Protokoll der Sitzung vom 09.12.2010

Die Messegesellschaft und der Wirtschaftssenator haben andere Wünsche. Sie wollen möglichst bald eine neue Messe- und Kongresshalle errichten. Herr Brauer möchte das ICC abreißen, wie er gerade eingeworfen hat.

[Mario Czaja (CDU): Herr Brauer will alles abreißen!]

Am Standort der Deutschlandhalle soll für 65 Millionen Euro gebaut werden. Bei solchen Summen ist es wohl berechtigt, sich in einem Dringlichkeitsantrag über derartige Dinge zu unterhalten. Angesichts der Haushaltslage müssen wir prüfen, ob für alle Weihnachtswünsche auch das Kleingeld ausreicht. In der heutigen Fragestunde hat der Kollege Buchholz gefragt, ob die Senatsverwaltung für Wirtschaft die Befürchtung nachvollziehen kann, dass nach Errichtung des Ersatzbaus die ICC-Sanierung ausfällt. Der Staatssekretär Heuer hat diese Frage für abwegig erklärt. Wir sehen das anders und mutmaßlich auch der Kollege Buchholz von der SPD.

Dieser Ersatzbau ist ein singuläres Projekt. Er ist nicht Ergebnis eines geordneten Planungsprozesses, er ist nicht das Ergebnis einer Kosten- und Zeitplanung, und er ist nicht das Ergebnis einer Betrachtung, wo eigentlich Kongresse stattfinden sollen, während man das ICC saniert. All das gibt es nicht, sondern die Messegesellschaft plant im Zusammenspiel mit der Wirtschaftsverwaltung an dem auffälligsten Gebäude der 70er-Jahre vorbei.

Warum müssen wir das heute besprechen?

[Uwe Doering (Linksfraktion): Müssen wir nicht!]

Weil der Senat noch im Dezember etwas dazu beschließen will! Der Senat möchte noch im Dezember – so hat man uns das im Ausschuss mitgeteilt – darüber beschließen und entscheiden. Ich glaube, bei 65 Millionen Euro muss man schon ein Wort darüber verlieren dürfen,

[Beifall bei den Grünen]

auch wenn es spät ist und vielleicht der eine oder andere heute noch etwas vorhat.

Seit 2008 konnten wir davon ausgehen – auch Herr Doering –, dass das ICC bei laufendem Betrieb saniert werden soll. Viele Hunderttausend Euro sind für Gutachten ausgegeben worden, und plötzlich, ein Jahr später, wie aus dem Nichts teilt man uns mit: Es ist jetzt alles ganz anders. Das geht überhaupt nicht. Jetzt müsse es geschlossen werden, und dafür brauchen wir flugs diese Ersatzhalle. – Es gibt keine Bauplanungsunterlage, es gibt keinen Zeitplan, und es gibt keine Verankerung im Investitionsplan des Landes Berlin für die Sanierung des ICC. Deshalb wäre es fahrlässig, heute und im Dezember darüber zu befinden, für 65 Millionen Euro einfach erst mal einen Ersatzbau hinzustellen, ohne zu wissen: Was wird aus dem Gesamtprojekt?

[Beifall bei den Grünen]

Es geht noch weiter. Die Finanzierung dieses Ersatzbaus soll aus sogenannten Eigenmitteln der Messe aufgebracht werden. Was sind eigentlich Eigenmittel der Messe? – Die Messe kriegt jedes Jahr 16 Millionen Euro aus dem Haushalt. Dazu gibt es eine Grundlagenvereinbarung. Sie enthält als Ziel aber den Passus, dass diese Zuwendung des Landes Berlin an die Messe heruntergefahren werden soll, eigentlich gegen Null. Die Messegesellschaft soll irgendwann kostendeckend arbeiten, und sie soll zuerst an ihrer Ergebnisverbesserung und in zweiter Linie an einer Umsatzerweiterung arbeiten. Das heißt auf Deutsch: Eigentlich fließen die Fördermittel des Landes Berlin in diesen Hallenbau, und ich glaube, das ist noch ein Grund mehr, sich darüber Gedanken zu machen.

Wir – da komme ich auf Herrn Brauer und die Ost-WestDebatte – hatten die Abrissdebatte, wir hatten die Debatte darüber, ob man in diesem Gebäude etwas anderes machen soll. All das hat zu dem Ergebnis geführt, dass wir als Parlament gesagt haben: Das ist ein Kongressstandort, und das soll er auch bleiben. – Sicherlich ist es schick, von Neubauten zu träumen, von Kunsthallen, Bibliotheken oder eben auch von neuen Messehallen. Aber dieser Senat – und sicherlich auch der nächste – muss sich darüber Gedanken machen, wie wir mit den Altlasten Steglitzer Kreisel und ICC umgehen und was wir im Flughafengebäude von Tempelhof machen wollen. Das ist die vordringlichste Aufgabe, bevor wir irgendwelche Neubauten für sehr viele Millionen errichten. Deshalb müssen wir diesen Antrag hier demnächst beschließen. – Danke für Ihre Aufmerksamkeit und noch einen schönen Abend!

[Beifall bei den Grünen]

Danke schön, Herr Kollege Otto! – Weitere Wortmeldungen liegen mir bis zur Stunde noch nicht vor. Es wird die Überweisung an den Ausschuss für Bauen und Wohnen sowie an den Hauptausschuss vorgeschlagen. – Widerspruch dazu höre ich nicht. Dann verfahren wir so.

Lfd. Nr. 36:

Vorlage – zur Beschlussfassung –

Gründung einer landeseigenen Gesellschaft mit beschränkter Haftung für die Entwicklung des Tempelhofer Feldes einschließlich der Gebäude

Vorlage – zur Beschlussfassung – Drs 16/3688

ist abgesetzt worden.

Meine Damen und Herren! Das war die heutige Tagesordnung. Die nächste, die 75. Sitzung wird im Rahmen der Gedenkfeier „20 Jahre Gesamtberliner Abgeordnetenhaus“ in der Nikolaikirche am Dienstag, dem 11. Januar 2011 um 11 Uhr – ich sage das, weil das leicht zu merken ist: 11. Januar ’11, 11 Uhr – stattfinden.

Die nächste Arbeitssitzung, die 76. Sitzung findet dann am Donnerstag, dem 13. Januar um 13 Uhr statt. Ich wünsche Ihnen allen ein schönes und besinnliches Weihnachtsfest, ein gutes neues Jahr und eine gesunde Rückkunft. – Danke schön! Die Sitzung ist geschlossen.

[Schluss der Sitzung: 22.19 Uhr]

Anlage 1

Namentliche Abstimmung

Gesetz zum Vierzehnten Rundfunkänderungsstaatsvertrag

Beschlussempfehlung EuroBundMedienBerlBra Drs 16/3704 Vorlage – zur Beschlussfassung – Drs 16/3404

Fraktion der SPD

Arndt, Dr. Michael ja

Buchholz, Daniel ja

Dörstelmann, Florian ja

Engert, Susann ja

Felgentreu, Dr. Fritz ja

Flesch, Kirsten ja

Fugmann-Heesing, Dr. Annette ja

Gaebler, Christian ja

Grosse, Burgunde ja

Harant, Renate ja

Haußdörfer, Ellen ja

Hertel, Anja-Beate ja

Hildebrandt, Petra ja

Hilse, Torsten ja

Isenberg, Thomas ja

Jahnke, Frank ja

Jauch, Andy ja

Kitschun, Dr. Susanne ja

Kleineidam, Thomas -

Köhler, Dr. Andreas ja

Kohlmeier, Sven ja

Kolat, Dilek ja