Zum Abschluss noch ein Wort zur SPD: Ich habe jetzt gehört, die SPD wird sich heute enthalten. Am 26. November 2006 hat der Kollege Dr. Felgentreu sich für die Beibehaltung des Wahlalters 18 Jahre ausgesprochen. Am 26. Juni 2010 hat der Landesparteitag der SPD
dann beschlossen, das Wahlalter auf 16 Jahre zu senken. Am 20. November 2010 hat der Kollege Treichel beim 10. Berliner Jugendforum vehement vertreten, die SPD wäre jetzt für die Herabsetzung des Wahlalters. Am 23. November 2010 hat die SPD-Fraktion sich dann gegen die Herabsetzung des Wahlalters entschieden. Und heute sagt der Kollege Dr. Felgentreu: Am kommenden Wochenende wird in das Wahlprogramm der SPD die Herabsetzung des Wahlalters auf 16 Jahre aufgenommen. Fazit: Man muss den Eindruck gewinnen, dass sich die SPD noch nicht im Klaren darüber ist, ob die Herabsetzung des Wahlalters auf 16 Jahre für ihre Wahlergebnisse gut oder schlecht ist. – Danke!
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Sehr geehrte Frau Seibeld! Ich empfehle Ihnen, noch mal im Wortprotokoll der Anhörung nachzulesen. Gerade der Zusammenhang zwischen Strafmündigkeit und Wahlrecht wird dort von Experten eindeutig zurückgewiesen.
Die Linke hat die Absenkung des Wahlalters bei den Wahlen zum Berliner Abgeordnetenhauses zu jeder Zeit unterstützt. So hat sich unser Jugendverband im überparteilichen Netzwerk „Wahlalter 16“ engagiert und die Fraktion in Verhandlung begeben. Deshalb waren wir froh, als die Mehrheit eines Landesparteitags der SPD sich ebenfalls für diesen Weg entschied. Es blieb allerdings noch immer die Hürde einer verfassungsändernden Zweidrittelmehrheit in diesem Hause, um die man überzeugend hätte ringen können, wenn beide Koalitionsfraktionen geschlossen zu dem Vorhaben gestanden hätten.
Wir bedauern, dass eine Minderheit in der SPD diese Entschlossenheit nicht aufbrachte. Damit war trotz der Mehrheit in der SPD-Fraktion für die Absenkung des Wahlalters die ohnehin fragile Zweidrittelmehrheit nicht zu sichern. Durch die Länge der Verhandlungen innerhalb der Koalition war dann schließlich auch ein Zeitpunkt eingetreten, zu dem rein rechtlich die Einführung zur kommenden Legislaturperiode nicht mehr möglich war.
Dem trägt der Antrag der Grünen Rechnung, indem das Datum der Einführung auf 2012 verschoben wird. Das heißt – wenn wir von vorgezogenen Neuwahlen einmal absehen –, dass auch nach dieser Vorlage die erstmalige Absenkung des Wahlalters in der übernächsten Legislaturperiode, also 2016, greifen würde. Allerdings – und darauf ist schon hingewiesen worden – könnten Sechzehnjährige in diesem Zeitraum bereits an Volksentscheiden teilnehmen. Diese Absicht, für 2016 einen neuen
Anlauf zu unternehmen, hat auch die SPD-Fraktion signalisiert und hat Herr Felgentreu heute noch einmal bekräftigt. Ich denke, alle inhaltlichen Argumente sind im Lauf der Zeit hinreichend ausgetauscht. Die Sachverständigen einer Anhörung im Abgeordnetenhaus haben viele gute Gründe für die Absenkung des Wahlalters auf 16 Jahre vorgetragen.
Die Linke ist durch den Koalitionsvertrag gebunden, wonach die Zustimmung beider Partner zur Durchsetzung eines Anliegens erforderlich ist. Aber – und das ist das wenig Redliche der heutigen weiteren Forcierung des Themas durch die Grünen-Fraktion – auch ohne diesen Tatbestand im Koalitionsvertrag gäbe es logisch keine Zweidrittelmehrheit. Wir bedauern es sehr, dass wir heute zur Enthaltung gezwungen sind. Aber wir dienen auch nicht dem Anliegen, wenn es heute – wie vorhersehbar – scheitern würde. Wir tun uns und der Sache einen besseren Dienst, wenn wir in der nächsten Legislaturperiode das Vorhaben erneut gemeinsam in Angriff nehmen. – Vielen Dank!
Vielen Dank, Frau Abgeordnete Seelig! – Für die FDPFraktion hat jetzt Herr Abgeordneter Dr. Kluckert das Wort.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Für uns Liberale hat das Wahlrecht eine hohe Bedeutung. Es eignet sich nicht dafür, politische Spielchen zu treiben!
