Gernot Klemm
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Danke, Herr Präsident! – Meine Damen und Herren! Ich frage den Senat:
1. Plant der Senat noch in dieser Wahlperiode eine Erhöhung des Mindestlohns für öffentliche Aufträge im Land Berlin auf 8,50 Euro?
2. Welchen Stand und welche Aussichten auf zügige Umsetzung hat eine solche Initiative?
Herr Senator! Nach einem Zeitungsartikel vom 30. August soll der Regierende Bürgermeister in Adlershof angekündigt haben, Vergabekriterien, z. B. in Bezug auf Kinderarbeit bei Zulieferern, im Vergabegesetz lockern zu wollen. Plant der Senat eine Änderung der Vergabekriterien im Vergabegesetz?
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es ist unfair, auf den Vorredner einzugehen, denn man muss ja die Aktuelle Stunde begründen. Aber, Herr Schäfer, solange
Sie die Verhandlungen über den Weiterbau von Stuttgart 21 in Baden-Württemberg so geheim führen, wie Sie sie jetzt führen: Kommen Sie nie wieder mit öffentlichen Verhandlungen! Nie wieder!
Genau heute vor zwei Wochen ist eine Debatte über die Berliner Wirtschaftspolitik vom Senat angestoßen worden – zugegebenermaßen, die erste Kommunikation dazu verlief aus meiner Sicht ein wenig suboptimal. Aber Debatten und Kontroversen helfen auch immer beim Erkenntnisgewinn, auch vielleicht beim Finanzsenator, und sind so gesehen nichts Schlechtes.
Diese Debatte sollten wir heute hier fortsetzen. Wir sollten darüber reden, inwiefern die Instrumente der Wirtschaftsförderung transparent und investorenfreundlich aufgestellt worden sind. Da hat mich die Präsentation des Wirtschaftsportals Berlin im Rahmen des parlamentarischen Abends diese Woche Dienstag, an der auch viele Kolleginnen und Kollegen teilgenommen haben, schon sehr beeindruckt. Aber Berlin hat hier bekanntlich noch viel mehr zu bieten.
Eine erfolgreiche Wirtschaftspolitik bemisst sich aber zuerst an der Zufriedenheit der Unternehmerinnen und Unternehmer. Am 14. April dieses Jahres konnten die Berliner Zeitungen vermelden, dem Berliner Handwerk geht es so gut wie seit 18 Jahren nicht mehr. 80 Prozent der Betriebe berichten von guten Geschäftsergebnissen. Der Konjunkturbericht der IHK vom 1. Juni stellt fest: Die Berliner Konjunktur gewinnt weiter an Fahrt. Der IHK-Geschäftsklimaindikator setzt seinen Höhenflug mit steigendem Tempo fort, ist jetzt mit 144 Punkten um 13 Punkte gestiegen und ist damit nur noch zwei Punkte vom Allzeithoch 2007 entfernt. Klar, dass nun auch die Wirtschaftsberatungsgesellschaft Ernst & Young den Wirtschaftsstandort Berlin in ihrer Studie vom Mai als den Topstandort in Deutschland darstellt – auf Platz drei in Europa hinter London und Paris, deutlich vor Frankfurt/Main, München und Hamburg.
Der wichtigste Gradmesser für eine erfolgreiche Wirtschaftspolitik ist die reale Wirtschaftsentwicklung. Auch hier zeigt sich, dass Berlin in den letzten fünf Jahren mit durchschnittlich 2,5 Prozent das höchste Wachstum aller deutschen Bundesländer hat – Bundesdurchschnitt 1,1 Prozent, Berlin 2,5 Prozent.
Daran ändern die scheinbar düsteren Aussichten der Prognos-Studie vom Mai auch nichts. Überhaupt hätte ich gern einmal die Glaskugel gesehen, in die die Expertinnen und Experten von Prognos geschaut haben und aus der sie die Wirtschaftsentwicklung in Deutschland und Berlin bis zum Jahr 2030 ablesen wollen. – Nein! Diese PrognosStudie ist Quatsch! Die Berliner Wirtschaft entwickelt sich weiter positiv.
Die Umsätze bei Industrie und Bau fielen im ersten Quartal 2011 höher aus als vor einem Jahr. Einzelhandel, Gastgewerbe und Tourismus befanden sich ebenfalls im Plus. Deshalb hat nun unser Wirtschaftssenator Harald Wolf das erwartete Bruttoinlandsprodukt für dieses Jahr für Berlin um 3 Prozent hochkorrigieren können.
Auch die Berliner Arbeitsmarktzahlen sind erfreulich.
Im März gab es in Berlin rund 27 600 sozialversicherungspflichtig Beschäftigte mehr als vor einem Jahr. Das gibt es in keinem rot-grünen Bundesland. Nirgendwo!
Kommen Sie erst einmal auf unsere Zahlen!
Allerdings schlägt sich der Beschäftigungsaufbau kaum in der Berliner Arbeitslosenstatistik nieder. Grund dafür sind viele Stellenbesetzungen durch Bewerbungen von außerhalb, insbesondere durch Zuzüge und Pendlerbewegungen. Außerdem werden die Arbeitslosenzahlen in Berlin durch den deutlichen Rückgang an Arbeitsgelegenheiten belastet. Deshalb sollten wir heute auch darüber diskutieren, wie wir gemeinsam dafür sorgen können, dass mehr Berlinerinnen und Berliner von den positiven Arbeitsmarktzahlen und von der positiven Arbeitsmarktentwicklung profitieren, damit Berlin auch auf diesem Gebiet einen deutlichen Schritt vorankommt. – Danke schön!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Berlins Wirtschaft entwickelt sich weiter positiv. Das zeigt der Konjunkturbericht des Senats vom ersten Quartal. Die Umsätze in der Industrie lagen im ersten Quartal 2011 um 4,1 Prozent und die Aufträge sogar um 28,2 Prozent über dem Niveau des Vorjahres.
Ein starkes Umsatzwachstum gab es bei der Metallerzeugung und -bearbeitung, bei der Herstellung elektrischer Ausrüstungen, bei Gummi- und Kunststoffwaren, aber auch beim Kraftwagen- und Maschinenbau. Im Bauhauptgewerbe sind die Umsätze um gut ein Drittel gestiegen, wobei der Wohnungsbau gerade der Motor dieser Entwicklung ist. Auch der Einzelhandel und das Gastgewerbe verzeichnen Umsatzzuwächse.
Der Tourismus ist nach dem Rekordjahr 2010 weiter gewachsen. Die Zahl der Berlinbesucher übertraf die Zahlen des ersten Quartals im vorigen Jahr noch einmal um 4,4 Prozent.
Auch die Gründertätigkeit bewegt sich weiterhin auf hohem Niveau. Wir haben 11 400 Gewerbeneueinrichtungen; bei 8 000 Stilllegungen ist das immer noch ein positives Saldo von 3 400 neuen Unternehmen in Berlin im ersten Vierteljahr dieses Jahres.
Entsprechend positiv fällt der Frühsommerkonjunkturbericht der Berliner IHK aus. Danach verbessert sich die Geschäftslage der Berliner Wirtschaft seit dem Frühjahr 2009 kontinuierlich und hat nun ein bisher nie gesehenes Rekordniveau erreicht.
Zwischenfragen lasse ich heute leider nicht zu, weil es von Berlin so gute Zahlen gibt, dass ich Mühe hätte, die wenigen Argumente, die ich überhaupt davon vortragen kann, hier vorzutragen. Also keine Zwischenfragen!
Entsprechend positiv fällt also der Konjunkturbericht der Berliner IHK aus. Die Geschäftslage der Berliner Wirtschaft verbessert sich danach seit dem Frühjahr 2009 kontinuierlich. Mit steigenden Erwartungen sowie guter Auftrags- und Umsatzentwicklung erreichen die Beschäftigungspläne der Berliner Wirtschaft jetzt einen neuen Höchststand.
Die Investitionspläne der Berliner Unternehmen sind so hoch wie seit dem Jahr 2007 nicht mehr. Die Exporterwartungen der Berliner Wirtschaft liegen weiter auf hohem Niveau. Deshalb hat Wirtschaftssenator Harald Wolf jetzt auch die Wachstumserwartung für dieses Jahr auf 3 Prozent des Bruttoinlandprodukts –
Ja, aber es ist wichtig, das immer wieder zu sagen. – hochkorrigiert. Berlin brummt, und so soll es bleiben.
Allerdings bestehen für die Konjunktur in Deutschland und in Berlin vor allem auf der Ebene der Finanzmärkte erhebliche Risiken, die keiner prognostizieren kann – übrigens auch nicht die Prognos-Studie, die die Auswirkungen dort nicht kalkulieren kann.
In neun Jahren ist die Wirtschaftspolitik dieser Stadt grundliegend umgestellt worden. Wir haben uns verabschiedet von einer Wirtschaftsförderung mit der Gießkanne,
von der Dienstleistungsmetropole und vom Irrweg der Privatisierungen der Unternehmen der öffentlichen Daseinsvorsorge.
Stattdessen haben wir nach dem Grundsatz, die Stärken der Berliner Wirtschaft weiter zu entwickeln, auf die Cluster „Gesundheitswirtschaft“, „Kommunikation, Medien- und Kulturwirtschaft“ sowie auf „Verkehr und Mobilität“ gesetzt. Zusammen mit dem Netzwerk Industriepolitik ist der Masterplan Industrie erarbeitet worden, der für Berlin auch als Industriestandort neue Akzente setzt. An der Schnittstelle von Industrie und Innovation steht die Green Economy als Motor für Wachstum, Innovation und Beschäftigung in Berlin. Als zentrale Anlaufstelle für die Investoren agiert die Berlin Partner GmbH seit Jahren mit wachsendem Erfolg. Ergänzend dazu haben wir jetzt auch die Wirtschaftsberatungen in allen zwölf Berliner Bezirken eingerichtet.
Der neue BBI in Schönefeld ist das größte Investitionsvorhaben in Deutschland und Jobmotor der Region. Das Gelände des Flughafens Tempelhof wird ab 2012 das zukunftsträchtigste Entwicklungsareal in Berlin sein, genau wie Buch und Adlershof heute schon Erfolgsgeschichten sind, und die Wachstumszahlen im Tourismus – ich finde, man kann das nicht oft genug wiederholen – sind so, wie sie vor zehn Jahren niemand in diesem Haus geglaubt hätte.
Berlins Wirtschaftspolitik der letzten neun Jahre ist eine einzige Erfolgsgeschichte.
Und das alles – so wird uns die Opposition sicher gleich erklären – hat natürlich nichts mit der Arbeit des Senats zu tun.
Doch Vorsicht, liebe Kollegen von CDU, Grünen und FDP! Wer so etwas erklärt, der muss dann auch Alternativen aufzeigen und sagen, was er grundsätzlich anders machen will. Dafür reicht nicht die übliche Schneller-, Besser-, Schöner-Rhetorik, der man im Detail immer zustimmen kann.
