Raed Saleh

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Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Schon vor 1961 war Deutschland ein Einwanderungsland. Italiener und Portugiesen sorgten im Ruhrgebiet nicht nur für die Etablierung von Pizza und Spaghetti, sondern vor allem für einen günstigen Abbau von Kohle. Das Anwerbeabkommen mit der Türkei vor 50 Jahren, an welches wir heute erinnern, war leider deutlich vom damaligen Zeitgeist geprägt. Eine Anwerbung galt nur für unverheiratete, gesunde Menschen und auch nur, wenn sie aus dem europäischen Teil der Türkei stammten. Nach zwei Jahren sollten sie Deutschland wieder verlassen. Diese Inhalte lockten gering qualifizierte Arbeitsmigrantinnen und -migranten, deren Verweilen ausdrücklich nicht geduldet war. Sie sollten arbeiten, sie sollten wirtschaften und so wenig wie möglich unsere Gesellschaft prägen. Wir alle wissen, dass es zum Glück anders gekommen ist. Die Inhalte des Vertrags wurden drei Jahre später geändert. Die Gastarbeiter kamen, und die Gastarbeiter blieben. Sie trugen einen wesentlichen Beitrag zum Wachstum unseres Landes bei. Sie holten ihre Familien nach. Die sprichwörtlichen Koffer, auf denen sie saßen, wurden ausgepackt. Auch mein Vater kam in den 60er-Jahren nach Berlin. Er wurde irgendwann heimisch, holte seine Kinder nach und wollte, dass diese mehr Chancen auf Wohlstand und Teilhabe haben. Sie sollten es besser haben durch Bildung und Teilhabe.
Geschichten und Biografien wie diese prägen seit 50 Jahren unser Land. Die Entwicklung unserer Stadt ist eng mit den Erwartungen der Migrantinnen und Migranten verknüpft, mit ihrem Heimischwerden, aber auch mit schwierigen Arbeitsbedingungen, mit ihrem Leben am Rande der Gesellschaft. Niemand hat das besser beschrieben und dargestellt als Günter Wallraff in seinem Buch „Ganz unten“, in dem er seine persönlichen Erlebnisse als vermeintlicher Gastarbeiter schildert. Mit seinem Buch hat er vielen in der Gesellschaft die Augen geöffnet.
Heute müssen wir uns fragen, wie unsere Stadt mit den Geschichten der Menschen umgeht. In vielen Gesprächen mit Kindern und Jugendlichen aus Migrantenfamilien betone ich immer wieder, dass ihre Biografien Potenziale und Chancen bergen, dass sie stolz darauf sein können, wie ihre Eltern und Großeltern unsere Wirtschaft und Gesellschaft prägten und prägen, und dass sie neben der deutschen Sprache ihre Sprache als kulturelles Erbe verstehen und würdigen sollen. Gerade in einer globalisierten Welt ist Mehrsprachigkeit nicht von Nachteil.
Hinterfragt eure persönlichen Geschichten, es geht um eure Identität, schämt euch dafür nicht, denn unsere Stadt hat Platz für viele Identitäten!
Aber auch wir in der Politik müssen unsere Geschichte hinterfragen. Wo sind heute Spuren der Zuwanderinnen und Zuwanderer? Wo haben sie gewohnt? Wie waren ihre Lebensumstände? Die Entwicklung der gesellschaftlichen Prozesse ist heute noch zu wenig sichtbar, zu wenig dokumentiert. Die Menschen haben ein Recht auf ihre Geschichte, sie haben ein Recht darauf, dass sie verarbeitet und gezeigt wird. Sie haben auch ein Recht darauf, dass ihre Leistungen und ihr Beitrag für unsere Stadt nicht vergessen werden. Sie verdienen unseren Respekt und unsere volle Anerkennung!
Deswegen haben wir uns entschlossen, in der Aktuellen Stunde genau dieses Thema und diese Menschen in den Mittelpunkt zu stellen. Heute Vormittag hat der Regierende Bürgermeister einen Empfang gegeben und viele Menschen mit einer Gastarbeiterbiografie eingeladen, um ihnen die Anerkennung der Stadt Berlin zu zeigen.
Es kann jedoch nicht nur um den Umgang mit unserer Geschichte gehen, vielmehr müssen wir uns mit der Gestaltung unserer Gegenwart und vor allem unserer gemeinsamen Zukunft auseinandersetzen. Weltoffenheit, Toleranz, Veränderung – all das gehört zum Selbstverständnis Berlins. Wir alle wissen, dass die Menschen nicht nur ihre Arbeitskraft zu uns brachten, sie kamen mit ihrer eigenen Kultur, mit ihrer eigenen Religion, mit ihren eigenen Lebensentwürfen. Dies kann eine Bereicherung sein, wir müssen es nur nutzen. Der Umgang mit den Strukturen anderer Kulturen und Religionen muss noch etwas besser werden. Tage wie diese sollten auch türkische und muslimische Verbände vor die Frage stellen, wie sie ihren Beitrag dazu leisten, dass das Miteinander in der Gesellschaft noch besser funktioniert.
Es ist auch notwendig festzustellen, dass es für den Islam nach wie vor keine Körperschaft des öffentlichen Rechts
gibt. Eine Voraussetzung dafür ist, dass sich die vielfältigen Moscheegemeinden erst einmal auf eine Struktur einigen – auch das wäre eine Form der Anerkennung.
Unsere vielfältigen Wurzeln sind ein Teil Berlins, ein Teil Deutschlands, ein Teil unserer Gesellschaft. Bei allen Chancen und Herausforderungen muss man dieses mit sich tragen.
Zu Frau Kollegin Baba: Sie haben vorhin, wie ich finde, die Probleme gezeigt, die es gab. Und Sie haben die Probleme auch ausgeführt, aber ich will mal aus meiner Sicht sagen: Es gibt nicht Schwarz-Weiß in der Politik. Es gibt, glaube ich, ein ganz breites Mittelfeld. Was im Großen und Ganzen in Berlin passiert, die bilateralen Ehen, die Freundschaften innerhalb der Arbeitskollegen und Arbeitskolleginnen, die Freundschaften im Studium, auch das ist die Wahrheit zur Integration in Berlin. Die Integration ist viel weiter, und auch Sie, bitte, zerreden Sie sie nicht, sondern: Die Integration in Berlin ist hunderttausendfach gelungen.
Liebe Canan! Das, was du gerade geleistet hast, ist an Peinlichkeit kaum zu überbieten.
Wir haben heute einen Tag, der mit vielen Problemen für die Menschen in den ersten Jahren in Verbindung steht, aber auch einen Tag, der mit vielen Chancen und Hoffnungen und mit einer Erfolgsgeschichte auch für Berlin im Bereich der Integration verbunden werden kann. An diesem Tag eine Sache zu machen, auf die ich in meinem Redebeitrag verzichtet habe, nämlich puren Wahlkampf zu machen, ist mehr als beschämend.
Geh hin, Canan, zu den Leuten auf der Straße und sage Ihnen ins Gesicht: Eure Integration ist gescheitert. Sag Ihnen das! Damit tust du vielen Hunderttausenden von Menschen in Berlin unrecht – in dieser offenen, bunten und toleranten Stadt, die mehrheitlich tolerant geprägt ist.
Lieber Herr Lux! Ich reduziere es auf euren Versuch, Wahlkampf auf dem Rücken der Migrantinnen und Migranten zu machen. Das ist am heutigen Tag nicht angebracht.
Trotzdem will ich zwei Sätze zu dem sagen – weil Canan es eingefordert hat –, was wir im Bereich der Integration getan haben. Erstens zur Schulstrukturreform: Damit hatten Sie lange Zeit Probleme. Wir teilen die Menschen nun nicht mehr im Alter von elf Jahren in gut, mittel und schlecht ein. Das ist die größte Integrationsleistung dieser Stadt.
Zweitens: Wenn Kinder heute auf der Straße gefragt werden, wo sie herkommen, antworten sie: aus Spandau, Neukölln oder Kreuzberg! – und nicht: aus Istanbul oder Ankara! – Das ist der richtige Weg für die Jugend.
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es ist beruhigend, dass die CDU, wie ich finde, in der Frage zurzeit sehr moderate Töne hat.
