Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Der Antrag der CDU-Fraktion auf Annahme einer Entschließung „Erfolgreiche Integration liegt im deutschen Interesse“ sagt schon in der Überschrift aus, welchen Stellenwert die CDU-Fraktion in Berlin der Integrationsarbeit gibt. Diese Entschließung werden wir sicherlich nach Weihnachten diskutieren. Herr Wolf! Dann werden Sie sehen, dass Ihr Integrationsgesetz für diese Stadt total überflüssig ist, denn die Probleme, die uns daran hindern, in dieser Stadt eine erfolgreiche Integration zu gestalten, sind uns allen bekannt und jeden Tag neu erlebbar: Man
gel an Sprachkenntnissen, Bildungsdefizite und fehlende Berufsabschlüsse, eine katastrophale Zahl von Menschen, die arbeitslos sind, mangelnde soziale und ethnische Durchmischung in den Stadtteilen, deren Zahl nicht abnimmt, sondern wo sich die Zustände in den letzten Jahren weiter verfestigt haben, sowie fehlende Identifikation mit Berlin und insbesondere mit Deutschland.
Diese Zustände sind, wie bereits erwähnt, seit Längerem bekannt. Herr Wolf! In Ihrem Integrationskonzept für Berlin vom 23. August 2005 haben Sie diese Zustände auch bereits so formuliert: Eine wachsende Kluft zwischen den Bildungsabschlüssen von Kindern mit Migrationshintergrund und den Vergleichsgruppen, eine mehr als doppelt so hohe Arbeitslosigkeit unter den Migranten, verglichen mit der gesamten Wohnbevölkerung, und eine damit einhergehende wachsende Verarmung eines Teils der Migranten genauso wie erkennbare Abgrenzungs- und Abschottungstendenzen gegenüber der Aufnahmegesellschaft! Das war Ihre damalige Formulierung im Jahr 2005.
Das damalige Integrationskonzept war so, wie Sie es vorgestellt haben, eine hervorragende Arbeitsgrundlage.
Wir wissen aber heute – 2010 –: Nicht für diese Landesregierung! Sie haben all das, was Sie damals formuliert haben, vergessen durchzuführen.
Deshalb fordern wir den Senat auf, sein Integrationsgesetz zurückzuziehen, weil es sich eben gerade nicht auf zentrale Bereiche und wichtige Grundlagen der Integrationspolitik wie z. B. den Arbeitsmarkt und die Bildung bezieht und weil es in dieser Stadt nachweislich bei der Mehrzahl der Migranten und der einheimischen Bevölkerung keine Akzeptanz findet.
[Dr. Klaus Lederer (Linksfraktion): Was ist denn die „einheimische Bevölkerung“? Und was ist „deutsches Interesse“? Sie reden wirr!]
Und ich sage es Ihnen deutlich: Sie beleidigen damit sogar einen Teil der Migranten, weil die zwischenzeitlich von dem, was Sie, lieber Herr Wolf, heute formuliert haben, nichts mehr hören wollen. Sogar in der Regierungspartei SPD gibt es eine hohe Anzahl von Mandatsträgern, die dieses Gesetz für überflüssig oder sogar für die Karikatur eines Gesetzes halten.
Ich erinnere nur an den Rat der Bürgermeister, die Bürgermeister lehnten das vorgelegte Integrationsgesetz damals ab. Daraufhin rügte sie der Regierende Bürgermeister – schade, dass er nicht da ist –,
weil sie angeblich keine eigenen Vorschläge gemacht haben. Wenn er da sein sollte, sollte er mal hinhören.
Richtig ist, dass die Parteifreunde und größten innerparteilichen Kritiker aus Mitte und Neukölln sich nicht fachlich dazu äußerten, sondern damals nur über die Presse ihre Kommentare zum Integrationsgesetz dem Regierenden Bürgermeister mitteilten. Herr Hanke aus dem Bezirk Mitte sagte in der „Berliner Morgenpost“ vom 5. September 2010:
Dieses Gesetz bietet mir als Kommunalpolitiker in Mitte, dem Bezirk mit dem höchsten Migrantenanteil in der Hauptstadt, keine Problemlösungen. Das Gesetz ist sogar kontraproduktiv, weil es einen Gegensatz zwischen der Bevölkerung und Migranten herstellt, der so in Wirklichkeit gar nicht existiert.
