Protokoll der Sitzung vom 23.06.2011

Sie fordern – ich zitiere –:

Ankündigung des Austauschs der Schulleitung bei Nichterreichen der Zielvereinbarungen nach drei Jahren.

Für Schulentwickler – also für die Experten – ist ein echter Neustart nur nach einem schnellen, sofortigen Wechsel der Schulleitung sinnvoll. Ihre Forderung bedeutet auch hier Rückschritt statt Fortschritt.

[Beifall bei der FDP]

Im Prinzip – das muss ich schon sagen – sind mir Ihre Forderungen schleierhaft, denn nur die 25 schlechtesten Schulen profitieren von Ihren Verbesserungsvorschlägen. Das sind bei 759 Berliner Schulen ca. drei Prozent. Laut Verwaltung erhalten heute ca. 20 Prozent der besuchten Schulen Unterrichtsunterstützungsangebote.

Und es geht noch weiter: Sie wollen nur die 25 schlechtesten Schulen von der regionalen Schulaufsicht befreien. Diese sollen dann über enge Zielvereinbarungen mit der Bildungsverwaltung geführt werden. Ich sage ganz klar: Zu kurz gedacht! Für alle Schulen wäre die Abschaffung der regionalen Schulaufsicht eine wahre Erlösung. Klare Zielvereinbarungen mit der Bildungsverwaltung sind für alle Berliner Schulen völlig ausreichend.

[Beifall bei der FDP]

Wir sind in unseren bildungspolitischen Forderungen klar, deutlich und konsequent.

[Sascha Steuer (CDU): So, so!]

Alle Schulen brauchen Gestaltungsfreiheit mit einem eigenen Budget und eigener Personalverwaltung.

Herr Steuer! Abschließend stelle ich Ihnen dieselbe Frage, die ich Herrn Zöllner in der vorvorletzten Sitzung gestellt habe: Wo bleibt die echte Bildungsqualitätsverbesserung durch Zielvereinbarungen mit den Schulen, die dann im Gegenzug echte Gestaltungs-, Personal- und Budgetfreiheit erhalten? – Weder in Ihrem Antrag noch im Qualitätspaket des Senators wird dieser Frage auch nur annähernd nachgegangen. Und ich sage hier ganz klar: Nur mit mehr Freiheit und Eigenverantwortung der Einzelschule lösen wir die Bildungsmisere in dieser Stadt. Das ist ein anderer Weg, aber er verspricht, der erfolgreichere zu sein.

[Beifall bei der FDP]

Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Zum Antrag auf Drucksache 16/4212 wird die Überweisung an den Ausschuss für Bildung, Jugend und Familie und an den Hauptausschuss vorgeschlagen. – Ich höre keinen Widerspruch. Dann verfahren wir so.

Ich rufe auf

lfd. Nr. 4.4:

Beschlussempfehlungen

Keine Mieterhöhung bei schlechter Dämmung

Beschlussempfehlungen BauWohn und Haupt Drs 16/4254 Antrag der Grünen Drs 16/3643

in Verbindung mit

lfd. Nr. 23 A:

Dringliche Beschlussempfehlung

Wohnungsmarkt sozial gestalten (I): Kündigungsschutz bei Wohnungsumwandlungen verlängern und erweitern

Beschlussempfehlung BauWohn Drs 16/4278 Antrag der Grünen Drs 16/3758

in Verbindung mit

Dringliche zweite Lesung

Gesetz über den Sozialen Wohnungsbau in Berlin (Wohnraumgesetz Berlin – WoG Bln)

Beschlussempfehlungen BauWohn und Haupt Drs 16/4303 Vorlage – zur Beschlussfassung – Drs 16/4065

Hierzu liegt ein dringlicher Änderungsantrag der Fraktion der CDU vor, Drucksache 16/4303-1.

Tagesordnungspunkt 4.4 ist die Priorität der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen unter dem Tagesordnungspunkt 14.

Wird der Dringlichkeit widersprochen? – Das ist nicht der Fall.

Ich eröffne die zweite Lesung und schlage vor, die Einzelberatung der 15 Paragrafen miteinander zu verbinden. – Hierzu höre ich keinen Widerspruch. Ich rufe also auf die Überschrift und die Einleitung sowie die Paragrafen 1 bis 15 der Drucksachennummer 16/4065. Für die Beratung steht den Fraktionen jeweils eine Redezeit von bis zu fünf Minuten zur Verfügung.

Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hat der Herr Abgeordnete Otto das Wort. – Bitte sehr!

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wer in Berlin etwas für die Mieterinnen und Mieter tun will, der muss sich um das Thema Zweckentfremdung, um das Thema der Umwandlung von Miet- in Eigentumswohnungen, um die landeseigenen Wohnungsbaugesellschaften und um die Sozialwohnungen

kümmern. All das hat die Koalition in den letzten Jahren viel zu wenig getan. Wohnungspolitik hat im Prinzip überhaupt nicht stattgefunden. Das wollen wir ändern.

[Beifall bei den Grünen – Zuruf von Dr. Wolfgang Albers (Linksfraktion)]

Sie haben die energetische Sanierung nicht vorangebracht. Das Klimaschutzgesetz haben Sie beerdigt. Sie haben an die Mietregelungen, an die soziale Mietenpolitik viel zu wenig gedacht. Denken Sie an Ihre Bundesratsinitiative, die im Bundesrat beerdigt worden ist!