Da müssen neue Projekte, neue Vorschläge auf den Tisch. Sie werden – abgesehen vom dem punktuell gepflegten Deregulierungsansatz der FDP – niemanden in diesem Haus finden, der heute eine andere Ausrichtung der Wirtschaftspolitik fordert, als sie dieser Senat und dieser Wirtschaftssenator seit Jahren praktizieren. Niemanden!
Und das liegt nicht daran, dass linke Politik auf diesem Gebiet beliebig ist, sondern das liegt schlicht und einfach daran, dass linke Politik – gerade die Politik von Wirtschaftssenator Harald Wolf – seit neun Jahren ausgesprochen erfolgreich ist.
Die Grünen sind doch hier für Märchen zuständig! Wir führen hier einfach Fakten an.
Auch die Situation auf dem Berliner Arbeitsmarkt verbessert sich Stück für Stück. 27 600 mehr Beschäftigte Anfang dieses Jahres hatte ich schon erwähnt. Positiv ist, dass Berlins Industrie mit einem Plus von knapp 1 900 Arbeitsplätzen dazu beigetragen hat. Allerdings gibt es auch hier noch das Problem, dass immer mehr Stellen von Zuzüglern besetzt werden. Wir müssen uns natürlich dafür einsetzen, dass auch mehr Berlinerinnen und Berliner Arbeitsplätze in Berlin bekommen. Deshalb flankiert der Senat die Bereitstellung betrieblicher Ausbildungsplätze durch ein Bündel von Maßnahmen, deshalb setzt
der Senat auf Förderung der beruflichen Weiterbildung, und deshalb unterstützt der Senat die bezirklichen Bündnisse für Arbeit.
Außerdem gilt es, Rahmenbedingungen zu schaffen, unter denen gute Arbeit entsteht, Arbeit, von der Mann und Frau leben können. Eine faire Bezahlung von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern fördert den Wettbewerb. Es ist nach wie vor nicht hinnehmbar, dass Unternehmen profitieren, die ihre Mitarbeiter schlecht bezahlen, sodass die Mitarbeiter danach beim Arbeitsamt aufstocken müssen. Deshalb fordert der Senat einen flächendeckenden Mindestlohn. Deshalb haben wir in unserem Vergabegesetz – neben der Tarifbindung – einen Mindestlohn festgelegt. Deshalb erhalten in Berlin nur Unternehmen Wirtschaftsförderung, die ihren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern wenigstens den Mindestlohn im Vergabegesetz zahlen.
Außerdem muss endlich das Prinzip gelten, dass für gleiche Arbeit an demselben Ort auch der gleiche Lohn gezahlt wird. Der Bundesgesetzgeber darf dem Unterlaufen von Lohnstandards nicht weiter Vorschub leisten. In diesem Sinn hat sich der Senat erfolgreich gegen die Tariffähigkeit der sogenannten Tarifgemeinschaft Christlicher Gewerkschaften für die Zeitarbeit eingesetzt, hat dagegen geklagt und hatte Erfolg. Damit wurde die Situation von 200 000 Leiharbeiterinnen und Leiharbeitern deutlich verbessert.
Doch das alles wirkt nicht sofort. Aktuell werden die Arbeitslosenzahlen in Berlin durch den deutlichen Rückgang der Arbeitsgelegenheiten belastet. Im Mai gab es rund 13 000 Arbeitsgelegenheiten weniger als vor einem Jahr. Wir werden noch für lange Zeit auf Arbeitsförderungsmaßnahmen angewiesen sein. Die jetzt vorgesehenen Einsparmaßnahmen der Bundesregierung auf diesem Gebiet sind Gift für den Berliner Arbeitsmarkt. Nichtsdestotrotz halten wir am öffentlichen Beschäftigungssektor in Berlin fest – auch gegen den Widerstand von CDU, FDP, Grünen
und leider auch Teilen der SPD in diesem Haus.
Apropos FDP: Sie haben bei der Kommentierung der neuen Arbeitsmarktzahlen ja echt den Vogel abgeschossen. Da schlagen Sie vor, um die Arbeitsmarktzahlen zu verbessern, 6 000 Arbeitsplätze im öffentlichen Beschäftigungssektor zu streichen. Wenn Sie 6 000 Arbeitsplätze gerade für Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die schlecht vermittelbar sind, auf dem Arbeitsmarkt streichen, haben sie am Ende 6 000 Arbeitsplätze weniger und keinen einzigen Arbeitsplatz mehr.
Die FDP beherrscht nicht einmal die einfache Strichrechnung!
Nein, meine Damen und Herren! Weder bei Ihnen von der FDP noch bei der CDU noch bei den Grünen ist die Wirtschaftspolitik in guten Händen. Für gute Wirtschaftspolitik in dieser Stadt steht der rot-rote Senat und unser Wirtschaftssenator Harald Wolf.
So war es, so ist es, und so soll es nach dem 18. September auch bleiben.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Frau Pop! Auch noch einmal von hier vorn der Hinweis: Der Regierende Bürgermeister redet gerade mit der Bundeskanzlerin über den Atomausstieg, was Sie gefordert haben.
Das dürfte ja wohl erlaubt sein.
Frau Pop! Bei Ihrer Rede ist genau das passiert, was ich in meiner vorausgesagt habe. Sie haben gemäkelt und gemeckert, da gekrittelt, hier gekrittelt und jede Menge falsche Behauptungen aufgestellt. Zum Beispiel die zur Einhaltung des Vergabegesetzes. Das ist typisch grün. Aber eines haben Sie nicht gemacht, und dafür gebe ich Ihnen jetzt genau noch drei Minuten Zeit, Sie haben keinen einzigen Vorschlag gemacht, wie Sie die Wirtschaft in dieser Stadt, die Wirtschaftspolitik neu ausrichten wollen.
Keinen einzigen Vorschlag, keine Idee, nichts, gar nichts von den Grünen! Sagen Sie es uns! Sagen Sie es uns vor den Wahlen! Drei Minuten hätten Sie.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren!
Herr Präsident! Ich habe keine Probleme, über das Thema von Frau Pop zu reden und einmal die Frage zu stellen, wer dieses Paket miterfunden hat.
Es ist absurd, wenn Sie fordern, der Senat solle alle Familien mit Kindern anschreiben, und gleichzeitig im Ausschuss für Datenschutz kritisieren, dass der Senat Eltern anschreibt, um über Hortmöglichkeiten zu informieren. Das ist lächerlich und unglaubwürdig.
Wir haben aber ein anderes Thema beantragt. Vor gut einem Jahr haben wir hier zuletzt über das Vergabegesetz diskutiert. Herr Melzer von der CDU hat damals behauptet, das Gesetz sei nicht rechtssicher und gehe an den Interessen des Mittelstands vorbei. Er hat in Anbetracht des Mindestlohn die Gefahr eines Arbeitsplatzabbaus in Berlin an die Wand gemalt. Die IHK hat in der Anhörung zum Gesetz gemeint, etliche Berliner Unternehmen übernähmen durch die Mindestlohnregelung im Vergabegesetz keine öffentlichen Aufträge mehr. Ganz zu schweigen von der Welle der Kritik an den Kriterien zur Frauenförderung in den Betrieben, an den Kriterien zur Ausbildungsförderung in den Betrieben und an den Nachhaltigkeitskriterien.
Heute, ein Jahr nach der Verabschiedung dieses Gesetzes, ist es an der Zeit, hier im Parlament erneut darüber zu reden. Wir müssen hinterfragen, ob die seinerzeit befürchteten negativen Auswirkungen des Gesetzes eingetreten sind. Sind Arbeitsplätze verloren gegangen? – Nein, keine! Im Gegenteil: Berlin hat mittlerweile noch mehr Arbeitsplätze als vor einem Jahr. Berlin wächst erfolgreich.
Ist das Gesetz beklagt worden? – Nichts dergleichen! Gar nichts! Hat der Mindestlohn im Vergabegesetz zu weniger Vergaben im Berliner Mittelstand geführt? – Es gibt kein Beispiel. Nennen Sie mir eins! Ich war erst vor einigen Tagen bei einem Berliner Mittelständler, einem Nachunternehmer der BSR, der unter den Mindestlohnbedingungen im Vergabegesetz Arbeitsplätze für gering qualifizierte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter geschaffen hat. Die waren ganz zufrieden, endlich wieder Jobs gefunden zu haben. Der Unternehmer hat mir deutlich gesagt, er würde sich mehr Aufträge wünschen, ein größeres Auftragsvolumen, er könne noch mehr Arbeitsplätze schaffen, insbesondere unter den verlässlichen Bedingungen des Berliner Vergabegesetzes.
Gleichwohl ist es bei einer so komplexen Rechtsmaterie immer notwendig zu schauen, aktuell zu diskutieren und nachzujustieren. Wir müssen über die Einhaltung der ökologischen Kriterien und deren Kontrolle sprechen. Wir müssen schauen, welche Auswirkungen das Gesetz auf die Geschlechtergerechtigkeit und die Ausbildungsför
derung in den Betrieben tatsächlich hat. Wir müssen in den Vergabestellen über erste positive und negative Erfahrungen mit der geänderten Ausschreibungspraxis sprechen. So manches Rundschreiben zur Durchführung des Vergabegesetzes ist durchaus noch überarbeitungsbedürftig.
Das Ergebnis dieser Abwägung, das sich jetzt schon abzeichnet, wird aber zeigen, dass das Berliner Vergabegesetz eine Erfolggeschichte ist.
Das Berliner Vergabegesetz wirkt. Es nützt der Stadt. Es nützt nicht nur der Stadt, sondern es nützt vor allen Dingen auch den Unternehmerinnen und Unternehmern, die ihre Mitarbeiter fair entlohnen, die Frauen fördern, die Ausbildungsplätze bereitstellen und nach dem Prinzip der Nachhaltigkeit wirtschaften.
Nur an einer Stelle – die SPD hat es auch angesprochen –, finde ich, ist das Gesetz bereits jetzt nachbesserungswürdig und könnte noch schöner gemacht werden: Das ist der Mindestlohn.
Wir, Die Linke, sagen: Es ist an der Zeit, dass der Senat von seiner Ermächtigungsbefugnis nach § 2 des Gesetzes Gebrauch macht,
und den Mindestlohn auf 8,50 Euro anhebt.
Über all das sollten wir reden. Über all das sollten wir diskutieren. Deshalb bin ich nur sehr ungern der Empfehlung meiner Fraktionsspitze gefolgt, die sagt: In Anbetracht der Ereignisse am Montag müssen wir jetzt doch über das Thema der CDU reden. – Aber das Vergabegesetz wäre ein wunderschönes Thema gewesen!
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Lieber Herr Meyer! Ach Gott, was soll man mit einem solchen Antrag machen?
