Andreas Otto
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Ich habe eine Frage an den Finanzsenator: Der Kollege Doering hat sich vorhin mit der Senatorin Junge-Reyer über das Wohnungswesen unterhalten. Wir haben im Untersuchungsausschuss gelernt, dass Sie dort der entscheidende Mensch sind. Gibt es eine Gesellschafterweisung an die landeseigenen Wohnungsbaugesellschaften, sich bei Neuvermietungen an den Mietspiegel zu halten oder sich daran zu orientieren? Wenn sie sich daran orientieren, möchte ich wissen, was das bedeutet. Gibt es eine solche Weisung?
Es ist natürlich sehr ehrlich zu sagen, dass Sie das nicht wissen. Wir haben hier einen entsprechenden Parlamentsbeschluss gefasst. Ist der Ihnen bekannt? Was haben Sie mit dem getan? Normalerweise müsste das bei Ihnen im Zuge der Arbeitsverteilung auf dem Tisch gelandet sein.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! „Berlin verstehen“ – diesem Slogan wohnen ganz andere Bedeutungen inne, als die Wohlfühlplakate auf der Straße uns glauben machen wollen. Im Untersuchungsausschuss „HOWOGE“ wie zuvor auch im Untersuchungsausschuss „Spreedreieck“ haben wir viel darüber herausgefunden, wie man Berlin auch verstehen kann, nämlich als Stadt, in der Gesetze und Regeln nicht für alle gelten, und als Stadt, in der vieles geht, wenn man nur die richtigen Leute kennt.
Mitte Juni 2009 lud der Wahlkreisabgeordnete Ralf Hillenberg zu einem sogenannten Bürgerforum in ein Lokal in Buch ein. Es ging um die geplante Sanierung von Plattenbauten, die die HOWOGE dort von einer anderen landeseigenen Gesellschaft übernommen hatte. Mit dabei waren Bernd Kirschner, der Geschäftsführer der HOWOGE, die Senatorin Ingeborg Junge-Reyer und eben Herr Hillenberg. Die drei hatten eines gemeinsam: Sie sind in der SPD.
Herr Kirschner hatte gute Nachrichten mitgebracht: Die von der HOWOGE übernommenen maroden Plattenbaubestände sollen saniert werden – bis 2013, über 2 000 Wohnungen, eine super Sache! Senatorin Junge-Reyer war ebenfalls mit einer frohen Botschaft gekommen. Der Stadtumbau Ost würde in Buch zu einer Förderung von 12 bis 15 Millionen Euro führen.
Auch der Abgeordnete Hillenberg hätte auf der öffentlichen Versammlung etwas zu erzählen gehabt, hat er aber nicht. Im Restaurant „Il Castello“ wurde nicht darüber gesprochen, wer denn den Auftrag zur Sanierung der Plattenbauten als Planer erhalten hatte. Richtig! Das war Herr Hillenberg. Direkt vom Vorstand der HOWOGE unter rechtswidriger Umgehung von Vergaberichtlinien! Ein Auftrag im Wert von 700 000 Euro! Dabei ist bekannt, dass bereits bei Aufträgen ab 200 000 Euro gesetzlich eine europaweite Ausschreibung vorgesehen ist. Das spielte aber für die HOWOGE keine Rolle, für Herrn Hillenberg nicht und für Frau Senatorin Junge-Reyer offenbar ebenfalls nicht.
Ein Ausschreibung fand weder im Fall Buch noch in vielen anderen Fällen statt. Herr Hillenberg profitierte erneut von rechtswidrig ausgereichten Aufträgen.
Herrn Hillenberg – wir haben ihn ja als Zeugen gehört – war nicht so ganz wohl mit den Aufträgen im eigenen Wahlkreis, wie er uns berichtete – Zitat –:
Ich habe da mal nachgefragt. Mensch, nun ist das auch noch mein Wahlkreis!
Aber niemand, den er gefragt hatte, sah darin ein Problem. Ich weiß nicht, wen Sie alles gefragt haben, Kollege Hillenberg!
Ein halbes Jahr nach der Bürgerversammlung im Lokal wird presseöffentlich, was 2009 niemand erklärt hatte: Enorme Mietsteigerungen und auch das Engagement von Herrn Hillenberg als Unternehmer! Eine Zeitung hat nachgefragt, ob das gemeinsame Parteibuch der SPD bei der Auftragsvergabe eine Rolle gespielt haben könnte, und dazu ist von Herrn Hillenberg die inzwischen legendäre Antwort gegeben worden: „Man kennt sich eben!“
Während sich die Geschäftsleitung der HOWOGE und Herr Hillenberg recht gut kannten, traf das angeblich auf die Frau Senatorin nicht zu. Sie hat uns im Ausschuss erklärt – Zitat –:
Ich bin immer davon ausgegangen, dass Herr Hillenberg Bauunternehmer ist, aber welche Aufträge er von wem bekommen hat, das war mir nie bekannt.
Dabei ist Kollege Hillenberg nicht als besonders schweigsam bekannt, und er ist ja auch bei anderen Bauvorhaben tätig gewesen. Ich erinnere an das bekannte Projekt Niedrigenergiehaus in Berlin-Lichtenberg, Schulze-BoysenStraße. Auch dort hat die Senatorin Herrn Hillenberg getroffen und hat uns dazu im Ausschuss gesagt: Ich habe gedacht, das ist der örtliche Abgeordnete.
So einfach haben Sie uns das zu erklären versucht. Frau Senatorin Junge-Reyer! Wir haben erhebliche Zweifel an dieser Aussage. Wir gehen davon aus, dass Sie mehr gewusst haben. Wir gehen davon aus, dass Sie sehr wohl gewusst haben, in welchen verschiedenen und sich überschneidenden Rollen Herr Hillenberg tätig gewesen ist.
Wir haben im Ausschuss festgestellt, dass Herr Dr. Sarrazin, der Finanzsenator, auf Bitten von Herrn Hillenberg seinen Bereich, seine Verwaltung angewiesen hat, bestimmte Informationen zu beschaffen. Das halten wir doch für einen interessanten Vorgang, denn wenn ein Abgeordneter, der beruflich in einem Bereich tätig ist, direkt auf die Senatsverwaltung einwirken kann und Gegenstand von Gesellschaftergesprächen von großen Un
ternehmen wird, so sind das Vorgänge, denen es insgesamt an Transparenz mangelt.
Wir müssen heute auch darüber diskutieren, wer eigentlich unsere Unternehmen steuert. Die Bausenatorin behauptete, erst im Januar 2010 von den Vorwürfen gegen die HOWOGE erfahren zu haben. Nun stellt sich die Frage – und ich habe deswegen auch heute in der Spontanen Fragestunde den Finanzsenator etwas gefragt –: Wer ist zuständig? Wer kann Weisungen geben? – Das ist eigentlich klar geregelt: Der Finanzsenator! – Frau Senatorin Junge-Reyer hat 2002 ein Rundschreiben an die Gesellschaften geschickt und ihnen mitgeteilt, sie seien öffentliche Auftraggeber, es gebe bestimmte Regularien usw. Sie hat sich in der Folge aber nicht darum gekümmert, zu erreichen, dass man das z. B. mittels einer Weisung den Gesellschaften auch richtig verdeutlicht. Herr Dr. Sarrazin hat uns im Ausschuss zu Protokoll gegeben:
Ich sage Ihnen darüber hinaus: Ich habe Briefe der Stadtentwicklungsverwaltung, wenn es irgend ging, grundsätzlich gar nicht wahrgenommen.
Das ist Zusammenarbeit in diesem Senat. So kann man öffentliche Unternehmen nicht steuern. Das ist ein Skandal.
Wir wollen in Untersuchungsausschüssen immer für die Zukunft lernen und Schlussfolgerungen ziehen. Das erwarten wir auch vom Senat. Wenn ich, wie eben schon angedeutet, den Finanzsenator etwas gefragt habe und er gesagt hat, plötzlich sei die Bausenatorin wieder für die Wohnungsbaugesellschaften eher zuständig und er nicht, dann können Sie sehen, dass im Senat offenbar niemand die einschlägigen Regularien kennt. Es ist ganz klar: Der Finanzsenator ist zuständig, und wenn Sie, Frau Senatorin Junge-Reyer, von Missständen erfahren, dann müssen Sie sich an den wenden. Wenn Sie sich mit ihm nicht einigen können, müsste man es vielleicht zur Chefsache machen. Es muss dann in der Senatssitzung geklärt werden, welche Schritte einzuleiten und welche Maßnahmen zu ergreifen sind. All das ist in dem Fall nicht passiert. Über viele Jahre hinweg hat die HOWOGE Aufträge freihändig vergeben und alle Regularien missachtet.
Wir wollen Transparenz in Berlin. Fälle wie bei der HOWOGE, wie beim Spreedreieck, wie bei Berlin Partner oder wie bei der BSR – wenn ich an die Anklage gegen den Finanzvorstand denke – sind doch ein Alarmsignal. Berlin darf nicht weiter die Hauptstadt des Filzes sein, sondern muss die Hauptstadt der Transparenz werden. Das wollen die Berlinerinnen und Berliner, und das wollen auch wir.
Wo es Regeln gibt, sind sie einzuhalten. Da, wo es keine ausreichenden Regeln gibt, müssen wir nachbessern. Ich nenne nur das Stichwort Vergabegesetz. Herr Buchholz! Sie haben uns vorhin hier erklärt, es ginge Ihnen hauptsächlich um Mindestlohn und die Arbeitsnormen. Das ist alles richtig. Darum geht es uns ebenfalls. Uns geht es
aber auch darum, dass Wettbewerb stattfindet. Uns geht es darum, dass Ausschreibungen kostengünstige Ergebnisse bringen. Deshalb haben wir eine Veränderung für das Vergabegesetz vorgeschlagen, die hier heute auch zur Abstimmung steht.
Wir wollen erreichen, dass in dem Bereich, in dem die europäischen Regelungen wegen der Schwellenwerte noch nicht gelten, also unterhalb der europäischen Werte, ganz klare Ausschreibungsregelungen für alle Unternehmen des Landes Berlin erlassen werden. Dass Sie das hier ablehnen, deutet darauf hin, dass Sie nicht verstanden haben, wie viel Transparenz in Berlin noch fehlt.
Eine weitere Frage ist – das macht der Fall von Herrn Hillenberg deutlich –, wie wir damit umgehen, dass wir in einem Teilzeitparlament Parlamentarier haben, die nebenbei auch eine berufliche Existenz, die eine Firma haben, die öffentliche Aufträge selbstverständlich auch entgegennehmen und ausführen kann. Auch darüber muss Transparenz hergestellt werden. Wenn jemand in einem Ausschuss sitzt und sich dabei mit einer Wohnungsbaugesellschaft befasst, alle anderen aber gar nicht wissen, dass er Auftragnehmer dieser Wohnungsbaugesellschaft ist, bleibt etwas im Dunklen, ist etwas im Unklaren. Das ist ein schwieriger Punkt, an dem wir einfach mehr Transparenz benötigen. Deshalb lassen Sie uns auch darüber nachdenken, die Transparenzregularien für Abgeordnete zu prüfen und an dieser Stelle zu präzisieren.
