Fehler des Bundes immer wieder die Länder und die Kommunen treffen. Wir Länder sollen es am Ende wieder sein, die die Zeche zahlen. Das ist heute unser Thema. Denn wir tragen hier in Berlin die Verantwortung –
nicht für die Steuerausfälle der nächsten Jahre, nicht für die Ursachen der Weltwirtschaftskrise und der Finanzmarktkrise, aber dafür, dass wir unter diesen miserablen Bedingungen die Zukunftsfähigkeit und den sozialen Zusammenhalt in der Stadt sichern.
Wir müssen hier den Menschen sagen, was wir vom Bund erwarten. Es kann kein Zufall sein, dass ausgerechnet die FDP, dass Sie, Herr Meyer, heute darüber nicht sprechen wollten. Herr Westerwelle ist auch ziemlich still geworden. Das ist auch besser so.
[Beifall bei der Linksfraktion – Vereinzelter Beifall bei der SPD – Christoph Meyer (FDP): Wir wollten über ihre inkompetente Senatorin sprechen, Herr Wolf!]
Herr Henkel! Von verantwortungsvollem Handeln der Bundesregierung ist derzeit auffallend wenig zu spüren. Sie wird getrieben von den Banken und Spekulanten. Sie lässt den Zweifel an der Einheit des Euroraumes gären. Trotz mannigfacher Versprechen hat sie aus der Krise 2008 nichts gelernt. Sie hat seitdem auch nichts getan, um die dringend notwendige Regulierung der Finanzmärkte anzugehen.
Die Finanztransaktionssteuer wäre ein entscheidender Schritt – der Kollege Müller hat bereits darüber gesprochen –, um schnelle Spekulationsgeschäfte wirksam zu bekämpfen. Mit diesem Vorschlag steht Die Linke längst nicht mehr allein da. Doch dass die Bundesregierung sie durchsetzt, sehe ich nicht. Zwar finden Teile der Union sie inzwischen auch richtig, aber die FDP will sie nicht. Was folgt, ist die Ausrede, dass es weltweiter Verabredungen bedürfe, mehr nicht.
Der Kollege Müller hat es ebenfalls schon angesprochen: Sogenannten Leerverkäufe, die die Finanzpolitik von der
dass es wirtschaftlich bergab geht und Aktien an Wert verlieren. Das muss ein Ende haben! Dass das notwendig ist, sieht immerhin die BAFin. Sie hat jetzt den spekulativsten Typ von Leerverkäufen, die ungedeckten Leerverkäufe, zumindest teilweise untersagt. Leider ist dies nicht EU-weit abgesprochen, und leider sind auch nicht alle Leerverkäufe untersagt worden.
Wo man hinguckt, findet man Halbheiten und Stümperei. Da wird von der Bundesregierung eine Bankenabgabe erwogen, mit der man Vorsorge für künftige Finanzkrisen treffen will. Das ist eine ziemlich „schräge“ Veranstaltung. Allein um auf die Summe zu kommen, die im Jahr 2008 als staatliche Stützung zur Verfügung gestellt worden ist, müsste man 400 Jahre lang ansparen. Noch so ein Unding: Die Bankenabgabe sollen nicht nur jene Institute zahlen, die hoch spekulative Geschäfte machen, die Bundesregierung will genauso Volksbanken und Sparkassen heranziehen.
Dabei sind sie es, die in Zeiten der Finanzkrise die regionale Kreditversorgung der kleinen und mittelständischen Wirtschaft leisten. Das sollte auch die FDP wissen – und nicht immer nur den Spekulanten hinterherrennen.
