Protokoll der Sitzung vom 31.03.2011

[Zurufe von Christian Gaebler (SPD) und Stefan Zackenfels (SPD)]

Sie haben auch gesagt, Berlin habe mit Sicherheit einiges zu tun. Wir kennen den Anteil der erneuerbaren Energien an der Stromerzeugung in Berlin, er liegt bei 1 Prozent; im Bundesdurchschnitt liegt er bei 17 Prozent. Bei einem Vergleich der Bundesländer muss man natürlich berücksichtigen, welche Potenziale es gibt, und in Berlin ist dies

weniger als etwa in Brandenburg hinsichtlich der Windenergie, das ist klar.

[Ah! von der SPD]

Deshalb gibt es einen Bundesländervergleich zu erneuerbaren Energien mit 55 Indikatoren. Da wird nach dem politischen Engagement für den Ausbau der erneuerbaren Energien und dem technologischen Wandel geschaut – der Vergleich berücksichtigt die Unterschiede der Bundesländer. Aber auch bei diesem Bundesländervergleich liegt Berlin auf dem letzten Platz, und ich denke, ich spreche für das ganze Haus, wenn ich sage, dass wir damit nicht zufrieden sind.

[Beifall bei den Grünen]

Deshalb sollten wir noch in dieser Legislaturperiode einen guten Schritt vorankommen, und dazu schlagen wir eine Reihe von Maßnahmen vor. Der Senat und die landeseigenen Betriebe sollen zu Ökostromangeboten wechseln, die den Ausbau der erneuerbaren Energien unterstützen.

[Daniel Buchholz (SPD): Machen wir seit acht Jahren! Glückwunsch zu dieser Forderung! – Zurufe von Christian Gaebler (SPD) und Dr. Wolfgang Albers (Linksfraktion)]

Das stimmt nicht! Sie haben ein Ökostromangebot, das grün gefärbt ist, das nur Atom- und Kohlestrom ist, das mit Wasserkraftzertifikaten grün gefärbt ist! – Wie es richtig geht, das haben das Bundesland Bremen und das Bundesumweltamt gezeigt. Die Musterstromausschreibungen sind vorhanden, wir müssen sie nur umsetzen.

Die Ansiedlungsstrategie für Unternehmen der erneuerbaren Energienbranche muss schnell verbessert werden. 15 Bundesländer haben eine bessere als wir, wir müssen nur abgucken.

[Zurufe von Christian Gaebler (SPD) und Dr. Wolfgang Albers (Linksfraktion)]

Eignungsgebiete für Windenergie können wir schnell einrichten, so wie es im Rest der Republik Praxis ist. Bezüglich der bürokratischen Hemmnisse für den Ausbau der erneuerbaren Energien können wir von jedem einzelnen Bundesland lernen und abgucken, denn alle anderen sind im Moment bei diesem Thema besser als wir. Ob Sie nun Stromeinsparungen bei der öffentlichen Beleuchtung oder Energiesparkampagnen nehmen – viele Städte haben gute Projekte, die wir nur abkupfern müssen. Mit diesen Maßnahmen können wir unseren Rückstand gegenüber den anderen Bundesländern aufholen. Dazu braucht es erst einmal keiner innovativen Konzepte, sondern einfach Taten; wir müssen einfach nur tun, was die anderen bereits getan haben. In einem zweiten Schritt wollen wir dann mit innovativen Konzepten Berlin wieder zum Vorreiter machen.

[Beifall bei den Grünen]

Es braucht zudem etwas Tempo. Der Berliner Senat hat Anfang 2007 ein „Energiekonzept 2020“ angekündigt – das war am Anfang der Legislaturperiode. Jetzt, am Ende der Legislaturperiode, will er es vorlegen – eine Legis

laturperiode allein für das Konzept, in dem steht, was zu tun ist, das ist zu langsam!

[Beifall bei den Grünen]

Auch die Atompläne der polnischen Regierung beunruhigen viele Berlinerinnen und Berliner.

[Daniel Buchholz (SPD): Das haben wir als Erste offengelegt!]

Herr Wowereit! Wir möchten Sie als Regierenden Bürgermeister bitten, das Gespräch mit Polen zu suchen und sich über die aktuellen Pläne zu informieren. Im Gespräch ist auch Gryfino, das etwas mehr als 100 km von Berlin entfernt liegt. Das bewegt viele Berlinerinnern und Berliner. Wir wissen natürlich nicht, wie erfolgreich solch ein Gespräch sein kann, wir sind uns aber sicher, dass es einen Versuch wert ist, Herr Regierender Bürgermeister!