Ich will noch zwei Bemerkungen zur Ausschussarbeit machen: Der Kollege Graf hat es bereits angedeutet. Wir hatten erhebliche Probleme mit der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung. Sie haben sich geweigert, uns Unterlagen zur Verfügung zu stellen. Erst als wir sagten, wir würden hinkommen, und einen Lokaltermin ausmachten – der Vorsitzende sagte, wir hätten Rechtsgeschichte geschrieben, das wusste ich noch gar nicht; es ist aber interessant, daran beteiligt zu tun –, haben sie uns ihre vielen Aktenordner gezeigt. Unsere Empfehlung für die Zukunft lautet, dass wir verbindliche Regeln brauchen. Wir brauchen Regeln für Aktenaufbewahrung, wir brauchen konkrete Fristen. Auch müssen die Aufbewahrungspflichten besser geregelt werden. Die Rolle des Landesarchives muss allen Senatsverwaltungen klar gemacht werden. Dann kann so etwas nicht mehr passieren. Sie haben uns beispielsweise Ordner überstellt, in denen die Seiten nicht nummeriert waren. Wir wissen nicht, was vorher entfernt wurde.
So kann man Akten in solch wichtigen Fällen nicht führen. – Ich komme zum Schluss. Ein letzter Satz: Sie haben die Geschäftsführer der HOWOGE entlassen. Aber, wie der Volksmund sagt: Der Fisch stinkt vom Kopf her. Die politische Verantwortung für die von der HOWOGE jahrelang praktizierte Verletzung von Ausschreibungspflichten liegt ganz klar beim Senat, sie liegt bei Senatorin Junge-Reyer und bei Herrn Dr. Sarrazin. Das sei hier zum Schluss noch einmal festgestellt. – Danke schön!
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wer in Berlin etwas für die Mieterinnen und Mieter tun will, der muss sich um das Thema Zweckentfremdung, um das Thema der Umwandlung von Miet- in Eigentumswohnungen, um die landeseigenen Wohnungsbaugesellschaften und um die Sozialwohnungen
kümmern. All das hat die Koalition in den letzten Jahren viel zu wenig getan. Wohnungspolitik hat im Prinzip überhaupt nicht stattgefunden. Das wollen wir ändern.
Sie haben die energetische Sanierung nicht vorangebracht. Das Klimaschutzgesetz haben Sie beerdigt. Sie haben an die Mietregelungen, an die soziale Mietenpolitik viel zu wenig gedacht. Denken Sie an Ihre Bundesratsinitiative, die im Bundesrat beerdigt worden ist!
Wir haben hier eine Reihe von Anträgen zu diesen Themen eingebracht. Die meisten haben Sie leider abgelehnt. Einige sind in sehr vereinfachter, abgekürzter Form doch zur Abstimmung gelangt. Einer davon ist die Initiative „Keine Mieterhöhung bei schlechter Dämmung“. Der Regierende Bürgermeister hat Anfang dieses Jahres erklärt, dass hohe Mieten in Ordnung sind. Zwei Monate später hat er erklärt, dass hohe Mieten doch nicht so in Ordnung seien; deshalb sollte man bei der energetischen Sanierung lieber weniger tun, das könnte zu teuer werden.
Daraufhin haben wir gesagt, es muss nachgedacht werden – die landeseigenen Gesellschaften sind immer ein wenig unser Hauptstandbein –, und haben aufgeschrieben, dass die landeseigenen Wohnungsbaugesellschaften bei den Wohnungen, die im schlechtesten Zustand sind, auf Mieterhöhungen verzichten sollen, so lange, bis sie energetisch saniert sind. Das war unsere Idee. Damit wollten wir Herrn Wowereit entgegenkommen, vielleicht ihn auch prüfen. Die Koalition will das heute ablehnen. Das ist Ihre Wohnungspolitik.
In der Antragsreihe „Wohnungsmarkt sozial gestalten“ haben wir heute das Anliegen des Kündigungsschutzes nach Umwandlung in Eigentumswohnungen auf dem Tisch. Wir sind froh, dass wir nach fünfmaligem Vertagen im Bauausschuss jetzt wenigstens eine Beschlussempfehlung haben, wenngleich auch sie unserer Anfangsintentionen, die Zehn-Jahres-Frist, das, was das BGB hergibt, auszunutzen, nicht ganz entspricht. Sie haben es auf sieben Jahre gekürzt. Trotzdem sagen wir, dass es ein Erfolg für die Mieterinnen und Mieter in Berlin und nicht zuletzt ein Erfolg von Bündnis 90/Die Grünen ist.
Für uns hat Wohn- und Mietenpolitik Priorität, nicht nur heute. Wir haben uns das Wohnraumgesetz angeschaut. Das Wohnraumgesetz ist ein Wahlkampfgesetz und ein Spargesetz. Mit wenigen Paragrafen versuchen Sie, ein Thema zu bearbeiten und zu lösen, das schon sehr viel diskutiert wurde, bei dem sehr viel schief gegangen ist und bei dem sehr viel Geld, öffentliche Mittel bereits verschwendet wurden. Ich habe ein Zitat von 1979 aus dem Wahlprogramm der Alternativen Liste gefunden. Da stand zur Politik der SPD: Die Stadt wird ärmer. Die Kapitalanleger plündern die Staatskassen aus. Heute und
auch mit Ihrem Gesetz werden nicht nur die Staatskassen ausgeplündert, sondern auch die Mieterinnen und Mieter in den Sozialwohnungen. Das ist ein Skandal.
Es gibt Fälle wie im Fanny-Hensel-Kiez, in denen die Leute Kostenmieten bezahlen müssen für Kosten, die es gar nicht gibt, weil die Erwerber der Gebäude viel weniger Geld bezahlt haben, als die darauf liegende Schuldenlast ausmacht. Diese Kostenmiete ändern Sie mit Ihrem Gesetz überhaupt nicht. Es wird weiter solche schlimmen Fälle geben. Es wird weiter Fälle geben, in denen Leute ihre Wohnung verlassen müssen und in denen die vielen öffentlichen Mittel, Millionen Euro, die in diese einzelnen Objekte geflossen sind, verloren sind. Diese Millionen sind für eine soziale Wohnungsversorgung in Berlin verloren.
Sie hätten ein Gesetz machen müssen, das da eingreift und regelt. Das ist Ihnen nicht gelungen. Deswegen würden wir es für sehr viel besser halten, wenn Sie dieses Gesetz heute zurücknehmen würden und wenn wir in Ruhe und vielleicht auch gemeinsam an Lösungen arbeiten würden. Das wäre der Problematik und den Mieterinnen und Mietern in 160 000 Sozialwohnungen viel angemessener als dieser Schnellschuss, den wir nur ablehnen können.
Das Gesetz regelt weder das Thema der fiktiven Kosten. Es regelt auch nicht die Zukunft eines Wohnungsbaus. Es behandelt nur am Rande das Thema der Belegrechte. Sie haben die Belegrechte für die Sozialwohnungen fast vollständig aufgegeben. Die Belegrechte könnten Sie auch ohne Gesetz wieder einführen. Die Belegrechte könnten wir in bestimmten Teilen der Stadt nutzen. All das wollen Sie nicht. Sie wollen mit Ihrem Gesetz einseitig auf die Barwertablösung setzen und den Eigentümern da entgegenkommen.
Das greift viel zu kurz. Das ist nicht adäquat. Wir finden, dass wir hier ein besseres Gesetz brauchen. Abschließend möchte ich noch sagen: Wenn Sie dieses Gesetz hier heute beschließen, ist die nächste Koalition, egal wie sie heißt, –
in der schwierigen Lage, damit umgehen zu müssen. Man wird es nicht zurücknehmen können. Man muss es überarbeiten und novellieren. Alle Rechtsansprüche, die
in der Zwischenzeit vielleicht schon entstanden sind, erschweren diesen Prozess. Nehmen Sie das Gesetz zurück. Wir können hier heute nicht zustimmen. – Danke!
Es ist mit solchen lokalen Themen hier an dieser Stelle immer etwas schwer umzugehen. Vielleicht kann das noch einmal erklärt werden. Es handelt sich um eine Grünanlage mit einem Bächlein von drei Metern Breite. Die Brücke ist vielleicht acht Meter lang und hat solche 300er-Doppel-T-Träger. Frau Senatorin! Ich habe mir das angeschaut und konnte nicht erkennen, was dort unbedingt getan werden muss. Sie haben uns leider nicht darüber informiert, was der ganze Spaß, eine von der Senatsverwaltung gebaute Fußgängerbrücke, kostet. Ich vermute, dass Sie wieder einmal eine Brücke bauen wollten.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Der Regierende Bürgermeister freut sich regelmäßig über die steigenden Mieten in Berlin,
wir wollen, dass der Wohnungsmarkt in Berlin sozial gestaltet wird – das ist unsere Forderung!
Wir haben verschiedene Anträge eingebracht, und ich will sie Ihnen kurz in Erinnerung rufen. Da geht es einmal um die Kündigungsschutzklausel. In § 577a BGB kann ein Land bestimmen, dass ein erweiterter Kündigungsschutz für bestimmte Gebiete existiert. Der Senat hat das 2004 gemacht, das läuft im August aus, alle Leute rufen bei uns an, rufen bei Frau Junge-Reyer an, die zwar gerade nicht hier ist,
selbst bei Herrn Doering rufen Leute an und fragen: Was ist denn los? Geht das weiter? – Und was machen Sie? – Nichts! Der Senat ist abgetaucht, man sieht es hier vorne ganz deutlich, der tut nichts und lässt die Leute in der Luft hängen!
Das ist nicht in Ordnung, und das ist auch unseriös! Sie heben sich das wahrscheinlich für Ende August auf, um es in irgendeiner Wahlkampfpressekonferenz zu verkaufen. Das ist unseriös und unredlich, Sie lassen die Leute im Stich!
Wir haben dazu im Januar einen Antrag gestellt, der vergangene Woche im Ausschuss für Bauen und Wohnen durch die Koalition zum vierten Mal von der Tagesordnung abgesetzt worden ist – zum vierten Mal abgesetzt! Sie können sich nicht einigen, Sie halten das für unnötig. Was Sie uns hier bieten, das ist ein Trauerspiel!