Es scheint, dass sich bei der CDU nicht nur in der Frage Energie, sondern auch bei der Integration und Anerkennung von Abschlüssen eine Wende abzeichnet. Das ist gut.
Zu dem Antrag hat Frau Breitenbach einiges gesagt. Es geht bei dem Antrag darum, dass mitten unter uns Menschen leben, deren Abschlüsse bis heute nicht anerkannt sind, die nicht nach ihrer Qualifikation in einer Tätigkeit oder in dem Beruf, den sie erlernt haben, arbeiten können.
Dieser Antrag hat zwei Komponenten: Einmal ist der Antrag gut für die betroffenen Menschen, gut für die betroffenen Berlinerinnen und Berliner, dass man ihre Abschlüsse und ihre Leistungen würdigt. Zum anderen ist der Antrag gut für unsere Stadt, denn wir wissen alle – und das kam gerade bei der Debatte um das Thema Wirtschaftsfähigkeit einer Metropole heraus –, wir werden auf Träger qualifizierter Berufe nicht verzichten können. Das heißt, es ist ein doppelter Gewinn: ein Gewinn für die Menschen, deren Leistungen man würdigt und anerkennt, und ein Gewinn für unsere Stadt, dass wir die Träger
qualifizierter Berufe einbinden können und die Kompetenzen in der Zukunft nicht brachliegen lassen.
Wir wollen die Anerkennung in folgenden Bereichen: in pädagogischen Berufen, in Pflegeberufen, in Wissenschaftsberufen, in Ingenieurberufen und in Sozialwissenschaftsberufen. Viel zu lange haben wir in der Politik diese Chance nicht gesehen. Und ich bin froh, dass Berlin jetzt den Schritt macht zu sagen: Diese Bereiche, diese Potenziale, diese Ressourcen sind für die Zukunft unserer Stadt wichtiger denn je.
Ich will einige Sätze grundsätzlich zur Zukunftsfähigkeit einer Stadt sagen, auch im Hinblick auf den demografischen Wandel und das Alter. Erstens: Eine Gesellschaft, die sich nicht öffnet, gerät in Gefahr, den Anschluss zu verlieren. Zweitens: Wir brauchen Zuwanderung, sowohl kurzfristig, als auch mittelfristig, als auch langfristig. Wir werden in der ganzen Bundesrepublik Deutschland dem Wettbewerb zu anderen europäischen Ländern nicht standhalten können, wenn wir nicht jetzt anfangen, ganz gezielt im Bereich Zuwanderung zu werben. Wir werden einen Wettkampf, einen Wettstreit haben mit anderen Ländern Europas, die jetzt schon überall an die Unis kommen mit sogenannten Scouts und versuchen, gut qualifizierte Leute abzuwerben. Ich glaube ganz sicher, dass wir in diesem Wettkampf als Deutschland und Berlin und mit den anderen Städten Deutschlands gewinnen müssen, denn am Ende hängt davon tatsächlich auch die Zukunftsfähigkeit einer Stadt und eines Landes ab.
Oft wurden in der Vergangenheit Menschen mit guter oder sehr guter Qualifikation mit dem, was sie getan haben, nicht gewürdigt. Der Antrag ist ein Beitrag dazu, auch für die Zukunft, wenn es um die Frage künftigen Zuzugs von Menschen in unser Land geht, aus diesen Fehlern der Vergangenheit zu lernen und die nächsten Menschen, die zu uns kommen, ganz gezielt und auf Augenhöhe in das Berufsleben einzubinden und zu sagen: Eure Qualifikation, eure Leistung, eure Vergangenheit würdigen wir und wollen wir entsprechend in unseren Ländern und in unserer Berufswelt einbinden.
Da helfen entsprechende Konzepte, da helfen entsprechende Anträge. Was da nicht hilft, sind alte Denkmuster nach dem System „Kinder statt Inder“. Ich bin wirklich froh über den Mentalitätswechsel in der CDU, der momentan in der Zukunftsfähigkeit und Zuwanderung eingeläutet wird, und kann Sie nur ermuntern: Gehen Sie diese Wende ähnlich an wie die Energiewende, und haben Sie Spaß an der Sache! – Vielen Dank!
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Kluckert! Sie haben vorhin in der Begründung gesagt, warum Sie Ihre Anträge und den Antrag zum Integrationsgesetz zusammenfassen wollen: Unser Antrag sei unnötig und inhaltsleer. – Anders herum: Das, was Sie vorhin präsentiert haben, war unnötig und inhaltsleer. Sie haben nicht verstanden, worauf es beim Integrationsgesetz ankommt. Deshalb erkläre ich Ihnen das noch einmal mit wenigen kurzen Sätzen:
Wir wollen bei diesem Partizipationsgesetz vor allem Beteiligung schaffen, Mitsprache organisieren und Menschen die Möglichkeit geben, im bestehenden Rahmen ihre Beteiligung und Mitsprache zu organisieren.
Das ist eine der Kernbotschaften des sogenannten Beteiligungsgesetzes. Wir wollen, dass sich die Menschen entsprechend ihrem Anteil an der Bevölkerung im öffentlichen Dienst wiederfinden. Das ist Teil des Gesetzes.
Dazu kommen wir nachher.
Das, was Sie vorhin versucht haben, nämlich Ihre grottenschlechten Anträge mit dem Integrationsgesetz zu vermischen, war mehr als peinlich. Herr Wansner! Sie haben gerade gesagt, man sollte sich an dem orientieren, was die CDU bisher dazu geliefert hat. Wenn Sie die Kürzung beim Programm „Soziale Stadt“ meinen, dann orientieren wir uns nicht daran.
Und wenn Sie die Kürzung bei den Integrationskursen meinen: Herr Wansner! Auch daran beteiligen wir uns nicht!
Wir haben die Chance, ein Gesetz gemeinsam zu verabschieden, wo wir von Anfang an gesagt haben, dass es ein Teilstück ist – ein Schritt von vielen Schritten, die im Bereich der Integrationspolitik gemacht worden sind. Viele haben gesagt, wir müssten in ein solches Gesetz alles von A bis Z hineinpacken. Nein! Kein Gesetz der Welt kann bei einem Thema wie Integration, das von der frühkindlichen Förderung in der Kita über Frauenförderung, Wissenschaftsförderung, Wirtschaftsförderung und Beteiligung an den Strukturen vor Ort bis hin zur Uni reicht, alle Problemstellungen aufnehmen. Wir wollen ein weiteres Teilstück zu dem, was Rot-Rot in den letzten Jahren gemacht hat, ergänzen. Wir wollen die Beteiligung erhöhen und für die Menschen dort Mitsprache organisieren, wo bislang Mitsprache nur eingeschränkt möglich war.
Wir haben in Berlin im Bereich der Bildung die Schulstrukturreform eingeführt, was in meinen Augen die größte Integrationsleistung im letzten Jahrzehnt war. In Berlin wird kein Kind mehr im Alter von elf Jahren nach „gut“, „mittel“ und „schlecht“ eingeteilt. In Berlin haben wir eine Menge im Bereich der frühkindlichen Förderung getan. Im Bereich der Kita gab es viele richtiggehend revolutionäre Maßnahmen. Darauf kann Berlin stolz sein.
Mit dem Programm „Soziale Stadt“ haben wir versucht, die Beteiligung der Menschen in den Quartiermanagementgebieten vor Ort zu erhöhen. Darauf kann Berlin ebenfalls stolz sein. Und Berlin kann stolz darauf sein – das sage ich mit aller Klarheit –, dass wir eine Kampagne wie „Berlin braucht dich!“ organisiert haben. Wir haben gesagt: Liebe junge Menschen mit Migrationshintergrund, beteiligt euch am staatlichen Leben! Geht in die Berufe, die für alle wichtig sind! Bewerbt euch im öffentlichen Dienst!
Das, was ich gerade genannt habe, steht nicht im Widerspruch zum Integrationsgesetz. Ganz im Gegenteil: Das Integrationsgesetz ist ein weiterer, wichtiger Schritt in einer Reihe von Maßnahmen, die wir bereits getroffen haben.
Das noch mal als Erklärung für FDP und CDU, denn ich habe den Eindruck, das Thema Integration ist bei Ihnen vollkommen ausgeblendet.