Ich verstehe ja Ihre Verzweiflung nach den letzten Landtagswahlen. Unsere Ergebnisse waren auch nicht so besonders gut, aber in solch einer Situation tendiere ich immer dazu zu sagen: Erst einmal innehalten und ein wenig nachdenken. Es ist einfach nicht klug, mit ziellosem Aktionismus den Quatsch noch „quätscher“ zu machen.
Ihr Antrag ist leider „quätscher“ im Quadrat. Deshalb sind Sie, Herr Meyer, eigentlich auf den Antragstext gar nicht wirklich eingegangen.
Ich stehe nach wie vor interessiert vor der Frage, was Sie mit Ihrem Antrag wollen. Welche Industrien aus BadenWürttemberg, die Grün-Rot dort nicht will, wollen Sie jetzt flugs nach Berlin holen? Meinen Sie etwa die abgeschalteten Atomkraftwerke in Baden-Württemberg
oder den Stuttgarter Tiefbahnhof?
Den brauchen wir auch nicht in Berlin, wir haben hier einen hundertmal besseren. In Bezug auf die Autoindustrie in Baden-Württemberg, liebe FDP-Kolleginnen und -kollegen ist mir auch nicht bange. Da bin ich mir sehr sicher, dass sich die Grünen dort wie anderswo in Regierungsverantwortung als ausgesprochen wendig erweisen werden. In Hamburg bauen sie ein Kohlekraftwerk und machen jede Elbvertiefung mit, in Bremen verkloppen sie dieser Tage gerade den Bahnhofsvorplatz für einen völlig unsinnigen und noch dazu grottenhässlichen Gewerbeneubau, in Rheinland-Pfalz bauen sie, ohne mit der Wimper zu zucken, die umstrittene Hochmoselbrücke. Diese Aufzählung ließe sich fortsetzen. Das ist alles übrigens entgegen Ihrem Antragstext gar keine Planwirtschaft – da weiß ich immer noch ganz gut, wovon ich rede.
Wenn die Politik der Grünen im Moment irgendeinem Plan folgt, dann dem, koste es was es wolle, durch Versprechen an alle und jeden weiter Stimmenmaximierung zu betreiben. Aber auch das ist nicht verboten, und soll auch schon bei anderen Fraktionen hier im Rund vorgekommen sein. Ich nenne nur das Stichwort Steuersenkungen. Liebe Kollegen von der FDP! Was soll dieser Antrag im Berliner Abgeordnetenhaus? In Baden-Württemberg
sind Sie noch im Landtag. Sie müssen dort für Ihre Politikvorstellungen kämpfen, nicht bei uns.
Wenn Sie mit Ihrem Antrag in Bezug auf die Autoindustrie in Baden-Württemberg im Gegensatz zu meiner Vermutung am Ende doch recht haben, weil die Grünen auch nur mit Wasser kochen, kann ich Sie auch für diesen Fall beruhigen. Herr Jahnke hat schon festgestellt: Berlin ist gut aufgestellt. Das zeigt unser überdurchschnittliches Wirtschaftswachstum in den letzten fünf Jahren.
Das zeigt ein internationales Städteranking nach dem anderen, wo Berlin immer weiter nach vorn kommt. Das zeigt, dass unsere Wirtschaftspolitik der Verbindung von Wissenschaft und Forschung und das Setzen auf Entwicklungscluster wirkt, und das bedeutet auch, dass einiges, was in Baden-Württemberg jetzt noch gebaut wird, tatsächlich auch nach Berlin passen würde, auch nennenswerte Segmente der dortigen Autoindustrie. Dafür maßgeschneidert haben wir den Masterplan Industrie. Also richten Sie Ihren Kollegen im Landtag in BadenWürttemberg gern auch von uns, der Wirtschaftspartei hier im Berliner Abgeordnetenhaus,
mit dem erfolgreichen Wirtschaftssenator Harald Wolf, aus, wenn Sie dann doch einmal in Baden-Württemberg Probleme haben, sollen Sie mit Ihren Wirtschaftsleuten reden, die sind dann jederzeit mit einer Reihe von Produktionslinien auch in Berlin herzlich willkommen.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Lieber Herr Behrendt! Eigentlich hatte ich nur vor, zum Thema zu reden,
also artig unsere Argumentation zum Glücksspielstaatsvertrag vorzutragen, aber nachdem Sie jetzt mehrmals den Jugendmedienstaatsvertrag erwähnt haben und NRW über den grünen Klee gelobt haben, möchte ich Ihnen sagen, was in NRW konkret passiert ist und was in NRW bei der Abstimmung darüber konkrete grüne Politik war: Sie wollten sicherheitshalber diesen Vertrag ja nicht verhindern, aber Sie wollten auch nicht zustimmen. Deshalb haben Sie folgenden Deal gemacht: Die Koalitionsfraktionen aus SPD und Grünen wollten sich in NRW zu dem Thema im Landtag enthalten, in der Hoffnung, dass FDP, CDU – die haben schon Ablehnung gesagt – irgendwie dem Ding zustimmen, damit Sie sich sozusagen wegschleichen können und damit dann nichts mehr zu tun haben. Das haben Sie in NRW gemacht. Das Ergebnis Ihres Agierens war dann in der Tat, dass dann nicht mehr darüber abgestimmt worden ist und damit der Vertrag weg war. Aber abgelehnt haben Sie ihn nicht. Sie sind feige von dannen gekrochen nach dem Motto: Wasch mir den Pelz, aber mach mich nicht nass!
So viel erst einmal zu dem Agieren der Grünen bei diesem Thema.
Mal sehen, was ich jetzt noch zum Glücksspielstaatsvertrag sagen kann. Unserer Meinung nach ist der gegenwärtige noch gültige Glückspielstaatsvertrag gescheitert. Seine Regularien und Beschränkungen gehen im Internetzeitalter an der Lebenswirklichkeit vorbei. Die Regularien darin waren widersprüchlich. So war auch für den EuGH nicht nachvollziehbar, warum Pferdewetten erlaubt sind, Wetten auf andere Sportereignisse aber nicht. Politisch ist er gescheitert, weil er das Ziel, Menschen vor der Spielsucht zu schützen, nicht erreicht hat. Finanziell ist er gescheitert, weil durch unsinnige Wettwerbeeinschränkungen im Bereich Lotto und Toto Umsatzrückgänge zu verzeichnen sind. Das hat zur Folge, dass die gemeinnützige Sportförderung dadurch gefährdet wurde. Der bestehende Glücksspielstaatsvertrag ignoriert außerdem, dass diejenigen, die um Geld spielen wollen, es faktisch schon längst sanktionslos im Internet tun können, das dann auch noch unter Bedingungen, die nicht einmal besteuert wer
den. Deshalb ist auch völlig klar, dass der bestehende Vertrag überarbeitet werden muss.
Der vorliegende Entwurf der Ministerpräsidenten dazu hat unserer Meinung nach grundsätzlich die richtige Zielrichtung, nämlich
den natürlichen Spieltrieb der Bevölkerung in geordnete … Bahnen zu lenken
usw. Es bedarf also zweifelsfrei der Nachbesserung. Die Linke meint dazu erstens, die Bereiche Toto und Lotto sollten weiterhin dem Staat vorbehalten werden. Die dort erzielten Millionenumsätze sind für die Sport- und Kulturförderung unverzichtbar. Da sind wir, Herr Goetze, völlig anderer Meinung als Sie. Und Herr Behrendt, das ist genau der Punkt, den Sie bei der Debatte zu dem Thema ausblenden. Wenn kein Staatsvertrag Ende des Jahres durchkommt, wenn im Ergebnis sozusagen nichts passiert, dann ist das Lottomonopol des Staates dahin. Dazu kann man stehen, wie man will. Wir wollen es weiter behalten. Dann müssten Sie sozusagen den davon betroffenen Vereinen, Organisationen irgendwie erklären, warum Sie das wollten und was Sie daran finden. Da hätten wir unsere Schwierigkeiten. Und deshalb ist uns der Punkt ausgesprochen wichtig.
Dann lasse ich in Anbetracht der Zeit drei andere kluge Punkte weg
und stelle zumindest fest, dass im Entwurf des Änderungsstaatsvertrags Diensteanbietern im Sinne des Telemediengesetzes die Mitwirkung am Zugang zu unerlaubtem Glücksspiel untersagt werden kann. Dazu sagen zwar einige Staatskanzleien in einer Antwort auf Kleine Anfragen: Wissen wir nicht genau, ob es sich dabei um eine Netzsperre handelt. Aus unserer Sicht ist es eine Netzsperre. Netzsperren lehnen wir als Linke selbstverständlich ab.
Deshalb sehen wir an der Stelle dringenden Änderungsbedarf.
Weil dann im Übrigen von der FDP der Beratungspunkt gar nicht beantragt wurde, sondern die Grünen unbedingt darüber reden wollten, und es noch einen zweiten Antrag gibt, sage ich auch noch mal ganz deutlich, dass im Änderungsstaatsvertrag die Begrenzung auf sieben Konzessionen aus unserer Sicht problematisch ist, weil sie sozusagen dem übrigen Vertragsentwurf widerspricht, wo Zugang zu Konzessionen diskriminierungsfrei erfolgen soll. Das funktioniert aus meiner Sicht nicht. Auch da sehen wir Nachverhandlungsbedarf. Deshalb kann ich nur in dem Zusammenhang auch von uns aus dem Regierenden Bürgermeister für die weiteren Verhandlungen mitgeben: Herr Wowereit, übernehmen Sie!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Zum Spielhallengesetz ist hier in diesem Haus alles schon gesagt worden und noch dazu wirklich von jedem –
von jedem auch noch mehrmals. Deshalb sind alle Reden, die ich zu dem Thema schon gehalten habe, richtig. Es ist auch alles so eingetroffen, wie wir es angekündigt haben. Wir sind mit dem Gesetz schneller gewesen. Ich war jetzt relativ gespannt auf die Frage, ob in der Debatte, die wir nicht beantragt haben, noch mal neue Aspekte reinkommen. Das ist irgendwie nicht recht gelungen. Aber es liegen immerhin zwei Änderungsanträge vor, über die wir auch schon in mehreren Ausschüssen debattiert haben. Darauf kann man noch mal eingehen.
Im Grundsatz möchte ich zumindest noch mal – aber hier haben viele vieles noch mal festgestellt – feststellen, dass wir in Berlin einen Riesenschritt gegangen sind, dass wir in Berlin Vorreiter sind. Im Übrigen ist der Gesetzentwurf nicht von der CDU aufgeschrieben worden, sondern vom
Wirtschaftssenator. Es ist auch ganz selten, dass ein Gesetz eins zu eins so beschlossen wird, wie es vom Senat eingebracht wurde. Ich kann mich überhaupt nicht daran erinnern, dass das in dem Sinne bei einem so komplizierten Gesetz schon passiert ist. Wir haben in einem schnellen Tempo Entscheidungen getroffen. Wir haben die Vergnügungssteuer erhoben, und soweit mir bekannt ist, hat sich die CDU dann bei der Entscheidung um die 20 Prozent wohl doch enthalten. Aber ich möchte mich jetzt auf die Debatte nicht im Detail einlassen. Die Mehrheit des Hauses hat beschlossen, Rot-Rot hat vorgeschlagen und beschlossen.