Zum zweiten Antrag: Wir haben uns mit der Zweckentfremdungsfrage beschäftigt und eine Anhörung dazu gemacht. Leute aus Hamburg waren hier und haben uns erklärt, wie es bei ihnen in Hamburg läuft. Sie haben uns erklärt, dass sie die Zweckentfremdungsregelung teilräumig einsetzen können, dass sie damit Ferienwohnungen, spekulativen Leerstand über 6 Monate und Abriss bekämpfen – all die Sachen, die auch in Berlin vorkommen. Und was macht die Koalition? – Die sagt: Na ja, eigentlich alles nicht so schlimm. O. k., bei den Ferienwohnungen könnte man es probieren. Wir sind dankbar, dass Sie wenigstens diesen kleinen Punkt aufgegriffen haben, dass Sie damit allerdings auch zugeben mussten, dass sich die Ferienwohnungsthematik im letzten Jahr nicht lösen ließ durch die Betriebsverordnung. Wir erinnern uns an die Wilhelmstraße, gleich hier nebenan. Die Senatorin sagte uns, sie werde mit einer Betriebsverordnung regeln, dass das quasi alles Hotels sind, dann würde man das untersagen. Ich war neulich mit dem Bezirksbürgermeister und Herrn Dr. Arndt auf einer Veranstaltung, auf der wurde deutlich, dass nichts passiert ist. Man hat nicht einmal vermocht festzustellen, wie viele Ferienwohnungen es in den Aufgängen gibt. Nichts ist passiert, der Senat ist an dieser Stelle deutlich gescheitert!
Ja, Herr Gaebler, Sie können gleich hier vorne reden, wenn Sie wollen. Ich finde es unerträglich, dass Herr Gaebler die ganze Zeit dazwischenquatscht. Lassen Sie mich mal meine Rede beenden, Sie sind später dran!
Wir wollen eine Regelung bei der Zweckentfremdung machen, die wir auch für Teilbereiche Berlins erlassen können, das muss der Senat nur vernünftig vorbereiten. Bisher tut er nichts – und Sie sehen, der Stuhl von Frau Junge-Reyer ist schon wieder leer.
Ich komme zum dritten Thema. Es heißt „Milieuschutzgebiete“, und davon haben wir in Berlin über 20. Wir haben uns angeschaut, was dort passiert und was man in diesen Gebieten noch tun kann, und dabei festgestellt, dass die Umwandlung von Miet- in Eigentumswohnungen ein schwieriges Problem ist. Auch bei Ihnen werden sich wahrscheinlich Leute melden, die ihre Situation schildern, dass ihnen als Familie mit drei Kindern mitgeteilt wurde, ihre Wohnung sei gerade verkauft worden – blöder Fall!
Ja, gerne!
Sehr geehrte Kollegin! Wir sind das leider gewohnt. Der Senat ist bei der Wohnungspolitik spätestens seit 2006 in Gänze abgetaucht und liefert überhaupt nichts!
Gerne, dann hat er sich wenigstens mal gemeldet.
Herr Kollege Gaebler! Vielen Dank für die Frage, die zeigt einfach nur, dass Sie das Allgemeine Zuständigkeitsgesetz nicht richtig kennen. Wir brauchen, wenn die Bezirke tätig werden sollen, natürlich Landesregelungen.
Für Zweckentfremdung haben wir keine! Es gibt keine Regelung dieses Senats zu diesem Thema, das muss man Ihnen an dieser Stelle vielleicht noch einmal erklären!
Ich will die Debatte nicht ausdehnen, aber Herrn Buchholz geben wir noch eine Chance.
Sehr geehrter Kollege Buchholz! Ich kann mich an vieles erinnern, und ich kann mich auch an das erinnern, was Sie gerade unterschlagen haben. Der Kollege Ratzmann hat damals gesagt: Wir wollen damit Wohnungspolitik machen!
Sie wollten einen anderen Weg beschreiten und haben die Mieten bei den landeseigenen Wohnungen hochgeschraubt. Sie haben mit dazu beigetragen, das Mietniveau in Berlin insgesamt deutlich anzuheben, das ist Ihre Politik!
Wir haben andere Vorschläge gehabt.
Ich muss zum Ende kommen. Wir haben diese drei Anträge eingebracht und gehofft, dass der Senat, dass die Koalition, dass vielleicht auch die SPD und Herr Buchholz sich dem nähern können. Dass Sie insbesondere die von uns vorgeschlagene Umwandlungsverordnung ohne jede Begründung im Ausschuss abgelehnt haben und sie
wohl auch hier ablehnen wollen, obwohl uns die Leute aus Hamburg bei der Anhörung gesagt haben, dass sie es dort machen, das halte ich für skandalös, aber wir werden das der Öffentlichkeit mitteilen! – Danke sehr!
Meine Damen und Herren! Wenn hier an mich Fragen gestellt werden, dann bin ich auch jemand, der sie gerne beantwortet.
Sehr geehrter Herr Kollege Doering! Sie haben beim Thema Vorkaufsrechte nutzen und Abwendungsvereinbarungen abschließen die Frage aufgeworfen, ob es bei der geringen Anzahl in Hamburg überhaupt sinnvoll sei oder was es bedeute und dass es vielleicht auch noch Geld koste. Sie haben unterschlagen, dass uns der Kollege gesagt hat: Vorkaufsrecht in diesen acht Fällen in einem bestimmten Zeitraum. Dann hat er gesagt, dass es eine wesentlich größere Zahl von Abwendungsvereinbarungen gebe. Das heißt, ich schließe einen Vertrag mit einem Erwerber und vereinbare z. B., dass keine Umwandlung in Eigentumswohnungen erfolgt, bestimmte Modernisierungskosten oder einen bestimmten Modernisierungskatalog. – Da kann ich auch die Nutzung der Wohnung durch einen bestimmten Personenkreis vereinbaren. All das kann ich machen. Das ist unsere Idee. Dass Sie das jetzt hier einfach so runterreden, ist vielleicht verständlich, weil Sie sich inzwischen in einer Art Opposition zu allen sehen.
Aber auf die Frage, kostet das vielleicht Geld, wenn man ein Haus erwirbt, gibt es die Antwort, das kann Geld kosten, wahrscheinlich sogar. Sie haben das aber vielleicht nicht zu Ende gedacht. In dieser ganzen Regelung steckt ja drin, dass man das weiterverkauft, z. B. an die Bewohnerschaft, wenn sie einer Genossenschaft beitreten. Auch das haben sie uns in der Anhörung erzählt. Sie haben sogar gesagt, in Hamburg machen sie das sogar so,
dass sie das dann an Wohnungsbaugesellschaften weiterverkaufen. Ich bitte Sie also, wenn Sie hier so etwas behaupten und solche Fragen stellen, immer den vollständigen Zusammenhang mit zu erwähnen. Wir sehen, das Nutzen des Vorkaufsrechts ist eine Methode, das ist eines der Werkzeuge, das ist eines der Elemente aus unserem Werkzeugkasten.
Mit dem wollen wir hier gerne aktiv werden. Im Gegensatz zu dem Nichtstun, das die Senatorin an den Tag legt, ist das eine ganze Menge. – Danke schön!
Herr Kollege Dr. Arndt! Können Sie vielleicht ein Problem nennen, das dieses Gesetz lösen wird?
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Präsident! Wir haben einige schlimme Auswüchse der Wohnungsbauförderung des alten Westberliner Systems in den letzten Jahren erlebt. Ich werfe einfach einmal die Frage auf, Herr Kollege Arndt – vielleicht können Sie in der Folge darauf auch antworten –: Was hätte dieses Gesetz den Mieterinnen und Mietern im Fanny-HenselKiez im letzten Jahr – dieser schlimme Vorgang: Kostenmiete, Vertreibung – genützt? – Gar nichts.
Überhaupt nichts!
Die wären genauso vertrieben worden, die wären genauso mit der Kostenmiete überzogen worden. Das ist, glaube ich, einer der Denkfehler – böse Zungen sagen: eine der Absichten – dieses Gesetzes.
Der soziale Wohnungsbau seit den 70er-Jahren – wir haben neulich einmal gesagt: das System RiebschlägerLandowsky – ist eine ewig währende Geschichte.
Es ist vielleicht ein gutes Beispiel für Nachhaltigkeit, nämlich für nachhaltig schlechte Politik zulasten des Landeshaushalts
und für nachhaltig schlechte Politik zuungunsten von Mieterinnen und Mietern in dieser Stadt, eigentlich ein permanenter Skandal.
Ihr Gesetzentwurf, Frau Senatorin, ist eine Sparvariante, eine geschrumpfte Variante des Referentenentwurfs aus dem vergangenen Jahr. Sie trauen sich nicht einmal mehr, dieses Gesetz hier selbst einzubringen. Ich habe eigentlich erwartet, dass Sie sich hier hinstellen und das Gesetz dem Parlament übergeben, denn es handelt sich um einen Gesetzentwurf, den der Senat verabschiedet hat. Sie tun das nicht. Das ist ein deutliches Zeichen dafür, dass Sie selbst festgestellt haben: Da ist nicht viel dran. Damit kann man vor allen Dingen nicht viele Lorbeeren gewinnen.
Die ganze Thematik sozialer Wohnungsbau hat zwei Kernprobleme. Das eine betrifft die Bestände, bei denen die Förderung noch läuft oder gelaufen ist. Da sind die Mieten zu hoch. Sie steigen durch den Förderabbau, diese 13 Cent sind hier schon genannt worden. Hier muss man etwas tun. Das zweite Kernproblem lautet: Wie ist es in den Häusern, in denen die Anschlussförderung weggefallen ist, in denen die Vermieter auf die Kostenmiete – das tun etliche – von 13 Euro, 14 Euro oder 15 Euro erhöhen, um die Häuser leer zu machen, um umzuwandeln in Eigentum und die Wohnungen dann zu verkaufen. Jüngst hatten wir diesen Fall in der Kochstraße.
Wir haben uns dazu verschiedene Dinge überlegt. Die haben wir Ihnen auch alle vorgeschlagen. Wir haben zum Beispiel vorgeschlagen, eine Umwandlungsverordnung zu machen, Herr Dr. Arndt. Die haben Sie abgelehnt. Sie und die Linkspartei haben das im Bauausschuss abgelehnt. Sie haben gesagt, das sei unnötig. Wir wollten die Umwandlung steuern,
wir wollten die Menschen schützen. Wir wollten, dass Dauerwohnen geschützt wird, und dass die Menschen in ihren Wohnungen bleiben können. Das haben Sie abgelehnt.
Wir haben vorgeschlagen: Senat, gehe hin und kaufe einzelne Objekte aus den Insolvenzverfahren. Schickt den Finanzsenator, Dr. Nußbaum, dorthin, der soll das einmal ausprobieren. Vor einem Jahr hat sich das Parlament damit beschäftigt. Sie haben nicht einmal einen Versuch unternommen,
nicht einen Versuch, Herr Dr. Arndt. Sie haben, weil es ein Vorschlag der Opposition gewesen ist, nichts getan.
Das ist schlechte Politik. Sie suchen nicht nach den besten Lösungen.
Wir haben Ihnen vorgeschlagen: Versuchen Sie doch einmal die Kostenmiete zu steuern! Versuchen Sie das doch einmal, wenn solch ein Objekt verkauft wird, und von der Schuldenlast so viel wegfällt, weil Berlin das über Bürgschaften bezahlt, weil Berlin Aufwendungsdarlehen in den Wind schreibt. Dann sind die Kosten doch gar nicht mehr da. Dann haben wir plötzlich den Fall einer fiktiven Kostenmiete. Trotzdem haben im Fanny-HenselKiez die Menschen Erhöhungen auf 13 Euro erhalten. Aber der neue Eigentümer hat vielleicht nur Kosten, die für 6 Euro gut sind. Dazu haben wir Ihnen gesagt, dass Sie das gesetzlich regeln müssen. Regeln Sie, dass Kostenmiete auch heißt, die tatsächlichen Kosten und nicht fiktive Kosten, die wir aus dem Landeshaushalt schon längst beglichen haben, anzusetzen!