Ja, beweisen Sie mir das Gegenteil! Kommen Sie nach vorn, und beweisen Sie das Gegenteil! Das, was vorhin gesagt wurde, geht in die Richtung.
Nur ganz wenig von dem, was Sie gesagt haben, deutet darauf hin, dass Sie das Thema überhaupt verstanden haben.
Wenn wir heute gemeinsam das Gesetz verabschieden, dann bitte ich Sie um eines: Versuchen Sie, wenn Sie unterwegs sind, das Gesetz auch nach außen zu kommunizieren, indem Sie sagen: Wir wollen nicht Menschen unnötig bevorzugen, sondern es geht darum, in der Stadt bestehende Benachteiligungen abzubauen. – Vielen Dank!
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir können in Berlin keine Ausgrenzung und Diskriminierung akzeptieren. Es ist nicht akzeptabel, wenn Menschen aufgrund von Herkunft, Alter, sexueller Orientierung, Glaube oder Geschlecht diskriminiert werden. Keine Form der Ausgrenzung ist in Berlin akzeptabel.
Genauso ist nicht hinnehmbar, wenn Kinder beschimpft oder gemobbt werden, weil sie Deutsche sind. Wir müssen ernst nehmen, wenn man uns sagt, es gibt auch Beschimpfungen gegenüber Deutschstämmigen. Aber eines ist klar – und das geht ganz klar in Richtung FDP –: Liebe Freundinnen und Freunde von der FDP! Wir müssen ganz klar sagen, was Ihr Antrag formuliert, geht einen Schritt zu weit. Mit Ihrem Antrag fischen Sie am rechten Rand.
Ich möchte gerne aus Ihrem Antrag vorlesen. Sie schreiben in der Begründung:
Ein Teil der Menschen mit Migrationshintergrund, der teilweise seit über zwanzig Jahren in Deutschland lebt, verweigert sich hartnäckig der deutschen Gesellschaft. Die hier geltende Rechts- und Werteordnung wird abgelehnt, alles Deutsche und alle Deutschen werden von diesen Menschen als minderwertig betrachtet. Das einzig Deutsche, was
diese Menschen akzeptieren und gern und ausgiebig in Anspruch nehmen, sind die Leistungen des deutschen Sozial- und Gesundheitssystems.
Es ist einfach beleidigend, eine Schande, dass so was aus Ihrer Tinte kommt.
Gerne!
Eine berechtigte Frage, Herr Lux! Ich habe auch darüber nachgedacht, ob ich meinen Wortbeitrag zu Protokoll geben soll, aber ich habe gesagt: Ich möchte gerne darauf eingehen, das kann man nicht unbeantwortet hier stehen lassen.
Verstehen Sie mich nicht falsch! In Berlin muss Ziel sein: Kein Kind soll sich in Berlin rechtfertigen, warum es Schweinefleisch isst. Aber auch kein Kind soll sich rechtfertigen, warum es kein Schweinefleisch isst. Wir müssen – ganz wichtig – die Gemeinsamkeiten in der Stadt Berlin hervorheben. Und dazu dient der Ethikunterricht. Deswegen haben wir den Ethikunterricht ins Leben gerufen, weil wir gesagt haben, wir wollen Gemeinsamkeiten definieren und die Gemeinsamkeit in unserer Stadt Berlin hervorheben, damit die Unterschiede, die berechtigterweise auch da sind, am Ende nicht im Vordergrund stehen, sondern dass die Gemeinsamkeiten von uns allen am Ende die Grundlage für ein gemeinsames Leben in Berlin bilden.
Wir müssen z. B. in der Schule Aufklärung durch außerschulische Kooperationspartner, mehrsprachige Pädagogen und Pädagoginnen betreiben, indem wir anfangen, auch in der Schule im Ganztagsbetrieb das Thema Dialog in den Vordergrund zu stellen. Wir müssen anfangen mit
dem Austausch zwischen Schülerinnen und Schülern aus dem Ost- und Westteil der Stadt, denn für viele junge Menschen ist die Mauer in den Köpfen bis heute noch gegenwärtig. Wir müssen anfangen, den Dialog auf breiter Ebene zu suchen. Aber dazu ist ein Antrag von Ihnen in der Form nicht hilfreich. – Ich hoffe, ich habe Sie kurz genug aufgehalten.
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Liebe Frau Demirbüken-Wegner! Das, was Sie eben gesagt haben, unterstütze ich zu 100 Prozent, aber im Antrag steht etwas ganz anderes. Ich versuche, es mal so zu erklären, wie ich es verstanden habe, und dann können wir die Widersprüche sehen, die der Antrag beinhaltet.
Richtig ist, dass wir immer mehr junge Menschen haben – viele mit Migrationshintergrund, männlich –, denen es an Bezugspersonen fehlt. Richtig ist, dass wir deswegen angefangen haben, in vielen Bereichen umzulenken. Wir haben erkannt, dass wir Erzieher brauchen, die jungen Menschen in den Kindergärten und den Schulen ein Vorbild sind. Wir haben erkannt, dass wir z. B. beim Polizeidienst junge Menschen, auch Väter, brauchen, die dort als Vorbilder agieren.
Der Antrag hingegen beinhaltet anderes, und ich darf ihn kurz vorlesen:
Der Senat wird aufgefordert, nach dem Vorbild der Stadtteilmütter ein Projekt Kiezväter zu initiieren. Ziel dieses Projektes soll es sein, geeignete Väter mit Migrationshintergrund aktiv in die Integrationsarbeit vor Ort einzubinden. Insbesondere sollen die Kiezväter männlichen Kindern und Jugendlichen bei der Bewältigung ihrer Probleme in Schule, Ausbildung und Alltag helfen.
Das ist nicht die Arbeit der Kiezväter!
Wenn Sie die Kiezmütter, die Stadtteilmütter zum Vorbild nehmen, dann erkläre ich Ihnen kurz die Arbeit der Stadtteilmütter, da haben wir ein anderes Aufgabengebiet. Dieses Modellprojekt aus Berlin, das mittlerweile bundesweit zu einem Vorreitermodell geworden ist, ist ein bekanntes Modell, das ganz viele Auszeichnungen erhalten hat, ist ein gutes. Da aber gehen Frauen zu anderen Frauen, sie treffen sich in einer Atmosphäre, bei der man einander vertraut, wo man sich aussprechen kann, sie gehen in die Wohnungen der Mütter und stärken die Frauen in ihren Kompetenzen, damit sie ihre erlernte Kompetenz in die Familie tragen und sie später auch auf die Kinderarbeit einwirken lassen. Man redet mit den Frauen über Themen wie Sexualität, Gewalt in der Familie, man redet mit ihnen in einer häuslichen Atmosphäre und versucht, sie von Frau zu Frau zu stärken.
Was Sie aber hier verlangen, ist nicht das, wovon Sie vorhin in Ihrem Beitrag gesprochen haben. Junge Männer sagen, ich bin Papa, ich habe Erfahrungen, ich gebe meine Erfahrungen an andere junge Leute weiter – das passiert in Berlin! Vielleicht nicht in dem Ausmaß, wie wir es uns wünschen, aber es passiert in Berlin bereits sehr viel. Ein ganz bekanntes Projekt ist das von Kazim Erdogan in Neukölln, der hingeht und sagt: Ich bin da und unterstütze mit meinen jungen Menschen Kinder!
Es gibt noch andere Projekte, z. B. in Spandau, Schöneberg und Kreuzberg. Auch hier sagen junge Leute: Mit meinen Erfahrungen gehe ich hin und unterstütze andere Leute darin, ein Vorbild zu sein. Das, was Sie meinen, hat eine andere Überschrift. Nicht „aktiv Väter unterstützen gemäß dem Projekt der Stadtteilmütter“, sondern Sie müssen es so formulieren, wie ein Antrag der FDP lautete: Vorbilder schaffen! – Das ist das, was Sie im Grunde einfordern. Sie versuchen, Vorbilder zu schaffen, was ja nicht verkehrt ist, was auch getan werden muss, aber es verfehlt die eigentliche Zielsetzung der Stadtteilmütter. Meine Bitte ist: Gehen Sie nach Neukölln, gehen Sie zu Frau Macher oder Frau Rehlinger, erkundigen Sie sich über die Arbeit der Stadtteilmütter! Die Arbeit der Stadtteilmütter ist eine ganz andere, als Sie es hier darstellen.