Wir haben mit der Einführung von Abstandsregelungen zwischen den Spielhallen, mit der Reduzierung von Geräten in den Spielhallen, mit dem Verbot von Mehrfachkonzessionen entsprechende Schritte gemacht. Wir haben die Sperrzeit deutlich verlängert, eine eingeführt. Und wir haben dann mit der Übergangsfrist, dass die jetzigen Konzessionen nur noch fünf Jahre laufen, noch mal juristisches Neuland betreten. Insgesamt – das möchte ich an der Stelle immer wieder sagen, auch wenn über Rechtsgutachten geredet wird, auf die ich dann kurz noch einmal eingehe – ist dieses Paket ein erheblicher Einschnitt in die Gewerbefreiheit. Der muss breit getragen werden, der muss genau geprüft werden, und der muss rechtssicher sein. Deshalb haben wir uns auch eine gewisse Zeit gelassen und vieles noch einmal sehr genau nachgeprüft, um dort so rechtssicher wie möglich zu sein. Es bleibt dabei, wir betreten juristisches Neuland.
Der Gesetzentwurf ist jetzt so gut, dass die CDU sagt, wir haben den im Prinzip bei ihr abgeschrieben. Sie haben immer recht, Frau Bung, wenn Sie sagen, Sie haben das erste Gesetz hier eingebracht. Wir haben Teile der Intention übernommen. Die Debatte dazu ist breit. Sonst hat die Opposition das gemacht, was sie gerne tut, nämlich danach, wenn sie ein Gesetz richtig prima findet und wirklich gar nichts mehr daran zu mäkeln hat – das machen wir übrigens auch manchmal, wenn wir Opposition sind –, dann noch ein paar Änderungsanträge zu bringen, die zeigen: Es geht noch höher, schneller, weiter.
Die CDU beantragt also die 1 000-Meter-Abstandsregelung. Da komme ich wieder auf meine Bemerkung zum Gewerberecht: Wenn Sie einen Zirkel um jede Kita, jede Schule, jeden Spielplatz und jede bestehende Spielhalle drehen wollen, aber Sie können die anderen Einrichtungen nehmen, und gucken bei einem 1 000-Meter-Abstand, wo dann noch Spielhallen möglich sind, dann werden Sie in Berlin kaum noch einen Ort finden. Wer Spielhallen nicht will – ich kann damit leben, finde den Gedanken sympathisch –, der muss es so beantragen. Aber ich habe auf den Eingriff ins Gewerberecht hingewiesen, und ich halte diese 1 000 Meter für nicht vertretbar. Wir haben als Gesetzgeber in Berlin nicht die Möglichkeit, Spielhallen völlig zu verunmöglichen. Das müsste der Bundesgesetzgeber machen, da sind wir gerne an Ihrer Seite. – Dass mit den 50 000 Einwohnern doppelt gemoppelt zu beantragen – das möchte ich jetzt nicht kommentieren.
Dass Sie bei Ihrem zweiten Punkt gemerkt haben, dass die Art, wie Sie die Übergangsfrist beantragt haben, dann doch Quatsch ist, und heute noch einen anderen Antrag nachgeschoben haben, ist in Ordnung. Aber der zweite Punkt, dass Spielhallen nicht genehmigt werden dürfen, wenn es Probleme für die öffentliche Sicherheit und Ordnung gibt, das ist auch so ein Nicht-Antrag, denn diese Genehmigung müsste in jedem Fall versagt werden, einfach nach dem Allgemeinen Sicherheits- und Ordnungsgesetz.
Schade ist, dass ich jetzt auf die Anträge der Grünen nicht mehr eingehen kann. Aber wir haben im Ausschuss darüber noch mal debattiert, auch wie das WPD-Gutachten zu bewerten ist. Ehrlich gesagt, liebe Grüne: Ich habe ja als Allererstes Gleisbauer gelernt, bin kein Jurist. Ich kann bis heute noch eine Weiche reparieren, auch wenn das lange her ist, weil wir das ganz gut beigebracht bekommen haben.
Ich verstehe nicht, warum es offensichtlich bei den Grünen, wenn es WPD-Gutachten gibt, keinen Juristen gibt, der in der Lage ist, den Inhalt des WPD-Gutachtens so zu lesen und so zu bewerten und zu den Schlüssen zu kommen, die einfach da drin stehen. Sie sagen da mehrmals Quatsch zu den Dingen. Das WPD-Gutachten tut nur eines, es gibt unserem Ansatz 100 Prozent recht.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Davon ausgehend, dass wir das Spielhallengesetz schon einmal am 27. Januar im Plenum behandelt und auch im Wirtschaftsausschuss im Rahmen einer Anhörung intensiv über das Thema diskutiert haben, will ich mich heute in meiner Rede vor allem auf die Punkte konzentrieren, die sich seither geändert haben. Auch alles, was in dem Zusammenhang zu den Themen Probleme mit Spielhallen in Stadtquartieren oder Spielsucht sowohl von anderen Kolleginnen und Kollegen sowie von mir gesagt worden ist, will ich jetzt nicht wiederholen. Es ist alles richtig und dem ist zuzustimmen. Davon ausgehend, hat der Senat seinen Gesetzentwurf erarbeitet und uns heute zur Beratung vorgelegt.
Ganz kann ich allerdings nicht daran vorbeigehen, einige Details aus dem Gesetz zu benennen, weil ich von Ihnen, Herr Jotzo, was mich ein bisschen enttäuscht hat, heute eine Presseerklärung dazu gelesen habe, in der etwas steht, was so einfach nicht zutrifft. Ich gehe deshalb kurz auf die Punkte ein, die sich bei den Spielhallen mit Beschluss des Gesetzes ändern werden. Zunächst einmal werden wir künftig pro Standort nur eine Spielhalle zulassen. Hier, Herr Jotzo, bin ich von Ihnen enttäuscht. Ein Blick in das Gesetz § 2 Abs. 1 Satz 2 zeigt, dass dort wirklich eine Spielhalle pro Standort steht – auch, wenn Sie etwas anderes behaupten. Wir wollen einen Mindestabstand von 500 Metern zwischen Spielhallen, wir wollen Spielhallen nicht in der Nähe von Einrichtungen, die von Jugendlichen und Kindern aufgesucht werden. Wir reduzieren die Anzahl der Spielautomaten in den Spielhallen auf acht, schreiben pro Automat zwölf Quadratmeter Grundfläche vor und erweitern den Abstand zwischen zwei Spielgeräten auf einen Meter. Wer die Details kennt, weiß, dass es damit durch die Sperren dazwischen nicht
mehr möglich ist, dass man an zwei Spielgeräten zugleich sein Geld verzockt. Wir führen eine Sperrzeit von 3.00 bis 11.00 Uhr für Spielhallen ein. Wir fordern einen Sachkundenachweis für Aufsichtspersonen. In jeder Spielhalle müssen Aufsichtspersonen anwesend sein. In Gaststätten sind nur drei Automaten zulässig.
Auch eine Reihe von Vorschlägen des Rates der Bürgermeister sind bei der Erarbeitung des Gesetzes aufgegriffen worden. Die kann ich jetzt nicht im Einzelnen behandeln. Ein Punkt allerdings ist nicht aufgegriffen worden, den möchte ich nicht verheimlichen. Der Rat der Bürgermeister hatte vorgeschlagen, die Spielhallen so zu gestalten, dass man von außen problemlos einblicken und den Spielerinnen und Spielern beim Spielen zusehen kann. Dazu gibt es verschiedene Positionen, wie man damit umgehen soll. Ich folge hier der Position des Senats, der sagt, die gewünschte Transparenz ist nicht so eine gute Idee, denn dadurch entstünde das Problem, dass die offene Spielhalle für bisherige Nichtspieler eine Versuchung, eine besondere Werbung darstellt. Deshalb haben wir uns dem nicht angeschlossen.
Ich würde gern noch einiges zu den beiden anderen Anträgen sagen, die vom Abgeordnetenhaus zu dem Thema beschlossen worden sind, unter anderem die geforderte Bundesratsinitiative zur Änderung der Spielverordnung. Das muss ich aber jetzt aber überspringen, weil ich Herrn Jotzo die Details erläutert habe. Ich möchte nur darauf hinweisen, dass die Signale, die ich vom Bundesgesetzgeber in Bezug auf die Veränderung der Spielverordnung momentan höre, mich nicht gerade froh stimmen und bei mir den Eindruck erwecken, dass der Spielhallenlobby nachgegeben werden soll, zumindest in einem höheren Maß als es ursprünglich geplant gewesen ist. Schade!
Mit dem vorliegenden Gesetz betreten wir juristisches Neuland. Den Punkt möchte ich schon hervorheben, weil ich bereits mehrmals darauf hingewiesen habe, dass insbesondere bei rückwirkenden Regelungen die Rechtssicherheit geprüft werde muss. In § 8 des Gesetzes haben wir einen Passus eingeführt, dass die bisherigen Konzessionen im Verlauf von fünf Jahren, nämlich am 31. Juli 2016, ihre Wirksamkeit verlieren werden. Bis dahin müssen sich die Gewerbetreibenden einig werden, inwiefern sie neue Konzessionen beantragen. Wir finden, das ist so langfristig und die Geräte, in die man bis dato investiert hat, haben sich bis dahin amortisiert, dass das zumutbar und möglich ist.
Ähnliches hat die CDU gefordert und dazu auch einen Gesetzentwurf vorgelegt. Ihr gebührt auch, dass sie das Thema als Erste hier im Parlament angesprochen hat. Die Grünen haben ähnliche rückwirkende Regelungen auch immer von uns gefordert. Von den Grünen habe ich nur nie einen Zettel Papier gefunden, auf dem sie aufgeschrieben haben, wie sie sich das vorstellen. Deswegen erwarte ich von der CDU und den Grünen die Unterstützung unseres Vorschlags. Ich bedanke mich beim Senat für die ausgesprochen schnelle Bearbeitung.
Ich bin auch den Kollegen im Wirtschaftsausschuss dankbar, die sich bereit erklärt haben, –
die Behandlung in den Ausschüssen zügig vorzunehmen, denn die Zeit drängt. Wir brauchen die im Gesetz vorgeschlagenen Regelungen.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Lieber Herr Thiel! Sie haben als wirtschaftspolitischer Sprecher Ihrer Fraktion in der Tat einen schweren Stand, weil Sie einem Wirtschaftssenator gegenüberstehen, der sehr erfolgreich und sehr anerkannt für Berlin arbeitet.