Wir haben Ihnen vorgeschlagen, Herr Dr. Arndt, dass Sie an die Belegrechte denken. Sie haben weitgehend die Eigentümer von den Belegungsrechten freigestellt. Wir haben Sie aufgefordert, das in Fällen rückgängig zu machen, wenn sie sich so benehmen und mit dieser Kostenthematik die Mieter drangsalieren. In diesen Fällen sollten Sie das zurücknehmen und sagen, dass die Belegrechte wieder gelten und sie ihnen wieder Mieterinnen und Mieter mit einem Wohnberechtigungsschein schicken. Auch das ist ein Versuch. Sie haben überhaupt nicht ausprobiert, ob das funktioniert. Auch das haben Sie abgelehnt, weil es von der falschen Fraktion kam. Wohnungspolitik ist etwas, woran wir gemeinsam arbeiten müssen. Bei dem schlimmen Thema der sozialen Wohnungsbauförderung haben wir alle noch viel zu tun. Dieser Entwurf, dieses Sparpapier hilft uns dabei kein bisschen weiter. – Danke!
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Herr Lehmann-Brauns! Ich will noch eine Bemerkung zu dem machen, was Sie zuletzt gesagt haben. Sie haben den Landesbeauftragten aufgefordert, sich hier
durchaus auch politisch zu äußern, aber ich weiß nicht, ob das in dem Fall richtig ist. Ich finde, es wäre klüger gewesen, wenn sich der Senat, der nicht zuletzt wesentlich von der SPD gebildet wird, zu dieser Angelegenheit geäußert hätte. Das wäre der bessere Weg gewesen. Er hat ja noch die Chance, das nachzuholen.
Ich möchte im Namen der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen, wie das die anderen Kollegen auch gemacht haben, Herrn Gutzeit und seinen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern besonders danken für das, was sie im Jahr 2010 gemacht haben. Man kann das in dem Bericht nachlesen. Hierzu ist schon einiges gesagt worden. Der Bericht zeigt, dass sich die Anforderungen an Ihre Arbeit wandeln. Sie wandeln sich, aber sie werden nicht weniger. Das ist etwas, was manchen vielleicht sogar verblüfft. Auch im 22. Jahr nach 1989, nach dem Ende der Diktatur in Ostdeutschland brauchen Menschen Beratung und Hilfe, weil die Menschen mit den Folgen des Lebens in der Diktatur bis heute zu kämpfen haben. Da geht es um Rehabilitierung, um Rentenfragen und immer noch um Akteneinsicht. Kollege Hilse hat hierzu Zahlen genannt.
Man kommt natürlich zwangsläufig jedes Jahr auf diese grundsätzliche Frage: Wie lange wirkt so etwas nach? Wie lange wirkt es nach, dass man in einem eingemauerten Staat gelebt und Mauer und Stacheldraht gesehen hat? Wie lange wirkt ein Bildungswesen nach, das darauf angelegt war, Meinungsfreiheit und damit letztlich auch Bildung von Kindern und Jugendlichen zu unterdrücken, anstatt zu ermöglichen? – Viele Menschen werden wahrscheinlich bis an ihr Lebensende mit dem zu tun haben, was sie dort erlebt haben und was sie an Repression und Unterdrückung in sehr unterschiedlicher Form und Abstufung erlitten haben.
Herr Gutzeit! Sie schreiben in Ihrem Bericht sehr plastisch über einzelne, jedoch exemplarische Fälle. Auf Seite 7 berichten Sie von einem Mann, der als Kind in ein Kinderheim gekommen ist, weil seine Eltern verhaftet wurden und im Gefängnis saßen. Dieser Mann war damals 14 Jahr alt, und die Verwandten hatten nicht die Chance, ihn aufzunehmen. Die Eltern wurden später in den Westen abgeschoben. Der Vierzehnjährige hat nicht nur während der Zeit, in der die Eltern in Haft waren, in einem Kinderheim verbracht – und das waren keine angenehmen Orte; das kann ich Ihnen versichern –, sondern er musste sich sogar, als die Eltern schon weg waren, noch ein halbes Jahr länger dort aufhalten. Stellen Sie sich das vor! Für uns alle hier ist ein halbes Jahr eine relativ kurze Zeit. Für jemand, der 14 Jahre alt ist, ist das ein wesentlicher Zeitraum seines Lebens. Ich glaube, wenn man solche Geschichten liest, bekommt man auch mit, wie wichtig es ist, dass solchen Menschen geholfen wird.
Sie schreiben in dem Bericht darüber noch weiter, dass dieser Mensch ein Rehabilitierungsverfahren angestrengt hat und ihm das Berliner Kammergericht mitgeteilt hat, die Einweisung in ein Heim sei eine Fürsorgemaßnahme
und die Tatsache, dass er dort noch ein halbes Jahr länger haben bleiben müssen, liege sicherlich daran, dass er als Vierzehnjähriger keinen Ausreiseantrag gestellt habe. Wer allerdings annimmt, dass in einem Kinderheim der DDR ein Vierzehnjähriger die Chance hatte, einen Ausreiseantrag zu stellen, der irrt ganz gewaltig. Ich finde, dieser Fall belegt, dass auch die Berliner Richterschaft womöglich noch ein wenig Weiterbildungsbedarf hat, den Sie, Herr Gutzeit, vielleicht abdecken sollten.
Ich möchte nun auf dieses Jahr zu sprechen kommen. In dieses Jahr fällt der 50. Jahrestag des Baus der Mauer, und aus diesem Anlass findet eine ganze Menge statt. Wir haben in Berlin auch einige Orte, die sich mit der Mauer beschäftigen. Denken Sie an die Mauergedenkstätte in der Bernauer Straße! Es ist bedauerlich, dass diese Gedenkstätte nach wie vor nicht ganz fertiggestellt ist. Denken Sie an den erweiterten Mauerbereich: Dort wurden zwischenzeitlich Häuser auf den Mauerstreifen gestellt. Die hat damals das Bezirksamt oder auch einer der Vorgängersenate genehmigt. All solche Dinge sind sehr unschön, und sie zeigen, dass auch wir als Land Berlin diese 20 Jahre noch gar nicht so richtig genutzt haben
Ja, Herr Gaebler, Sie können noch! –, um auch die Spuren der Mauer, die wenigen, die noch da sind, zu sichern.
Ein anderes Beispiel, das mir in den letzten Tagen noch mal begegnet ist: Das Haus 1 in der Normannenstraße! Dort hat Erich Mielke residiert. Dieses Haus wird jetzt saniert. Das ist dankenswerterweise durch den Bund übernommen worden. Aber wenn man sich mit der Sanierung dort mal befasst, habe ich das Gefühl, dass vieles, von dem, was dort noch aufgehoben ist – –
Ja, ich bin gleich fertig. – Wenn Sie dort hineingehen, sehen Sie Räume, wo noch diese Petschaft an der Tür ist, und es sieht so aus, als ob die Stasi-Leute erst gestern weggegangen sind. Viele dieser Räume werden der Sanierung zum Opfer fallen. Das ist nicht gut.
Ich finde, darüber sollte man mit den Denkmalschutzbehörden noch einmal reden. – Da die Redezeit um ist, muss ich aufhören. Herr Gutzeit! Vielen Dank für Ihre Arbeit! Ich glaube, wir werden uns in diesem Jahr auf vielen Veranstaltungen treffen, und ich hoffe, dass Sie auch
weiterhin für Bildungsarbeit, für Öffentlichkeitsarbeit und für die Aufarbeitung insgesamt in dieser Stadt stehen. – Herzlichen Dank!
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Jedes Jahr haben wir 5 000 bis 6 000 Brände in Wohngebäuden in Berlin. Menschen kommen ums Leben. Die Brände werden verursacht durch technische Defekte, durch Fahrlässigkeit oder durch Brandstiftung. Kriminelle legen Feuer, zünden Kinderwagen, Möbel oder was sich sonst noch in einem Treppenhaus, einem Treppenflur befindet, an, verwenden vielleicht noch Brandbeschleuniger. Ein Feuer breitet sich aus. Die Treppenhäuser, die Wohnungen verrauchen, Menschen werden vergiftet. Wir alle haben von den schlimmen Fällen in Neukölln, Sonnenallee, oder von der Brandserie in Hellersdorf gelesen und überlegen natürlich, was man da tun kann.
Die Kriminalstatistik – sie tauchte heute schon auf – zeigt in der Kategorie „Vorsätzliche Brandstiftungen und Herbeiführung einer Brandgefahr“ seit dem Jahr 2008 einen leichten Anstieg auf 848 erfasste Fälle im vergangenen Jahr 2010. Die Aufklärungsquote liegt hier bei etwa 17 Prozent. Ich finde, das ist nicht sehr viel. Die Brandstiftung in Wohnhäusern ist nicht das einzige Delikt, aber es ist darin enthalten.
Diese Anschläge sind heimtückisch, und man steht etwas hilflos dabei, wenn es brennt, wenn da Menschen vielleicht im Schlaf oder auch am Tag vergiftet werden und ums Leben kommen. Wir als Bündnis 90/Die Grünen haben überlegt: Was kann man tun? Wir sind nicht ganz allein. Die Debatte, die der Innensenator im vergangenen Jahr geführt hat, drehte sich auch schon um die Rauchmelder. Andere Möglichkeiten des Brandschutzes wären: Vermeidung von Gelegenheiten zur Brandstiftung, etwa indem man keine Kinderwagen, keinen Sperrmüll, keine Sofas oder dergleichen mehr im Hausflur aufstellt. Das ist ein Appell an alle, das zu vermeiden. Das wird aber nicht
immer klappen. Was kann man noch tun? – Technischer Brandschutz, Sprinkleranlagen oder die Rauchwärmeabzugsanlagen, die in Neubauten ja vorgeschrieben sind. In Altbauten sind sie nicht vorgeschrieben. Man könnte sich überlegen, das verpflichtend zu machen. Das wäre eine gewisse Investition. Oder man arbeitet mit Signaleinrichtungen, und das wollen wir.
Wir wollen, dass Menschen, wenn es brennt, davon erfahren, und die müssen dann natürlich wissen, wie sie sich zu verhalten haben. Eine Aufklärungskampagne gehört immer dazu. Wir müssen die Menschen darüber aufklären, wie man sich im Brandfall verhält, wie man Fluchtwege findet, was man tut, wie man die Feuerwehr ruft und all diese einfachen Dinge, wo jeder von uns hier denkt: Na, das ist doch ganz logisch! – Aber viele Menschen wissen das nicht. Gucken Sie sich mal an! Wenn es jetzt hier brennen würde, weiß ich nicht, wer von Ihnen sofort weiß, was zu tun ist. Ich kann mir vorstellen, da stehen doch auch einige hilflos in der Gegend herum. Also wir wollen eine Aufklärungskampagne, und wir wollen die Rauchmelder in Wohngebäuden. Das ist unser Vorschlag im Zusammenhang mit einer Änderung der Bauordnung.