Wir müssen dennoch an junge Leute anders herankommen, auch zur Bewältigung der Probleme. Deswegen haben wir damals das Thema Pro-Ethik eingeführt – die CDU war, glaube ich, dagegen.
Wir wollten, dass junge Leute gemeinsam mit anderen jungen Leuten auch über das Thema Ethik und Moral diskutieren. Wir haben angefangen, mit Schulstationen und sogenannten außerschulischen Kooperationspartnern in Kontakt zu treten, wo junge Menschen, viele auch mit Migrationshintergrund, anderen jungen Menschen mit Migrationshintergrund ein Vorbild sein sollen. Meine Bitte ist, dass wir uns im Ausschuss ausführlich darüber unterhalten und bis dahin vielleicht noch einmal überlegen, was der Antrag konkret will. Ich biete gerne an, gemeinsam zu den Stadtteilmüttern zu gehen, um einfach mal zu erfahren, was deren wertvolle Arbeit eigentlich bedeutet. Das ist eine wertvolle Arbeit für Berlin und mittlerweile eine wertvolle Arbeit für alle Großstädte Deutschlands. – Vielen Dank!
Vielleicht noch einmal ganz kurz, liebe Frau DemirbükenWegner: Was Sie vorhin gesagt haben, sind Sachen, die wichtig sind. Wir brauchen in dem Bereich noch mehr männliche Vorbilder. Aber lesen Sie Ihren Antrag, der beinhaltet nicht die Kernaufgabe der Stadtteilmütter!
Die Kernaufgabe liegt darin – ich sage es noch einmal ausdrücklich für Sie –, dass eine Mutter in vertrauter Atmosphäre zu einer anderen Mutter geht und dort über Dinge redet, über die man normalerweise nicht spricht – Aufklärungsarbeit, Schule, wie sieht es aus mit der Notwendigkeit für junge Frauen, dass sie die Schule besuchen und ihr Studium absolvieren. Man bespricht all das in einer vertrauten Atmosphäre. Die Mütter selbst haben auch sogenannte Integrationserfahrungen und sprechen oft über eigene Probleme oder Missstände. Das, was Sie sagen, Frau Demirbüken-Wegner, hat nichts mit dem eigentlichen Kern Ihrer Überschrift zu tun. Sie sprechen von Stadtteilmüttern und werden dem Projekt damit nicht gerecht. Das Projekt hat ja auch einen gewissen sozialdemokratischen Bezug in Neukölln, wo es wirklich gut läuft.
Sie sagen im Antrag:
Für das Projekt ist mit einem Träger, der in dieser Art von Integrationsarbeit erfahren ist, ein Konzept zu entwickeln.
Gehen Sie hin und entwickeln Sie doch mit Trägern Konzepte, oder ist die CDU mittlerweile nicht mehr vernetzt vor Ort?
Bringen Sie sich ein, gehen Sie hin!
Viele Kolleginnen und Kollegen haben Bezüge zu manchen Projekten – gehen Sie hin, entwickeln Sie etwas mit den Trägern vor Ort, dann brauchen Sie keine Senatsvorlage und auch keinen Auftrag an den Senat.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir können es nicht dulden, wenn an Berliner Schulen Rassismus, Intoleranz und mangelnde Akzeptanz herrschen, egal, ob sie gegen Menschen mit oder ohne Migrationshintergrund gerichtet sind. Rassismus hat an Berliner Schulen keinen Platz!
Was Sie sich vorhin in Ihrer Rede leisteten, Herr Henkel, war unterirdisch. Sie bedienten mit Ihrer Rede den klassischen rechten Rand.
Ich bitte Sie, Herr Henkel! Die CDU Berlin war in den letzten Monaten weiter, als Ihre Rede heute belegt hat.
Kehren Sie trotz der bevorstehenden Wahlen und der damit im Zusammenhang stehenden Nervosität wieder
zum Konsens zurück, und gehen Sie in Bezug auf die Integrationsfrage den Weg, den Sie eingeschlagen haben! Solch ein Redebeitrag wie vorhin hilft Ihnen und auch der Stadt nicht weiter. Das spaltet die Stadt unnötig, Herr Henkel!
Gott sei Dank sind nicht alle Christdemokraten so. Mit Freude habe ich die Rede unseres Bundespräsidenten Wulff vernommen. Eine gute Rede, ein guter Ansatz, eine wegweisende Rede, auch für die Zukunft des Landes, sodass man sagen kann, Dialog und Toleranz in kulturellem und auch in religiösem Sinne!
Wir wollen uns heute über das geplante Partizipationsgesetz, das Teilhabegesetz, unterhalten. Es liegt eine Vorlage – zur Beschlussfassung – vor, die eine gute Grundlage für die Beratungen und auch für die Anhörungen in den Ausschüssen bildet. Die Grundlage versucht, Menschen die Möglichkeit zu geben, auf verschiedenen strukturellen Ebenen teilzuhaben, und auch das Ziel zu verwirklichen, dass sich die Berliner Gesellschaft in ihren Bevölkerungsstrukturen widerspiegelt. Die Vorlage ist eine gute Vorlage. Ich freue mich schon auf die Beratungen und auch auf die Anhörungen der Expertinnen und Experten. Ich freue mich auch, weil das geplante Gesetz ein Teilschritt von vielen Schritten ist, die bereits in den letzten Jahren in der Berliner Politik erfolgt sind. Das geplante Teilhabegesetz ist ein Schritt von vielen, aber ein wesentlicher Schritt im Bereich der Beteiligung von Menschen in der Stadtgesellschaft.
Wir haben in den letzten Jahren angesprochen, dass wir eine Schulstrukturreform machen und die Kinder nicht mehr nach gut, mittel und schlecht einteilen wollen. Da waren Sie, meine lieben Damen und Herren von der CDU, dagegen. Wir haben gesagt, wir wollen Reformen im Bereich der Kita. Da waren Sie, meine lieben Damen und Herren von der CDU, dagegen.
Nein! – Wir haben gesagt, wir wollen Ethikunterricht anbieten, damit die Menschen gemeinsamen Unterricht haben und gemeinsame Grundlagen und Grundwerte erlernen. Da waren Sie, meine lieben Damen und Herren von der CDU, dagegen. Jetzt aber bemängeln Sie, das Gesetz habe nicht genug Substanz. Das Gesetz, wie wir es jetzt haben, beinhaltet die Substanz, die es haben muss, und zwar, eine Struktur zu schaffen, wo Beteiligung und Teilhabe für alle Menschen in dieser Stadt möglich sind.
Nein! – Wir wollen – und das ist richtig – ein Gesetz für alle Menschen, die hier leben, machen.
Wir haben hier in Berlin 400 000 Menschen ohne deutschen Pass. Wir haben genauso viele Menschen, die in diesem Land eingebürgert sind. Viele von diesen Menschen spiegeln sich nicht in Strukturen dieses Landes wieder, gerade im öffentlichen Dienst.
Ich will mit zwei Sätzen auf das Papier eingehen, dass Sie hier haben. Es betrifft den Entschluss zum Thema erfolgreiche Integration. Sie verlangen vom Senat, dass erstens mangelnde Sprachkenntnisse aufgehoben werden sollen.
Wer hat auf der Bundesebene gerade die Integrationskurse abgeschafft bzw. gekürzt? Sie waren es gewesen.
Sie verlangen, mangelnde soziale und ethnische Durchmischung in den Stadtteilen zu beheben. Wer, wenn nicht Sie, versucht gerade, das Geld im Bereich der sozialen Stadt auf Bundesebene zu kürzen?
Sie sagen, es gibt eine fehlende Integration mit Berlin und Deutschland. Wer, wenn nicht Sie, hat die Debatte der Leitkultur und damit eine verfehlte Debatte in Deutschland losgetreten, die die Menschen voneinander entfernt hat, statt sie zusammen zu führen?
Das geplante Teilhabegesetz kann ein wichtiger Schritt sein, weitere Bemühungen, weitere Schritte im Bereich der Integration gemeinsam erfolgreich zu meistern. – Vielen Dank!
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Zurzeit gibt es eine breite öffentliche Debatte über Integration. Die Debatte ist wichtig. Jedoch sollte diese notwendige Debatte sachlich und weniger polemisch geführt werden.
