Protokoll der Sitzung vom 14.04.2011

[Beifall bei der Linksfraktion]

Vielen Dank, Frau Abgeordnete Platta! – Für die FDPFraktion hat jetzt Herr Abgeordneter Schmidt das Wort.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Jetzt haben alle gesagt, dass die Biogasanlage verbessert werden muss. Das war auch die Meinung der Experten in der Ausschussanhörung. Nun gibt es genau zwei Möglichkeiten einzugreifen. Das Eine ist ein Eingreifen im Genehmigungsverfahren, das Andere ist, die BSR anzuweisen, die zu 100 Prozent dem Land Berlin gehört. Der erste Vorschlag kam von den Grünen, der zweite Vorschlag kam von uns, von der FDP-Fraktion.

[Beifall bei der FDP – Vereinzelter Beifall bei den Grünen]

Wir sind verpflichtet, beide Wege auch zu nutzen. Jetzt wurden die beiden Anträge von der rot-roten Ausschussmehrheit komplett ersetzt. Dabei hat Rot-Rot keinen der beiden Wege übernommen. Ihr Antrag sagt, dass Sie parallel zum Genehmigungsverfahren Möglichkeiten prüfen wollen. Der Antrag läuft also auf Folgendes hinaus: Es ist eine Art Wunschzettel an den Osterhasen, Herr Buchholz, denn dann wird die Anlage genehmigt und gebaut. Während sie gebaut wird, wird geprüft. Dann wird dem Abgeordnetenhaus berichtet, dass man es wahrscheinlich falsch gemacht hat und von Anfang an ganz anders hätte tun müssen. Das steht in Ihrem Antrag. Das ist nicht glaubwürdig und hilft auch nicht, die beste Biogasanlage zu bauen.

[Beifall bei der FDP – Vereinzelter Beifall bei den Grünen]

Entschuldigen Sie, Herr Schmidt! Gestatten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abgeordneten Buchholz?

Vielen Dank, Herr Kollege! – Ich habe eine Frage. Sie sagen, die Grünen schlagen vor, dass man praktisch das Genehmigungsverfahren anhalten und alles noch einmal prüfen sollte, was die beste Biogasreduzierung ist. Das würde heißen, dass die Anlage de facto erst ein oder zwei Jahre später kommt. Haben Sie für sich einmal eine Bilanz aufgestellt, was wir allein durch ein Jahr weitere Kompostierung von Biomüll für eine klimaschädliche Wirkung produzieren würden?

Das habe ich natürlich nicht selbst aufgestellt. Dazu braucht man längere Rechnungen. Es ist aber ganz klar, dass diese Anlage jahrzehnte lang laufen soll. Sie haben gesagt, dass es die Vorzeigeanlage werden soll. Dann sorgen Sie doch auch dafür, dass es die Vorzeigeanlage wird. Ich glaube auch nicht, dass es zwei Jahre dauern wird, um die es sich verzögert.

[Beifall bei der FDP und den Grünen – Vereinzelter Beifall bei der CDU]

Jetzt haben Sie vorhin, Frau Platta, und auch Sie, Herr Buchholz, vorgeworfen, das die Grünen zu viel technische Details hätten. Wir haben ein paar Ingenieure unter uns. Die haben auch in Ihrem Antrag eine ganze Reihe technischer Vorschläge unterbreitet. Darum geht es aber nicht. Wir sollen hier im Abgeordnetenhaus nicht darüber diskutieren, an welcher Stelle in der Anlage welches Rohr angeschweißt wird. Wir sollen darüber diskutieren, dass die Anlage vernünftig geplant wird.

[Beifall bei der FDP – Vereinzelter Beifall bei den Grünen]

Wir haben jetzt die Möglichkeit, heute in diesem Haus festzulegen, dass die Anlage umweltfreundlicher werden soll und der Senat seine Verantwortung wahrnimmt. Der Senat hat eben genau diese beiden Möglichkeiten einzugreifen: den Änderungsantrag der Grünen im Genehmigungsverfahren, den Änderungsantrag der FDP durch Einwirkung auf die BSR. Es ist für uns interessant, warum der Senat nicht auf die BSR einwirken will. Bei jeder beliebigen Diskussion in diesem Haus zur Daseinsvorsorge hören wir das rot-rote Mantra, dass staatliche Daseinsvorsorge und der Senat alles doch viel besser machen und dass man dann, wenn alles staatlich ist, doch supergut politische Ziele umsetzen könnte. Jetzt haben wir einen ganz konkreten Testfall. Wir sind uns alle einig, dass es ein politisches Ziel zur Emissionsreduzierung der Anlagen gibt. Der Senat ist zu 100 Prozent Eigentümer des Unternehmens, das die Anlage plant und baut. Deshalb ist der Senat gefordert, genau an diesem Vorzeigebeispiel zu zeigen, dass ein rekommunalisiertes Unternehmen eben tatsächlich politische Ziele umsetzt und sich nicht wie jedes beliebige private Unternehmen verhält. Das wollen Sie als Senat und als Koalitionsfraktion verhindern. Das wollen Sie sich gar nicht anziehen. Wenn der Senat und Sie bei der Biogasanlage nicht eingreifen, können Sie sich auch Ihre Rekommunalisierunglyrik an anderen Stellen

sparen. Wir hätten den schlagenden Beweis, dass der Senat seine Position als Eigentümer eben nicht zugunsten der Umweltpolitik nutzt.

