Protocol of the Session on December 9, 2010

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[Beifall bei der SPD und der Linksfraktion]

Sie sind allerdings, das muss ich Ihnen zugestehen, inzwischen zu einem Weichenexperten geworden. Herzlichen Glückwunsch! – Das Schmieren von Weichen hat vielleicht im Sommer Sinn, im Winter – das sage ich Ihnen – sind es die Heizungen, um die man sich kümmern muss.

[Beifall bei der SPD und der Linksfraktion]

Dass Sie sich auf ein solches Niveau begeben, Herr von Lüdeke, zeigt, dass Sie sich mit diesen Fragen nicht wirklich auseinandergesetzt haben. Dass Sie, wenn es darum geht, was es bedeutet, wenn ich sage: Die Deutsche Bahn ist kein Landesbetrieb, sich damit nicht wirklich auseinandergesetzt haben. Das bedeutet, dass sich die verkehrspolitischen Sprecher der Koalition im Deutschen Bundestag auseinandersetzen müssten mit der Frage, wie das Bundesverkehrsministerium, wie der Eigentümer mit der Deutschen Bahn und den Töchtern der Deutschen Bahn umgeht. Das ist eigentlich die Schlussfolgerung, die Sie daraus ziehen müssten, und davor drücken Sie sich!

[Beifall bei der SPD und der Linksfraktion – Sebastian Czaja (FDP): Sie tragen die Verantwortung in Berlin!]

Allerdings, liebe Frau Hämmerling, was auch nicht geht, ist, einen Paukenschlag zu fordern. Na, dann mögen Sie sogar ein Trommelfeuer entfachen! Heute ist Ihnen das nicht gelungen. Dann habe ich mit großem Interesse festgestellt, dass Sie sich allerdings etwas vollständig Neues ausgedacht haben, die sogenannte Auferlegung nach Kündigung des Vertrages. Eine Angelegenheit, die hoch bürokratisch, hoch juristisch, unausgegoren und vor allen Dingen wirkungslos ist.

[Vereinzelter Beifall bei der SPD und der Linksfraktion]

Ich glaube, Sie verlieren den Maßstab. Was ist denn der Maßstab für unsere Entscheidungen, gern für gemeinsame Entscheidungen? – Es ist jeweils die Frage, wie sich das, was wir tun, was wir gemeinsam zum S-Bahnbetrieb in Berlin tun, auf die Fahrgäste auswirkt.

[Claudia Hämmerling (Grüne): Genau! Das sehen wir heute wieder!]

Jetzt gehen Sie mal hin und sagen den Fahrgästen: Wissen Sie, wir haben den Vertrag gekündigt, aber wir haben derselben Bahn die Leistungen auferlegt. – Glauben Sie, da ändert sich irgendetwas? Glauben Sie, da wird etwas neu? – Nein, im Gegenteil! Die Bahn versteckt sich hinter der Auferlegung in einer solchen Situation. In einer solchen Situation zieht sie sich zurück und sagt: Wir brauchen überhaupt nur noch das zu leisten, was wir können. Wir wollen dafür das Geld haben, das wir einklagen. Ich glaube, liebe Frau Hämmerling, dass auch Sie es besser können! Etwas so Technokratisches von Ihnen zu hören, das enttäuscht mich ausdrücklich sehr.

[Vereinzelter Beifall bei der SPD]

Deshalb müssen wir uns mit den Möglichkeiten auseinandersetzen, die wir haben, nicht nur in Bezug auf die S-Bahn in Berlin. Hier dafür zu sorgen, dass das Bundesministerium und auch Herr Ramsauer, der zu dem Mittel greift, die S-Bahn in der Presse zu beschimpfen, dass der Bundesminister die Pflicht wahrnimmt, die er als tatsächlicher Eigentümer hat, und darauf hinwirkt, dass die Deutsche Bahn ihre Verpflichtungen erfüllt, und zwar gemeinsam mit ihren Töchtern, das sind die Möglichkeiten. Das ist etwas, was hier mehrfach gefordert worden ist.

Wir haben es allerdings – und das dürfen wir nicht leugnen – hier offensichtlich auch mit einem Familienstreit innerhalb der Deutschen Bahn zu tun. Wenn die Töchter wie DB Netz, wie DB Station und Service, wie der Stadtverkehrsbereich sich untereinander in einer solchen Situation nicht verständigen können – Frau Matuschek hat darauf hingewiesen –, dann ist hier etwas zu tun. Ich habe beide Bereiche aufgefordert, sich miteinander besser abzustimmen, gemeinsam zu berichten und gemeinsam vorzulegen, was sie tun werden, um sich untereinander besser zu koordinieren, und uns zu berichten, was sie tun, um eine solche Koordination im Winter, und zwar nicht nur im Winter, sondern grundsätzlich hinzubekommen.

[Heidi Kosche (Grüne): Dann wird sich ja bald alles ändern!]