[Beifall bei den Grünen – Zuruf von Daniel Buchholz (SPD)]

Gestern hat die Umweltministerin des Saarlandes, Simone Peter, erklärt, wie sie den Windstrom im Saarland verfünffachen will. Morgen wird der Umweltsenator Bremens die Maßnahmen vorstellen, mit denen sein Land die Energiewende beschleunigen will. Wir möchten, dass heute der Berliner Senat sagt, was er tun möchte. Deshalb beantragen wir eine Aktuelle Stunde, in der der Senat das dann machen kann. – Vielen Dank!

[Beifall bei den Grünen]

Danke schön, Herr Kollege! – Für die Linksfraktion hat jetzt Frau Seelig das Wort. – Bitte schön, Frau Seelig!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Brandanschläge in Hausfluren und Kellern beunruhigen die Menschen in unserer Stadt sehr. Nachdem es auch Todesopfer gegeben hat, kann man nicht einfach sagen, dass das immer mal wieder passiert. Es gibt Pyromanen. Es gibt Menschen, die sich offenbar erst lebendig fühlen, wenn sie andere Menschen in Lebensgefahr bringen. Es gibt Nachahmungstäter. Die Bürgerinnen und Bürger erwarten, dass sich die Politik mit ihren Sorgen befasst. Deshalb wollen wir darüber reden, wie solche Straftaten verhindert werden können.

Ein wichtiger Punkt der Vorsorge ist es, keine brennbaren Gegenstände in den Hausfluren aufzubewahren. Natürlich – und das weiß jeder, der schon einmal in dieser Situation war – ist es schwer, mit dem Kleinkind auf dem Arm und den Einkäufen in der Hand auch noch den Kinderwagen in den dritten Stock zu tragen.

[Volker Ratzmann (Grüne): Das stimmt!]

An diesem Punkt sind auch Vermieter in der Verantwortung. Wo kann man verschließbare Abstellräume einrichten, oder gibt es einen Platz für Boxen, wie sie in einigen

Wohnungsbaugesellschaften schon aufgestellt sind? Aber es ist auch klar, dass Hausflure keine Sperrmüllablagen sind. Das muss Mieterinnen und Mietern im Zweifelsfall sehr deutlich klargemacht werden.

Aktuell ist natürlich auch wieder die Diskussion um Rauchmelder aufgekommen. Die Feuerwehr appelliert seit Jahren sowohl an Mieterinnen und Mieter wie auch an die Vermieter, Wohnungen und Hausflure damit auszustatten. Viel passiert ist nicht. In einigen Bundesländern gibt es gesetzliche Regelungen, die man sich genau ansehen muss. Wir müssen darüber diskutieren, inwieweit wir in der Lage sind, im Falle einer gesetzlichen Regelung – und meine Fraktion plädiert dafür – die Einhaltung dieses Gesetzes zu kontrollieren. Womöglich geht es auch nur über Haftpflichtregelungen. Dabei ist das Problem, dass dann immer schon etwas passiert ist.

Auch die andere Seite, die Repression, ist bei solchen Fällen ein schwieriges Thema, denn es gibt momentan kein klar umgrenztes Gebiet für die Brandanschläge. Quer durch die Bezirke brennen Hausflure. Es ist extra eine Sonderkommission eingesetzt worden. Ihr ist schneller Erfolg zu wünschen, damit der oder die Täter aus dem Verkehr gezogen werden. Auch eine Belohnung ist ausgesetzt worden, denn es geht in einem Fall um dreifachen Mord.

Lassen Sie uns darüber beraten, wie wir die Berliner Bürgerinnen und Bürger noch stärker für dieses Thema sensibilisieren können – notfalls in den dafür zuständigen Ausschüssen! – Danke schön!

[Beifall bei der Linksfraktion und der SPD]

Danke schön, Frau Kollegin Seelig! – Für die FDPFraktion hat nunmehr Frau Senftleben das Wort. – Bitte schön!

Herr Präsident! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Zehn Jahre Rot-Rot, zehn Jahr wieder und wieder dieselben Ergebnisse: Kinder aus bildungsfernen Elternhäusern haben nur sehr geringe Chancen auf eine Zukunft – eine geringe Chance auf ihre Zukunft, nämlich das Leben in unserer Gesellschaft eigenverantwortlich meistern zu können. Nicht nur, dass sie schlecht Deutsch sprechen, wenn sie in die Schule kommen – egal, ob mit oder ohne Migrationshintergrund –, sondern viele von ihnen sind zu dick, haben schlechte Zähne und sind träge.