Die Grünen haben keine Probleme damit, mit dem Wahlrecht politisch zu spielen. Höhepunkt dieses destruktiven Treibens war der offenkundig verfassungswidrige Antrag zur Einführung eines allgemeinen Ausländerwahlrechts zur Bezirksverordnetenversammlung. In abgeschwächter Form ist auch dieser Antrag für die Absenkung des Wahlalters für die Wahl zum Abgeordnetenhaus ein Beispiel für Ihre weniger ergebnisorientierte, sondern vielmehr auf Effekthascherei ausgerichtete Politik.
Viele in diesem Haus haben gesagt, dass sie zunächst einmal die Ergebnisse der Regelungen über das Wahlrecht bei der Bezirksverordnetenversammlung nach zwei Durchgängen evaluieren wollen und sich dann erst im Stande sehen, eine Aussage zu treffen. Auch Ihnen wäre es zuzumuten gewesen, diese Bedenkzeit, die sich viele Abgeordnete nehmen wollen, erst einmal abzuwarten, anstatt hier mit einem Antrag vorzupreschen, der letztlich keinen Erfolg haben wird.
Ich verweise hinsichtlich der Gründe unserer ablehnenden Haltung zunächst auf das Plenarprotokoll der ersten Lesung vom 26. November 2009. Die Ausschussberatungen
haben keine Erkenntnisse hervorgebracht, die zu einer Änderung unseres Standpunktes geführt haben. Lassen Sie mich darüber hinaus noch weitere Anmerkungen zur Begründung ausführen.
Der Gesetzgeber steht in vielen Bereichen vor der Aufgabe, eine Altersgrenze festzulegen. Wir meinen, dass die Altersgrenze für die Wahl zum Abgeordnetenhaus mit 18 Jahren richtig gesetzt worden ist. Diese Altersgrenze passt in das Gesamtsystem unserer Rechtsordnung. Mit 18 Jahren tritt die Volljährigkeit ein. Damit wird eine Person unbeschränkt geschäftsfähig. Sie ist prozessfähig und muss grundsätzlich auch für Fehlverhalten nach Erwachsenenstrafrecht haften. Die Volljährigkeit bringt somit eine Vielzahl von Rechten mit sich, aber zugleich begründet sie auch viele private und staatsbürgerliche Pflichten. So kann ein junger Mensch beispielsweise mit 18 endlich Verträge abschließen, aber er ist auf der anderen Seite auch verpflichtet, für die finanziellen Folgen seiner Abschlüsse zu haften. Die bis dahin von der Rechtsordnung allgemein angenommene Schutzbedürftigkeit fällt weg. Die Altersgrenze 18 ist in unserer Rechtsordnung also nicht irgendeine Altersgrenze, sondern diejenige, mit der man endgültig in die Welt der verantwortliche handelnden Bürger eintritt. In dieser Bedeutung passt diese Altersgrenze auch in besonderer Weise zum Wahlrecht mit seiner ganz formal auf Gleichheit ausgerichteten Ausprägung. Das Wahlrecht wird grundsätzlich unter Gleichen gewährleistet, die gleichermaßen Verantwortung für sich und die Gesellschaft tragen. Wer aber als Minderjähriger für sich selbst und sein Handeln nur eingeschränkt Verantwortung trägt und zur Verantwortung gezogen wird, kann daher nicht uneingeschränkt für die Gesellschaft Entscheidungen treffen.
Abschließend noch einmal zu den Grünen: Ihre Argumentationsmuster sind widersprüchlich. Während Sie den Bildungsstand, die soziale Kompetenz, Reife und intellektuelle Urteilsfähigkeit von Jugendlichen hier zur Begründung von mehr staatsbürgerlichen Rechten anführen, wollen Sie von Verantwortung, Reife, soziale Kompetenz und intellektuelle Urteilsfähigkeit überhaupt nichts mehr hören, wenn es darum geht, junge Menschen auch für ihr Fehlverhalten zur Verantwortung zu ziehen. Da dürfen dann ruhig 20-jährige Totschläger und Mörder noch mit einer milden Jugendstrafe davonkommen, weil ihnen angeblich die Einsichtsfähigkeit und die sittliche Reife fehlen. Solange Ihre grünen Argumente so austauschbar sind, können Sie uns nicht überzeugen. Wir lehnen den Antrag ab. – Vielen Dank!
Vielen Dank, Herr Abgeordneter Dr. Kluckert! – Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Wir kommen zu den Abstimmungen. Zunächst stimmen wir über den Änderungsantrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen Drucksache 16/2799-1 ab. Wer dem zustimmen möchte, den
bitte ich um das Handzeichen. – Das ist die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen. Die Gegenprobe! – Das sind die CDU- und die FDP-Fraktion, der fraktionslose Abgeordnete Hillenberg und Herr Stadtkewitz. Enthaltungen? – Das sind die Koalitionsfraktionen und Herr Ueckert.
