Protokoll der Sitzung vom 09.06.2011

Würden Sie bitte zum Schluss kommen, Frau Kollegin!

Ja! – Da muss sich aber der Senator mächtig beeilt haben! Genauso wie der Schnellschuss, dass er jetzt auf einmal mehr Kitaplätze schaffen möchte. Ich habe nicht die

Hoffnung, auch nicht mit Ihrer Beantwortung, dass dieses sich lösen wird. Eigentlich müssten sich der Senat wegen meiner Aufzählungen in Grund und Boden schämen, denn was dabei herauskommt, ist ein Armutszeugnis.

Frau Kollegin! Würden Sie bitte zum Schluss kommen! Sie haben Ihre Redezeit bei Weitem überschritten.

Mein letzter Satz, Herr Präsident! Es ist ein Armutszeugnis – –

[Beifall bei der CDU]

Jetzt ist für Bündnis 90/Die Grünen der Kollege Schäfer dran. – Bitte schön, Herr Schäfer!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die schwarzgelbe Laufzeitverlängerung für die Atomkraftwerke in Deutschland ist tot.

[Beifall bei den Grünen – Beifall von Ralf Wieland (SPD)]

Fast die Hälfte der AKWs ist schon jetzt abgeschaltet. Das ist ein Triumph für die deutsche Anti-Atombewegung und für die Parteien, die sich teilweise schon seit Jahrzehnten für den Atomausstieg einsetzen.

[Beifall bei den Grünen – Unruhe bei der CDU]

Nur sie haben auch eine schwarz-gelbe Bundesregierung dazu gezwungen, ganz anders auf Fukushima zu reagieren als viele andere Länder in der Welt.

[Beifall bei den Grünen]

Aber wie der Atomausstieg genau aussieht, das wird in diesem Monat entschieden, und deshalb müssen wir hier darüber sprechen, wie wir dieses Gesetzespaket bewerten, welche Rolle der Senat in den Verhandlungen spielen soll und welchen Beitrag auch Berlin zum Atomausstieg leisten kann.

[Beifall bei den Grünen]

Zur Bewertung des Gesetzespakets: Der Gesetzentwurf fürs Atomgesetz ist im Wesentlichen ist der rot-grüne Kompromiss, nur ohne Rechtssicherheit.

[Christoph Meyer (FDP): Und ohne Grüne!]

Es ist ganz klar: Wir brauchen da noch mal eine Debatte über kürzere Laufzeiten und mehr Rechtssicherheit. Da sollte der Schwerpunkt in den Verhandlungen jetzt liegen.

[Beifall bei den Grünen – Unruhe]

Die Sicherheitsfrage hat die Bundesregierung nicht gelöst. Das kerntechnische Regelwerk bleibt unverbindlich. Für uns ist klar: Neben der Laufzeit nach dem Atomgesetz

muss das zweite Kriterium für jedes einzelne AKW sein, ob es den modernsten Sicherheitsstandards entspricht, die wir haben.

Auch bei der Atommüll-Endlagerung muss nachgebessert werden. Wir brauchen ein Endlagersuchgesetz statt einer Vorfestlegung auf den denkbar ungeeigneten Standort Gorleben.

[Beifall bei den Grünen]

Die Kaltreserve, die die Stimme der Unvernunft hier eingeführt hat, muss weg.

Vor allem müssen wir den Umstieg in die erneuerbaren Energien beschleunigen. Untergegangen ist, dass das Ziel für die erneuerbaren Energien von der Bundesregierung nicht erhöht wurde, obwohl die Atomkraftwerke 14 Jahre kürzer laufen sollen, und stattdessen jetzt neue Kohle- und Gaskraftwerke mit bis zu 20 000 MW elektrischer Leistung gebaut werden sollen. Das ist inakzeptabel, auch wenn die SPD da schon Zustimmung signalisiert. Denn diese Klimakiller würden 40 Jahre laufen. Wir können unsere Klimapolitik in die Tonne treten, wenn das kommt.

Deshalb ist ganz klar: Das ist kein Energiekonsens, wenn Atom nur durch Kohle ersetzt werden soll, sondern eine Kampfansage, und die werden wir auch annehmen.

[Beifall bei den Grünen]

Das Gesetzgebungsverfahren, das jetzt ansteht, ist der erste Schritt. Wir fragen uns: Welche Rolle spielt da der rot-rote Senat? – Sie haben ein Positionspapier zum Energiegipfel gemacht. Das wird von der Senatskanzlei als geheime Verschlusssache behandelt. Aber mit Geheimverhandlungen muss jetzt Schluss sein. Das hatten wir bei den Laufzeitverlängerungen, das wollen wir nicht mehr.