Was ich an Ihnen schätze, Herr Thiel, das ist, dass Sie – im Gegensatz zu anderen Fraktionen hier im Haus, z. B. den Grünen – in der Auseinandersetzung mit dem Senat und auch dem Wirtschaftssenator stets redlich sind, also keine Dinge erfinden oder behaupten, die nicht stimmen, um sich dann darüber auszulassen. Nein, Sie machen Ihren Job als FDP ganz gut, Sie bringen Vorschläge ein
und zeigen in einigen Punkten klare Kante zu dem, was der Senat tut. Es ist ja auch die Aufgabe der Opposition, Alternativen aufzuzeichnen.
Aus Ihrem Antrag will ich drei Punkte herausnehmen – die Forderung nach Senkung der Abgaben- und Steuerlast, die Abschaffung der Umweltzone und die Ablehnung des öffentlichen Beschäftigungssektors. Sie wissen, dass wir dazu eine grundlegend andere Position haben. Sie formulieren Ihre, wir formulieren unsere, und in diesen Punkten werden wir weiterhin nicht mitgehen.
Nichtsdestotrotz tut der Senat viel für das Handwerk und den Mittelstand, u. a. gibt es bereits den Umsetzungsbericht 2010 zum Maßnahmepaket für den Mittelstand, Drucksache 16/3807, worüber wir reden können. Mittlerweile erarbeitet der Senat gemeinsam mit der Handwerkskammer noch für diese Legislaturperiode ein Aktionsprogramm zur Förderung des Handwerks. Neben den vielen Punkten, die jetzt schon angegangen werden, gibt es natürlich noch eine Reihe weiterer Punkte, an denen wir weiterarbeiten. So wollen wir weiterhin die Finanzierungsmöglichkeiten des Handwerks verbessern, wir wollen über die Meisterprämie hinausgehen, wir machen uns Gedanken, wie wir Handwerker-Sofortkredite verstetigen können, wie wir weiterhin Mikrokredite vergeben. Gemeinsam mit der Handwerkskammer wollen wir eine handwerkliche Betriebsberatung fördern, und wir werden, abgestimmt mit der Handwerkskammer, eine handwerksspezifische Förderfibel erarbeiten.
Es gibt eine Reihe von Vorstellungen, wie wir bei der Arbeit mit dem Vergabegesetz Handwerkerinnen und Handwerker unterstützen werden. Natürlich sind wir uns in der Frage einig, dass wir Handwerksbetriebe weiterhin unterstützen, indem wir Schwarzarbeit bekämpfen.
Über den Punkt Parkraumbewirtschaftung müssen wir in der Tat noch einmal reden, dort brauchen wir eine Verständigung, denn was in dem Moment für mich recht schlüssig klang,
wie Betriebe auch in anderen Zonen Anträge stellen können, ist für einen konkreten Handwerksbetrieb eine ziemlich schwierige Sache. Ich gucke immer auf Hamburg, da ist eine andere Lösung gefunden worden. Da muss man sich aber wirklich verständigen, denn wir haben das Problem der Bezirkszuständigkeit. Die von Ihnen beschriebenen, Ihrer Meinung nach unnützen Parkzonen werden ja auch von den Bezirken eingerichtet, und der Senat kann nicht einfach dort eingreifen. Klar ist, dass wir das Handwerk weiter in die Kompetenzfeldstrategie des Senats integrieren wollen. Eigentlich, Herr Thiel, hatte ich vor, noch viele weitere Punkte zu nennen mit dem Ziel, dass ich am Ende von vorne abgeklingelt werde. Davon hat mich aber die heutige Presse abgehalten, weil ich es doch schön und wichtig finde, auf die „Berliner Morgenpost“ z. B. hinzuweisen, wo man sieht: Es gibt weiter viel zu
tun, aber der Senat tut auch viel. Die „Berliner Morgenpost“ titelt:
Berliner Handwerk geht es so gut wie seit 18 Jahren nicht mehr. 80 Prozent der Betriebe berichten von guten Geschäftsergebnissen.
Oder noch viel schöner der Artikel heute im Berliner „Tagesspiegel“:
Die aktuelle Lage wird so gut wie zuletzt nach der Wiedervereinigung eingeschätzt. Jeder fünfte Betrieb will einstellen.
Ich schaffe es nicht mehr, den ersten Satz des „Tagesspiegel“-Artikels zu zitieren. Er wäre heute auch sehr schön gewesen. – Danke schön!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Mein Kollege Buchholz hat schon auf den drastischen Anstieg von Spielhallen und Spielautomaten in der Stadt aufmerksam gemacht. Deshalb möchte ich eingangs meiner Rede erst mal drei andere Dinge festhalten.
Prinzipiell ist es gutes Recht, dass diejenigen, die die gesetzlichen Voraussetzungen für das Betreiben eines Gewerbes erfüllen, dem in Berlin auch nachgehen können.
Dabei spielt es keine Rolle, ob das Gewerbe mir selbst zusagt. Das gilt auch für das Betreiben von Spielhallen und Spielautomaten. Deshalb teile ich den missionarischen Eifer, den z. B. die Grünen gerne mit ihren politischen Forderungen nach Verboten und Beschränkungen an den Tag legen, schon aus guter, alter DDR-Erfahrung nicht.
Gleichwohl: Gewerbefreiheit braucht da Begrenzungen, wo andere über Gebühr beeinträchtigt werden. In Berlin und anderswo zerstört die Flut von Spielhallen die Struktur und die Lebensqualität ganzer Stadtquartiere. Das kann so nicht weitergehen. Außerdem dürfen wir die Augen vor den Gefahren des Glücksspiels nicht verschließen. Glücksspielsucht kann für Betroffene und deren Familien dramatische psychische und materielle Folgen haben. Verschuldung, Kriminalität und immer wieder auch Suizide sind die Folge. Verschiedene Untersuchungen haben gezeigt: Je größer das Glücksspielangebot ist, desto höher ist die Quote derjenigen, die daran teilnehmen. Außerdem ist der Anteil der Geldautomatenspieler an den Glücksspielsüchtigen besonders hoch. Deshalb sind wir zu raschem politischem Handeln gezwungen.
Dabei ist es gut und hilfreich, dass wir uns in dieser Frage hier im Hause – auch im Wirtschaftsausschuss – erst mal prinzipiell – ich glaube, mit Ausnahme der FDP, denn da weiß man nicht so genau – völlig einig sind.
Den ersten Schritt auf diesem Weg haben wir bereits im Dezember getan. Da haben wir die Vergnügungsteuer von 11 auf 20 Prozent für das Betreiben von Spielautomaten erhöht. Das macht den Betrieb dieser Automaten schon deutlich weniger attraktiv. Nun schlagen wir Ihnen mit
unseren Anträgen drei weitere Schritte vor: Im Rahmen einer Bundesratsinitiative wollen wir die Spielverordnung und die Baunutzungsverordnung deutlich verschärfen. Damit wollen wir u. a. die Abstände zwischen Spielautomaten und Spielhallen vergrößern. Wir wollen mögliche Spielverluste und Gewinnchancen reduzieren und den Betrieb von Spielautomaten in Gaststätten deutlich eindämmen.
Mit einem zweiten Antrag werden wir in Zusammenarbeit mit den Bezirken im Rahmen eines Gesamtkonzepts der Spielsucht in Berlin vorbeugen und die Prävention ausbauen.
Ziel unseres dritten Antrags ist die Erarbeitung eines Spielhallengesetzes in Berlin. Mit dem Gesetz werden wir die Anzahl der Spielhallenzulassungen bezogen auf einzelnen Stadtquartiere deutlich begrenzen. Mehrfachkonzessionen für Spielhallen in einem Gebäude sollen danach nicht mehr erteilt werden dürfen. Wir werden die Anzahl von Geldspielautomaten pro Spielhalle verringern. Wir werden die Qualifikation und die Präsenz des Aufsichtspersonals in Spielhallen deutlich erhöhen. Außerdem werden wir den technischen Spielerschutz verbessern und die Öffnungszeiten von Spielhallen reduzieren.
Mit diesem Gesetz betreten wir juristisches Neuland. Damit stellt sich immer die Frage nach der Rechtssicherheit. Deshalb werden wir ganz genau prüfen, inwiefern Regelungen des Gesetzes auch rückwirkend für vorhandene Konzessionen gelten können. Wir wollen, dass sie rückwirkend gelten, aber wir werden das ganz genau prüfen. Wir werden das Projekt nicht durch überzogene Erwartungen gefährden.
Natürlich hat es mich am Montag – offensichtlich im Unterschied zur Opposition – sehr gefreut, dass wir vom Senat erfahren konnten, dass die Erarbeitung des Spielhallengesetzes schon kurz vor dem Abschluss steht und dass so die Möglichkeit besteht, dass das Gesetz schon vor dem 31. März – also vor dem von uns vorgeschlagenen Berichtsdatum – eingebracht wird.
Damit hätte der Senat in seinem Handeln sogar das Parlament überholt. Das tut er bekanntlich nicht immer. Vor allem aber wird Berlin damit einmal mehr Vorreiter sein und als erstes Bundesland sein Spielhallengesetz erlassen können.
Es bleibt zum Tempo – worüber Sie nörgeln – nur noch zu sagen: Berlin ist wie immer spitze – typisch Rot-Rot in Berlin!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Liebe Kollegen von der FDP! Komisch, als ich Ihren Antrag gelesen hatte, dachte ich: Oh, das kenne ich gerade aus jüngster Vergangenheit. Und siehe da, na klar, vor zwei Wochen hat die IHK uns Thesen mit einem sogenannten Fahrplan für mehr Wettbewerb vorgelegt.
Diese Thesen hat die FDP dann gestückelt, geteilt, „Antrag“ darüber geschrieben und das Ganze heute als Priorität ins Parlament eingebracht.
Das Papier setzt sich mit der Idee des Senats auseinander, Unternehmen, die der öffentlichen Daseinsvorsorge dienen, zu stärken und auszubauen und zum Teil zu rekommunalisieren. Die Autoren kommen leider, das war aber nicht anders zu erwarten, zu dem Schluss, das Gegenteil von dem zu fordern.
Voraussetzung für die Debatte über das Thema ist aber dann, dass man auf die Ausgangsthese der Überlegungen der IHK zurückkommt und damit auf die Ausgangsthese der FDP. Man muss in dem IHK-Papier ein wenig blättern, wird dann auf Seite 7 fündig und findet die schönen zwei Sätze:
Private Unternehmen tragen die Konsequenzen bei unternehmerischen Fehlentscheidungen selbst und müssen für eventuelle Verluste selbst aufkommen. Dagegen werden in öffentlichen Unternehmen verursachte Verluste vom Staat und damit vom Steuerzahler ausgeglichen.
