Protocol of the Session on February 17, 2011

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[Beifall bei der FDP]

Aber vor allem müssen wir die Strukturen der Wasserbetriebe ändern. Mit diesen Organisations- und Vertragsstrukturen wird es nicht besser werden. Deshalb ist die Debatte, ein paar Prozent mehr zu kaufen, auch überhaupt nicht zielführend. Der Senat kann heute mit 51 Prozent keinen Einfluss nehmen, und das kann er mit 60 Prozent, mit 65 Prozent und mit 72 Prozent auch nicht. Das kann er nicht, solange die Strukturen nicht geändert worden sind.

[Beifall bei der FDP]

Deshalb muss man diese verschachtelten, verwickelten und intransparenten Strukturen auflösen. Der Hebel dafür ist vorhanden, die RWE wollen die Anteile verkaufen. In diesem Zusammenhang könnte man die gesamte Struktur des Vertragswerks neu verhandeln. Das ist die eigentliche Chance, die wir jetzt haben, und die müssen wir auch nutzen.

[Beifall bei der FDP]

Danach muss man die Wasserbetriebe neu aufstellen. Und dazu braucht man eine Vision, wie sie aussehen sollen. Wir haben mit unserem Antrag einen Vorschlag gemacht, wie unsere Vision ist. Wir wollen das sauber ordnungspolitisch angehen. Die Netze können beim Land Berlin bleiben, aber wir wollen den Betrieb den Privaten übergeben, weil das Know-how Privater im Wettbewerb durch Ausschreibung am besten genutzt wird. Das ist unser Ansatz. Damit können wir einen klaren Gegenpol sowohl zu der nostalgischen Vergangenheitsbewältigung, die wir heute hatten, als auch zu den wolkigen Rekommunalisierungsfantasien setzen. Unterstützen Sie unseren Antrag, dann werden die Wasserpreise auch sinken, und dann erfüllen wir das, was der Volksentscheid uns aufgegeben hat. – Vielen Dank!

[Beifall bei der FDP – Gelächter bei der Linksfraktion – Uwe Doering (Linksfraktion): Eine kühne Rede!]

Vielen Dank, Herr Kollege Schmidt! – Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Damit hat die Aktuelle Stunde ihre Erledigung gefunden.

Der Ältestenrat empfiehlt die Überweisung des Antrags der Fraktion der FDP Drucksache 16/3862 an den Hauptausschuss. – Widerspruch höre ich nicht. Dann verfahren wir so.

Zum Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen Drucksache 16/3874 wurde die sofortige Abstimmung betragt. Die Koalitionsfraktionen beantragen allerdings die Überweisung des Antrags an den Hauptausschuss. Ich lasse zunächst über den Überweisungsantrag abstimmen. Wer dem Antrag auf Überweisung zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Das sind die Koalitionsfraktionen und die Fraktion der CDU. Wer ist dagegen? – Das ist die Fraktion der Grünen. Wer enthält sich? – Die FDP! Dann wird überwiesen.

Zum Antrag der Fraktion der FDP Drucksache 16/3599 empfehlen die Fachausschüsse und der Hauptausschuss mehrheitlich gegen die FDP bei Enthaltung der Grünen die Ablehnung. Wer dem Antrag dennoch zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Das ist die Fraktion der FDP. Wer ist dagegen? – Das sind ersichtlich alle übrigen Fraktionen. Wer enthält sich? – Keiner enthält sich.

[Hallo! von den Grünen]

Oh, Verzeihung! Bei Enthaltung der Grünen ist der Antrag abgelehnt.

[Mieke Senftleben (FDP): Man sollte bei Abstimmungen mal hochgucken!]