[Beifall bei den Grünen]

Deshalb werden wir diesen sinnlosen, verzögernden Nebelkerzenantrag der Koalitionsfraktionen ablehnen und bitten Sie, den beiden Änderungsanträgen von den Grünen und der FDP zuzustimmen. – Vielen Dank!

[Beifall bei der FDP – Vereinzelter Beifall bei den Grünen]

Vielen Dank, Herr Abgeordneter Schmidt!

Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Zum Antrag Drucksache 16/3845 empfiehlt der Fachausschuss mehrheitlich gegen CDU, Grüne und FDP die Annahme mit neuer Überschrift und mit geänderter Fassung. Die Fraktion der Grünen hat dazu den Änderungsantrag Drucksache 16/3986-1 eingebracht. Wer diesem Antrag seine Zustimmung geben möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Das sind die Fraktion der Grünen, die CDUFraktion und die FDP-Fraktion. Die Gegenprobe! – Das sind die Koalitionsfraktionen. Letzteres war die Mehrheit. Damit ist der Antrag abgelehnt.

Wer nun dem Änderungsantrag der Fraktion der FDP Drucksache 16/3984-2 zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Das ist die Fraktion der CDU, die Fraktion der FDP und die Fraktion der Grünen. Die Gegenprobe! – Das sind die Koalitionsfraktionen. Letzteres war die Mehrheit. Damit ist das abgelehnt.

Wer dem Antrag mit der neuen Überschrift und der geänderten Fassung und dem Wortlaut der Beschlussempfehlung Drucksache 16/3984 zustimmen möchte, den bitte ich jetzt um das Handzeichen. – Das sind die Koalitionsfraktionen. Die Gegenprobe! – Das sind alle anderen Fraktionen. Ersteres war die Mehrheit. Damit ist das angenommen.

Ich komme zur

lfd. Nr. 18:

Beschlussempfehlung

Freiheits- und Einheitsdenkmal neu diskutieren

Beschlussempfehlung Kult Drs 16/3998 Antrag der Grünen Drs 16/3792

Für die Beratung steht den Fraktionen jeweils eine Redezeit von bis zu fünf Minuten zur Verfügung. Es beginnt die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen. Frau EichstädtBohlig hat das Wort. – Bitte sehr!

Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Ich weiß, es ist spät, und Sie würden am liebsten schon das Haus verlassen.

[Zurufe: Nein!]

Wunderbar! Danke! – Ich denke, es ist sehr wichtig, dass wir uns wenigstens einmal hier im Plenum klar darüber werden, was im Bundestag zur Entscheidung ansteht und was gestern von Staatsminister Neumann dem dortigen Kulturausschuss zur Kenntnis gegeben wurde, nämlich auf der Schlossfreiheit gegenüber der künftigen Schlosskopie den Entwurf von Johannes Milla und Sasha Waltz für eine große, bewegliche Schale als ein neues Freiheits- und Einheitsdenkmal zu realisieren. Ich bedaure sehr, dass das Berliner Abgeordnetenhaus sich nicht schon früher mit der Planung dieses Projekts befasst hat.

Wir Grüne haben halten das Verfahren, das zur gestrigen Entscheidung geführt hat, für falsch und fordern, dass es einen öffentlichen Expertendiskurs über die Ziele, die Konzeption und den Standort eines Freiheits- und Einheitsdenkmals in der Hauptstadt Berlin gibt. Wir halten das für eine wesentliche Voraussetzung dafür, dass dieses Projekt in der Gesellschaft – und nicht nur in der Stadtgesellschaft Berlins, sondern deutschlandweit – verankert werden kann und es eine gesellschaftliche Verständigung darüber gibt. Diese fehlt nämlich bisher. Das ist das zentrale Problem dieses Projekts.

[Beifall bei den Grünen]

Wir halten aber auch den Standort für falsch. Berlin hat sehr viele authentische Orte, die auf die Überwindung des Eisernen Vorhangs hinweisen, auf die Demonstrationen, auf die Bürgerbewegung, auf die Überwindung des SEDUnrechts. Die Schlossfreiheit ist mit ihrer wilhelminischen Symbolik und dem künftigen Gegenüber zu der neuen Schlossrekonstruktion in keiner Weise ein dafür geeigneter Ort.