Das Thema ist zu wichtig für einfache, plumpe Thesen. Das Thema ist nicht geeignet für Bauchgefühlpolitik und Berufspessimismus. Die Debatte, wie sie zurzeit geführt wird, spaltet Berlin tagtäglich. Die Debatte wirft uns in Deutschland, in Berlin um Jahre zurück. Wir waren mal weiter.
Lassen Sie uns die Probleme klar benennen! Lassen Sie uns aber auch über Erfolge sprechen und dazu beitragen, die Erfolge nicht kleinzureden! Die Integration, das Zusammenleben ist nicht gescheitert, sondern in Berlin hunderttausendfach gelungen, tagtäglich in dieser Stadt.
Wir sind in Berlin auf einem guten Weg, aber wir haben noch einiges vor uns. Der vorliegende Antrag ist ein weiterer wichtiger Schritt in die richtige Richtung. Im vorliegenden Antrag wird der Senat aufgefordert, ein Konzept zur beruflichen Integration von Menschen mit Migrationshintergrund, deren Berufsabschlüsse bisher nicht anerkannt wurden, auszuarbeiten und in Berlin umzusetzen. Dabei können die Erfahrungen aus dem Pilotprojekt des brandenburgischen Gesundheitsministeriums wichtig sein. Es geht um Berufe wie Pfleger. Es geht um Berufe für Mediziner. Es geht um Medizintechnik. Es geht im Grunde genommen um all die Berufe, wo wir jetzt schon wissen, dass wir in Deutschland, in Berlin auch kurzfristig, mittelfristig und langfristig auf Zuwanderung angewiesen sein werden.
Wir haben die Potenziale mitten unter uns, Menschen, Hochqualifizierte, die nicht die Berufe oder ähnliche Strukturen der Berufe ausüben dürfen, die sie erlernt haben. Meine Kritik geht daher auch ganz stark in Richtung der CDU-Integrationsbeauftragten im Bund. Warum redet sie immer wieder bei Sonntagsreden über die Notwendigkeit, in dem Bereich zu handeln, tut es aber bislang nicht? Ich denke mir, dass überall in Deutschland, nicht nur in Berlin, sondern in vielen Städten, in vielen Bundesländern unseres Landes gerade Brachflächen liegen, Ressourcen, die nicht genutzt werden für das Gemeinwohl, für die wirtschaftliche Stärkung unser aller Interessen. Es gibt Menschen, Hochqualifizierte, die von Arbeitslosengeld leben, die eigentlich im Grunde genommen Leute sind, die einwandern müssten für das Allgemeinwohl der Stadt, die aber in ihrer Arbeitszeit
Taxifahrer sind oder andere Berufe machen, weil sie nicht in die Lage gebracht werden, in ihren Berufen oder in ähnlichen Berufen zu arbeiten, die sie erlernt haben. Das ist ein Jammer, weil wir damit Potenziale und Ressourcen verschenken und verschwenden.
Gerade die Zukunftsstrukturen brauchen auch Menschen mit Mehrsprachigkeit. Wir wissen alle, dass die Gesellschaft älter wird, auch die Menschen der ersten Gastarbeitergeneration, die damals hierher kamen und gedacht haben, dass sie irgendwann später nach Hause gehen werden, bleiben am Ende hier und beenden hier auch ihren Lebensabend. Im Bereich Pflege werden wir auf Mehrsprachigkeit angewiesen sein. Wir brauchen Menschen, die neben den verschiedenen Sprachen auch die kultursensible Pflege einbringen können. Das ist ein riesengroßes Ressort, ein riesengroßes Potenzial. Wir sind da erst am Anfang bei dem, was wir am Ende an Qualifizierung brauchen. Ich sage es noch mal, wir haben die Qualifizierung mitten unter uns. Wir müssen danach nur greifen.
Jetzt schon wissen wir, dass der Mangel an guten Leuten, an Hochqualifizierten für uns am Ende eine Bedrohung sein kann. Wir brauchen Einwanderung. Die Debatte, die wir gerade führen, kann dadurch versachlicht werden, dass man so einen Antrag voranbringt. – Vielen Dank!
Ich frage den Senat: Wie bewertet der Senat die Äußerungen eines Spandauer CDU-Abgeordneten, der in einem Zeitungsinterview am 28. Juni 2010 einen Intelligenztest für Einwanderer gefordert hatte, im Hinblick auf die Vereinbarkeit mit den landeseigenen Bemühungen um Integration?
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich frage den Senat:
1. Wie bewertet der Senat die Anfang der Woche durchgeführte Islamkonferenz?
2. Hält der Senat die Zusammensetzung der Islamkonferenz für repräsentativ?
Herr Innensenator! Wie bewerten Sie die Annahme verschiedener Vereine, dass der Vorlauf, von dem Sie sprachen, den Eindruck erweckt, dass Vertreterinnen und Vertreter vor allem der CDU gar nicht ernsthaft an einem Dialog der Religionen interessiert sind?
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Heute Vormittag hat Herr Henkel, der Fraktionsvorsitzende der CDU, in seiner Rede auch das Thema Integration erwähnt. Ich muss sagen, er hat eines unter Beweis gestellt, nämlich dass die CDU beim Thema Integration weit, weit weg von der Realität ist.
Die Äußerungen des Herrn Henkel waren spaltend, sie schüren Ängste und sind an Peinlichkeit kaum noch zu übertreffen.
Der Haushalt kann sich im Bereich Integration sehen lassen. Es ist ein guter Haushalt, der klar zeigt, dass die Integration eines der Schwerpunktthemen unseres Handelns darstellt. Innerhalb unseres Einzelplans wurde aufgestockt. Wir sind dafür ausgerüstet, auch in den nächsten Jahren im Bereich der Integrationspolitik eine Vorreiterrolle in der Bundesrepublik zu übernehmen.
Berlin kann auf seine Errungenschaften stolz sein. Ich möchte einige Beispiele nennen: Erstmals ist der Karneval der Kulturen im Haushalt regelfinanziert.
Die Kampagne „Berlin braucht dich“ ist erfolgreich und wird auf Unternehmen mit Landesbeteiligung wie etwa BSR oder Vivantes ausgeweitet.
Gerne!
Das ist nicht abgesprochen!
Das zeigt die Priorität der CDU, das zeigt, dass der CDU das Thema anscheinend nicht so wichtig ist.
Die Kampagne „Berlin braucht dich“ ist erfolgreich und wird ausgeweitet. Die Einbürgerungskampagne „Passt mir“ wird weiterentwickelt.
Für bereits bestehende Programme, für Maßnahmen zur beruflichen Qualifizierung von Migrantinnen und Migranten werden insgesamt für das Jahr 2010 906 000 Euro und 2011 895 000 Euro aufgewendet.
Die Projekte gegen Rechtsextremismus sind durch Landesmittel abgesichert. Für das Landesprogramm gegen Rechtsextremismus, Stärkung der Demokratie und Schutz vor Diskriminierung und Gewalt stellen wir 2010 2,075 Millionen Euro und 2011 2,325 Millionen Euro zur Verfügung.
Wir haben das Kompetenz Zentrum Interkulturelle Öffnung der Altenhilfe kom-zen mit einer weiteren Stelle unterstützt. Der Ausschuss hat beschlossen, dass Gelder aus dem Einzelplan für ein Aktionsprogramm „Integration und Arbeit“ verwendet werden – damit wird der Tandemcharakter der bisherigen Aktionsprogramme aufgegriffen.
Zum Thema Integrationsgesetz hat die Senatorin gerade ausgeführt: Der Beirat – und auch an der Stelle von uns ein großes Dankeschön – arbeitet mit Nachdruck an so einem Gesetz. Ich bin mir sicher, dass wir noch in dieser Legislaturperiode so ein Gesetz einbringen können. Und darauf freuen sich auch beide Koalitionsfraktionen.
Eines ist klar, Integration und die Erhöhung der Chancen auf Teilhabe und somit für viele Gruppen den Aufstieg zu ermöglichen, zieht sich als Gedanke durch den gesamten Haushalt des Landes Berlin. Ob im Bereich der Kita, wo
oftmals die Weichen für Integration gestellt werden, oder im Bereich der Wirtschaft, wenn es um die Förderung kulturspezifischer Unternehmen geht, Integration ist für uns Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten in Berlin ein durchgehender roter Faden. Besonders ist zu betonen, dass das größte Projekt dieser Legislaturperiode eine der größten Integrationsmaßnahmen unseres Landes darstellt. Wir können stolz sein, dass mit der Einführung der Sekundarschule und mit der zeitgleichen Abschaffung der Hauptschule berlinweit Aufstieg und Teilhabe gestärkt werden.