Allerdings gibt es darüber hinaus etwas, was im Grundsatz angegangen werden muss. Sie haben, Herr Gaebler, darauf hingewiesen, dass wir es hier mit der Frage zu tun haben, wie wir die Gemeinwohlverpflichtung der Deutschen Bahn, wie wir das, was wir eigentlich fordern, tatsächlich auch als Vertreter von Ländern wieder besser in den Griff bekommen. Ich weiß, dass die Bahnreform, die ihren Ausdruck in der Definition der wirtschaftlichen Erfolge der Deutschen Bahn findet, des Bestrebens, vor allen Dingen betriebswirtschaftliche Erfolge zu zeigen, korrigiert werden muss. Ich bin der Auffassung, das die Erinnerung an die Gemeinwohlverpflichtung, die sich in der Verfassung der Bundesrepublik Deutschland ausdrückt, zu verfolgen ist, sie ist über die Länder einzufordern. Das kann dazu führen, wiederum die Deutsche Bahn mit all ihren Töchtern tüchtiger, verantwortlicher und erfolgreicher zu machen.

Es geht aber auch um die Infrastruktur Netzentgelte. Es geht auch darum, dass wir nicht dulden können – wie es hier geschildert worden ist –, dass aus der Infrastruktur über die Trassenentgelte abgeschöpft wird, dass sich die Gewinne der Deutschen Bahn an dem orientieren können, was die Länder jeweils über die Verkehrsunternehmen, über die Trassenentgelte wiederum an Abführungsmöglichkeiten möglich machen. Die Trassen, die Schienen als die Grundlage des Personennahverkehrs sind instand zu halten. Sie nicht nur zu modernisieren, sondern die Mittel jeweils in die unmittelbare Ertüchtigung zu stecken, auch das gehört dazu. Deshalb müssen wir auch über die Initiativen des Landes Berlin diese Möglichkeit aus den Trassen, die Mittel zu ziehen, die für die Deutsche Bahn wiederum zur Verfügung stehen, kappen. Wir müssen dafür sorgen, dass die Trassenentgelte in den Unterhalt der Basis des öffentlichen Personennahverkehrs zurückfließen.

Lassen Sie mich noch einmal sagen: Der Maßstab für alle Entscheidungen ist nicht das vorrangig populistische Rufen nach kurzfristigen Kündigungen, wenn man nicht weiß und nicht beschreiben kann – und das kann niemand hier –, was anschließend passiert.

[Vereinzelter Beifall bei der SPD und der Linksfraktion – Zuruf von Ramona Pop (Grüne)]

Es ist auch nicht das Trommeln oder der Paukenschlag. Es ist jeweils als Maßstab zu nehmen: Was können wir mit dem, was wir fordern, mit dem, was wir tun, erreichen, um für die Fahrgäste die Situation zu verbessern? Das tut der Senat in den Möglichkeiten, die wir haben, wenn wir nicht Eigentümer sind. Lassen Sie uns das für die künftige Diskussion nicht nur in diesem Winter für uns gemeinsam zum Maßstab machen. – Vielen Dank!

[Beifall bei der SPD und der Linksfraktion]

Vielen Dank, Frau Senatorin Junge-Reyer! – Wir treten jetzt in die zweite Rederunde ein. Für die Fraktion der CDU hat nun Herr Friederici das Wort. – Bitte!

Vielen Dank, Frau Präsidentin! – Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich weiß nicht, wie es den Regierungsfraktionen geht, aber wir haben wieder nur die Beschreibung eines Problems gehört. Keine Lösungsansätze!

[Beifall bei der CDU, den Grünen und der FDP]

Wann fährt die S-Bahn? Was ist mit Entschädigungen? Wann findet Ersatzverkehr mit welcher Stärke statt? Wieso finden keine Kontrollen der Verkehrsverwaltung mit dem Senat beim Vertragspartner S-Bahn statt? Es ist mir rätselhaft, wie man einen Millionenvertrag ohne Controlling abschließen kann! Ich verstehe nicht, warum das Versäumnis selbst bei den Regierungskoalitionen so einfach durchgeht.

[Christian Gaebler (SPD): Der Verkehrsverbund macht das Controlling!]

Ich möchte noch ganz kurz auf Frau Matuschek eingehen, weil mich das reizt. In der Tat, Sozialismus war kuschelig. Sicherlich auch – ich sehe Sie, Frau Matuschek, jetzt nicht an –, wenn man dabei mitgemacht hat. Aber wenn man das nicht mitgemacht hat, dann war es nicht so kuschelig, wie Sie es bei der Deutschen Reichsbahn bezeichnet haben.

[Beifall bei der CDU und der FDP – Zuruf von Uwe Doering (Linksfraktion)]

Genau das ist der Grund, warum wir diese alten Systeme nicht mehr haben wollen! Das ist genau der Grund, warum wir kein Verkehrskombinat mit BVG, mit der S-Bahn und möglicherweise noch dazu der BSR haben wollen. Wahrscheinlich auch noch eine Druckerei. Das wollen wir definitiv nicht!