Statt vorausschauender und solidarischer Hilfe unter Beteiligung des Finanzsektors folgt eine Notoperation nach der nächsten. Wohin das alles führt, können wir jetzt schon sagen: Die Länder und Kommunen werden ausbluten, denn alle Mittel, die der Bund jetzt aufwendet, werden dort fehlen. Allein mit den 480 Milliarden Euro, die im Jahr 2008 zur Stützung des Finanzsektors bereitgestellt worden sind, hätte man eine Schuldentilgung aller Bundesländer erreichen können. Stattdessen ist das Geld verwendet worden, um es den Fehlentscheidungen privater Finanzjongleure hinterherzuwerfen. Es steht zu befürchten, dass es wieder so läuft. Das können die Länder und Kommunen auf Dauer nicht hinnehmen.
[Beifall bei der Linksfraktion und der SPD – Joachim Esser (Grüne): Habt ihr doch hier beschlossen!]
Lieber Herr Esser! Um nicht missverstanden zu werden: Ich finde eine Herangehensweise, wie sie der Boulevard gerade betitelt nach dem Motto „Milliarden für die Griechen“ – oder wie es auch Herr Henkel sagt: Milliarden für die Griechen, aber wir müssen die Schwimmbäder schließen –, äußerst problematisch. Aber die Bundeskanzlerin hat das selbst befördert. Denn wir haben nicht nur eine
Griechenlandkrise, sondern vor allem eine Eurokrise. Wir müssen sowohl die Eurozone stabilisieren als auch die Staatsfinanzen Europas und unsere eigenen konsolidieren. Das Problem der chronischen Unterfinanzierung der Länder und der Kommunen tritt in solchen Zeiten eben besonders stark zu Tage. Solange der Bund sich weigert, die Einnahmeseite des Staates zu verbessern, solange der Bund sich weigert, eine sozialgerechte Steuerpolitik zu machen, so lange wird jede zusätzliche Belastung des Bundes verhindern, dass die Ausstattung der Kommunen strukturell verbessert wird. Das ist das Problem.
Stattdessen treten wie Herr Koch in Hessen sofort jene auf den Plan, die meinen, es helfe nur eines: den Gürtel enger schnallen. Allerdings kann man sich mit dem Gürtel auch selbst umbringen.
Es ist falsch, nur weniger für die Bildung, für die Arbeitsmarktförderung auszugeben oder Investitionen zu streichen. Das ist volkswirtschaftlich großer Unsinn. Schuldenbremse mag ja gut klingen, aber sie geht an den Realitäten komplett vorbei. Es braucht – und auch das wissen wir – weiterhin eine verantwortungsvolle Konsolidierungspolitik. Das haben wir in den vergangenen Jahren in Berlin gemacht,
Das bedeutet zweierlei: Wir werden hier auch weiterhin nicht das Geld mit vollen Händen zum Fenster hinausschmeißen. Wir haben auch nicht vor, die Ausgabenlinie zu erhöhen. Aber wir dürfen auch nicht der Krise hinterhersparen. Denn Berlin, dem die Hilfe des Bundes beim Abbau seiner Schulden bekanntlich verweigert wurde – Sie erinnern sich vielleicht an Karlsruhe 2006 –, lebt eben nicht über seine Verhältnisse. Wir haben heute kein Ausgabenproblem mehr, sondern ein Einnahmeproblem,
das sich im Übrigen auch noch mal verschärfen würde, wenn die FDP ihre Steuerpläne im Bund durchbekommen würde.
Auf Berlin kommen jetzt Steuerausfälle in dreistelliger Millionenhöhe zu. Die gleicht man eben nicht aus, indem man sich mal hier und mal da ein Stückchen Speck aus den Rippen schneidet. Diese Summe ließe sich strukturell nur einsparen, wenn man in der Stadt in drei Bereichen massiv spart: bei der Bildung, in der sozialen Infrastruktur und beim Personal. Aber in genau diesen Bereichen gibt es in Berlin nichts mehr zu holen – jedenfalls nicht, solange wir hier mitregieren. Denn dies wäre ein Angriff auf die Zukunftsfähigkeit und den sozialen Zusammenhalt in der Stadt.