[Beifall bei den Grünen – Gelächter von Christian Gaebler (SPD) – Unruhe]

Als Abgeordneter kann man sich das Papier ja bei anderen Landesregierungen besorgen, aber auch die Berliner Öffentlichkeit hat einen Anspruch darauf zu erfahren, mit welchen Schwerpunkten der Senat da verhandelt. Ich frage mich – das Interessante ist nämlich, was in dem Papier nicht drinsteht –: Wie steht dieser Senat zu neuen Kohlekraftwerken? – Nichts dazu steht in diesem Papier, nichts dazu hat Herr Wowereit gesagt. Da muss der Senat Farbe bekennen, auf welcher Seite er steht, auf der der Kohlelobby oder auf der von erneuerbaren Energien, effizienten Gaskraftwerken und Energieeinsparung?

[Beifall bei den Grünen – Zurufe]

Und dann geht es um Berlins Beitrag zum Atomausstieg. Wir importieren immer noch so viel Strom, wie ein mittleres AKW herstellt.

[Weitere Zurufe]

Unser Energieverbrauch ist in zehn Jahren Rot-Rot gleich geblieben. Bei den erneuerbaren Energien sind wir, seit

Wowereit das Thema Klimaschutz zur Chefsache gemacht hat, vom vorletzten auf den letzten Platz gerutscht. Und was der Senat auf Bundesebene fordert, das steht in krassem Widerspruch zu der Politik, die er selber im Land hier macht. Sie fordern eine Erhöhung der Sanierungsquote von 1 auf 2 Prozent und kommen von den 0,7 Prozent, die wir in Berlin haben, nicht weg und haben keine Maßnahmen, um das zu erhöhen. Sie fordern smarte Netze und haben eine schlechtere Netzentwicklung als andere Städte.

[Daniel Buchholz (SPD): Das ist ja Blödsinn!]

Sie fordern, dass die tiefe Geothermie gefördert wird von der Bundesregierung, und Sie selber machen eine Geothermiestudie, in der die tiefe Geothermie ausgespart ist.

[Daniel Buchholz (SPD): Weil wir hohes Grundwasser haben!]

Das ist Ihre Politik.

Die Wahl am 18. September wird darüber entscheiden, ob endlich auch in Berlin eine Energiewende in Gang kommt.

[Beifall bei den Grünen]

In den nächsten fünf Jahren können wir die erneuerbaren Energien in Berlin verfünffachen. Wir wollen hier ein intelligentes Kraftwerk bauen, das größer ist als jedes einzelne der konventionellen Kraftwerke. Und wir wollen ein weiteres Kraftwerk einfach einsparen, indem wir Energieeffizienz und Energieeinsparung durchsetzen – auch mit einem Klimaschutzgesetz, das Sie verhindert haben. Denn nur so können wir die neuen Energien auch zur neuen wirtschaftlichen Dynamik für Berlin beitragen lassen. Das ist unser Ziel, und deshalb appellieren wir an Sie: Lassen Sie uns dieses Gesetzespaket jetzt zum Thema der Aktuellen Stunde machen, und lassen Sie uns darüber reden, wie der Senat dazu steht, –

Können Sie bitte zum Schluss kommen!

und was der Senat bereit ist zu tun, um die Energiewende voranzubringen! – Vielen Dank!

[Beifall bei den Grünen]

Danke schön, Herr Kollege Schäfer! – Für die Linksfraktion hat nunmehr der Kollege Klemm das Wort. – Bitte schön, Herr Klemm!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es ist unfair, auf den Vorredner einzugehen, denn man muss ja die Aktuelle Stunde begründen. Aber, Herr Schäfer, solange

Sie die Verhandlungen über den Weiterbau von Stuttgart 21 in Baden-Württemberg so geheim führen, wie Sie sie jetzt führen: Kommen Sie nie wieder mit öffentlichen Verhandlungen! Nie wieder!

[Beifall bei der Linksfraktion, der SPD und der FDP]

Genau heute vor zwei Wochen ist eine Debatte über die Berliner Wirtschaftspolitik vom Senat angestoßen worden – zugegebenermaßen, die erste Kommunikation dazu verlief aus meiner Sicht ein wenig suboptimal. Aber Debatten und Kontroversen helfen auch immer beim Erkenntnisgewinn, auch vielleicht beim Finanzsenator, und sind so gesehen nichts Schlechtes.

Diese Debatte sollten wir heute hier fortsetzen. Wir sollten darüber reden, inwiefern die Instrumente der Wirtschaftsförderung transparent und investorenfreundlich aufgestellt worden sind. Da hat mich die Präsentation des Wirtschaftsportals Berlin im Rahmen des parlamentarischen Abends diese Woche Dienstag, an der auch viele Kolleginnen und Kollegen teilgenommen haben, schon sehr beeindruckt. Aber Berlin hat hier bekanntlich noch viel mehr zu bieten.