[Uwe Doering (Linksfraktion): Wer sagt Ihnen das? Woher haben Sie diese Weisheit?]

Wir haben hier eine Reihe von Anträgen zu diesen Themen eingebracht. Die meisten haben Sie leider abgelehnt. Einige sind in sehr vereinfachter, abgekürzter Form doch zur Abstimmung gelangt. Einer davon ist die Initiative „Keine Mieterhöhung bei schlechter Dämmung“. Der Regierende Bürgermeister hat Anfang dieses Jahres erklärt, dass hohe Mieten in Ordnung sind. Zwei Monate später hat er erklärt, dass hohe Mieten doch nicht so in Ordnung seien; deshalb sollte man bei der energetischen Sanierung lieber weniger tun, das könnte zu teuer werden.

Daraufhin haben wir gesagt, es muss nachgedacht werden – die landeseigenen Gesellschaften sind immer ein wenig unser Hauptstandbein –, und haben aufgeschrieben, dass die landeseigenen Wohnungsbaugesellschaften bei den Wohnungen, die im schlechtesten Zustand sind, auf Mieterhöhungen verzichten sollen, so lange, bis sie energetisch saniert sind. Das war unsere Idee. Damit wollten wir Herrn Wowereit entgegenkommen, vielleicht ihn auch prüfen. Die Koalition will das heute ablehnen. Das ist Ihre Wohnungspolitik.

[Beifall bei den Grünen]

In der Antragsreihe „Wohnungsmarkt sozial gestalten“ haben wir heute das Anliegen des Kündigungsschutzes nach Umwandlung in Eigentumswohnungen auf dem Tisch. Wir sind froh, dass wir nach fünfmaligem Vertagen im Bauausschuss jetzt wenigstens eine Beschlussempfehlung haben, wenngleich auch sie unserer Anfangsintentionen, die Zehn-Jahres-Frist, das, was das BGB hergibt, auszunutzen, nicht ganz entspricht. Sie haben es auf sieben Jahre gekürzt. Trotzdem sagen wir, dass es ein Erfolg für die Mieterinnen und Mieter in Berlin und nicht zuletzt ein Erfolg von Bündnis 90/Die Grünen ist.

[Beifall bei den Grünen]

Für uns hat Wohn- und Mietenpolitik Priorität, nicht nur heute. Wir haben uns das Wohnraumgesetz angeschaut. Das Wohnraumgesetz ist ein Wahlkampfgesetz und ein Spargesetz. Mit wenigen Paragrafen versuchen Sie, ein Thema zu bearbeiten und zu lösen, das schon sehr viel diskutiert wurde, bei dem sehr viel schief gegangen ist und bei dem sehr viel Geld, öffentliche Mittel bereits verschwendet wurden. Ich habe ein Zitat von 1979 aus dem Wahlprogramm der Alternativen Liste gefunden. Da stand zur Politik der SPD: Die Stadt wird ärmer. Die Kapitalanleger plündern die Staatskassen aus. Heute und

auch mit Ihrem Gesetz werden nicht nur die Staatskassen ausgeplündert, sondern auch die Mieterinnen und Mieter in den Sozialwohnungen. Das ist ein Skandal.

[Beifall bei den Grünen]

Es gibt Fälle wie im Fanny-Hensel-Kiez, in denen die Leute Kostenmieten bezahlen müssen für Kosten, die es gar nicht gibt, weil die Erwerber der Gebäude viel weniger Geld bezahlt haben, als die darauf liegende Schuldenlast ausmacht. Diese Kostenmiete ändern Sie mit Ihrem Gesetz überhaupt nicht. Es wird weiter solche schlimmen Fälle geben. Es wird weiter Fälle geben, in denen Leute ihre Wohnung verlassen müssen und in denen die vielen öffentlichen Mittel, Millionen Euro, die in diese einzelnen Objekte geflossen sind, verloren sind. Diese Millionen sind für eine soziale Wohnungsversorgung in Berlin verloren.

Sie hätten ein Gesetz machen müssen, das da eingreift und regelt. Das ist Ihnen nicht gelungen. Deswegen würden wir es für sehr viel besser halten, wenn Sie dieses Gesetz heute zurücknehmen würden und wenn wir in Ruhe und vielleicht auch gemeinsam an Lösungen arbeiten würden. Das wäre der Problematik und den Mieterinnen und Mietern in 160 000 Sozialwohnungen viel angemessener als dieser Schnellschuss, den wir nur ablehnen können.

[Beifall bei den Grünen]

Das Gesetz regelt weder das Thema der fiktiven Kosten. Es regelt auch nicht die Zukunft eines Wohnungsbaus. Es behandelt nur am Rande das Thema der Belegrechte. Sie haben die Belegrechte für die Sozialwohnungen fast vollständig aufgegeben. Die Belegrechte könnten Sie auch ohne Gesetz wieder einführen. Die Belegrechte könnten wir in bestimmten Teilen der Stadt nutzen. All das wollen Sie nicht. Sie wollen mit Ihrem Gesetz einseitig auf die Barwertablösung setzen und den Eigentümern da entgegenkommen.

Herr Otto! Ihre Redezeit ist zu Ende.

Das greift viel zu kurz. Das ist nicht adäquat. Wir finden, dass wir hier ein besseres Gesetz brauchen. Abschließend möchte ich noch sagen: Wenn Sie dieses Gesetz hier heute beschließen, ist die nächste Koalition, egal wie sie heißt, –