Wir wollen in Treppenhäusern von Wohngebäuden mit mehr als zwei Geschossen solche Rauchmelder montiert sehen. Wir wollen, dass das innerhalb einer Nachrüstzeit von zwei Jahren in allen Berliner Mehrfamilienhäusern geschieht, und wir wollen natürlich, dass das geeignete Geräte sind.
Herr Czaja! Seien Sie bitte still, oder stellen Sie eine Frage! – Wir müssen gewährleisten, dass die Leute sich richtig verhalten, wenn so ein Rauchmelder anschlägt. Das heißt, sie dürfen z. B. nicht ins Treppenhaus rennen. Das ist ein Problem. Die müssen so informiert sein, dass sie sich richtig verhalten und wissen, was zu tun ist.
Wir wollen, dass wir das hier diskutieren. Mir ist vorhin schon von Frau Haußdörfer entgegengehalten worden: Die anderen Länder machen das anders in ihren Landesbauordnungen. Die haben die Pflicht in den Wohnungen eingeführt. – Auch das kann man natürlich diskutieren. Das ist eine sehr aufwendige Geschichte, und es ist möglicherweise ein Gesetz, das schwer auf Einhaltung zu kontrollieren ist. Stellen Sie sich vor, Sie müssten in jeder Wohnung in einem bestimmten Zyklus oder Turnus kontrollieren, ob die Dinger da sind, ob sie funktionieren. Das stellen wir uns in den Treppenhäusern sehr viel einfacher vor. Deswegen ist unser Vorschlag, das zunächst da zu tun, das mit einer Informationskampagne zu verbinden, und dann hoffen wir, dass wir diese schlimmen Folgen der Brandstiftung wie gerade in diesem und im letzten Jahr in Zukunft vermindern können und nicht mehr erleben müssen.
Ich glaube, in der Debatte befinden wir uns in guter Gesellschaft. In der Plenarsitzung am 31. März, also vor 14 Tagen, hat sich auch die SPD in Person von Frau Her
tel für die Rauchmelderpflicht ausgesprochen. Sie sagte hier:
… aber wir kommen nicht umhin, das künftig mit einem entsprechenden Gesetz zu regeln und in Berlin die Rauchmelderpflicht einzuführen.
Ich denke, dass wir da gemeinsam mit der SPD und den anderen Fraktionen eine gute Lösung finden werden. Ich hoffe auf eine konstruktive Debatte in den Ausschüssen und hoffe dann auf Ihre Zustimmung. – Herzlichen Dank!
Danke, Herr Präsident! – Frau Senatorin! Ich möchte Sie fragen, ob Sie denn planen, für die neuen Sanierungsgebiete den Bezirken zu ermöglichen, eine Umwandlungsverordnung zu nutzen, die dafür sorgen könnte, dass man die Umwandlung von Miet- in Eigentumswohnungen, die beispielsweise in Prenzlauer Berg oder Friedrichshain doch eine gewisse Verdrängungswelle ausgelöst hat – – Wollen Sie den Bezirken mit so einer Umwandlungsverordnung ermöglichen, diese Prozesse besser zu steuern?
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Linke macht sich offenbar aus dem Staub, aus dem Straßenstaub, will ich einmal sagen.
Es ist schon erstaunlich, wie Sie sich hier ein halbes Jahr vor der Wahl aus der Verantwortung stehlen wollen. Dass Sie die Regierungsarbeit eingestellt haben, das haben wir ja schon vor ein paar Monaten beobachten können.
Jetzt spielen Sie auch noch Opposition in der Regierung und denken, dass die Wählerinnen und Wähler darauf reinfallen.
Was wäre denn verantwortliches Handeln, Herr Doering? Was wäre verantwortliches Handeln einer Koalition? – Wenn Linke und SPD sich anstrengen wollten, das ist aber ein halbes Jahr vor der Wahl offenbar nicht mehr üblich hier, dann müssten wir eine Evaluation des Gesetzes, der Praxis, einen Erfahrungsbericht bekommen,
und zwar mit Schlussfolgerungen, was zu ändern, was zu verbessern ist. Warum konnten Sie das in der Koalition nicht klären? Das verstehen wir nicht.
Wir haben schon vor einiger Zeit eine solche Evaluierung hier gefordert. Wir sehen das auch als Ihre Verpflichtung an. Mit einem Parteitagsbeschluss, Herr Kollege Doering, in dem Sie als Linke einfach auf die Linie der FDP und der CDU oder von Herrn Czaja hier umschwenken, weil Sie ihm seinen Wahlkreis in Biesdorf streitig machen möchten,
glaube ich, verlassen Sie die Regierungspolitik und begeben sich in die Opposition. Das ist kein guter Stil, das ist Aktionismus, Verantwortung für diese Stadt sieht ganz anders aus.
Wir sind sehr gern bereit, Sie aus der Regierung Berlins zu entlassen, aber der Termin dafür heißt 18. September 2011.
Es gibt Kritikpunkte an diesem Gesetz.
Und darüber müssen wir reden
und nicht einfach behaupten, das Ding muss weg, das ist uns als Bündnisgrünen zu billig. Man kann darüber diskutieren, wie das mit den Regenwasserkanälen ist, wie das mit den Laternen gewesen ist, mit der Straßenbeleuchtung. Das ist ja auch unser Vorschlag gewesen. Die Kollegin Haußdörfer hat vorhin darauf hingewiesen. Die Straßenbeleuchtung ist dann rausgenommen worden.
Dann ist allerdings für die Koalition ein neues Problem aufgetaucht, die von uns gewünschte energetische Um
stellung der Laternen haben Sie aus anderen Gründen nicht bewerkstelligen können. Aber aus dem Gesetz ist es verschwunden. Das war eine Verbesserung. – Regenwasser, dazu habe ich etwas gesagt.
Was ist noch änderungsbedürftig? – Die Frage der Kategorien. Warum ist es so, dass die Leute vorab erfahren, sie sind Anlieger einer Anliegerstraße, einer Haupterschließungsstraße oder einer Hauptverkehrsstraße oder eines Wohnwegs? Nach unserer Überzeugung muss man auch hinterher gucken, wie denn die Kategorie dieser Straße ist. Wenn vorher 50 Fahrzeuge pro Stunde fahren und später etliche Tausend am Tag, dann muss man auch überlegen, welche Kategorie hier gilt. Oder muss man vielleicht die Verkehrsdichte in die Erhebung der Beiträge einbeziehen, weil die Öffentlichkeit diese Straße stärker nutzt als die Anlieger? Das sind alles Überlegungen, die eigentlich von Ihnen als Regierung kommen müssten.
Was ist noch wichtig? – Praxis in den Bundesländern, Herr Czaja, das wissen auch Sie, ist in Bewegung.
Es gibt verschiedene Kommunen, die haben das Gesetz außer Vollzug gesetzt. Es gibt verschiedene Kommunen, die haben so eine Satzung gerade erlassen. Und es gibt eine sehr unterschiedliche Praxis. Und daran, glaube ich, müssen wir uns auch orientieren. Wir erwarten vom Senat, dass der uns vorlegt, wie die Praxis in anderen Bundesländern und in anderen Kommunen ist, und uns sagt: So und so liegen wir da als Berlin – bei den Beitragshöhen, bei den ausbaufähigen Kosten überhaupt. Und dann kann man sich auch damit beschäftigen. Wir sind ja nicht im luftleeren Raum. Wir können ja nicht als ein Bundesland ausscheren.
Und dann will ich vielleicht noch mal auf die Argumentation von Herrn Wolf eingehen. Herr Wolf hat ja gesagt, das Gesetz sei quasi pro forma wegen Karlsruhe mal hier verabschiedet worden. – Das Gesetz ist verabschiedet worden unter anderem, weil wir pleite sind, weil Berlin kein Geld mehr hat und weil wir überlegen mussten, wie Anlieger und damit auch zum Teil Nutznießer von solchen Ausbauten sich daran eventuell beteiligen sollten. Das ist die Ursache für das Gesetz gewesen; ein rot-rotes Gesetz. Das ist nicht gut gemacht, das muss evaluiert werden. Aber trotzdem kann ich Ihnen hier sagen, weil das auch die Frage an uns ist: Wir sind schon dafür, dass die Anrainer im Grundsatz beteiligt werden.
Ja, gern. Welcher ist es denn?
Sie haben, Herr Kollege Czaja, eigentlich recht aufmerksam zugehört, und ich bin der Auffassung, das war für alle deutlich.
Diesen Anträgen können wir so nicht zustimmen. Denn wir sind dafür, dass wir mit der Umlagefähigkeit von Straßenbaumaßnahmen konstruktiv umgehen, dass wir eine Evaluierung machen und dass wir dann darüber neu entscheiden. Und wenn die Linke sich hier aus der Regierung stehlen will, dann ist das ein schlechter Zug. Dann müssen wir sehen, dass die SPD hier alleine hängenbleibt. Aber ich habe es gesagt, den Anträgen stimmen wir so nicht zu. Lassen wir uns das in den Ausschüssen beraten. – Danke!
Wir – und damit meine ich die Mehrheit dieses Hauses – wünschen uns, dass die Sanierung des Internationalen Congress Centrums endlich Gestalt annimmt, weil dieses Gebäude für die Stadt prägend und weil es eine Attraktion ist. In der hier zu behandelnden Drucksache wollten wir den Senat auffordern, eine Planung für die Sanierung – sprich einen Ablauf- und Zeitplan – vorzulegen, Termin 31. März 2011. Das ist heute. Geschehen ist natürlich nichts, denn der Senat geht anders vor: Er erteilt eine Abrissgenehmigung für den Standort der Deutschlandhalle und erlaubt der Messegesellschaft und dem linken Wirtschaftssenator erst mal, eine neue Messe – und Kongresshalle errichten am Standort der Deutschlandhalle – Kostenpunkt 65 Millionen Euro. Das ist eine Planungskultur, die Berlin gerade nicht aus seiner Haushaltsmisere herausbringen wird.
Die Ersatzhalle ist ein Wunschprojekt der Messegesellschaft. Ein geordneter Planungsprozess für den Gesamtstandort Messegelände mit ICC findet nicht statt. Eine seriöse Kosten- und Zeitplanung sieht anders aus. Nicht einmal versucht haben Sie, den Prozess der Sanierung des Kongresszentrums mit einer Teilschließung zu organisieren, obwohl nach einer Vielzahl von Gutachten der Senat 2008 eine Sanierung bei laufendem Betrieb beschlossen hatte. Die Messegesellschaft im Zusammenspiel mit der Wirtschaftsverwaltung plant an dem auffälligsten Gebäude der 70er-Jahre des alten Westberlin vorbei. Und der Senat in Gänze schwankt wie eine Feder im Wind.