Wir kommen jetzt zu

lfd. Nr. 4:

Prioritäten gem. § 59 der Geschäftsordnung

Ich rufe auf

lfd. Nr. 4.1:

Antrag

Einsetzung eines Untersuchungsausschusses zur Aufklärung der Hintergründe der Vergabepraxis der landeseigenen HOWOGE Wohnungsbaugesellschaft mbH, Verflechtungen mit politischen Parteien und Konsequenzen für das Land Berlin

Antrag der CDU, der Grünen und der FDP Drs 16/3871

Das ist die Priorität der CDU mit dem Tagesordnungspunkt 48. – Das Wort für die CDU-Fraktion hat der Kollege Dr. Graf.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Vorgänge um die landeseigene Wohnungsbaugesellschaft HOWOGE zeigen eins deutlich: In der Amtszeit des Regierenden Bürgermeisters Wowereit hat sich ein System des Genossenfilzes zwischen öffentlicher Wohnungswirtschaft und den Berliner Parteien etabliert, das seinesgleichen sucht.

[Beifall bei der CDU und der FDP – Zurufe von der SPD]

Die Oppositionsfraktionen von CDU, Bündnis 90/Die Grünen und FDP haben sich darauf verständigt, zur vollständigen Aufklärung der Hintergründe dieser HOWOGE-Affäre und ihrer Verflechtungen mit politischen Parteien einen Untersuchungsausschuss zu beantragen. Der entsprechende Antrag gemäß Artikel 48 der Verfassung von Berlin mit einem ausformulierten Untersuchungsauftrag liegt Ihnen heute vor. Damit kann der Untersuchungsausschuss möglichst im März seine Arbeit aufnehmen, bis zur Sommerpause die Beweiserhebung durch Zeugen und Akten erledigt und bis zum 1. September einen Abschlussbericht vorgelegt haben.

[Beifall bei der CDU und der FDP]

Warum ist dieser Untersuchungsausschuss erforderlich? – Hierfür gibt es aus unserer Sicht vier Prämissen.

Erstens: Die Vorgänge um die landeseigene Wohnungsbaugesellschaft HOWOGE haben sich binnen eines Jahres zu einem handfesten Skandal ausgeweitet. Am Beginn standen Luxusmodernisierungen mit dreisten Mieterhöhungen in Buch. Dann wurde bekannt, dass die Auftragsvergabe an einen SPD-Abgeordneten erfolgte. Dann kam ans Licht, dass die HOWOGE eine ungewöhnlich hohe Anzahl von Aufträgen an diesen Abgeordneten vergeben hat.

[Uwe Doering (Linksfraktion): Das wissen wir doch schon alles!]

Offensichtlich wurden nach dem Motto „Man kennt sich eben“ Aufträge an Parteifreunde ohne Rücksicht auf Recht und Gesetz vergeben, denn es hat sich dann herausgestellt, dass ein Großteil dieser Aufträge unter Umgehung der Honorarordnung für Architekten und Ingenieure oder ohne Ausschreibung, also rechtwidrig, erteilt wurde.

[Uwe Doering (Linksfraktion): Auch das ist bekannt!]

Im Herbst bekannte dann der ehemalige Finanzsenator Sarrazin, dass ihm das alles seit Jahren bekannt gewesen sei. Und Anfang dieses Jahres titelte eine Zeitung, dass der SPD-Abgeordnete nun gerade wegen der Unterschreitung der HOAI Nachforderungen für die letzten Jahre geltend mache, sodass man befürchten muss, dass die Gesellschaft HOWOGE jetzt auch finanzielle Folgen zu tragen hat. Das Parlament und die Öffentlichkeit haben

einen Anspruch darauf zu wissen, wie fragwürdig die Auftragsvergabe wirklich gelaufen ist.

[Beifall bei der CDU und der FDP – Vereinzelter Beifall bei den Grünen]

Zweitens: Die HOWOGE-Affäre ist zum Symbol eines Systems der Verflechtung zwischen der öffentlichen Wohnungswirtschaft und der Berliner Sozialdemokratie geworden. Alle Akteure, die ins Blickfeld geraten, sind Berliner Sozialdemokraten. Die Geschäftsführer der HOWOGE als Auftraggeber, der Auftragnehmer ein SPD-Abgeordneter, ein Teil der Kontrolleure im Aufsichtsrat und die zuständigen Senatoren als Gesellschafter – sie alle verbindet das SPD-Parteibuch. Es ist eine 1-ASPD-Filzaffäre, die hier zu untersuchen ist.