Bei so viel Weisheit staunt der Fachmann, und der Laie wundert sich. Wie kann man mitten in der größten Krise der Nachkriegszeit, in der ein europäisches Land nach dem anderen vorm Staatsbankrott steht, weil es für die Finanzspekulationen seiner Pleitebanken aufkommen muss, so einen Quatsch behaupten? Massenhaft kommen derzeit Bürgerinnen und Bürger in Europa, den USA und auch hier in Deutschland für unternehmerische Fehlentscheidungen auf. Ganze Volkswirtschaften werden dadurch in den Ruin und Millionen Menschen in die Armut getrieben. Und an diesen Entwicklungen hat übrigens ganz besonders auch der Mittelstand zu leiden gehabt, das sollten Sie, liebe Kolleginnen und Kollegen von der FDP, nicht vergessen. Der Ausgangspunkt von allem war – auch das sollten wir nicht vergessen – die Deregulierung und der Rückzug der Staaten aus der sogenannten Finanzwirtschaft. Das kommt uns alle noch lange sehr teuer zu stehen.
Was im Großen schon nicht funktioniert, funktioniert im Kleinen oft noch viel weniger. RWE und Veolia haben sich doch vor gut zehn Jahren nicht in die Wasserbetriebe eingekauft, weil sie sich damit für mehr Wettbewerb und für niedrigere Verbraucherpreise einsetzen wollten. Attraktiv waren die garantierten Gewinne, was man den Unternehmen übrigens nicht zum Vorwurf machen kann, sondern dem Senat, der damals verhandelt hat. Das S-Bahnchaos hatte seine Ursache darin, dass das Unternehmen auf Kosten notwendiger Investitionen für den Markt und den Börsengang hübsch gemacht werden sollte. In Bezug auf den Strommarkt wird man in Anbetracht der jüngsten Preiserhöhung von Vattenfall, die fast allen Bürgerinnen und Bürgern in den letzten Tagen in den Briefkasten gekommen ist, kaum erklären können, dass sich Privatisierung von Unternehmen, auch noch Milliardengeschenke an die Atomlobby irgendwie bürgerfreundlich ausgewirkt haben.
Deshalb ist es so wichtig, dass die Vorschläge des Wirtschaftssenators zur Schaffung eines kommunalen Energieversorgers vorangetrieben werden. Deshalb ist es wichtig, dass der Senat auf die Kommunalisierung der S-Bahn setzt statt auf die Zerstückelung z. B. der BVG. Deshalb ist es vernünftig, dass der Senat so schnell wie möglich die privaten Anteile der Wasserbetriebe zurückerwirbt.
Und, Herr Melzer, zu Ihnen noch mal die Feststellung: Rot-Rot hat 2002 eine Unzahl kommunaler Unternehmen mit Milliardenverlusten übernehmen müssen. Wir haben sie nicht verscherbelt, wie es damals überall in Mode war, wir haben sie stattdessen umgebaut, saniert. Und sie schreiben seit Jahren in Summe schwarze Zahlen, 306 Millionen Euro im Jahr 2009, zugunsten der Bürgerinnen und Bürger dieser Stadt und im Übrigen auch zugunsten zahlreicher Unternehmen in dieser Stadt, die, natürlich im Wettbewerb, mit Beteiligungen, Aufträgen und Kooperationen genau von soliden Staatsbetrieben profitieren können.
Ich teile von dem FDP-Antrag nur den ersten Satz, wo steht:
Das Abgeordnetenhaus stellt fest, dass bei Fragen um den langfristigen Umgang mit der Erbringung von Leistungen der Daseinsvorsorge an erster Stelle die Anliegen der Bürgerinnen und Bürger berücksichtigt werden müssen.
Übrigens, ein bisschen verschwiemelt ist er trotzdem. Alles Folgende in Ihrem Antrag bewirkt genau das Gegenteil. Wir brauchen nicht Ihren Antrag, wir brauchen ein Konzept, wie die Stadt Stück für Stück Gestaltungsspielraum für die Daseinsvorsorge hinzugewinnt. Daran arbeitet dieser Senat, insbesondere der Wirtschaftssenator Harald Wolf. Das sollten sie auch weiter tun, ich hoffe bis weit über das Jahr 2011 hinaus. – Danke!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich frage den Senat:
1. Wie bewertet der Senat die Ergebnisse des „European Cities Monitor“, der im Oktober dieses Jahres veröffentlicht wurde?
2. Wie bewertet der Senat die Ergebnisse des Betriebspanels 2009, der ebenfalls im Oktober dieses Jahres veröffentlicht wurde?
Apropos Verbesserung der Situation – die Spitzenkandidatin der Grünen hat die Schaffung von zusätzlichen 100 000 Arbeitsplätzen in Berlin angekündigt. Wie schätzt der Senat diese Äußerung zum Arbeitskräftepotenzial vor dem Hintergrund der eben von Ihnen erläuterten Entwicklung ein?
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Herr Melzer! Da haben Sie gerade noch die Kurve bekommen, indem Sie gesagt haben, dieser Senat scheine die Sachen nicht so hinzubekommen.
Die Koalitionsfraktionen in diesem Haus haben den Senat zur grünen Wirtschaft in Berlin viel gefragt. Der Senat hat umso mehr zu beantworten. Nun stehe zumindest ich vor dem Problem, dass es in fünf Minuten einigermaßen schwierig und eigentlich nicht möglich ist, auf alle Punkte einzugehen, die Gegenstand der heutigen Beratung sein sollten. Deshalb erfolgt schon vorab an alle Kollegen im Haus, die das noch nicht getan haben, die Anregung, sich die Beantwortung der Großen Anfrage in Ruhe durchzulesen. Es lohnt sich wirklich, die 22 Seiten zu lesen.
Die Antwort zeigt, wie gut Berlin aufgestellt ist. Berlin und namentlich die Berliner Wirtschaftsverwaltung haben die Zeichen der Zeit schon früh erkannt. Der Senat hat rechtzeitig und mit den richtigen Schwerpunkten den Rahmen für eine grüne Wirtschaftspolitik in Berlin gesetzt. Das zeigen die Unternehmens- und Beschäftigungszahlen. Das zeigen die wirtschafts- und innovationspolitischen Schwerpunkte wie Energietechnik, Wassertechnik, Nanotechnologie und erneuerbare Energien. Das Netzwerk Green IT arbeitet schon seit fast drei Jahren erfolgreich. Themen, Branchen, Fördermittel, Veranstaltungen – alles folgt dem Ziel, eine moderne Industrie- und Dienstleistungsmetropole zu entwickeln, die energieeffizient und ressourcenschonend innovative Produkte und Dienstleistungen anbietet. Berlin ist eine Metropole grüner Technologien. Das schafft mehr Arbeitsplätze und vor allem auch mehr Lebensqualität. Etwa 5,1 Prozent aller Beschäftigten in umwelttechnologiebezogenen Branchen in Deutschland arbeiten jetzt schon in Berlin. Das sind rund 42 000 Personen in über 500 Unternehmen.
An der Stelle, Herr Melzer, sei mir noch der Hinweis erlaubt, Green Economy zum Wirtschaftscluster zu machen: Grüne Technologien sind eben keine Branche, in denen wir die Cluster haben. Grüne Technologien durchziehen viele Branchen wie Biotechnologie, Energie- und Wassertechnik, Optik und Mikrosysteme. Deshalb kann Green Economy auch nicht einfach ein Fördercluster sein, wie Sie es sich vorstellen. Dass, Herr Melzer, die CDU in Berlin gerade der Vorreiter in Umwelttechnik und Vorreiter in E-Mobility ist – ich denke dabei nur an die Debatte um die Flughafenschließung in Tegel –, darüber lachen wirklich die Hühner hier im Haus, wenn Sie das behaupten.
Berlin ruht auf diesem Weg nicht aus. Berlins gesamte Wirtschaftsentwicklung muss in Richtung grüner Technologien und Industrien forciert werden. Ein Schwerpunkt
dabei ist die Entwicklung ressourcenschonender Mobilitätskonzepte. Wir wollen sichtbar Elektromobilität auf die Straße bringen. Dabei gehören neue Technologie für elektrobetriebene Fahrzeuge und die Gewinnung von Strom aus erneuerbaren Energien unbedingt zusammen. Die Zukunft gehört Produkten und Technologien, die umweltfreundliche Energien nutzen und speichern, die zur Energieeffizienz beitragen und die die Rohstoff- und Materialeffizienz erhöhen.
Die Zukunft gehört der Kreislaufwirtschaft, einer nachhaltigen Wasserwirtschaft und einer nachhaltigen Mobilität. Dieser Gedanke durchzieht in Berlin nicht nur die Wirtschaftspolitik, sondern mehr und mehr auch die gesamte Gesellschaft, also die Wirtschaft, die Wissenschaft, die Gewerkschaften, auch die Bürgerinnen und Bürger. Vorhin hatte ein Vorredner schon auf die im November 2009 durchgeführte Wirtschaftskonferenz Green Economy hingewiesen. Der Innovations- und Industriestandort Berlin mit seiner besonderen Wirtschafts- und Wissenschaftsstruktur hat gute Voraussetzungen und erhebliche Potenziale, um auf diesem Gebiet noch erfolgreicher zu werden.
Eine nicht ganz unwichtige Fraktion in diesem Haus hat kurz vor Ende der Sommerpause Schwerpunkte für das Wahljahr 2011 festgelegt. Danach sollen Klima- und Umweltinvestitionen in der Berliner Wirtschaft gestärkt werden. Grüne Industrien sollen die Basis für einen umfassenden Wandel der Industriegesellschaft sein. Berlin soll Hauptstadt der neuen Energien werden. Auch ein Verkehrskonzept und E-Mobility sind vorgesehen. Liebe Kolleginnen und Kollegen von den Grünen! Wir schreiben das nicht nur in Programme, wir machen das in Berlin bereits. Berlin macht grüne Wirtschaftspolitik auch ohne Grüne in der Regierung. Darüber sollten Sie sich freuen – und natürlich auch das ganze Haus. – Danke schön!
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Kurzinterventionen sollen nur kurz sein. Deshalb, Herr Ratzmann, nur ein Satz: Wenn etwas schlecht läuft, ist der Senat schuld. Ich habe Probleme damit, wenn irgendetwas in dieser Stadt gut läuft, dass es dann immer heißt: trotz des Senats. Das lassen wir Ihnen nicht weiter durchgehen. Bei
diesem Thema hat der Senat gut gearbeitet. Ich kann dieses „trotz des Senats“ nicht mehr ertragen.
Herr Mutlu! Eine Frage zur Sprachkompetenz der Berliner Schülerinnen und Schüler: Könnten Sie mir die Frage beantworten, warum die Schülerinnen und Schüler in Bremen – schon einige Zeit rot-grün regiert – noch schlechter abschließen als Berlin?