Dazu die Zahlen: 16 Prozent der Kinder haben schlechte Zähne – sanierungsbedürftig oder faul. Ja, ich sage es mal ganz deutlich, wie es in dem Bericht drinsteht. Bei 26,1 Prozent der Kinder fällt auf, dass die Bewegungsabläufe nicht richtig koordiniert werden. 11,4 Prozent der Kinder sind zu dick, und 37,4 Prozent der Kinder mit Migrationshintergrund sprechen fehlerhaft oder gar nicht die

deutsche Sprache. Da verschlägt es auch mir inzwischen die Sprache, wissen wir doch alle, dass schlechte Deutschkenntnisse zu Schulbeginn die Spirale eher nach unten einleiten und dass der individuelle Bildungserfolg damit infrage gestellt ist.

[Beifall bei der FDP]

Rot-Rot brüstet sich mit Projekten aller Art – die Soziale Stadt, das Quartiersmanagement, beitragsfreie Kitajahre, Deutschförderung vor der Einschulung und unzählige weitere Projekte. Der Überblick ist dabei schon längst verlorengegangen. Aber die Studien belegen Jahr für Jahr immer nur ein und dasselbe: Stillstand dort, wo wir Bewegung und dringend einen Schub nach vorne brauchen, nämlich Stillstand bei der Förderung von Kindern aus benachteiligten Familien.

[Beifall bei der FDP]

Der Bericht des Senats zur Sozialstruktur und Kindergesundheit attestiert bei Kindern aus sozial schwachen Stadtteilen die häufigsten Probleme. Der Bericht stellt ferner fest, dass der Kitabesuch Risiken vermindert. Das sind Weisheiten, die uns nicht so richtig überraschen dürften. Allerdings überrascht uns dann doch die Tatsache, dass alle Bemühungen dieser rot-roten Koalition bisher zu keinen Ergebnissen geführt haben. Ihre Bemühungen waren für die Katz. Ein neues Konzept muss her, und zwar ein Gesamtkonzept mit Zielvorgaben. Die müssen überprüfbar sein, und die Strukturen müssen überschaubar sein.

[Beifall bei der FDP]

Hierzu möchte ich Ihnen kurz unsere Vorschläge darlegen. Erstens zum Thema Chancengerechtigkeit: Auf der Grundlage der im Alter von drei Jahren erstellten Tests werden vorhandenen Defizite systematisch angegangen.

[Dr. Gabriele Hiller (Linksfraktion): Wo ist der aktuelle Bezug? Herr Präsident, sie begründet nicht das Thema der Aktuellen Stunde, sondern spricht zur Sache!]

Der Besuch einer Kita wird obligatorisch, wenn Entwicklungsdefizite festgestellt werden. Fachpersonal aus dem Bereich Deutsch als Zweitsprache, als Fremdsprache hilft, Defizite gezielt auszugleichen. Das Ziel heißt: Alle Kinder sprechen und verstehen vor Eintritt in die Grundschule die deutsche Sprache. Dieses Ziel zu überprüfen, wäre dann auch ein Leichtes. Schaffen wir also heute einfache und überschaubare Strukturen, nämlich mehr Verbindlichkeit in der frühkindlichen Bildung!

Zweitens zum Thema Eltern: Immer wieder hören wir, dass es Eltern eigentlich egal ist, ob ihre Kinder lernen oder nicht, ob sie Gemüse oder Fastfood essen und ob sie vor der Glotze sitzen oder draußen spielen. Deshalb brauchen Eltern, ohne bevormundet zu werden, eine Anlaufstelle, wo sie ansprechbar sind und wo sie jemanden ansprechen können. Welcher Ort eignet sich dafür besser als die Kindertagesstätte?

[Beifall bei der FDP]

Die Kita muss zu einem Zentrum für frühkindliche Bildung, Erziehung und Beratung werden. Eltern mit in das Erziehungsboot zu holen und ihnen die Bedeutung von Bildung und Erziehung bewusst zu machen, das ist die Aufgabe, vor der Berlin steht. Bisher – das sage ich in aller Klarheit – hat Berlin diese Aufgabe nicht im Ansatz erfüllt.

[Beifall bei der FDP]

Deshalb sage ich auch sehr deutlich: Es gibt natürlich einen triftigen Grund, sich in der heutigen Sitzung mit diesem Thema zu befassen, und das ist der Spezialbericht des Senats zur Sozialstruktur und Kindergesundheit – sozusagen als weitere Dokumentation rot-roten Versagens. Ich fürchte allerdings: Fortsetzung folgt. – Vielen Dank!

[Beifall bei der FDP]

Danke schön, Frau Kollegin Senftleben! – Weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor. Dann lasse ich abstimmen, und zwar zunächst über den Antrag der Fraktion der CDU, für den sich im Ältestenrat eine Mehrheit abzeichnete. Wer dem seine Zustimmung zu geben wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. – Das sind die CDU, die SPD und die Linke. Die Gegenprobe! – Das sind FDP und Bündnis 90. Ersteres war die Mehrheit, und deshalb ist es so beschlossen. Enthaltungen? – Enthaltungen sehe ich nicht.