Es ist die Leistung der Menschen in Ost und West, die jeweils in ihrer Situation eine Lebensleistung erbracht haben. Keiner ist berechtigt zu sagen, dass der eine oder die andere Berliner oder Berlinerin, die nur durch einen Zufall der Geschichte im Westteil der Stadt großgeworden sind, dass sie mehr geleistet haben als die Menschen, die durch die historische Situation im Ostteil der Stadt in Unfreiheit leben mussten. Da gibt es nicht die Abwägung zwischen gut und schlecht und der Lebensleistung des einen oder anderen. Selbstverständlich haben die Millionen Menschen in der ehemaligen DDR und auch im Ostteil unserer Stadt eine erhebliche Lebensleistung vollbracht. Sie hatten es teilweise schwerer als die Menschen im Westen. Auch das gehört zur historischen Wahrheit dazu. Deshalb ist die klare Abgrenzung gegenüber dem Unrechtsystem keine Abgrenzung gegenüber den Menschen, die ihre Lebensleistung erbracht haben. Dafür steht diese Stadt, dafür, das anzuerkennen!
Gerade die Erfahrung zweier Diktaturen bedeutet für die Menschen in dieser Stadt, die jahrzehntelang darunter gelitten haben, dass wir eine besondere Verpflichtung haben, ein Klima in der Stadt zu schaffen, in dem Menschen, die anders sind, die vermeintlich einer Minderheit angehören, leben können, ein Klima, wo Menschen unterschiedlicher Religion zusammenleben können, Menschen aus 190 unterschiedlichen Nationalitäten, Menschen mit unterschiedlichen Lebensweisen, unterschiedlicher Hautfarbe. Das ist eine Verpflichtung für demokratische Parteien, gemeinsam für ein Klima zu sorgen, in dem keine
Ausgrenzung, keine Diskriminierung erfolgt, sondern in dem die Stadt eine Haltung besitzt, eine innere Liberalität, die sich nach außen zeigt, was bedeutet, Menschen in Berlin willkommen zu heißen und ein gemeinsames Leben zu organisieren.
Es ist schon erstaunlich, dass auf dieser Seite hier wenig Beifall kommt! – Genau so ist natürlich auch die politische Auseinandersetzung. Wir wollen dieses Klima haben, und das bedeutet, dass Integration und Partizipation für uns keine Fremdworte sind. Das bedeutet, dass die Menschen eine Chance bekommen. Wir bekennen uns dazu, dass unsere Gesellschaft tatsächlich eine multikulturelle Gesellschaft ist. Was denn sonst, hier leben Menschen aus vielen Nationen zusammen! Da kann man doch nur blind sein, wenn man das nicht begreifen und sehen will! Diese Menschen haben auch eine Lebensleistung. Sie sind Berlinerinnen und Berliner und nicht Fremde in einer Stadt! Sie sind originäre Berlinerinnen und Berliner!
Deshalb ist die Einheit der Stadt nicht nur ein Thema für Ost/West, sondern ein Thema, wie wir das Miteinander organisieren können.
Selbstverständlich sind Trennung und Teilhabe an unserem gesellschaftlichen Leben nicht nur ein Thema im Bereich von Migrantinnen und Migranten. Selbstverständlich ist es heute zuallererst ein soziales Thema.
Leider hat sich die Schere geöffnet. Es gibt immer mehr Menschen, denen es sehr gut und besser geht, aber es gibt leider auch Menschen, denen es weitaus schlechter geht. Viele Menschen sind von Armut bedroht. Auch viele Rentnerinnen und Rentner sind von Altersarmut bedroht. Sie sind genauso in der Gefahr, am Gemeinschaftsleben nicht mehr teilhaben zu können. Deshalb heißt es für eine solidarische Gesellschaft, diesen Ausgleich schaffen zu müssen. Das bedeutet für Sozialdemokraten selbstverständlich, dass diejenigen, die mehr Leistungen erbringen können, dass auch tun müssen. Es bedeutet, dass die anderen, die Solidarität erfordern, auch bekommen können. Und zwar nicht als Almosen à la FDP, sondern als eigenen Anspruch. Für diese solidarische Gesellschaft muss die Stadt Berlin stehen. Dafür steht auch die Sozialdemokratie!
Es ist legitim, wenn auf der letzten Parlamentssitzung unter dem Thema Bilanz vor der Wahl die Opposition voll vom Leder zieht. Es ist legitim, dass sie versucht, die Regierungsleistung so schlecht darzustellen, wie es für ihre Wahlauseinandersetzung passen mag. Aber, liebe Kolleginnen und Kollegen von der Opposition, trotz aller Wahlkampfparolen und trotz aller Wahlkampfreden: Ich bin stolz auf das, was die Stadt Berlin in den letzten Jahren erreicht hat und was diese Regierungskoalition geleis
tet hat. Wir stehen besser da in Deutschland und in der Welt! Wir sind stolz auf eine internationale Metropole, in der sich die Lebensbedingungen der Menschen verbessert haben! Wir sind stolz darauf, dass viele Menschen das anerkennen!
Deshalb wirken Ihre Parolen im Wahlkampf nicht, deshalb haben einige Leute den Eindruck, es handele sich um einen langweiligen Wahlkampf, weil es kein zentrales Thema gibt. Ihre Parolen fallen nicht auf fruchtbaren Boden. Die Lebenswirklichkeit der Menschen ist eine gänzlich andere. Ich habe manchmal den Eindruck, Sie leben in Parallelwelten, vor allen Dingen natürlich auch Herr Henkel von der CDU!
Wer war es denn, der Berlin mit dem Bankenskandal zum Sanierungsfall gemacht hat, Herr Henkel? – Da hätten Sie ja mal ein Wort dazu sagen können, was Ihre Verantwortung bei dem Bankenskandal war, den wir heute noch bezahlen!