Viel Geld ist im Bereich der Bildung und Jugend eingeplant worden. Somit ist auf diesen Feldern auch ein Schwerpunkt für die Integration der jungen Berlinerinnen und Berliner mit Migrationshintergrund gesetzt worden. Im Bereich der Stadtentwicklung ist vieles in den letzten Jahren getan worden, um Integration in den Kiezen und Teilhabe von Migrantinnen und Migranten in den Quartieren zu erhöhen. Soziale Stadt und somit solidarische Stadt ist auch in diesem Haushalt eine herausragende Integrationsmaßnahme. Auch auf vielen anderen Feldern wie dem Arbeitsmarkt, der Sozial- und Familienpolitik zieht sich die Integration wie ein roter Faden durch den Haushalt. – Vielen Dank!
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich freue mich, das wir heute ausführlich über die Große Anfrage der CDU-Fraktion mit dem Titel „Wo steht die Berliner Verwaltung in Sachen interkulturelle Öffnung?“ debattieren können.
Die Große Anfrage und die Antwort der zuständigen Senatsverwaltung geben einen Überblick über den momentanen Stand der kulturellen Öffnung in der Berliner Verwaltung. Die Antwort zeigt einen Stand, der Mut
Emine Demirbüken-Wegner
macht und der Rot-Rot bescheinigt, einen guten Weg eingeschlagen zu haben.
Das hat die Senatorin auch gerade – wie ich finde – für den Senat gut ausgeführt. Der Berliner Senat hat in seinem Integrationskonzept von Juni 2007 die interkulturelle Öffnung als eine wichtige Aufgabe für die öffentliche Verwaltung und die sozialen Dienste herausgestellt. Die interkulturelle Öffnung ist eine Querschnittsaufgabe. Ich darf aus dem Integrationskonzept von 2007 zitieren:
So wie die Integrationspolitik nicht Aufgabe einer speziellen Fachverwaltung sein kann, sondern von jedem Fachbereich im Rahmen seines Aufgabengebietes verwirklicht wird, ist auch interkulturelle Öffnung eine Querschnittsfunktion, die in allen Verwaltungszweigen und auf allen Ebenen durchgeführt werden muss.
Zu loben sind die vier Instrumente und Handlungsstrategien, die in der Antwort der Senatsverwaltung zu finden sind. Erstens: Strategie zur Erhöhung des Anteils von Beschäftigten mit Migrationshintergrund. Zweitens: die kontinuierliche Stärkung interkultureller Kompetenzen durch Fortbildungen der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im öffentlichen Dienst. Drittens: die Stärkung der interkulturellen Öffnungsprozesse. Viertens: die interkulturelle Öffnung in den Bezirken, und da ist Neukölln mit einem Anteil von sage und schreibe 44 Prozent Spitzenreiter in Berlin – großes Kompliment!
Eine Grundlage für ein Gelingen des Zusammenhalts in der Gesellschaft ist dann gegeben, wenn sich die Gesellschaft in ihrer Vielfalt in den wesentlichen Bereichen des öffentlichen Dienstes und der Gesellschaft widerspiegelt. Der Bericht zeigt, wo der Prozess der Teilhabe in der öffentlichen Verwaltung funktioniert. Es werden aber auch Bereiche genannt, wo noch Handlungsbedarf besteht, so bei der Feuerwehr.
Nein! – Geht man von einem Migrationsanteil von ca. 25 Prozent in Berlin aus und vergleicht dies mit dem Anteil von 10 Prozent an Beschäftigten mit Migrationshintergrund im öffentlichen Dienst, so wird deutlich, dass wir mit diesem Prozess – und ich betone, es ist ein sehr junger Prozess in Berlin – erst am Anfang stehen. 42 Prozent aller Jugendlichen in Berlin haben einen Migrationshintergrund. Es ist also das Ziel, einen entsprechenden Anteil an Auszubildenden mit Migrationshintergrund im öffentlichen Dienst zu haben. Das wird durch Maßnahmen wie „Berlin braucht dich!“ gefördert. An dieser Stelle gilt unser Dank der zuständigen Stelle des Berliner Integrationsbeauftragten, Herrn Piening, der mit
viel Engagement und viel Kraft die Kampagne durchführt, um Jugendlichen Mut zu machen, sich im öffentlichen Dienst zu bewerben.
Und ich kann nur sagen: Von 2006 8,7 Prozent auf 2008 14,3 Prozent – das kann sich sehen lassen! Wir sind auf einem guten Weg.
Ein Beispiel, wo es besonders gut läuft und wo es besonders wichtig ist, die Ausbildung von jungen Menschen mit Migrationshintergrund in die Berliner Verwaltung zu bringen, ist der Bereich der Berliner Polizei. Die Berliner Polizei wirbt durch Flyer, durch Messen und Informationsveranstaltungen. Junge Polizisten aus Einwandererfamilien wirken als Vorbilder auf andere junge Menschen. Sie zeigen, dass sie es geschafft haben und dass man es schaffen kann.
Interkulturelle Öffnung ist eine der herausragendsten Integrationsmaßnahmen, die es gibt. Sie schafft Vorbilder, ermöglich Aufstieg. Sie schafft die Teilhabe und trägt zum sozialen Frieden bei. Das ist eine wichtige Voraussetzung für ein gemeinsames Miteinander, für eine gelungene Integration. Da ist Berlin Spitzenreiter in ganz Deutschland. – Vielen Dank!
Meine Damen und Herren! Liebe Kollegin Canan! Wir haben in den letzten Jahren genug Gelegenheiten gehabt, über das eine oder andere Thema zu reden. Es ist ganz klar, dass der Senat in diesen Bereichen einiges macht und auch vieles machen wird. Zum Beispiel hat er extra den Gemeindedolmetschdienst Berlin eingeführt, um die Kommunikation, die Verständigung, voranzubringen. Was der Senat in diesem Bereich gemacht hat, war gut. An der einen oder anderen Stelle, etwa im Bereich der psychosozialen Versorgung von Migrantinnen und Migranten, kann man auch schauen, was noch zu machen ist.
Nein! – Im Großen und Ganzen möchte ich kurz etwas zum Lebenslagenbericht sagen, der von der CDU gefordert wird. Was wollen Sie eigentlich, meine Damen und Herren von der CDU? Wollen Sie noch mehr Berichte, noch mehr Zahlen? Was ich Ihnen empfehlen kann, ist ein Crashkurs in Integration – er wird von der Ebert-Stiftung angeboten – oder einfach mal mit offenen Augen durch die Stadt zu gehen.
Wir haben Fakten, wir haben den Sozialstrukturatlas, wir haben das Integrationsmonitoring,
wir haben ein Integrationskonzept, wir haben jüngst einen Bericht der Integrationsbeauftragten erhalten. Was Sie brauchen, ist eine Strategie Ihrer Partei, wie Sie in Zukunft mit dem Thema Integration umgehen wollen, aber wir brauchen keine weiteren Zahlen und Berichte. Das ist eine Sache, die am Ende wenig wirkt. Gehen Sie einfach auf die Sache ein, und steuern Sie am besten ein Stück weit zum Umdenken in Ihrer Partei bei, was das Thema Integration betrifft. Denn bei Ihnen wird das Thema stiefmütterlich und wenig produktiv geführt.
Der SPD geht es in erster Linie nicht nur um eine Verbesserung der Lebenssituation der Menschen, sondern auch um eine Verbesserung der Lebenschancen. Wir wollen Menschen, Migrantinnen und Migranten, fit für die Zukunft machen.
Noch etwas möchte ich zu Ihren Forderungen nach Fakten und Zahlen sagen: In der letzten Sitzung des Integrationsausschusses haben Sie ein Verhalten gezeigt, das erstaunlich war. Wir haben über „Ausbildung in Sicht“ geredet, ein Erfolgsmodell für Berlin, in dem junge Migrantinnen und Migranten, eine Zielgruppe, die häufig doppelt und dreifach benachteiligt ist, fit für die Ausbildung gemacht werden.
