Protocol of the Session on May 26, 2011

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Sie haben völlig recht, dass wir auch in Ortsteilen im Ostteil der Stadt, zum Teil haben wir das aber auch – für

Ihren Kollegen, der die Frage gestellt hat – z. B. in einzelnen Ortsteilen von Reinickendorf einen solchen Unterversorgungsbedarf haben. Das lässt sich nicht nur damit erklären, dass es möglicherweise dort zu wenig Versorgungsnotwendigkeiten gibt. Denn wenn wir uns die psychotherapeutische Versorgung anschauen und eine Versorgungsquote von ungefähr 300 bis 400 Prozent in Charlottenburg-Wilmersdorf haben, dann ist das mit Sicherheit nicht so, dass wir dort einen vierhundert Prozent höheren psychotherapeutischen Versorgungsbedarf haben, sondern es zeigt möglicherweise, dass die Bereitschaft, als Privatpatient und Selbstzahler dort zu entsprechenden Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten zu gehen, höher ausgeprägt ist und die Fähigkeit, dies zu tun, im Ostteil der Stadt und bei einer ärmeren Bevölkerung nicht vorhanden ist.

Insofern müssen wir hier zu einem Ausgleich, müssen wir auch zu einer Veränderung kommen. Die Senatorin hat ein ganzes Bündel von Maßnahmen vorgeschlagen und hat insbesondere gesagt, dass ein wesentliches Instrumenten darin bestehen könnte, bei Beibehaltung des Budgets denjenigen Ärztinnen und Ärzten, die in unterversorgte Regionen gehen, einen Zuschlag zu zahlen, was natürlich bedeutet, dass diejenigen Ärztinnen und Ärzte bzw. Psychotherapeutinnen und -therapeuten, die bislang in sozial ausgesprochen gutgestellten Bezirken tätig sind, auch einen Abschlag vergegenwärtigen müssen, was sich aber mit Sicherheit aus dem Privatpatientenbereich refinanzieren lässt. – Vielen Dank!

Danke schön, Herr Staatssekretär Dr. Hoff! – Wegen Zeitablaufs ist die Fragestunde damit beendet. Die heute nicht beantworteten Fragen werden wieder mit einer von der Geschäftsordnung abweichenden Beantwortungsfrist von bis zu drei Wochen schriftlich beantwortet werden.

Ich rufe auf

lfd. Nr. 2:

Fragestunde – Spontane Fragestunde

Zuerst erfolgen die Wortmeldungen nach der Stärke der Fraktionen mit je einer Fragestellung. Es beginnt der schnell laufende Herr Gaebler von der SPD-Fraktion. – Bitte schön, Herr Gaebler!

Vielen Dank, Herr Präsident! – Ich habe eine Frage an die Senatorin für Stadtentwicklung. Frau Junge-Reyer! – Es war am Wochenende einiges in den Zeitungen zu lesen zum Thema S-Bahn, Anschaffung von Fahrzeugen durch die Deutsche Bahn und mögliche Versäumnisse des Senats dabei. Wie ist denn der Sachstand wirklich? Es hörte sich an, als ob die Bahn eigentlich nur noch durch den Senat gehindert werde, jetzt sofort in Fahrzeugbeschaffung einzutreten und die Bundesregierung hier eine dring

liche Aufforderung an Sie gerichtet hätte. Wie ist denn der tatsächliche Sachverhalt?

Frau Senatorin Junge-Reyer – bitte!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Abgeordneter Gaebler! Offensichtlich ist die Bundesregierung schlecht oder gar nicht informiert gewesen. Sie wissen ja, dass angekündigt worden war, dass die Deutsche Bahn Anfang Januar noch in die Beschaffung von Fahrzeugen eintreten wollte und dass sie in Aussicht gestellt hat, diese dann beschafften Fahrzeuge gegebenenfalls für den laufenden Verkehrsvertrag oder möglichst dann ab 2017 einzusetzen und dem Land Berlin oder einem anderen Betreiber zu übergeben.

Die Deutsche Bahn hat dann Ende letzten Monats bzw. vor 14 Tagen, drei Wochen mitgeteilt, dass sie im Rahmen einer freiwilligen Verpflichtungserklärung eine Vorbereitung einer Beschaffung vorbereiten möchte. Sie hat sich dabei eben nicht der Verpflichtung, die eigentlich der Vorstandsvorsitzende eingegangen war, verpflichtet gefühlt, sondern hat gesagt, sie wolle vorbereiten, dass man irgendwann einen Betreiber – wer auch immer das sein mag – in die Lage versetzen könne, mit dem, was die Deutsche Bahn vorgedacht hat, gegebenenfalls selbst in die Beschaffung einzutreten. Sie hat sich dabei vorbehalten, zum Beispiel aus Gründen der Wirtschaftlichkeit einen vollständigen Rückzug aus einem solchen Vorgang der Vorbereitung von bestimmten Beschaffungen vornehmen zu können. Sie hat unter anderem keine Garantie dafür übernommen, dass sie überhaupt in einen solchen Beschaffungsvorgang eintritt. Sie hat sogar gesagt, dass sie ihn jederzeit aufheben könne.