[Christian Gaebler (SPD): Was wollen Sie dann?]

Wir wollen im Nahverkehr Vielfalt, wir wollen einen stabilen Nahverkehr, wir wollen, dass sich die Leute immer darauf verlassen können. Und wir wollen einen Senat, der endlich ein Akteur im öffentlichen Nahverkehr ist!

[Beifall bei der CDU und der FDP]

Wir machen weiter mit Bündnis 90/Die Grünen und Frau Hämmerling. – Bitte sehr!

Frau Präsidentin! Die Regierung hat die S-Bahn an die Wand gefahren. Sie haben bis heute nicht erklärt, was Ihr Konzept für die Zukunft ist und wie Sie es finanzieren wollen. Es tut mir leid.

[Beifall bei den Grünen]

Und dann nur zu sagen, das, was wir sagen, sei falsch, ist einfach billig.

[Dr. Klaus Lederer (Linksfraktion): Aber Sie sagen doch nichts!]

Die Auferlegung ist der Paukenschlag. Die Bahn ist unfähig, ist die Botschaft, die dann kommt. Das rüttelt doch auf. Natürlich wird sich die S-Bahn in Zukunft anstrengen. Sie will wieder ins Geschäft. Natürlich schafft die Auferlegung Kostentransparenz und Unterstützung durch die Bundesnetzagentur.

Zu Frau Matuschek sage ich noch eines: Dort, wo die Länder den kontrollierten Wettbewerb gut gemacht haben, wo sie ihn gut organisiert haben, gibt es kein S-Bahnchaos wie in Berlin. Dort fahren jetzt mehr Züge als früher. Dort haben die Fahrgastzahlen zugenommen; die Fahrgäste sind zufriedener. Dort gibt es auch keine Dumpinglöhne. Vor allem hat dort niemand irgendetwas zerschlagen. Das ist pure, plumpe und dümmliche Ideologie.

[Beifall bei den Grünen – Vereinzelter Beifall bei der FDP]

Eine Bitte habe ich noch. Ich sehe dort oben auf der Tribüne Vertreterinnen und Vertreter des S-Bahnbetriebsrates und Herrn Kaempfer. Bitte richten Sie aus, dass wir hier tiefes Mitgefühl mit Herrn Buchner haben. Wir wissen, dass er unter diesen Bedingungen und ohne dass der Senat hier Druck aufbaut, nicht in der Lage sein wird, diesen Karren aus dem Dreck zu ziehen.

[Beifall bei den Grünen – Unmutsäußerungen von der Linksfraktion]

Vielen Dank, Frau Abgeordnete Hämmerling! – Jetzt hat der Herr Abgeordnete Gaebler das Wort zu einer Kurzintervention.

Liebe Kollegin Hämmerling! Die Frau Senatorin hat schon versucht, es Ihnen zu erklären. Es ist wirklich Unsinn, was Sie hier bezüglich der Auferlegung erzählen.

[Beifall bei der Linksfraktion – Ramona Pop (Grüne): Wir haben einen Vorschlag!]

Diese Auferlegung heißt zum einen, dass kein Fahrgast auch nur einen Zug mehr hat. Sie können nur das auferlegen, was an Zügen vorhanden ist.

[Claudia Hämmerling (Grüne): Was macht Ihr denn jetzt?]

Frau Hämmerling, Sie haben das gerade als die große Lösung und den großen Paukenschlag zugunsten der Fahrgäste bezeichnet. Das ist nichts. Das ist kein Paukenschlag. Das ist nicht einmal heiße Luft. Das ist ein Ballon, der schon geplatzt ist, bevor Sie ihn aufgepustet haben. Diese Auferlegung heißt, dass ich mehr Geld für weniger Leistung zahle. Das ist das Ergebnis.

[Vereinzelter Beifall bei der SPD – Beifall bei der Linksfraktion]

Das, was Sie hier zu den Trassenpreisen behaupten und vorhin behauptet hatten: Die Trassenpreise stehen fest. Die können Sie selbst bei der Netzagentur einsehen. Da gibt es keine andere Kostentransparenz. Die müssen Sie eins zu eins umsetzen. Jetzt verrate ich Ihnen einmal ein offenes Geheimnis. Die S-Bahn Berlin nimmt im Moment vom Land Berlin nicht den vollen Preis, weil sie ihn an die Bahn auch nicht überall bezahlt. Wenn Sie ihr das aber auferlegen, nimmt sie natürlich den vollen Preis. Dann gibt es nämlich keinen Paketpreis mehr, wie es ihn im Moment gibt.

[Claudia Hämmerling (Grüne): Welche Kostenkalkulation liegt Ihnen vor?]