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Liebe Frau von Stieglitz! Vorab erst einmal die Feststellung: Alles, was Sie zur Bedeutung des BBI für die Region BerlinBrandenburg gesagt haben, ist selbstverständlich richtig. Ich möchte Ihnen da überhaupt nicht widersprechen. Ich verweise auf die Ausführungen von Herrn Jauch und wiederhole sie nicht. Ich werde auch der Versuchung widerstehen, an die Aktuelle Stunde anzuknüpfen, wie es die CDU gerade gemacht hat. Vielmehr habe ich versucht, bei der Vorbereitung auf diese Rede den Antrag zu lesen. Ich wollte mich eigentlich nur an ihn halten. Allerdings, Frau von Stieglitz, ich habe zuerst den Antrag gelesen, dann die beiden Drucksachen, auf die Sie in dem Antrag verweisen. Sicherheitshalber habe ich noch schnell den Wirtschaftsbericht des Senats gelesen, anschließend habe ich mir das Internetportal von Airport Region Team angesehen, heute dann auch noch die Internetseite der FDPFraktion.
Dort stehen ihre Themenschwerpunkte. Nach all dem und nach Ihrer Rede ist es mir nicht gelungen, herauszubekommen, was Sie mit Ihrem Antrag überhaupt fordern. Das ist das Problem mit diesem Antrag.
Ich weiß nicht, was genau Sie verändern wollen, denn das steht weder im Antrag noch in der Begründung. Ich habe das Gefühl, dass das, was anders koordiniert werden soll, bereits geschieht und zwar genau im Airport Region Team, das für die Vermarktung, für die Koordination mit den Investoren zuständig ist – in Zusammenarbeit mit den Wirtschaftsfördergesellschaften von Berlin und Brandenburg. Das Vermarktungsbüro ist bereits am 3. März 2008 in Schönefeld gegründet worden. Die von Ihnen geforderte Strategie finde ich in der länderübergreifenden Ansiedlungs- und Standortstrategie, auf die der Wirtschaftsbericht 2009 des Senats bereits hinweist und wozu er speziell für die Flughafenregion einen Veranstaltungs- und Maßnahmeplan vorgelegt hat. Über alles, was bereits vorliegt, können wir in Ruhe reden.
Aber wieder meine Frage: Was soll dieser Antrag? Welche Struktur meinen Sie? Wollen Sie von den von Ihnen aufgeführten Strukturen – darin sind im Übrigen Buchstabendreher, das macht das Recherchieren ein bisschen kompliziert –, eine der Gesellschaften ausgründen, schließen, verändern? Wollen Sie eine neue Gesellschaft schaffen? Diesbezüglich bin ich auch schon immer über Herrn Thiel ganz begeistert, denn die FDP bringt zu verschiedenen Wirtschaftsthemen Anträge an, die die Schaffung neuer Verwaltungsstrukturen fordern. Eigentlich sind wir ja immer für die Beantragung der Schaffung neuer Verwaltungsstrukturen zuständig, und Sie müssten wiedersprechen. Im Wirtschaftsausschuss ist es zusehends umgekehrt: Sie schlagen neue Strukturen vor, und wir müssen widersprechen.
Die Forderung in dem Antrag, dass der Senat verhindern muss, dass der BBI Business Park zu einer teuren Brache wird, ist Quatsch. Der Satz danach:
Zum angestrebten Eröffnungstermin des Flughafens am 30. Oktober 2011 muss eine Ansiedlung von Wirtschaftsunternehmen auch tatsächlich erfolgen.
ist nicht nur Quatsch, sondern die Steigerung von Quatsch. Natürlich werden die meisten Unternehmen erst nach Fertigstellung von BBI anfangen können, dort zu arbeiten. Das wird alles nicht an einem Tag passieren. Wenn das an einem Tag passierte, dann sage ich: Planwirtschaftsalarm! Da wäre ich als FDP auch vorsichtig. Natürlich wird sich das Umfeld von BBI Stück für Stück entwickeln, ähnlich wie zum Beispiel der Standort Adlershof, was zweifelsohne eine Erfolgsgeschichte ist. Ich schlage vor, im Fachausschuss den Senat über die verschiedenen Ergebnisse zu hören, die Berichte anzusehen, vielleicht auch Akteure zu einer Anhörung einzuladen. Das ist der klügere Weg, mit diesem nicht ganz ausgego
renem Antrag umzugehen, anstatt ihn als Priorität zu beraten.
Liebe Kolleginnen und Kollegen von der FDP! Ihr Antrag trägt die Überschrift „Metropolenregion entwickeln I: BBI-Umfeldvermarktung verbessern!“. Das deutet darauf hin, dass es sich um den Beginn einer Serie handelt. Ich finde Serien spannend, die bringe ich auch gern ein. Aber ich bitte Sie, bei der Fortsetzung dieser Serie ein Stück konkreter zu formulieren, was Sie überhaupt von uns wollen. – Danke!
Liebe Frau von Stieglitz! In diesen Fragen sind wir uns völlig einig. Aber es steht so nicht in Ihrem Antrag. Ich finde es nicht.
Danke, Herr Präsident! – Ich frage den Senat:
1. Wie bewertet der Senat die jüngste McKinsey-Studie über die Wirtschaftsperspektiven Berlins bis zum Jahr 2020, die Berlin erhebliche Potenziale bescheinigt und die Möglichkeit der Entstehung von bis zu 500 000 neuen Arbeitsplätzen sieht?
2. Welche Konsequenzen ergeben sich daraus für die Wirtschaftspolitik des Landes?
Herr Senator! Wie wird der Senat die Vorschläge zum Breitbandausbau und zur Förderung digitaler Projekte, die in der Studie gemacht werden, aufgreifen?
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Heute ist ein guter Tag für Berlin. Der Senat hat dem Parlament sein neues Ausschreibungs- und Vergabegesetz zur Beratung vorgelegt. Mit dem Gesetz werden umfassende Regelungen zum Berliner Vergabewesen und zu bei Ausschreibungen zu beachtenden Grundsätzen geschaffen. Wir werden mit den zu dem Gesetz erlassenden Verordnungen ökologische Kriterien bei Auftragsvergaben definieren.
Wir stärken Unternehmen, in denen besonders Frauen gefördert werden. Und wir unterstützen auch insbesondere Unternehmen, die verstärkt Ausbildungsplätze bereitstellen.
Vor allem schaffen wir mit dem Gesetz mehr Gerechtigkeit. Wir sagen, Leistung muss sich lohnen.
Leistung lohnt sich nur, wenn sie gut entlohnt wird. Von Arbeit muss man bzw. frau auch leben können. Dafür steht die Linke im Bund wie im Land.
Deshalb wird in dem Gesetz die Bindung an die nach dem Arbeitnehmerentsendegesetz fixierten Löhne festgelegt. Soweit es für bestimmte Branchen keine Tarifverträge gibt oder die dort vorgesehenen Tarifverträge unter dem Lohn von 7,50 Euro pro Stunde liegen, wird ein Mindestlohn von 7,50 Euro in dem Gesetz festgeschrieben. Wobei ich zu den 7,50 Euro für die parlamentarische Beratung schon sagen will, dass wir uns dabei an den Mindestlohnforderungen des DGB orientiert haben, dass der DGB jetzt auch über diese Forderung diskutiert, dass da eine andere Zahl im Raum steht und dass wir in der parlamentarischen Beratung darüber reden müssen, diese 7,50 Euro dann an die Neuforderung, nämlich 8,50 Euro, anzupassen, was allerdings auch bedeutet, dass wir uns über die damit verbundenen Mehrkosten und über deren Deckung im Parlament und in der Regierung Gedanken machen müssen.
Mit dem Gesetz wirken wir dem zunehmenden Trend des Einsatzes von Niedriglohnkräften entgegen. Außerdem stärkt das neue Vergabegesetz den fairen Wettbewerb. Es bekämpft Wettbewerbsverzerrung zwischen Unternehmen, die ihre Arbeitskräfte nach den in Berlin geltenden Tarifen entlohnen, und andere Unternehmen, die deutlich geringere Entgelte zahlen. Und es verhindert, dass Löhne für eine Ganztagsbeschäftigung am Ende vom Arbeitsamt aufgestockt werden müssen. Es ist nicht gerecht, wenn Arbeitgeber die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter schlecht bezahlen, dafür noch indirekt subventioniert, also vom Staat belohnt werden. Wie ich heute in der Antwort auf eine Kleine Anfrage der Linken aus dem Bundestag lesen musste, sind immerhin zehn Prozent der Jobs, die bundesweit aufgestockt werden müssen, Jobs, die entweder direkt am öffentlichen Dienst hängen oder indirekt über den öffentlichen Dienst bezahlt werden.
Zugleich greifen wir mit dem Gesetz auch eine aktuelle Debatte der FDP auf, die unter dem wertneutralen Begriff „Sozialstaatskritik“ mit Blick auf die NRW-Wahl angezettelt wurde. Der Bundesaußenminister irrlichtert im Moment durch die politische Landschaft und fordert, dass diejenigen, die keine Arbeit haben und auf staatliche Hilfe angewiesen sind, so mies unterstützt werden, dass sie dazu gezwungen werden, Arbeit unter allen erdenklichen Umständen und allen erdenklichen und unerdenklichen Konditionen annehmen zu müssen. Das, was da im Moment unter dem Motto, man wird ja so etwas in Deutschland noch sagen dürfen, daherkommt, würde in Konsequenz eine Gehaltsspirale nach unten in Gang setzen. Mancher, der heute solchen Forderungen von Guido Westerwelle am Stammtisch noch zustimmt, wird sich die Augen reiben, wenn er dann irgendwann einmal sein Kündigungsschreiben für seinen eigenen Job bekommt und dazu ein Arbeitsangebot in einer ausgegründeten
Firma, wo er dieselben Aufgaben macht, aber entschieden schlechter bezahlt wird.
Wir wollen diese Spirale nach unten nicht. Wir stehen für das Gegenteil. Steigende Löhne schaffen mehr Gerechtigkeit und kurbeln dazu die Binnenkonjunktur an.
Am 30. März 2008 war Berlin mit seinem Vergabegesetz bundesweit ganz vorn mit dabei. Nach dem Rüffert-Urteil mussten wir neu nachdenken. Jetzt – und da bin ich mir sicher – haben wir einen Weg gefunden, der bei allen Unwägbarkeiten von Gerichtsentscheidungen doch schon dazu führen wird, dass wir armutssichere Löhne bei öffentlichen Aufträgen in Berlin erfolgreich einführen können. Wir sind in unserem zweiten Anlauf zum Berliner Vergabegesetz –
Ich bin beim letzten Satz. – zwar nicht mehr die Schnellsten, dafür – und das zeigt der Blick ins Gesetz, in die Paragrafen – bundesweit einmal wieder als Berlin die Besten. – Danke schön!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Zunächst einmal, Herr Thiel, bin ich Ihnen dankbar für die Große Anfrage. Ich finde, Sie haben recht, wenn Sie in der Begründung Ihrer Großen Anfrage feststellen, dass das Messe- und Kongressgeschäft für den Wirtschaftsstandort Berlin enorme Bedeutung hat. Sie haben genauso recht, dass es jetzt an der Zeit ist, dass der Senat eine Reihe von Fragen, die Sie auch gestellt haben, beantwortet. Sie haben vor allem recht damit, dass neben der nachhaltigen Entwicklung des Messegeländes am Funkturm inklusive des ICC die Auswirkungen der Nachnutzung des ehemaligen Flughafens Tempelhof und die Erschließung des Geländes am Standort Selchow auf das Messe- und Kongressgeschäft in Berlin erläutert werden müssen. Das ist also der richtige Zeitpunkt für eine richtige Frage, auch wenn alle hier heute um diese Zeit schon etwas müde sind.