Das ist zu vage. Das ist zu wenig. Und es ist vor allen Dingen nicht das Bestellen von Zügen, sondern das schlichte Beschreiben bzw. das Quantifizieren einer Fahrzeugeigenschaft. Das ist enttäuschend für uns, nach dem, was versprochen worden war. Deshalb sage ich: Die Bundesregierung ist, wenn sie jetzt behauptet, es liege am Land Berlin, offenbar entweder nicht hinreichend informiert oder sie kann die Sachlage, die zugegebenermaßen verhältnismäßig komplex ist, schlicht so schnell nicht wirklich überblicken und richtig einschätzen.

Danke schön! – Eine Nachfrage des Kollegen Gaebler, bitte!

Frau Senatorin! Ich habe das so in Erinnerung, dass die Bundesregierung eigentlich die Deutsche Bahn aufgefordert hat, in die Beschaffung solcher Fahrzeuge ein

zusteigen. Wenn Sie mit der Bundesregierung noch einmal Kontakt aufnehmen, inwieweit folgen deren Worten noch Taten? Oder haben Sie den Eindruck, dass der Eigentümer der Deutschen Bahn keinerlei Einfluss auf das Unternehmen nehmen kann?

Frau Senatorin – bitte!

Mein Eindruck ist, dass der Eigentümer der Deutschen Bahn durchaus Einfluss auf das Unternehmen nehmen kann. Mein Eindruck ist aber auch, dass der Eigentümer der Deutschen Bahn Einfluss auf das Unternehmen nicht nehmen will oder davor zurückscheut, Einfluss auf das Unternehmen auszuüben, sonst hätte sich die Bundesregierung selbstverständlich gegenüber der Deutschen Bahn durchgesetzt, durchsetzen müssen qua Amt und Möglichkeiten.

Danke schön!

Dann geht es weiter mit einer Frage von Frau Kollegin Demirbüken-Wegner von der CDU-Fraktion. – Bitte schön, Frau Demirbüken-Wegner!

Meine Frage geht an den Bildungssenator, vertreten heute durch den Staatssekretär Nevermann.

Nein, Entschuldigung, Frau Kollegin! Es geht nicht. Der Staatssekretär kann das nach unserer Geschäftsordnung nicht beantworten.

Dann frage ich den Regierenden Bürgermeister.

Bitte!

Wie steht der Senat als mitunterzeichnender Jugendsenat der Vorlage – zur Kenntnisnahme – zur Akzeptanz sexueller Vielfalt – Drucksache 16/3903 – dazu, dass das einzige Jugendprojekt für schwule, lesbische, bisexuelle und Transjugendliche, Lambda, vor dem finanziellen Aus steht?

Herr Regierender Bürgermeister – bitte!

Herr Präsident! Frau Abgeordnete! Erstens glaube ich, dass die Arbeit von Lambda hervorragend war in der Vergangenheit und auch in der Zukunft wichtig sein wird. Ich kann nur an die Beteiligten appellieren, dass sie hier zu vernünftigen Lösungen kommen. Wir haben immer wieder die Auseinandersetzung über die einzelnen Projekte, über die Begrenztheit der Mittel. Wenn da Entscheidungen getroffen worden sind, die zu einem Absenken des Zuschusses von Lambda geführt haben, dann wird ja das Geld woanders hingegangen sein. Also das ist jetzt ein bisschen schwierig, an der Stelle dies auszudiskutieren. Aber grundsätzlich schätze ich die Arbeit sehr positiv ein.

Danke schön! – Eine Nachfrage von Frau Kollegin Demirbüken? – Bitte!

Herr Regierender Bürgermeister! Trotzdem: Was wollen Sie tun, damit die Arbeit des einzigen anerkannten Jugendprojekts in Berlin für die nächsten Jahre gesichert wird? Denn eventuell, wenn es so weitergeht, steht Lambda im Jahr 2012 vor dem Aus.

Herr Regierender Bürgermeister – bitte!

Herr Präsident! Frau Abgeordnete! Lambda hat mich auch selber angeschrieben. Wir werden die Sache überprüfen. Ich bitte aber um Verständnis dafür, dass wir die Auseinandersetzungen, die in dem zuständigen Fachbereich ja getroffen werden, und auch die Entscheidungen, die dort getroffen werden müssen, nicht hier im Plenum vornehmen. Es wäre ein bisschen zu leicht, wenn jemand, der einen Brief schreibt und sagt, er geht dann in die Insolvenz, dann heißt das ja noch nicht, dass deswegen da an anderer Stelle etwas weggenommen werden kann oder so. Diese Auseinandersetzungen müssen in jedem Fachbereich auch geführt werden. Und da ist erst mal die Verantwortung im Fachbereich zu sehen. Und deshalb bitte ich, dieses Thema auch noch mal im Fachausschuss zu diskutieren.

Danke schön, Herr Regierender Bürgermeister!