[Beifall bei den Grünen – Beifall von Wolfgang Brauer (Linksfraktion)]

Insofern wird dieses Denkmal in der Gesellschaft kein Verständnis finden. Es wird nicht angenommen werden, das sage ich Ihnen voraus.

Darum wäre es nach dem Grundsatzbeschluss des Deutschen Bundestags sehr wichtig gewesen, dass der Senat nicht einfach zustimmt: Ja, nehmen wir die Schlossfreiheit! – sondern dass es hier in der Stadt eine Diskussion über den richtigen Standort dafür gibt. Wir haben diese authentischen Orte. Ich sage Ihnen: Niemand wird in Zukunft den Gedenktag der Deutschen Einheit an dieser Schlossfreiheit feiern wollen. Das werden wir am Brandenburger Tor, am Alex, an der Bernauer Straße, an der Bornholmer Straße und an anderen Orten tun, aber nicht an diesem Standort, der überhaupt nichts mit dieser Geschichte zu tun hat.

Letztlich ist auch der Entwurf dieser Bewegungsschale falsch, der von Staatsminister Neumann in einer Alleinentscheidung ausgewählt worden ist. Diese Bewegungsschale ist falsch, weil der Sinn des Denkmals nicht erkennbar ist, weil er gesellschaftlich nicht verankert ist und weil das Verfahren und der Standort nicht stimmen. Darum – bei allem Respekt vor Sasha Waltz und vor Johannes Milla –: Es wird für dieses Denkmal keine gesellschaftliche Anerkennung geben.

[Lars Oberg (SPD): Das sagen die Grünen – interessant!]

Nein, nicht nur die Grünen, sondern auch andere! Wir sehen es an dem Interesse hier im Hause. Es müssten Begeisterungsstürme ausbrechen. Das wird nicht der Fall sein, weil es diesen Diskurs in der Gesellschaft nicht gegeben hat.

[Beifall bei den Grünen]

Darum werben wir Sie um Unterstützung, damit wir wenigstens jetzt noch, wo zwar schon eine Entscheidung des Staatsministers gefällt worden ist, aber noch keine Entscheidung des Bundestags, gemeinsam den Bundestag auffordern, diesen Diskurs zu führen und in die Debatte auch das hineinzunehmen, was Anerkennung gefunden hat, nämlich die Ausstellung am Alexanderplatz, die sehr wohl gezeigt hat, wie groß das Bedürfnis in der Gesellschaft ist, sich mit den Ereignissen der Vereinigung, der Wende, der Bürgerbewegung und der Überwindung des SED-Unrechts auseinanderzusetzen. Das will die Gesellschaft, aber nicht einfach irgendein Denkmal vor die Nase gesetzt bekommen.

[Beifall bei den Grünen]

Vielen Dank, Frau Abgeordnete Eichstädt-Bohlig! – Für die SPD-Fraktion hat jetzt der Abgeordnete Hilse das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Entscheidung für das Freiheits- und Einheitsdenkmal lag in der Verantwortung des Bundes, also nicht in unserer Verantwortung. Alle Entscheidungen wesentlicher Natur sind gefallen. Mithin kommt der Antrag der Grünen zu spät.

[Franziska Eichstädt-Bohlig (Grüne): Sie haben ihn zu spät behandelt!]

Dieser Antrag – so viel will ich noch sagen, ehe ich meine Rede zu Protokoll gebe – hat aus meiner Sicht nur eine einzige Stoßrichtung, nämlich das Denkmal zu verhindern. Ich persönlich bin außerordentlich froh darüber, dass es ein Freiheits- und Einheitsdenkmal geben wird. Das kann ich auch für meine Fraktion, die sozialdemokratische Fraktion des Abgeordnetenhauses, sagen. – Vielen Dank!

[Beifall bei der SPD und der FDP – Vereinzelter Beifall bei der CDU]

[zu Protokoll gegebener Redeteil]

Die Positionen zu Ihrem heutigen Antrag haben wir bereits zweimal in den zuständigen Ausschüssen ausgetauscht. Alle Argumente sind bekannt. Damit wäre aus meiner Sicht eine neuerliche Befassung heute nicht nötig gewesen.

Die Frage, ob ein Einheits- und Freiheitsdenkmal in Berlin aufgestellt werden sollte, ebenso die Frage zum Standort sowie über die künstlerische Ausgestaltung liefen in der Verantwortung des Deutschen Bundestags. Damit hat die Entscheidung eine breite demokratische Legitimation erfahren. Im Gegensatz zu Ihrer Wahrnehmung ist die Diskussion um das Denkmal über viele Jahre auch von einem breiten öffentlichen Diskurs begleitet worden. Ihr Vorwurf geht daher ins Leere. Vielleicht können Sie sich nur nicht damit abfinden, dass jeder Planung auch eine Entscheidung folgen muss. Seit gestern Abend kennen wir auch den konkreten Entwurf. Auch dies ist entschieden. Also, alles ist gesagt, alles ist entschieden. Der Antrag ist von der Zeit überholt.