[Beifall bei der CDU und der FDP]

Drittens: Die Affäre hat auch längst den Senat erfasst. Deshalb muss ebenfalls untersucht werden, welche Rolle Frau Bausenatorin Junge-Reyer dabei gespielt hat. Während der ehemalige Finanzsenator Sarrazin schriftlich mitgeteilt hat, dass dem Senat seit 2006 die rechtswidrige Vergabepraxis der HOWOGE bekannt war, hat die Bausenatorin im Hauptausschuss und seinen Unterausschüssen nichts zur Aufklärung beigetragen. Sie will nicht mit Herrn Hillenberg über Baukostencontrolling gesprochen haben. Mit ihm will gar keiner mehr von der SPD gesprochen haben, obwohl das alles Antragsentwürfe waren, die durch den zuständigen Arbeitskreis gegangen sind.

[Zuruf von Ralf Hillenberg (fraktionslos)]

Herr Kollege Hillenberg! Ich nehme Sie gerade in Schutz. Wenn Sie zuhören wollten!

[Ralf Hillenberg (fraktionslos): Ich höre doch zu!]

Es ist auch so, dass Frau Junge-Reyer sich dann in Widersprüche verwickelt hat. Erst hat sie das entsprechende Fax nicht erhalten haben wollen, oder es war unleserlich. Und als es dann als Tischvorlage kam, hat sie es offenbar nicht verstanden, jedenfalls nicht so verstanden, wie Herr Sarrazin es auf den ersten Blick gelesen hat. – Frau JungeReyer! Es kann also nur Unvermögen oder Vorsatz gewesen sein, die Sie an den Tag gelegt haben. Wir haben diese Erinnerungslücken von Ihnen bereits im Untersuchungsausschuss „Spreedreieck“ erleben dürfen. Sie haben in dieser Affäre Ihre Glaubwürdigkeit verloren, und wir werden insbesondere Ihr Verhalten untersuchen müssen.

[Beifall bei der CDU und der FDP – Vereinzelter Beifall bei den Grünen]

Die vierte Prämisse, warum man einen Untersuchungsausschuss einrichten muss, ergibt sich aus dem Verhalten der Regierungsfraktionen. Aus unserer Sicht hätte es der Aufklärung durch einen Untersuchungsausschuss nicht bedurft, wenn wir das parlamentarische Verfahren hätten nutzen dürfen. So hatte unsere Fraktion für die letzte Sitzung des Hauptausschusses eine Anhörung des ehemaligen Finanzsenators Sarrazin beantragt. Sie wurde von den Regierungsfraktionen auf Druck der SPD kategorische abgelehnt. Und ich prognostiziere Ihnen: Die Ber

liner Genossen werden in den nächsten Wochen alles tun, um die Arbeit und wahrscheinlich auch die Einsetzung dieses Ausschusses zu verzögern.

[Wolfgang Brauer (Linksfraktion): Was?]

Wir haben in der vergangenen Woche schon einen Vorgeschmack bekommen, als es darum ging, dass der Ausschussvorsitz der Regierungskoalition zugeschanzt werden sollte. Ist in Ordnung! Inzwischen haben Sie alle erkannt, dass die CDU den Ausschussvorsitz übernehmen wird. Wir werden das auch aktiv wahrnehmen, das kann ich Ihnen versichern.

[Zurufe von Uwe Doering (Linksfraktion) und Wolfgang Brauer (Linksfraktion)]

Herr Kollege! Kommen Sie bitte zum Schluss!

Ich bin beim letzten Satz! – Daher appelliere ich an Sie, die SPD-Fraktion, Ihre bisherige Position als Aufklärungsverweigerer aufzugeben und dem Untersuchungsausschuss eine vollumfängliche Aufklärung zu ermöglichen, denn auch die Öffentlichkeit wird Sie daran messen, wie Sie mit einer Affäre umgehen, die im Wesentlichen auf das Konto der Akteure Ihrer eigenen Partei geht. – Herzlichen Dank!