Jetzt geht es weiter mit einer Frage des Kollegen Esser von der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen. – Bitte schön!

Danke schön, Herr Präsident! – Herr Nußbaum! Weil das gestern im Hauptausschuss etwas undeutlich war, hätte

ich die Frage an Sie, ob Sie wie die Länder Bremen, Saarland und Schleswig-Holstein dem Stabilitätsrat das abverlangte Sanierungsprogramm bis zum 15. September 2011 vorlegen werden und wenn nicht, warum nicht.

Herr Senator Dr. Nußbaum – bitte!

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Kollege Esser! Wir haben uns verpflichtet – und so ist das auch im Stabilitätsrat besprochen worden –, die Stabilitätsvorgaben der von Ihnen angesprochenen Länder nicht bis zum 15. September, sondern, wie es dort heißt, frühestens bis zum 15. Oktober vorzulegen, und das werden wir tun.

Eine Nachfrage des Kollegen Esser? – Bitte schön!

Mir liegt das Protokoll vor, und da steht was anderes: Bremen, Saarland, Schleswig-Holstein werden sich an den 15. September halten. Für Berlin ist das leer. Und der Stabilitätsrat wird Mitte Oktober, vielleicht am 15. Oktober, tagen und wird das ja wohl vorher lesen wollen. Ich weiß schon, was für ein Problem Sie mit dem Wahltermin haben, aber deswegen möchte ich von Ihnen wissen, dass Sie ja wohl vor dem 15. Oktober damit rüberkommen müssen und wann das sein wird.

Herr Senator Dr. Nußbaum – bitte!

Herr Kollege Esser! Das ist das Problem, wenn man vorab Unterlagen hat, aber nicht die endgültigen Beschlussunterlagen. Ich kann auch nichts dafür, dass Sie nicht bei diesem Stabilitätsrat dabei sind.

[Joachim Esser (Grüne): Internetseite! Beschluss!]

Der Stabilitätsrat hat auf seiner Sitzung beschlossen, die Sitzung auf den November zu legen. Und die Länder, die Sie angesprochen haben, werden bis zum 15. Oktober – frühestens, wie da auch drinsteht – ihr Stabilitätsprogramm vorlegen. Und dann noch mal zur Erinnerung: Es ist kein einseitiges Diktat, sondern ein Land legt das Stabilitätsprogramm vor, und dann wird das in einer Verhandlung beschlossen.

[Beifall von Christian Gaebler (SPD) und Dr. Gabriele Hiller (Linksfraktion)]

Danke schön, Herr Senator!

Jetzt geht es weiter mit einer Frage von Frau Breitenbach von der Linksfraktion. – Bitte schön!

Vielen Dank, Herr Präsident! – Meine Frage richtet sich an Frau Bluhm. – Die Bundesregierung hat gestern mitgeteilt, dass es erneut eine Neuorganisation der arbeitsmarktpolitischen Instrumente geben soll. Das soll auch mit Einsparungen in der Arbeitsmarktpolitik verbunden sein. Wie schätzen Sie die Auswirkungen auf Berlin ein?

Frau Senatorin Bluhm – bitte schön!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Frau Abgeordnete Breitenbach! In der Tat, das Bundeskabinett hat gestern einen Gesetzentwurf verabschiedet. Der Titel täuscht. Er heißt: Verbesserung der Eingliederungschancen am Arbeitsmarkt. In der Wirklichkeit, beim ersten Überblick ist es aber so, dass in den Jahren 2012, also vom geplanten Inkrafttreten, bis 2014 8,5 Milliarden Euro eingespart werden sollen, also damit dem Sparprogramm der Bundesregierung im Teil Arbeitsmarktpolitik Rechnung getragen werden soll. Das ist deshalb auch so dramatisch, weil wir gerade bei der Einsparung im Eingliederungstitel im SGB II in Berlin die Auswirkung zu spüren bekommen. Wir haben in diesem Jahr 201 Millionen Euro weniger zur Verfügung. In zahlreichen Diskussionen und Abbauprozessen in der Arbeitsmarktpolitik spüren wir die Veränderung. Nun sind weitere, deutlichere Veränderungen geplant. Es sollen die Instrumente deutlich reduziert werden. Und gegen eine Effektivierung der Anwendung von Instrumenten spricht nichts. Aber Instrumente, die gerade in der wirtschaftlich besseren Situation wichtig wie z. B. der Gründungszuschuss, der von einer Leistung, die gewährt werden muss, in eine Kann-Leistung übersetzt werden soll, was gleichbedeutend mit der Ankündigung der Bundesregierung verbunden ist, in diesem Bereich im Jahr 2012 eine Milliarde und im Jahr 2013 1,3 Milliarden bundesweit einzusparen, ist es natürlich ein sehr deutliches Signal. Ich finde es hochproblematisch, dass diese zweite Stufe der Instrumentenreform auch das SGB III betrifft und also mit einer so klaren Ausrichtung auf Einsparungen in der Arbeitsmarktpolitik verbunden wird. Wir werden versuchen, diesen Prozess weiter intensiv zu beeinflussen.