Dass Sie damit rechnen müssen, dass selbstverständlich ausländische Wettbewerber hier antreten, ist doch völlig in Ordnung und richtig so.
[Beifall bei der FDP – Christian Gaebler (SPD): Ich denke, Sie wollen etwas für den Mittelstand tun?]
Es ist ja albern, solche Sandkastenspiele zu machen und zu sagen, die seien ja teilweise in Staatsbesitz und träten dann in den Wettbewerb. Das ist im Telefonmarkt teilweise auch so. Das finden wir auch gut. Dadurch sind die Preise wieder gesunken. Dadurch gibt es hier eine verbraucherfreundliche Unternehmenspolitik.
Das ist das, was wir wollen. Dann ist es uns erst einmal egal, wer sich dahinter im Einzelnen verbirgt. Dafür haben Sie so viel Zeit zugebracht.
Wir haben seit 18 Monaten ein andauerndes Sicherheits- und Beförderungschaos bei der Berliner S-Bahn. Das bleibt festzustellen, bei einer S-Bahn, die einstmals das Rückgrat im Berliner ÖPNV war.
Es ist gleichzeitig festzustellen, dass der S-Bahnbetrieb bis 2011 nicht im vollen Umfang möglich sein wird. Drei Viertel der Züge sind nur verfügbar. Mit diesen Missständen müssen die Berliner weiterhin leben, einmal ganz abgesehen davon, was passiert, wenn wir hier einen scharfen Winter kriegen, wie wir ihn im letzten Jahr hatten.
Es gibt also einen massiven Vertrauensverlust. Es geht schlicht darum, dass wir die größte Krise eines kommunalen Verkehrsträgers nach dem Zweiten Weltkrieg hier erleben müssen. Wer trägt dafür die Verantwortung? Die wird hier immer hin- und hergeschoben. – Die Verantwortung für das S-Bahnchaos haben eindeutig drei Buchstaben, und diese lauten: SPD, Herr Gaebler.
Dann kommen wir zu dem Thema Vorgaben zum Umbau der Deutschen Bahn AG. Das kommt alles aus der Regierung Schröder, Rot-Grün, das bleibt festzuhalten.
Da wird immer so getan, werden Ausweichmanöver gemacht und gefragt: Was machen CDU und FDP? Herr Friederici, woher haben Sie die Information – ich wurde ja gefragt, ob ich das beantworten kann –, dass das nicht ansteht? Meine Kenntnis darüber ist, dass der Börsengang zurzeit zwar kein Thema ist, aber er ist nicht abgesagt, er ist zurzeit aufgeschoben. Selbstverständlich halten wir ihn in der FDP nach wie vor perspektivisch für richtig.
Schuld am S-Bahnchaos, aber darauf kommen wir noch zurück, ist nicht die geplante Teilprivatisierung der Bahn, sondern mangelnder Wettbewerb. Nur als Monopolist ohne Wettbewerber und Kontrolle lässt sich nämlich ein Tochterunternehmen so leicht finanziell auspressen und kaputtoptimieren, wie es im Fall der Berliner S-Bahn passiert ist.
[Dr. Klaus Lederer (Linksfraktion): Nein, Sie halten das nicht durch! Machen Sie sich keine Sorgen!]
Die politische Verantwortung im Land Berlin trägt die rot-rote Koalition. Die langfristige Direktvergabe des Verkehrsvertrags an die S-Bahn bis 2007 und der freiwillige Verzicht auf eine mögliche Ausschreibung der NordSüd-Verbindung 2008 sind klare politische Fehlentscheidungen, die der Berliner Senat hier zu verantworten hat.
Ich erinnere Herrn Christian Gaebler hier an die Ausschusssitzung vom 26. Januar 2009 im Ausschuss für Stadtentwicklung. Ich zitiere:
Wir stellen uns hier die Frage: Ist die S-Bahn noch willens und in der Lage, die vertraglich vereinbarten Leistungen im Berliner ÖPNV zu erbringen? – Das treibt uns als Koalition besonders deshalb um, weil wir … den Vertrag so verlängert haben, dass auf die Teilausschreibung für die Nord-SüdStrecken verzichtet wird.