Nein! –
Und dann haben Sie gesagt: Das brauchen wir nicht. Machen Sie, bevor Sie nach Zahlen und Fakten rufen, die Augen auf und schauen Sie nach, wo heute der Bedarf ist. „Ausbildung in Sicht“ wollten Sie ablehnen. Derjenige, der solch ein Programm ablehnt, kann nicht zeitgleich einen neuen Bericht verlangen, in dem noch mehr Zahlen zur Situation von Migrantinnen und Migranten geliefert werden.
Am Anfang habe ich zu Ihnen gesagt: Wissen Sie, was Sie machen sollten? – Sie sollten sich mit dem Thema Integration ehrlicher beschäftigen, auch die vorhandenen Zahlen kritisch analysieren. Und das ist mein Appell an Sie: Fordern Sie nicht, sondern handeln Sie! Und vor allem: Steuern Sie innerhalb Ihrer Partei bei, dass das Thema Integration in Zukunft positiv besetzt und nicht nur ein Problemthema ist. – Vielen Dank!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich frage den Senat:
1. Wie bewertet der Senat die Berliner Ergebnisse der Studie „Ungenutzte Potenziale“ des Berlin-Instituts für Bevölkerung und Entwicklung, insbesondere im Vergleich zu anderen Großstädten in Deutschland?
2. Welche Konsequenzen zieht der Senat daraus für die Weiterentwicklung seiner Integrationspolitik?
Frau Senatorin! Wie beurteilen Sie die Annahme, dass die Äußerungen und Thesen der CDU in den letzten Jahren insbesondere zur jüngsten Jugendgewaltdebatte bei der Integrationsdiskussion eher hinderlich statt förderlich für die Integration waren?
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Aufgrund der schlimmen Vorfälle mit rechtsextremem Hintergrund, leider auch in Berlin, ist es unsere Verantwortung, alles zu tun, um rechtsextremem Gedankengut und menschenverachtender Ideologie entschieden entgegenzutreten.
n.
müssen mit einer umfassenden und nachhaltigen
Alle demokratischen Parteien – und jeder Einzelne von uns – sind aufgefordert, aktiv für die Demokratie einzutreten und parteiübergreifend ihren Beitrag dazu zu leiste
Eine besondere Verantwortung liegt dabei in den Bildungseinrichtungen – in den Kitas, den Schulen sowie den Hochschulen. Hier muss angesetzt werden, um gegenzusteuern und jungen Menschen demokratische und tolerante Einstellungen zu vermitteln.
Je früher man anfängt, je früher man handelt, desto effektiver wird der Versuch, Rechtsextremismus zu reduzieren und ihm erfolgreich zu begegnen. Rechtsradikalismus ist kein Problem nur der Jugendlichen, es ist ein gesamtgesellschaftliches Problem. Es betrifft nicht nur den Rand der Gesellschaft, sondern reicht bis in deren Mitte. Es umfasst auch Fremdenfeindlichkeit, Antisemitismus und Ausgrenzung von Andersdenkenden und Anderslebenden. Rechtsextremes Gedankengut betrifft alle Altersgruppen, ist jedoch bei Jugendlichen auffälliger, weil es sich hier eher als bei älteren Menschen in Form von Aktivitäten widerspiegelt.
Die Motive von Jugendlichen sind dabei oft geprägt von der Suche nach Bezugspersonen, nach Vertrauenspersonen, schlichtweg nach sozialen Kontakten, die ihnen persönlich Anerkennung und Sicherheit bieten. Diese Form der Sicherheit ist eine gefährliche Sicherheit. Wir
mit einer umfassenden und nachhaltigen Strategie, welche darauf abzielt, jungen Menschen Chancen und Angebote insbesondere im kulturellen und sportlichen Bereich zu geben, gegensteuern. Dies ist eine gesamtstädtische Aufgabe.
Der vorliegende Antrag enthält neben den guten Ansätzen auch vieles, was bereits in Arbeit ist und tagtäglich umgesetzt wird. Eines ist klar: Die Bekämpfung von Rechtsradikalismus darf nicht nur Aufgabe der Sicherheits- und Verfassungsschutzpolitiker sein, sondern gehört ausdrücklich in den Aufgabenbereich der Bildungs- und Jugendpolitiker.
Bei jungen Menschen, die noch nicht in den Fängen der rechtsradikalen Szene sind, aber aufgrund ihres Umfeldes und Freundeskreises gefährdet sind, müssen früh Alternativen und Demokratiebewusstsein vermittelt werden. Eine Möglichkeit ist zum Beispiel, wenn man anfängt, bezirksübergreifend einen Austausch vorzunehmen. Es gibt Jugendliche, die mir in meiner Arbeit vor Ort sagen, dass sie noch nie im Ostteil der Stadt waren, und viele Jugendliche aus dem Ostteil der Stadt waren noch nie im Westteil. Kein Wunder, dass auf diese Art und Weise auch Vorurteile aufgebaut werden und sich verfestigen. Viele junge Menschen brauchen den Kontakt zu anderen Jugendlichen. Man muss versuchen, Gemeinsamkeiten in den Vordergrund zu stellen. So werden bei einem Interessenausgleich zwischen den Jugendlichen automatisch die Gemeinsamkeiten hervorgehoben und die Unterschiede minimiert.
In diesem Sinne freue ich mich, im Ausschuss über den Antrag zu reden. Ich hoffe, dass wir das Gute von dem Antrag beibehalten und bei dem, was bereits umgesetzt wird, sehen, wie man damit umgeht. – Vielen Dank!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die vorliegenden Anträge befassen sich im weiteren Sinne allesamt mit dem Thema „Bekämpfung von Kinderarmut und Teilhabe von Jugendlichen in der Gesellschaft“. Kinderarmut ist ein gesamtdeutsches Problem. Auch in Berlin haben wir an vielen Stellen nach wie vor sehr viele Probleme mit Kinderarmut. In Berlin gibt es viele Ursachen für Kinderarmut: Zum einen ist die hohe Arbeitslosigkeit zu nennen, andere Gründe sind die niedrigen Einkommen und die prekären Beschäftigungen, aber auch der hohe Anteil von Alleinerziehenden.
Wer arm ist, lebt mit dem Risiko, an den Rand der Gesellschaft gedrängt zu werden. Damit sind vor allem Risiken
für die Entwicklung und für die Perspektiven der Jugendlichen und Kinder verbunden. Politik darf sich nicht damit abfinden, dass Kinder aufgrund von Armut weniger Chancen im Leben erhalten.
Fragt man Kinder, wie man Armut definiert, so sagen sie: einfache Kleidung, Eltern ohne Arbeit, Hunger! – Kinder sehen ihre Situation oft anders und erkennen ihre Armut oftmals erst dann, wenn die Außenwelt – die Elternhäuser, die Lehrer, die gesamte Umwelt – quasi die Armut definiert. Für uns gilt: Trotz schwieriger Verhältnisse müssen die Kinder die Möglichkeit erhalten, ihr Leben so gut wie möglich aufzubauen. Benachteiligungen müssen überwunden werden. Finanzarmut muss man – und das ist auch die Kernaussage unserer Politik – mit Bildungsreichtum kompensieren.
Da hat die SPD in Berlin viel getan. Wir sagen nein zu Studiengebühren.
Wir sagen ja zum Mindestlohn. Kinderarmut ist oftmals – und das dürfen wir nicht vergessen – unmittelbar mit Elternarmut verbunden, und deshalb unser Ja zum Mindestlohn. Wir treten ein für den frühen Zugang zur Bildung, für die Stärkung der Kinderbetreuungseinrichtungen, für die Kostenfreiheit im letzten Jahr und den Ausbau der Ganztagsschule. Hierbei nimmt Berlin im Bundesvergleich einen Spitzenplatz ein. Die Einführung der Gemeinschaftsschule ist ebenfalls eine Möglichkeit, wie man Kinderarmut begegnen kann.
Ferner sind die Lehrmittelfreiheit, der Essenszuschuss an Schulen und das Starterpaket, das wir eingeführt haben, zu nennen. Ich möchte auch ein kleines Beispiel dafür anführen, wie man im Kiez immer wieder versucht, Kinder in schwierigen Situationen einzubinden. Mit dem Ferienpass bietet man den Kindern, denen es finanziell schlecht geht, Möglichkeiten, damit sie nicht den Anschluss an die Gesellschaft verlieren.