Bis heute gibt es für die ICC-Sanierung keine Bauplanungsunterlage, nur eine Grobschätzung der Kosten auf 240 Millionen Euro. Wir alle wissen, dass solche Schätzungen fast nie zutreffen. Berlin baut oft nach dem Grundsatz „20 Prozent auf alles“. Die 65 Millionen Euro, die Sie für die neue Halle ausgeben wollen, hätte ich eher als Mehrkostenreserve eingeplant. Wenn hier so getan wird, als ob diese 65 Millionen von der Messegesellschaft kommen und quasi zusätzlich zum Landeshaushalt existieren, dann muss ich dem deutlich widersprechen. Die Messe ist ein Betrieb des Landes Berlin. Alles, was die Messe erwirtschaftet oder an Zuschüssen aus der Landeskasse bekommt, zählt letztendlich mittelbar zum arg gebeutelten Haushalt des Landes Berlin.
Zu den Zukunftsaufgaben der Messe gehört es, ohne zusätzliche Gelder auszukommen. Die Investition in die neue Halle konterkariert dieses Ziel. Wir haben eine lange Reihe von Sanierungsfällen im Gebäudebestand, von Steglitzer Kreisel, Klinikum Steglitz, Charité-Hochhaus bis zu diversen Opern. Doch der Senat setzt auf Neubauvorhaben, einen Knast in Großbeeren, den keiner braucht, eine Messehalle als Kongresszentrum, weil das ICC politisch zwischen Rot und Rot umkämpft ist, oder eine Kunsthalle für den Regierenden Bürgermeister, damit später etwas in der Stadt an ihn erinnert.
Gestern wurde uns der Eckwertebeschluss für den Haushalt 2012/13 vorgelegt. Der Senat lässt an keiner Stelle
darin erkennen, welche der vielen Wunschprojekte er nun finanzieren will und welche nicht. Rot-Rot muss sich entscheiden: Wollen Sie Neubauvorhaben vor die Ruinen dieser Stadt platzieren, oder wollen Sie als Senat Verantwortung übernehmen und den Gebäudebestand fit machen für die Zukunft? Entscheiden Sie sich, aber bitte vor der Wahl am 18. September 2011! Und Sie haben auch sofort eine Chance: Stimmen Sie unserem Antrag zu! Lassen Sie uns die ICC-Sanierung seriös planen! Keine Neubauten auf Kosten der Sanierung!
Sehr geehrte Frau Senatorin! Wir haben vor einem Jahr anlässlich des Falls Fanny-Hensel-Kiez hier schon einmal so ähnlich diskutiert. Das war alles nicht so richtig befriedigend, was dort vonseiten des Senats passiert ist. Was wollen Sie tun, um – vor dem Hintergrund, dass a) Ihr Wohnraumgesetz noch nicht einmal hier im Parlament angekommen ist und dass Sie b) bisher auch eine Verordnung gegen die Umwandlung von Miet- in Eigentumswohnungen nicht auf den Weg gebracht haben und dass Sie c) unser Ankaufmodell, das besagt, dass solche Gebäude im Einzelfall auch anzukaufen sind und nicht an Dritte zu veräußern sind, ablehnen – zukünftig derartige Fälle vermeiden zu können? All das haben Sie bisher nicht getan, vom Senat liegt nichts vor. Was wollen Sie in Zukunft tun?
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wohnungspolitik ist Sozialpolitik. Wohnungspolitik heute muss Antworten finden auf Armut in der Stadt, auf steigende Wohnkosten und auf stadtpolitische Fragen wie etwa Segregation, die einzelne Stadtteile zu Problembereichen machen kann. Der Regierende Bürgermeister wertet steigende Mieten in der Stadt – das durften wir der Presse entnehmen – hauptsächlich als Indikator für die Attraktivität Berlins. Im Unterschied dazu machen wir uns auch Gedanken über die Mieterinnen und Mieter, die das am Ende alles bezahlen müssen.
Darüber hinaus geht es uns um einen zukunftsfähigen Wohnungsbestand. Es geht um Klimaschutz, und es geht darum, dass wir sowohl die Zukunftsfragen als auch die sozialen Fragen verbinden und lösen müssen. Darum soll es auch heute gehen.
Wir haben in den letzten Tagen den Programmentwurf der SPD zur Wahl zur Kenntnis nehmen können. Da will ich Ihnen mal aus dem ersten Teil, das ist so eine Art Rechenschaftsbericht, vorlesen. Da hat die SPD reingeschrieben:
Wir tun alles, um die Mieten in Berlin bezahlbar zu halten. Wir haben alle bestehenden Regelungen ausgeschöpft,
Hört, hört! –
um Mietwucher und Spekulation mit Wohnraum Einhalt zu gebieten.
Meine Damen und Herren, was haben Sie ausgeschöpft? Da fällt mir zuerst ein – das ist noch nicht so lange her – der Börsengang der GSW. Alles ausgeschöpft! Sie haben da vermeintliche Mieterschutzklauseln vereinbart. Aber das Problem ist: Die Mieterinnen und Mieter haben die überhaupt nicht erfahren. Die haben nichts in der Hand, die nützen denen gar nichts. Wenn das ausgeschöpft ist, wenn das Ihre Mietenpolitik ist, dann schönen Dank!
In Ihrem Rechenschaftsbericht weisen Sie auf das sogenannte Wohnraumgesetz hin. Oha, denkt der Betrachter: Wohnraumgesetz, da war doch was. Ich glaube, das ist eins von den Gesetzen, neben dem Klimaschutzgesetz und anderen gescheiterten Vorhaben, die bis zum Ende der Wahlperiode nicht mehr im Plenum auftauchen werden. Es gab einen Referentenentwurf im vergangenen Jahr mit erheblichen rechtlichen Problemen, ohne Aussicht, überhaupt zur Anwendung zu kommen. Wenn Sie das hier als positiv hervorheben wollen, dann ist das nicht sehr viel.
Weiter schreiben Sie:
Unser Mietspiegel macht ortsübliche Mietpreise in Berlin transparent und bewahrt Mieterinnen und Mieter vor überzogenen Forderungen.
Ein Mietspiegel für eine Millionenstadt ist eine Pflichtaufgabe. Den hat nicht die SPD erfunden. Aber was Sie hätten tun sollen in den letzten zehn Jahren: Sie hätten dafür sorgen müssen, dass dieser Mietspiegel eine energetische Komponente enthält, die diesen Namen auch verdient. Im Augenblick ist es ja so, dass im Berliner Mietspiegel bei der Miethöhe eine moderne Gegensprechanlage die energetische Sanierung eines ganzen Hauses ersetzen kann. Das ist Ihr Mietspiegel, das ist viel zu wenig!
Ein zweiter Punkt zum Mietspiegel: Wir haben hier beantragt, dass die landeseigenen Wohnungsbaugesellschaften sich an den Mietspiegel halten sollen, insbesondere bei den Neuvermietungen. Unseren Antrag hier haben Sie mit fadenscheinigen Begründungen abgelehnt – das ist Mietenpolitik der SPD.
So weit zu Ihrem Programmentwurf.
Seit man sich erinnern kann in Berlin stellt die SPD die Bau- oder Stadtentwicklungssenatorinnen und -senatoren, und ihre Bilanz in Wohnungspolitik ist außerordentlich mager. Es sei denn, man rechnet vielleicht die 30 Jahre verfehlte Förderpolitik im sozialen Wohnungsbau zu Ihren großen Erfolgen. Aber das tun Sie hoffentlich selber nicht. Insbesondere günstiger Wohnraum wird derzeit in den Bezirken knapper. Der Verband Berlin-Brandenburgischer Wohnungsunternehmen, eine Vereinigung der großen Wohnungsunternehmen, insbesondere der landeseigenen, spricht sogar schon von einer Wohnungsnot. Wir werden hören, ob die SPD oder die Koalition das hier heute so bestätigt. Und da gibt es verschiedene Ursachen, und da gibt es verschiedene Dinge, die man da machen kann und machen muss – und die Sie bisher versäumt haben. Eins davon ist, dass man sich anguckt: Wie ist es mit der Umwandlung von Miet- in Eigentumswohnungen? Wie ist es mit der Zweckentfremdung? – Insbesondere bei der Umwandlungsthematik haben wir Länderkompetenz. Da können wir in den Erhaltungsgebieten steuern. Das haben Sie bisher versäumt. Deswegen müssen wir das heute beantragen. Ich sage Ihnen: Wenn Sie von der SPD tatsächlich Wohnungspolitik machen wollen, dann fangen Sie an! Stimmen Sie unseren Anträgen zu! – Danke sehr!
Sehr geehrter Herr Dr. Arndt! Sie haben uns in Ihrer durchaus entschlossenen Art gesagt, was der Senat alles tut. Ich habe vorhin schon einmal darauf hingewiesen: Seit ich mich erinnern kann, ist die SPD hier in der Verantwortung. Sie fangen gerade jetzt einmal mit irgendetwas an. Sie schreiben gerade jetzt einmal irgendetwas in Ihr Programm. Was ist denn Ihre Bilanz in der Wohnungspolitik? Was haben Sie denn erreicht?
Herr Buchholz, wir kommen gleich zueinander. – Wir haben hier in der letzten Sitzung gerade diese Kündigungsfristverordnung beantragt. Es ist schön, dass die Senatorin jetzt begonnen hat, daran zu arbeiten. Herz
lichen Dank! Aber das ist für so viele Jahre SPDRegierung und zehn Jahre Rot-Rot einfach zu wenig. – Danke!
Sehr geehrte Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Kollege Hilse! Ich weiß nicht, ob es Ihnen aufgefallen ist: Der wenigste Beifall kam während Ihrer Rede aus Ihrer eigenen, der SPD-Fraktion.
Um es vorweg zu betonen: In diesem Land herrscht Meinungsfreiheit und Diskussionsfreiheit, und das ist ein sehr hohes Gut.
Ich bin sehr froh, seit 1989 nicht mehr eingemauert leben zu müssen – ohne Diskussionsfreiheit, ohne Pressefreiheit und ohne Wahlen. Das kann man gar nicht oft genug feststellen.
Jeder von uns kann darüber nachdenken, die Gesellschaft zu verändern. Wenn die Linken eine Kommunismusdebatte führen wollen, ist das zunächst einmal deren Sache. Selbst Parteivorsitzende haben das Recht, Unfug zu erzählen oder zu schreiben.
Was aber nicht geht, meine Damen und Herren von der Linken, dass ist Revisionismus zu betreiben und die Altkommunisten bedienen zu wollen, die sich die Diktatur zurückwünschen, und was nicht geht, ist, dass die Demokratie infrage gestellt wird.
Wenn Sie mit dem Begriff des Kommunismus spielen – und da fällt einem zuerst immer Walter Ulbricht ein: Es muss demokratisch aussehen, aber wir müssen alles im Griff haben.