So Herr Gaebler 2009. – Der vom Land Berlin verhandelte und mit der DB AG 2004 abgeschlossene mangelhafte Verkehrsvertrag ermöglichte aber erst die Umsetzung der
überzogenen Rendite- und Optimierungserwartungen der Deutschen Bahn zulasten von Sicherheit und Qualität bei der S-Bahn.
Die außerordentlich lange Laufzeit des Vertrags mit unverhältnismäßig teueren Trassenentgelten – übrigens an die DB AG – und ohne ausreichend definierte Qualitätsanforderungen und Sanktionsmöglichkeiten geht eindeutig zulasten des Landes Berlin, übrigens ganz nebenbei auch zulasten der Fahrgäste, wie wir heute wissen. Spätestens nach den Vorkommnissen des Jahres 2008 und 2009 hätte der Senat den Verkehrsvertrag fristlos kündigen und mit der unmittelbaren Ausschreibungsvorbereitung des S-Bahnnetzes in Teilstrecken beginnen müssen.
Die S-Bahn erfüllt seit Monaten die vertraglich vereinbarten Leistungen nicht. Das wird sich das Land Berlin nicht länger bieten lassen.
Wenn die S-Bahn auch weiterhin den Verkehrsvertrag mit dem Land Berlin nicht erfüllt, muss man darüber nachdenken, den Vertrag zu kündigen und einen neuen Betreiber suchen, so Herr Gaebler – zu diesem Zeitpunkt jedenfalls noch.
Der S-Bahnbetrieb könnte auch nach Kündigung des Vertrags selbstverständlich weiterlaufen, deshalb unserer Forderung, der Sie ja nicht nachgekommen sind: Kündigen Sie erst einmal den Vertrag, damit Sie überhaupt eine Ausgangsbasis haben, auf der Sie mit der S-Bahn weiter reden können! Das wollten Sie nicht tun. Sie hätten natürlich zu dem Zeitpunkt gegen Abschlagszahlung, wie es zwischen 2001 und 2003 gelaufen ist, den S-Bahnbetrieb weiter bestellen können, das wäre gar kein Thema gewesen.
Der Senat hat aber stattdessen durch sein Nichthandeln 18 Monate auf Kosten der Berliner Bürger und des Landeshaushalts mit offensichtlich wirkungslosen Appellen an die angebliche Leistungsfähigkeit und Bereitschaft der S-Bahn gearbeitet und hat damit aus unserer Sicht wichtiges Geld und vor allen Dingen wichtige Zeit verschenkt.
Grundsätzlich ist der Weg in Vorbereitung Vergabe, in den Wettbewerb ab 2017 aus unserer Sicht der richtige. Es führt Sie kein Weg daran vorbei. Die Senatorin sagt, eine mögliche Antwort laute Wettbewerb. – Nein, wir sagen: Die einzige Antwort lautet Wettbewerb, und zwar konsequent, und das nicht nur in Teilnetzen, sondern über das Gesamtnetz!
Diese Forderung stellen wir hier noch einmal nachdrücklich. Der Senat wird aufgefordert, gemeinsam mit dem Land Brandenburg eine sofortige Änderungskündigung vorzunehmen, um durch konsequente Neuverhandlungen für die Restlaufzeit wirkungsvolle und klar definierte Sanktionsmöglichkeiten sowie verbindliche Qualitäts- und Leistungskriterien für den laufenden S-Bahnbetrieb festzulegen. Der Senat wird außerdem aufgefordert, das gesamte Berliner S-Bahnnetz und die dazugehörigen Verkehrsleistungen im Rahmen von zeitlich fairen und zeitlich koordinierten Vergabeverfahren in sinnvollen Teillosen im Wettbewerb zügig und rechtskonform vorzubereiten und auszuschreiben.