Zum Antrag der Fraktion der Grünen Drucksache 16/2799 empfehlen der Fachausschuss und der Hauptausschuss mehrheitlich – gegen die Grünen und bei Enthaltung der SPD und der Linksfraktion – die Ablehnung des Antrags auch mit Änderungen. Die Änderung der Verfassung erfordert gemäß Artikel 100 der Verfassung von Berlin eine Mehrheit von zwei Dritteln der gewählten Mitglieder des Hauses. Zu dieser beantragten Verfassungsänderung ist die namentliche Abstimmung beantragt worden. Ich bitte den Saaldienst, die vorgesehenen Tische aufzustellen. Die Beisitzerinnen und Beisitzer bitte ich nach vorne. Eine namentliche Abstimmung ist mit Namensaufruf durchzuführen. Ich bitte ein Präsidiumsmitglied, Herrn Jauch, die Namen zu verlesen. Die Stimmkarten werden ihnen von Präsidiumsmitgliedern ausgehändigt. Ich weise darauf hin, dass die tatsächliche Stimmabgabe erst nach dem Namensaufruf möglich ist. Nur so ist ein reibungsloser und geordneter Wahlgang möglich. Sie finden Urnen vor, die eindeutig gekennzeichnet sind. Eine Urne ist für die Ja-, eine für die Nein-Stimmen und eine für die Enthaltungen sowie für die nicht benötigten restlichen Karten und Umschläge. Ich eröffne somit die Abstimmung über den Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen Drucksache 16/2799 und bitte, mit dem Namensaufruf zu beginnen.
Hatten jetzt alle anwesenden Mitglieder – außer dem Präsidium hier oben – die Möglichkeit abzustimmen? – Dann bitte ich, das zeitnah zu tun.
Ich frage jetzt ein zweites, aber auch letztes Mal: Hatten alle anwesenden Mitglieder des Hauses die Möglichkeit abzustimmen? – Wir machen das jetzt noch, und anschließend würde ich dann – –
Bitte noch hier nach oben! – Dann schließe ich die Abstimmung und bitte die Präsidiumsmitglieder, die Auszählung vorzunehmen. Die Sitzung ist unterbrochen.
Meine Damen und Herren! Bitte nehmen Sie wieder Platz! Ich möchte Ihnen das Ergebnis der Abstimmung bekanntgeben. Abgegebene Stimmen: 141. Die erforderliche Stimmenzahl wäre 100 gewesen. Ja-Stimmen dagegen nur 23. Nein-Stimmen: 46. Enthaltungen: 72. Damit ist der Antrag abgelehnt.
Bevor wir jetzt zum Antrag der Grünen auf Drucksache 16/2800 kommen, frage ich, ob dieser Antrag aufrechterhalten bleibt.
Ich eröffne hiermit die erste Lesung. Für die Beratung steht den Fraktionen jeweils eine Redezeit von fünf Minuten zur Verfügung. Kollege Doering hat das Wort für die Linksfraktion. – Bitte!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Obwohl in den letzten Jahrzehnten Milliardenbeträge in das Fördersystem des sozialen Wohnungsbaus gepumpt wurden, müssen wir heute feststellen, dass die Wohnungen des sozialen Wohnungsbaus zu einem großen Teil nicht mehr für diejenigen zur Verfügung stehen, für die der soziale Wohnungsbau einst gedacht war. Das ist Grund genug, aus diesem System der Subventionierung und Förderung auszusteigen, und es ist Grund genug, um nach neuen Wegen zu suchen, die einkommensschwachen Haushalten Wohnungen mit bezahlbaren und kostengünstigen Mieten sichern. Das vorliegende Wohnraumgesetz ist ein kleiner, ein sehr kleiner Versuch, aus dem bisherigen System auszusteigen, aber es ist nicht ausreichend.
Kollege Gaebler, bitte zuhören! – Es ist nicht ausreichend, weil sich für 90 Prozent der Haushalte im sozialen Wohnungsbau auch mit diesem Gesetz nichts ändert. Für diese Haushalte bleibt es bei dem Zustand, dass die bereits heute durchschnittlich hohen Mieten um weitere 13 Prozent pro m² und jährlich steigen werden.
Zudem ist mit dem Angebot an die Vermieter zur Barwertablösung und den damit verbundenen Kooperationsverträgen eine weitere Aufgabe von Bindungen für Sozialwohnungen vorgesehen. Obwohl der Kreis der Anspruchsberechtigten für Sozialwohnungen immer größer wird, wird über diesen Weg das Angebot an gebundenem Wohnraum weiter abgebaut.