Kurzum: Kinder sollen im Alltag in der Schule so wenig wie möglich mit ihrer Armut konfrontiert werden. Sie sollen hinsichtlich der wichtigsten Ressourcen – vor allem der Bildung – die gleichen Chancen erhalten wie alle anderen Kinder.
Für die Zukunft wichtig ist ein ressortübergreifendes Handeln bei der Bekämpfung der Kinderarmut. Ich möchte hierfür das Beispiel „Soziale Stadt“ anführen. Das Programm „Soziale Stadt“ wird von der Koalition gut ausgestattet. Man berücksichtigt dabei in den QM-Gebieten bestimmte Aspekte, und zwar u. a. auch die Frage, wie man dort dem Problem der Kinderarmut begegnen kann. Dort greift auch die Jugendbeteiligung. Im Rahmen der „Sozialen Stadt“ versucht man, einen Bereich wie die Jugendbeteiligung optimal zu nutzen. Man sagt den Jugend
lichen: Macht mit bei Projekten! Macht mit bei Initiativen! Beteiligt euch, wenn es um euren Kiez geht! Beteiligt euch, wenn es um die Gestaltung eures Umfeldes geht!
Im Ausschuss erfolgte eine Aussprache über die vorliegenden Anträge. Wie Frau Herrmann bereits gesagt hat, stimmen wir dem Antrag „Kinderfreundlichkeitsprüfung auf Landes- und Bezirksebene einführen“ selbstverständlich zu. Die andere Anträge sind entweder bereits von uns umgesetzt worden, oder sie bedürfen noch einer weiteren Diskussion. – Vielen Dank!
Ich frage den Senat: Sehen Sie nicht die Gefahr, dass sich bei einzelnen Ausnahmen in der Einführung von Wachschutz an Berliner Schulen ein Spalt öffnet, der die Forderung nach weiterem Wachschutz ermöglicht, statt weiter
hin auf erfolgreiche Prävention und Kooperation zu setzen?
Herr Senator! Wie bewertet der Senat die Forderungen des Berliner FDP-Chefs, der heute in der „Berliner Morgenpost“ die Bildung einer Hauptschule fordert, an der ausschließlich gewalttätige Jugendliche unterrichtet werden, mit der Begründung, diese Jugendlichen aus dem normalen Schulalltag herauszuziehen, damit die anderen Kinder und Lehrer nicht länger drangsaliert werden?
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir beschäftigen uns heute mit einem äußerst ernsten Thema. Nicht alle Kinder an den gebundenen Ganztagsschulen können gleichermaßen an der Schulspeisung teilnehmen, weil ihre Eltern den nötigen finanziellen Beitrag nicht aufbringen können.
Der hier zur Diskussion gestellte Antrag hat zwar die richtige Intention, die vorgeschlagenen Lösungen sind aber nicht angemessen.
Es ist leider Realität, dass die Eltern einiger Schülerinnen und Schüler das Essensgeld nicht bezahlen. Dieser Zustand ist bedauerlich und schwer zu akzeptieren.
Für diejenigen unter Ihnen, die den Antrag nicht gelesen haben: Der FDP-Antrag ist nicht ausreichend durchdacht, er nennt zu einfache Lösungen. Der Antrag ist in dieser Form nicht hinnehmbar.
Nur wenige Eltern verweigern meiner Ansicht nach in böswilliger Absicht die Zahlung des Essensgeldes.
Eine ganze Reihe von Eltern, die nicht zahlen, sind Menschen mit einem geringen Einkommen ohne Transfereinkommen, die sich das Essensgeld nicht leisten können. Wie will man an diese Eltern mit einer Verlagerung der Transferleistung herankommen? Auch der Vorschlag, sie vertraglich zur Zahlung des Essensgeldes zu verpflichten, ist eher polemisch als ernst zu nehmen.
Würde man Ihren Ansatz konsequent zu Ende denken, dürften Kinder gar nicht eingeschult werden, wenn die Eltern einen entsprechenden Vertrag nicht unterzeichnen. Dies würde dazu führen, dass Eltern aus Angst vor Kürzung ihrer Transferleistungen oder ähnlichem ihre Kinder nicht auf eine gebundene Ganztagsschule schicken würden. Ziel muss es sein, eine kindgerechte, gesunde, schmackhafte Ernährung an der Schule zu ermöglichen. Wir müssen die Chancengleichheit in dieser Stadt für alle Kinder erhalten und ausbauen. In dieser Beziehung krankt der Antrag der FDP. Er würde im Zweifel zulasten der Kinder gehen. Dies ist mit uns Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten nicht zu machen.
Die Frage der staatlichen Leistungen für den Unterhalt der Kinder ist nicht in Landes-, sondern in der Bundesgesetzgebungskompetenz geregelt.
Ein unmittelbares Tätigwerden des Landes Berlin zu fordern wäre deshalb nicht zielführend.
Davon einmal abgesehen, würden derartige Kürzungen, wie Sie sie anstreben, einen Mehraufwand bei der Verwaltung der Transferleistungen bedeuten, was nicht im Interesse der FDP sein kann.
Das Problem der Nichtteilnahme an bzw. Nichtbezahlung der Schulspeisung ist nicht nur ein Berliner Problem. Die vom Saarland ausgehende Bundesratsinitiative versucht momentan, das Thema anzugehen. Wir müssen die Eigenverantwortung und das Engagement der Schuldirektionen vor Ort stärken.
Wir müssen die Lehrerinnen und Lehrer unterstützen. Wir müssen mit den Eltern ins Gespräch kommen und die Notwendigkeit erklären, warum es sehr wichtig ist, dass die Kinder an der Schulspeisung teilnehmen. Auch die Zusammenarbeit mit Fördervereinen und Sponsoren wird an Schulen bereits erfolgreich praktiziert.
Ich denke, der Antrag der FDP weist zu Recht auf ein Problem hin. Er nennt jedoch unzureichende Lösungen. Wir müssen mit Augenmaß und Respekt gegenüber den Beteiligten vorgehen. Ich bitte daher, diesen Antrag im Bildungsausschuss intensiv weiter zu thematisieren, denn ich merke, dass noch Diskussionsbedarf besteht.
Ich frage die Senatorin: Gibt es Erkenntnisse über Alkoholmissbrauch bei jungen Mädchen und Frauen und werdenden und stillenden Müttern? Welche präventiven Maßnahmen werden ergriffen, um dieses Problem zu beheben?
Herr Senator! Gibt es Kooperationen der Polizei mit verschiedenen Institutionen wie Schulen, Kirchen und Moscheevereinen, um so an die Jugendlichen ohne Migrationshintergrund sowie an die 40 % der unter 18-jährigen Berlinerinnen und Berliner mit Migrationshintergrund zu gelangen?
So lange brauche ich gar nicht. – Herr Henkel! Ich habe das Gefühl, Sie machen mit Ihrer Darstellung – jung, männlich, Migranten – einen großen Fehler. Ich habe das Gefühl, Sie schüren damit Fremdenfeindlichkeit in der Gesellschaft.
Wie Sie das Problem momentan darstellen, könnte man es einseitig verstehen. Ich würde mit meinen Äußerungen aufpassen. Fakt ist, wir haben Probleme. Fakt ist, wir haben Gewaltprobleme bei überwiegend jungen Migrantinnen und Migranten. Fakt ist aber auch, dass die Darstellung, wie Sie es zeigen, so nicht dastehen kann. Damit schüren Sie Fremdenfeindlichkeit.
Es muss Schluss sein mit der Darstellung, dass Menschen, deren Eltern bereits hier leben, mit Namen Ali oder Mustafa, die bereits Deutsche in der dritten Generation sind, noch diesen Migrationshintergrund angerechnet bekommen. – Vielen Dank!
Herr Senator! Ist es nicht besser, die Jugendgruppengewalt bei Tatverdächtigen mit der sozialen Lage und den Bildungsabschlüssen der Jugendlichen zu vergleichen, statt den kulturellen Hintergrund der jugendlichen Berlinerinnen und Berliner mit einzubeziehen?