Die DDR war eine Diktatur auf dem Weg in den Kommunismus nach Marx und Lenin und das von Anfang an. Ich glaube, das weiß 20 Jahre nach 1989 jeder hier im Hause und jeder in diesem Land. Eine Gesellschaft mit Gerechtigkeit und Wohlstand für alle, das wünschen sich viele Menschen. Viele wünschen sich auch mehr Gleichheit. Aber was sich in diesem Land keine Mehrheit wünscht, ist eine kommunistische Diktatur, wo der einzelne Mensch nichts gilt und die Partei und das System über allem stehen. Denken Sie an Kuba! Kuba ist noch heute so ein Land, wo es keine Wahlen gibt und wo Menschen hohe Gefängnisstrafen erhalten, weil sie politisch unliebsam sind oder weil sie etwas Falsches am falschen Ort gesagt haben.
Ich würde Ihnen am liebsten ein Kapitel aus der „Farm der Tiere“ vorlesen. Viele werden das Buch von George Orwell kennen. Das war in der DDR verboten, weil es zu dicht am System war, weil es die Wahrheit enthielt.
Der Anlass für die Diskussion heute ist Frau Lötzsch, die eine Veranstaltung besuchen wollte und vorher etwas geschrieben hat. Der Kollege Henkel hat schon darauf hingewiesen, da haben Menschen protestiert, da waren Mitglieder der Vereinigung der Opfer des Stalinismus und sind tätlich angegriffen worden. Sie müssen sich das mal vorstellen! Wenn jemand in Hohenschönhausen oder Bautzen gesessen hat, weil er einfach den planmäßigen Aufbau des Kommunismus gestört hat, wenn dieser Mensch gegen eine solche Veranstaltung protestiert und dann verdroschen wird, das verurteilen wir.
Der Presse war zu entnehmen, dass der Entwurf des Artikels der Parteivorsitzenden der Linken aus dem Apparat der Linkspartei im Entwurf stammt, dass da sogar etwas dazu dringestanden hat, dass da drinstand, dass man sehr wohl berücksichtigen muss, welche Opfer der Kommunismus auf seinem Weg gefordert hat und was für Menschenrechtsverletzungen stattgefunden haben. Die Parteivorsitzende hat sich anders entschieden. Sie fand das nicht so wichtig. Sie sagt uns, während des Schreibens hätte sie daran gedacht. Ich finde, so geht es nicht. Das ist, denke ich, nicht nur die Vorsitzende. Wir sind hier,
glaube ich, auch in den letzten Jahren in diesem Parlament gelegentlich an merkwürdige Punkte gekommen. Ich erinnere mal, 2006 war es eine Debatte über eine Erklärung des EU-Parlaments zur Menschenrechtssituation auf Kuba. Die Linkspartei hat hier in der Debatte erklärt, das sei völlig unnötig, eine lokale Frage, darüber brauchte man sich hier gar nicht auseinanderzusetzen. Oder denken Sie daran: Vor zwei Jahren haben wir uns hier über das Gesetz zur Errichtung der Stiftung Berliner Mauer unterhalten. Linke und auch SPD wollten die Übersiedlung in die DDR in den Stiftungszweck schmuggeln. Wir reden über Mauertote, und Sie relativieren das mit ein paar Verirrten, die in den Osten wollten.
Wir haben hier im letzten Jahr beantragt, den Berlin-Pass, eine soziale Maßnahme, auch für Opfer des SED-Regimes zur Anwendung kommen zu lassen. Sie haben gesagt, das ist unnötig. Sie haben sich Ausflüchte überlegt. Ein wenig Demut haben Sie auch an der Stelle einfach vermissen lassen.
Wir haben hier heute einen Antragstext vorgeschlagen, von dem wir angenommen haben, dass er kompromissfähig ist und von allen im Hause geteilt werden kann.
Einen letzten Satz gestatten Sie mir bitte noch. – Jetzt haben die SPD und die Koalition insgesamt einen Änderungsvorschlag dazu gemacht. Wir hatten hier hineinformuliert:
Die Kommunismusdebatte ist sogar gefährlich, weil sie dazu dient, die Menschenrechtsverletzungen der Regime zu relativieren, die sich auf den Weg zum Kommunismus gemacht haben.
Es ist bedauerlich, dass Sie als SPD und die Koalition diese Wege nicht gefährlich finden. Wir müssen deshalb Ihren Änderungsantrag ablehnen.
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Das ist vielleicht der letzte Tagesordnungspunkt vor Weihnachten. Man könnte denken, da geht es an die Geschenke oder wenigstens an die Wünsche. Wir – und damit meine ich die Mehrheit des Hauses – wünschen uns, dass die Sanierung des ICC irgendwann Gestalt annimmt, weil dieses Gebäude für die Stadt prägend und eine Attraktion ist.
Die Messegesellschaft und der Wirtschaftssenator haben andere Wünsche. Sie wollen möglichst bald eine neue Messe- und Kongresshalle errichten. Herr Brauer möchte das ICC abreißen, wie er gerade eingeworfen hat.
Am Standort der Deutschlandhalle soll für 65 Millionen Euro gebaut werden. Bei solchen Summen ist es wohl berechtigt, sich in einem Dringlichkeitsantrag über derartige Dinge zu unterhalten. Angesichts der Haushaltslage müssen wir prüfen, ob für alle Weihnachtswünsche auch das Kleingeld ausreicht. In der heutigen Fragestunde hat der Kollege Buchholz gefragt, ob die Senatsverwaltung für Wirtschaft die Befürchtung nachvollziehen kann, dass nach Errichtung des Ersatzbaus die ICC-Sanierung ausfällt. Der Staatssekretär Heuer hat diese Frage für abwegig erklärt. Wir sehen das anders und mutmaßlich auch der Kollege Buchholz von der SPD.
Dieser Ersatzbau ist ein singuläres Projekt. Er ist nicht Ergebnis eines geordneten Planungsprozesses, er ist nicht das Ergebnis einer Kosten- und Zeitplanung, und er ist nicht das Ergebnis einer Betrachtung, wo eigentlich Kongresse stattfinden sollen, während man das ICC saniert. All das gibt es nicht, sondern die Messegesellschaft plant im Zusammenspiel mit der Wirtschaftsverwaltung an dem auffälligsten Gebäude der 70er-Jahre vorbei.
Warum müssen wir das heute besprechen?
Weil der Senat noch im Dezember etwas dazu beschließen will! Der Senat möchte noch im Dezember – so hat man uns das im Ausschuss mitgeteilt – darüber beschließen und entscheiden. Ich glaube, bei 65 Millionen Euro muss man schon ein Wort darüber verlieren dürfen,
auch wenn es spät ist und vielleicht der eine oder andere heute noch etwas vorhat.
Seit 2008 konnten wir davon ausgehen – auch Herr Doering –, dass das ICC bei laufendem Betrieb saniert werden soll. Viele Hunderttausend Euro sind für Gutachten ausgegeben worden, und plötzlich, ein Jahr später, wie aus dem Nichts teilt man uns mit: Es ist jetzt alles ganz anders. Das geht überhaupt nicht. Jetzt müsse es geschlossen werden, und dafür brauchen wir flugs diese Ersatzhalle. – Es gibt keine Bauplanungsunterlage, es gibt keinen Zeitplan, und es gibt keine Verankerung im Investitionsplan des Landes Berlin für die Sanierung des ICC. Deshalb wäre es fahrlässig, heute und im Dezember darüber zu befinden, für 65 Millionen Euro einfach erst mal einen Ersatzbau hinzustellen, ohne zu wissen: Was wird aus dem Gesamtprojekt?
Es geht noch weiter. Die Finanzierung dieses Ersatzbaus soll aus sogenannten Eigenmitteln der Messe aufgebracht werden. Was sind eigentlich Eigenmittel der Messe? – Die Messe kriegt jedes Jahr 16 Millionen Euro aus dem Haushalt. Dazu gibt es eine Grundlagenvereinbarung. Sie enthält als Ziel aber den Passus, dass diese Zuwendung des Landes Berlin an die Messe heruntergefahren werden soll, eigentlich gegen Null. Die Messegesellschaft soll irgendwann kostendeckend arbeiten, und sie soll zuerst an ihrer Ergebnisverbesserung und in zweiter Linie an einer Umsatzerweiterung arbeiten. Das heißt auf Deutsch: Eigentlich fließen die Fördermittel des Landes Berlin in diesen Hallenbau, und ich glaube, das ist noch ein Grund mehr, sich darüber Gedanken zu machen.
Wir – da komme ich auf Herrn Brauer und die Ost-WestDebatte – hatten die Abrissdebatte, wir hatten die Debatte darüber, ob man in diesem Gebäude etwas anderes machen soll. All das hat zu dem Ergebnis geführt, dass wir als Parlament gesagt haben: Das ist ein Kongressstandort, und das soll er auch bleiben. – Sicherlich ist es schick, von Neubauten zu träumen, von Kunsthallen, Bibliotheken oder eben auch von neuen Messehallen. Aber dieser Senat – und sicherlich auch der nächste – muss sich darüber Gedanken machen, wie wir mit den Altlasten Steglitzer Kreisel und ICC umgehen und was wir im Flughafengebäude von Tempelhof machen wollen. Das ist die vordringlichste Aufgabe, bevor wir irgendwelche Neubauten für sehr viele Millionen errichten. Deshalb müssen wir diesen Antrag hier demnächst beschließen. – Danke für Ihre Aufmerksamkeit und noch einen schönen Abend!
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir haben uns hier über den Mauerpark und dessen Fertigstellung schon einmal unterhalten. In der Zwischenzeit haben wir im Ausschuss dieses Planungsthema beraten. Wir haben unseren Antrag verändert. Ich will Ihnen kurz den Text zur Kenntnis geben:
Der Senat wird aufgefordert ein Änderungsverfahren zum Flächennutzungsplan in Berlin einzuleiten, um eine geordnete Planung im Bereich des Mauerparks zu ermöglichen.
Worum geht es? – Der Mauerpark ist 20 Jahre nach der Wiedervereinigung dieser Stadt ein Ort, der sich auf der Grenze zwischen zwei Bezirken, auf der Grenze zwischen Ost und West entwickeln sollte zu einem Ort der Begegnung und der bis heute nur zur Hälfte fertiggestellt ist. Die Koalition hat sich in ihrem Koalitionsvertrag das Ziel gesetzt, dass der Mauerpark fertiggestellt werden soll, weil er ein wichtiges Projekt ist. Das ist bis heute nicht gelungen. Ich fürchte, dass es auch bis zum Wahltag nicht geschehen wird.
Der Bezirk Mitte, der verantwortlich ist, hat sich selbst auf den Weg gemacht, weil er vom Senat, von der Koalition kein Geld für Grundstücksankäufe erhalten hat und sich überlegt, ob es andere Lösungen gibt, ob mit dem Eigentümer irgendein Handel abgeschlossen werden kann. Er hat einen Bebauungsplan aufgestellt. Dieser hat die Eigenart, dass er dort, wo wir im Flächennutzungsplan als Abgeordnetenhaus Grünflächen beschlossen haben, eine Bebauung hinsetzen möchte. Darüber kann man diskutieren. Nun ist aber die Frage, wie wir als Parlament damit umgehen. Der Flächennutzungsplan ist etwas, was in unserer Kompetenz liegt. Deshalb haben wir diesen Antrag eingebracht und gefordert, wenn dort etwas geplant wird, was dem Flächennutzungsplan eindeutig widerspricht, muss sich das Abgeordnetenhaus dazu eine Meinung bilden und wenn man es will, den Flächennutzungsplan ändern.