Die Bezirksbürgermeister aus Friedrichshain-Kreuzberg, Marzahn-Hellersdorf, Pankow und Steglitz-Zehlendorf haben sich teilweise fachlich über dieses Gesetz hervorragend geäußert. Ich zitiere den Bezirksbürgermeister von Steglitz-Zehlendorf, der sagte:
Der Nutzen eines solchen neuen Gesetzes erscheint nämlich bereits nach dem Inhalt des vorliegenden Entwurfs fraglich.
Lieber Herr Wolf! Sie haben diesen Entwurf niemals verbessert. Der Entwurf erschöpft sich im Hauptteil und in einem Teil der Artikel, die die Änderung von Spezialgesetzen zum Inhalt haben, darin, Verwaltungszuständigkeiten und Gremien zu schaffen, die es im Übrigen zum Teil schon gibt. Darüber hinausgehende Regelungen betreffen dann vorbildlich das Bestattungswesen. Mehr aber nicht!
Anstatt mit einem unnützen Gesetz anzukommen, sollte sich die Arbeit der rot-roten Koalition lieber an ihren beiden vorgelegten Integrationskonzepten ausrichten, die Sie teilweise sehr schön formuliert, aber nicht umgesetzt haben.
Ich biete dieser Regierung an: Richten Sie sich aus an den Integrationsprogrammen, die Ihnen die CDU in den letzten Jahren angeboten hat.
denn die Migranten in dieser Stadt, lieber Herr Wolf, haben eine andere Politik im Bereich der Integration verdient.
[Beifall bei der CDU – Udo Wolf (Linksfraktion): 2005 hat er es noch abgelehnt, jetzt beruft er sich darauf!]
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Kluckert! Sie haben vorhin in der Begründung gesagt, warum Sie Ihre Anträge und den Antrag zum Integrationsgesetz zusammenfassen wollen: Unser Antrag sei unnötig und inhaltsleer. – Anders herum: Das, was Sie vorhin präsentiert haben, war unnötig und inhaltsleer. Sie haben nicht verstanden, worauf es beim Integrationsgesetz ankommt. Deshalb erkläre ich Ihnen das noch einmal mit wenigen kurzen Sätzen:
Wir wollen bei diesem Partizipationsgesetz vor allem Beteiligung schaffen, Mitsprache organisieren und Menschen die Möglichkeit geben, im bestehenden Rahmen ihre Beteiligung und Mitsprache zu organisieren.
Das ist eine der Kernbotschaften des sogenannten Beteiligungsgesetzes. Wir wollen, dass sich die Menschen entsprechend ihrem Anteil an der Bevölkerung im öffentlichen Dienst wiederfinden. Das ist Teil des Gesetzes.
Das, was Sie vorhin versucht haben, nämlich Ihre grottenschlechten Anträge mit dem Integrationsgesetz zu vermischen, war mehr als peinlich. Herr Wansner! Sie haben gerade gesagt, man sollte sich an dem orientieren, was die CDU bisher dazu geliefert hat. Wenn Sie die Kürzung beim Programm „Soziale Stadt“ meinen, dann orientieren wir uns nicht daran.
Und wenn Sie die Kürzung bei den Integrationskursen meinen: Herr Wansner! Auch daran beteiligen wir uns nicht!
Wir haben die Chance, ein Gesetz gemeinsam zu verabschieden, wo wir von Anfang an gesagt haben, dass es ein Teilstück ist – ein Schritt von vielen Schritten, die im Bereich der Integrationspolitik gemacht worden sind. Viele haben gesagt, wir müssten in ein solches Gesetz alles von A bis Z hineinpacken. Nein! Kein Gesetz der Welt kann bei einem Thema wie Integration, das von der frühkindlichen Förderung in der Kita über Frauenförderung, Wissenschaftsförderung, Wirtschaftsförderung und Beteiligung an den Strukturen vor Ort bis hin zur Uni reicht, alle Problemstellungen aufnehmen. Wir wollen ein weiteres Teilstück zu dem, was Rot-Rot in den letzten Jahren gemacht hat, ergänzen. Wir wollen die Beteiligung erhöhen und für die Menschen dort Mitsprache organisieren, wo bislang Mitsprache nur eingeschränkt möglich war.
Wir haben in Berlin im Bereich der Bildung die Schulstrukturreform eingeführt, was in meinen Augen die größte Integrationsleistung im letzten Jahrzehnt war. In Berlin wird kein Kind mehr im Alter von elf Jahren nach „gut“, „mittel“ und „schlecht“ eingeteilt. In Berlin haben wir eine Menge im Bereich der frühkindlichen Förderung getan. Im Bereich der Kita gab es viele richtiggehend revolutionäre Maßnahmen. Darauf kann Berlin stolz sein.