Das Messe- und Kongressgeschäft hat für den Standort Berlin eine erhebliche wirtschaftliche Bedeutung. Dazu sprach schon der Senator. Berlin ist, wie wir vom Senator hören konnten, auch gut aufgestellt.
Während der deutsche Messemarkt in den letzten Jahren eher stagnierte, konnte die Messe Berlin ein weit überdurchschnittliches Wachstum verzeichnen. Lieber Herr Melzer! Da geht es einfach nicht, dass man sagt, wenn in Berlin irgendetwas einmal nicht gut läuft, ist der Senat schuld, und wenn in Berlin etwas für das Messegeschäft gut läuft, dann hat das mit diesem Senat nichts zu tun. Nein, natürlich hat es etwas mit diesem Senat zu tun, dass die Messegesellschaft Berlin in diesem Jahr einen Umsatz von 213 Millionen Euro planen kann.
Natürlich hat es etwas mit der Arbeit dieses Senats zu tun, dass wir in diesem Jahr mit einem positiven Ergebnis mindestens im einstelligen Millionen-Euro-Bereich für die Berliner Messegesellschaft rechnen können. Es ist ein
Ergebnis der guten Arbeit des Senats, dass der Tagungs- und Kongressreiseverkehr Umsätze in Höhe von 1,5 Milliarden Euro für Berlin regeneriert und dass aus dieser Wertschöpfungskette Multiplikatoreneffekte für etwa 30 000 Arbeitsplätze in dieser Stadt ausgehen.
Berlin und die Messe haben aufgrund der hohen Auslastung des Berliner Messegeländes immer weniger Timeslots zur Verfügung, die noch frei genutzt werden können.
In den turnusbedingt veranstaltungsstarken Jahren, insbesondere durch die Veranstaltungen InnoTrans und Bautec ist das Gelände so gut wie vollständig ausgelastet. Aktuell übersteigt die Nachfragesituation bei der Internationalen Tourismusbörse oder bei der Funkausstellung die vorhandenen Kapazitäten bereits deutlich. Der Senator wies schon darauf hin. Die IFA baut Zelte mit einer Fläche von 10 000 qm auf, und auch die ITB kann nicht mehr alle Flächenwünsche, z. B. von arabischen Ländern, befriedigen. Die Wachstumsmöglichkeiten am Messeplatz Berlin sind aufgrund der begrenzten Geländekapazität nahezu ausgeschöpft. So kommt es aufgrund der Expansion dieser Eigenveranstaltungen immer wieder vor, dass Mietanfragen von Gastveranstaltungen nicht bedient werden können, was selbst etablierte Veranstalter treffen kann. Vergleichbares gilt für die Situation im Kongressgeschäft in Berlin.
Vor dem Hintergrund des kapazitätsbedingt begrenzten Wachstums am Messeplatz Berlin unterstützen wir die Hallenerweiterung am jetzigen Standort der Deutschlandhalle. Die Herstellungs- und Unterhaltungskosten eines Neubaus in Höhe von 45 Millionen Euro kann die Messe durch zusätzliche Einnahmen aus Vermietungen allein finanzieren. Ich hoffe auch, dass die derzeit ausgesetzten Verhandlungen zum Abriss und Neubau anstelle der Deutschlandhalle alsbald wieder aufgenommen werden können. Aber, Herr Thiel, ich unterstütze Sie ausdrücklich nicht in Ihrer Position, dass wir deshalb noch stärker in die Entscheidungsmöglichkeiten der Bezirke eingreifen sollten, auch wenn ich an der Stelle die Entscheidung des Bezirks Charlottenburg alles anderes als erfreulich finde. Wir unterstützen auch, wenn es notwendig ist, eine mögliche Erweiterung des Messegeländes südlich der Hallen 25 und 26, wo man auch noch 35 000 bis 40 000 qm Messefläche schaffen könnte.
Aber ich finde auch die Debatten zum ICC ziemlich spannend. Ich kann mich auch an frühere Debatten zu dem Thema erinnern. Mir erschließt sich nach wie vor nicht, welche Bedeutung ausgerechnet das Gebäude ICC für das Messegeschäft hat. Ich könnte mir vorstellen, dass das Messegeschäft genauso gut laufen würde, wenn an derselben Stelle ein ökonomischerer Zweckbau mit einer größeren nutzbaren Fläche zur Verfügung stünde. Ich verhehle also nicht, dass ich nach wie vor gewisse Zweifel daran habe, inwiefern man der bestehenden Substanz des ICC eine Funktionalität geben kann, die die Sanierung des bestehenden Gebäudes rechtfertigt.
Noch weniger halte ich von dem Antrag der FDP, die ICC-Fassade einfach so zu erhalten. Mir erschloss sich der Sinn des Antrags nicht. Was soll das? Die ICCFassade soll erhalten bleiben, und dahinter könnte man dann bauen, was man will? – Ich glaube, dass beides nicht funktioniert. Wenn wir, wie der Senat beschlossen hat, das ICC im laufenden Betrieb sanieren, dann wird das Ergebnis außen, aber auch innen natürlich etwas mit dem alten ICC zu tun haben müssen. Anders kann ich mir das nicht vorstellen. Trotzdem muss es erlaubt sein, außen wie innen Umbauten zu tätigen, die das ICC für die neuen Anforderungen ertüchtigen. Ich bin jedenfalls gespannt auf die Detailplanungen des Senats und gehe davon aus, dass die bald vorliegen und dass wir – wie geplant – im März 2012 mit der Sanierung des ICC im laufenden Betrieb beginnen können.
Zum Flughafen Tempelhof ist schon eine Reihe von Punkten genannt worden. Berlin hat 6,9 Millionen Euro in Tempelhof investiert, um die Grundvoraussetzungen für die Nutzung und Vermietbarkeit der Flächen zu schaffen, u. a. auch für die Modemesse „Bread and Butter“. Für 2010 sind weitere zwei Millionen Euro für Tempelhof geplant. Die Kongress- und Messeanfragen für Tempelhof werden zwischen der Messe Berlin GmbH und der BIM als Betreiber regelmäßig abgestimmt. Die beiden Standorte stehen nicht in Konkurrenz zueinander, sondern ergänzen sich, und es ist, wie der Senator gesagt hat, auch nicht beabsichtigt, auf dem Gelände des ehemaligen Flughafens Tempelhof einen zweiten Messe- und Kongressstandort auszubauen. Das unterstützen wir als Linke ausdrücklich.
Gleiches gilt für die Planung zur Erschließung eines Areals zur Sicherung der ILA am Standort Berlin-Brandenburg nahe der Ortschaft Selchow. Auf Grundlage der vom Senator erläuterten regelmäßigen Abstimmung, an der auch die Messegesellschaft Berlin beteiligt ist, soll zügig ein Masterplan erstellt werden, der Zeitplan, Umsetzungsschritte, Kosten und Verantwortlichkeiten festlegt. Spätestens bis zum zweiten Quartal dieses Jahres müssen – darüber sind wir uns im Klaren – die Voraussetzungen dafür geschaffen sein, dass die ILA auch 2012 in Brandenburg nahe Berlin stattfinden kann. Eine Verlagerung des Messegeschäfts vom Messegelände am Funkturm zu einem Standort außerhalb von Berlin – wie Selchow – unterstützen wir nicht. Das ist damit auch nicht verbunden. Ich kann mir auch nicht vorstellen, dass z. B. die ITB oder die Grüne Woche mit ihren Veranstaltungen nach Selchow gehen. Wir gehen deshalb davon aus, dass der Senat Erfolg hat mit seinem Anliegen – auch vom Senator erläutert –, dass die Messe Berlin GmbH auch das zusätzliche Veranstaltungsgelände in Selchow betreiben kann und damit ein weiteres ergänzendes Angebot aufbaut – auch für die Timeslots, die wir auf dem Gelände der Messegesellschaft derzeit nicht mehr bedienen können.
Berlin ist allemal auch eine Messe wert. Das zeigt das Geschäft unserer Messegesellschaft. Das zeigen auch – Herr Melzer hat es gesagt – die zahlreichen anderen Ausrichter von Kongress- und Tagungsveranstaltungen in der Stadt jenseits der Messegesellschaft. Aber in 24, 23, 22 Sekunden schaffe ich es nicht mehr, auch darauf noch einzugehen. Dafür arbeitet dieser Senat, und das ist auch gut so.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Lieber Herr Thiel! Das ist ja gut, dass bei uns in den Rederunden, weil uns Gleichstellungspolitik und Frauenpolitik so wichtig sind, Frauen zuerst kommen. Das hat dann für den wirtschaftspolitischen Sprecher der Linksfraktion auch noch einen Vorteil: Ich muss jetzt nicht das wiederholen, was Senator Wolf zu den Herausforderungen der gegenwärtigen wirtschaftlichen Situation in Berlin und zu den Antworten im Einzelplan 13 gesagt hat, sondern ich kann im Thema Wirtschaftspolitik drei Punkte herausgreifen, die deutlich belegen, wie der Senat und der Wirtschaftsenator auch durch tagtägliche gute Arbeit in der Stadt eine gute Wirtschaftspolitik machen.
Erstens: Mit dem Doppelhaushalt ist es gelungen, die weitere Finanzierung des Sozialtickets sicherzustellen. Das gelang diesmal ohne größere Auseinandersetzungen zwischen den Senatsverwaltungen, sicherlich im Unterschied zu den letzten Verhandlungen. Ich gehe davon aus und es bleibt auch für die Zukunft zu hoffen, dass die Finanzierung zukünftig für den Senat eine Selbstverständlichkeit ist.
Eine weitere Maßnahme, die insbesondere kleine Unternehmen unterstützt, ist die Weiterführung der Meisterprämie in Form eines Zuschusses. Ohne Zweifel hat gerade die gegenwärtige Finanzkrise die Bedeutung von Eigenkapital und Eigenkapitalunterstützung erhöht. Die Meisterprämie ist das einzige explizit nur für den Handwerksbereich zuständige Förderprogramm. Sie verleiht gerade in der gegenwärtigen schwierigen Situation durch eine verbesserte Kapitalausstattung mehr Sicherheit. Im Übrigen haben Umfragen ergeben, dass hier mehr Arbeitsplätze geschaffen werden als bei einer darlehensfinanzierten Förderung.