Die Senatsverwaltung hat uns im Rahmen der roten Nr. 1937 B mitgeteilt, dass sie das ganz anders sieht und auch die eigenen Ausführungsvorschriften an dieser Stelle anders auslegt als alle anderen Planungsrechtler, die ich bislang gefragt habe. Deshalb muss man das heute noch einmal besprechen. Es geht eigentlich weniger um den Mauerpark als um Planungskultur.
Ich bin Mitglied des Untersuchungsausschusses „Spreedreieck“. Wir haben gemerkt, wie Planungsabteilungen, wie die Stadtentwicklungsverwaltung in den letzten Jahren mit dem Planungsrecht umgegangen sind. Wir haben gelernt, dass es Gerichtsverfahren gegeben hat, dass Gerichte Bebauungspläne aufheben musste, weil sie nicht sachgerecht zustande gekommen sind. Wir haben die
Befürchtung, dass auch an dieser Stelle Planungskultur fehlt, ja, dass durch den Senat eine Fehlplanung zugelassen wird, er sich selbst keine Gedanken macht und unsere Rechte als Abgeordnete beschneidet.
Ich will Ihnen kurz aus den Ausführungsvorschriften des Senats zitieren, die der Senat zum Flächennutzungsplan herausgegeben hat. Da gibt es den Grundsatz Nr. 6, der lautet:
Aus Frei- und Grünflächen können grundsätzlich keine Baugebiete und andere bauliche Nutzungen entwickelt werden (davon ausgenommen sind untergeordnete Grenzkorrekturen).
Unabhängig davon, wie es ausgeht und was am Schluss gebaut oder nicht gebaut wird: Solche Grundsätze müssen ernst genommen werden, wenn man eine seriöse Planung macht, noch dazu, wenn an einem Ort von so hohem öffentlichen Interesse. Sie haben sicher der Presse entnommen, dass sich im Bebauungsplanverfahren mehrere Tausend Bürgerinnen und Bürger geäußert haben. Die haben ihre Meinung dazu kundgetan. Wenn man bei einem Vorgang von so hohem öffentlichen Interesse schludrig arbeitet und die eigenen Grundsätze über Bord wirft, dann wird das kein gutes Ende nehmen. Deshalb fordere ich an dieser Stelle die Koalition und den Senat auf: Ändern Sie Ihre Meinung! Ansonsten denken wir darüber nach, ob das als rechtliche Frage auf anderem Weg zu klären ist. – Danke schön!
Durch die autofixierte Verkehrspolitik des rot-roten Senats kommt der Ausbau der öffentlichen Verkehrsmittel in unserer Stadt einfach nicht voran. Die Koalitionäre reiben sich auf in einer Auseinandersetzung um die Autobahn A 100. Sie quälen sich mit dem Jahrhundertprojekt des Flughafens BBI auf der Zielgeraden. Doch diese Zielgerade wird immer länger. Die Eröffnung musste wegen Firmenpleiten und Fehlplanungen verschoben werden. Ein Jahr vor der Eröffnung stellt sich heraus, dass das Hauptziel, nämlich die Berliner Innenstadt vor Fluglärm und Gefahren durch abstürzende Flugzeuge zu bewahren, gar nicht gelingen kann. Die Flugzeuge sollen weiter über der Hauptstadt, insbesondere dem Ostteil fliegen. So klärte uns die Presse diese Woche auf. Nicht etwa der Senat – der ist ahnungslos. Aber das ist symptomatisch für ihre Verkehrspolitik, meine Damen und Herren in der Koalition! Wenig ambitioniert, und dann geht auch noch manches schief.
Und wenn Sie sich bei den großen Dingen schon verheben, vielleicht gehen ja wenigstens die kleinen. So eine kleinere Angelegenheit ist der Ausbau der öffentlichen Verkehrsmittel innerhalb der Stadt, insbesondere der Ausbau auf der Schiene. Die Dresdner Bahn war hier heute schon Thema. Auch so ein Scheitern auf Raten. Und der Nahverkehr? Wir müssen heute zum wiederholten Mal das Thema der Straßenbahn mit Ihnen diskutieren. Die Straßenbahn in Berlin erscheint auch 20 Jahre nach der Wiedervereinigung als Ostberliner Relikt. Die Chancen, dieses Verkehrsmittel mit seinen Vorteilen in Kapazität und Kosten in der ganzen Stadt zu nutzen – das schafft der Senat einfach nicht. Und das liegt weniger am Geld als vielmehr an fehlendem politischen Willen. In der Koalitionsvereinbarung von 2006 erklären Linke und SPD noch den öffentlichen Nahverkehr zu einem Teil der Daseinsvorsorge. Das Wort Daseinsvorsorge wird von RotRot ja inzwischen inflationär gebraucht. Von Kindergarten bis Stromversorgung ist alles Daseinsvorsorge und soll deshalb als Staatsaufgabe organisiert werden. Wer so staatsverliebt argumentiert, muss aber irgendwann nachweisen, dass der Staat, oder in unserem Fall der rot-rote Senat, diese Daseinsvorsorge tatsächlich organisieren kann, dass er zielorientiert Projekte angeht und Kriterien wie Nachhaltigkeit und Kostenbewusstsein überhaupt kennt.
Im Falle der Straßenbahn bleiben Sie diesen Nachweis weitestgehend schuldig. 20 Jahre nach der Wiedervereinigung Berlins sind es gerade einmal zwei Strecken, die die ehemalige Grenze überqueren. Schon die Strecke zum Nordbahnhof hatte große Verspätung. Heute ist sie eine der meistfrequentierten Tramlinien der Stadt. Aber sie ist nur eine Teilstrecke. Die Verlängerung der Linien durch die Invalidenstraße mindestens zum Hauptbahnhof wird von Ihnen, Frau Senatorin Junge-Reyer, wissentlich verzögert mit einer unsinnigen Vorgehensweise. In der Koalitionsvereinbarung 2006 lesen wir: „Die Straßenbahnverbindung zum Hauptbahnhof wird fertiggestellt.“ Das Verfallsdatum Ihrer Vereinbarung ist September 2011. Bis dahin wird nichts, aber auch gar nichts von dieser Straßenbahn zu sehen sein. Der Senat hat das Ziel der Straßenbahn zum Hauptbahnhof nie ernsthaft verfolgt. Hauptanliegen der Verwaltung ist stattdessen vielmehr ein vierspuriger Ausbau der Invalidenstraße für den Individualverkehr. Die Straßenbahn ist für Sie lästiges Beiwerk. Obwohl Sie alle hier wissen, dass auf dieser Trasse Luftschadstoffe und der zu erwartende Lärm alle Grenzwerte überschreiten werden, setzen Sie als Koalition weiter auf das Auto. Sie haben ein Planfeststellungsverfahren durchgeführt, das gegenwärtig heftig beklagt wird, und zwar nicht nur hier im Parlament, sondern auch vor Gericht. Anwohner und Umweltverbände wehren sich gegen Ihre Verkehrspolitik. Die ist nicht nachhaltig, nicht umweltgerecht und nicht kostengünstig.
Wir wollen mit diesem Antrag erreichen, dass der Planfeststellungsbeschluss zur Invalidenstraße geändert wird. Konzentrieren Sie sich endlich auf das Ziel, die Straßenbahn zum Hauptbahnhof in Fahrt zu bringen! Wenigstens die Planfeststellung können Sie vielleicht vor der Wahl noch schaffen. Damit würden Sie zeigen, dass die staatliche Daseinsvorsorge an dieser Stelle von Ihnen zwar nicht realisiert werden kann, aber dass Sie wenigstens einmal dran gedacht haben.
Frau Senatorin! Das ist sicherlich ein interessanter Rechtsstreit, dessen Ende wir abwarten müssen. Ist Ihnen aber von der Sache her, um die es da ging, bekannt, dass es sich um eine größere Anzahl von Fenstern handelte, die man eigentlich hätte auswechseln müssen, dass die Anfrage bei anderen Malerfirmen, die Fenster einfach überzustreichen, dazu geführt hat, dass sie gesagt haben, da übernehmen wir keine Gewährleistung, das ist eigentlich alles Schrott, und dass man deshalb im Bezirksamt Mitte darauf verfallen ist, gerade diesen Weg und diese Firma auszuwählen?
Wir verabschieden heute einige kleine Änderungen an der Berliner Bauordnung von 2005. Der Senat hat uns einen Gesetzentwurf dazu vorgelegt. Schwerpunkt des Änderungsvorhabens ist die Einführung einer Genehmigungspflicht für großflächige Werbung. Der Senat hat sich fünf Jahre nach Inkrafttreten der Bauordnung also endlich besonnen und will derartige Werbung genehmigungspflichtig machen. Wenn Sie auf unsere Fraktion bereits 2005 gehört hätten oder unseren Antrag „Ganz Berlin eine Werbefläche“ von Anfang 2008 befolgt hätten, wäre vieles besser gelaufen. Die Verschandelung Berlins durch unnötig lange Verhüllung von Gebäuden wäre am heutigen Tage kein Thema mehr. Aber Rot-Rot hat offenbar eine Lust am Scheitern entwickelt und will seine Fehler ausleben. Sie haben der Stadt jahrelang eingewickelte Denkmale zugemutet und – meines Erachtens der Gipfel an Ignoranz – die Durchführung einer Dunkeltherapie für kranke Menschen im Charité-Hochhaus organisiert, indem Sie das landeseigene Gebäude in eine Werbeplane eingewickelt haben. Bei einem vernünftigen Verfahren in der Bauordnung hätte auch dieser Skandal verhindert werden können.
Neben der Werbung geht es um ein umweltpolitisches Thema in der Bauordnung, das Schließen von Abfallschächten in Hochhäusern. Die Abfallschächte erschweren die Mülltrennung. Wir wollen, dass Müll getrennt und ordentlich gesammelt und entsorgt wird. Deshalb auch hier unsere Zustimmung.
Ein anderes ökologisches Thema ignorieren Sie standhaft, Frau Senatorin Junge-Reyer! Innovatives Bauen wird durch den Senat erschwert. Sie brüsten sich zum Beispiel in Ihren Publikationen mit dem siebengeschossigen Holzhaus in der Esmarchstraße 3 in Prenzlauer Berg, ein echtes Vorzeigeprojekt. Allerdings haben Sie nichts dafür getan, dass solche Bauten in Zukunft ohne teure Einzelfallprüfungen genehmigt werden können. Sie behindern ökologische Innovationen im Bauwesen, das muss hier einfach festgestellt werden.
Es gibt weitere Themen in der Bauordnung, die dringend einer Behandlung bedürfen. Deshalb wollen wir als Bündnis 90/Die Grünen, dass die Bauordnung insgesamt