Neulich gab es eine schöne Veranstaltung bei der Landesbank. Da ging es um das Thema Gesundheitswirtschaft. Einige, aber viel zu wenig Abgeordnete waren dabei. Dort hat sich der Banker hingestellt und gesagt, es sei toll, dass sie solch eine prima Immobilie am Wannsee hätten, wo Seminare abgehalten werden könnten. Diese I-A-Immobilie hat die Landesbank. Herzlichen Glückwunsch! – Wir haben die faulen Immobilien übernommen und zahlen heute noch die Schulden daran. So ist die Wirklichkeit beim Thema Bankenskandal! Dazu hat die CDU den wesentlichen Beitrag geleistet, Herr Henkel! Auch das gehört zur Wirklichkeit.
Ich finde es enorm, wie sich einige Parteien auch beim Thema Infrastruktur und Schönefeld und Flughafen Schönefeld einen schlanken Fuß machen. Da wird man natürlich gern zu Demonstrationen gehen und den Leuten alles versprechen. Haben Sie vergessen, dass es die CDU mit Unterstützung der Grünen war, die den Standort Schönefeld durchgesetzt hat und stets für Schönefeld war, während andere für Sperenberg eingetreten sind?
Lieber Herr Henkel! Haben Sie es vergessen, dass es Ihre Bundesregierung ist, die hier die Programme zur sozialen Stadt radikal gestrichen hat und damit wichtige Projekte in der Stadt zunichte zu machen droht?
Haben Sie vergessen, dass es Ihre Partei ist, die Menschen in unserer Stadt die Gleichberechtigung vorenthält und den Migrantinnen und Migranten noch immer die Gleichstellung verweigert? – Das ist Ihre Partei!
Deshalb ist es ein Skandal, wenn Ihre Kanzlerin sich hinstellt und noch mit der Überschrift zitiert wird: „Berlin hat eine bessere Regierung verdient!“
Ich finde es interessant, wie hier die Opposition den Wahlkampf bestreitet. Ich habe mich auf deren Beiträge konzentriert.
Ich habe immer versucht herauszufinden, was Ihre Alternativen für die Regierungspolitik sind. Herr Henkel, etwas kritisieren ist eine Sache. Sie haben aber nur eine Chance, wenn Sie deutlich machen können, dass Sie eine bessere Politik für diese Stadt machen. Da sind Sie jede Antwort schuldig geblieben! Nur die Parole: Ich will aufräumen – das reicht nicht. Da haben wir wieder den schwarzen Sheriff, den Sie lange in Watte gebettet hatten. Herr Henkel! Sagen Sie doch, was Sie wollen! Sie kritisieren, dass wir 4 000 Stellen abgebaut haben. Herr Körting hat Ihnen nachgewiesen, dass bei der Polizei nur 1 500 Stellen abgebaut worden sind. Aber was ist Ihre Antwort in Ihrem Wahlprogramm? 250 Stellen wollen Sie haben. Wie können Sie dann den Abbau von 4 000 Stellen kritisieren? Sie hätten doch sagen müssen, dass zusätzlich 5 000 Stellen erforderlich sind, um die Situation zu verbessern. – Wo ist also Ihre Antwort, Herr Henkel?
[Beifall bei der SPD und der Linksfraktion – Andreas Gram (CDU): Das ist ziemlich großmäulig! – Weitere Zurufe von der CDU]
Und die Grünen sind noch schärfer. Ich kann ja verstehen, dass man, wenn man als Bundespolitikerin wenig Ahnung von der Stadt hat, schnell mal 500 bis 700 neue Polizeistellen fordert. Das hat nur zwei Tage gehalten, weil alle bei Ihnen wieder in Schockstarre waren – vor allem Ihre Innenpolitiker: Wie kann sie so etwas fordern, wir haben doch etwas ganz anderes gesagt?
Und was ist dann übriggeblieben, um sie wieder einigermaßen auf Kurs zu bringen? – Sie hat neulich beim RBB gesagt, jetzt sollten die Häuptlinge aus der Verwaltung auf die Straße geschickt werden.
Jetzt gucken wir mal, wo eigentlich die Häuptlinge im Verwaltungsdienst sind. Meint sie die Sekretärinnen, die
jetzt bewaffnet und auf die Straße geschickt werden sollen? – Lieber Herr Ratzmann! Es ist doch ein Witz, was die Grünen hier als Antwort auf die Fragen zur inneren Sicherheit zu bieten haben.
Frau Künast hat klipp und klar erklärt, dass sie Regierende Bürgermeisterin werden will. Dazu braucht sie Herrn Henkel und seine Truppen. Dann hätten man doch hier mal eine flammende Rede für Grün-Schwarz halten können. Wo war denn Ihre Stellungnahme zu diesem Koalitionsangebot an Herrn Henkel und seine CDU? Wie bringen Sie es Ihren Wählern bei, dass Sie eine Sicherheitspolitik à la Henkel und eine Stadtpolitik à la CDU machen wollen?
Lieber Herr Ratzmann! Wo ist Ihre Abgrenzung zur CDU gewesen, oder lassen Sie sich wieder eine große Tür oder ein Scheunentor offen für eine Koalition mit der CDU, damit Sie Ihren Machtanspruch geltend machen können? Wie ist die Antwort und die Machtperspektive für Frau Künast?
Herr Ratzmann! Dazu haben Sie bislang gar nichts gesagt. Deshalb ist doch klar: Wer Grün wählt, wird schwarz aufwachen. – Das ist die Gefahr dabei, und deshalb braucht man sich da auch nicht zu wundern.