Für die Beratungen steht den Fraktionen eine Redezeit von jeweils bis zu fünf Minuten zur Verfügung. Es beginnt die Fraktion der SPD, das Wort hat der Abgeordnete Herr Jahnke. – Bitte sehr!
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir diskutieren heute die Änderung des Berliner Vergabegesetzes, die sowohl für die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer als auch für Unternehmen, die sich an unseren Ausschreibungen beteiligen, erhebliche Verbesserungen mit sich bringen wird. Zudem leistet diese Gesetzesänderung einen nicht unerheblichen Beitrag zur Durchsetzung der von allen Seiten immer wieder – zu Recht – erhobenen Forderung: gleiches Geld für gleiche Arbeit. Dies ist ein Beitrag, der gerade in einer Stadt wie Berlin, die bis heute engagiert daran arbeitet, letzte Unterschiede zwischen Ost und West zu beseitigen und sich auch für die Geschlechtergleichstellung einsetzt, hervorzuheben ist. Aber der Reihe nach.
Wichtiger Bestandteil der Gesetzesänderung ist die Anhebung des Mindestlohns um einen Euro auf nunmehr 8,50 Euro.
Damit tragen wir den sich ändernden Gegebenheiten Rechnung, denn niemandem in diesem Hause dürfte entgangen sein, dass die Lebenshaltungskosten in den letzten Jahren allgemein gestiegen sind und ein Mindestlohn seinen Nutzen nur dann entfaltet, wenn er auch tatsächlich in der Lage ist, seinen Beziehern ein Auskommen zu sichern.
Darüber hinaus geht es auch darum, den Menschen zu signalisieren, dass Arbeit sich lohnt und mit einer menschenwürdigen Entlohnung eine ganz praktische Anerkennung der geleisteten Arbeit einhergeht. Denn – auch davon sind wir überzeugt –: Der Staat als Arbeitgeber wie auch als Auftraggeber soll in Fragen von Arbeitsentlohnung und Arbeitsbedingungen mit gutem Beispiel vorangehen.
Wichtig ist, dass auch durch Branchentarifverträge oder Firmensitze im Ausland oder durch die Einschaltung von Subunternehmen der Mindestlohn nicht umgangen werden kann – 8,50 Euro sind die absolute Untergrenze. Selbstverständlich ist das nicht das Lohnniveau, auf dem die Mehrzahl unserer Landesaufträge erfolgt. In den meisten relevanten Branchen – zum Beispiel der des Bauhauptgewerbes – gelten gesetzliche Mindestlöhne, die deutlich darüber liegen, und auch andere regionale Tarifverträge liegen über 8,50 Euro. Dennoch erachten wir es für wichtig, dass auch in Bereichen, in denen – wie einige Wirtschaftsvertreter es gerne ausdrücken – das „Wertschöpfungspotenzial nur sehr gering ist“, menschenwürdige Bezahlung geleistet wird.
Ein weiterer Punkt, der uns wichtig ist, lautet: gleicher Lohn für gleiche Arbeit. Die Bieter haben künftig zu garantieren, dass sie bei der Durchführung öffentlicher Aufträge ihren Beschäftigten bei gleicher Arbeit das gleiche Entgelt zahlen. 22 Jahre nach der deutschen Wiedervereinigung ist es nicht einzusehen, warum in Ost und West nach wie vor unterschiedliche Löhne gezahlt werden. Berlin ist das Symbol der deutschen Einheit schlechthin, wir sind die Stadt, die es sich auf die Fahne geschrieben hat, Ost und West zu vereinen!
Die Gesetzesnovelle schreibt dies nun auch rechtsverbindlich für den Bereich öffentlicher Auftragsvergabe fest. Gleicher Lohn für gleiche Arbeit gilt ebenso für das Thema Geschlechtergleichstellung. Eine ungleiche Bezahlung von Frauen und Männern darf es nach dieser Maßgabe nun nicht mehr geben!
Im Übrigen streben wir auch an, dass keine ungleiche Bezahlung zwischen regelmäßiger Beschäftigung und Leiharbeit mehr erfolgt, wenn die Tätigkeit die gleiche ist.
Zugleich ist dieses Änderungspaket zum Vergabegesetz auch gerade für kleine und Kleinstunternehmen von Vorteil. Mit der Annahme eines öffentlichen Auftrages sind für die Unternehmen regelmäßig hohe Dokumentationspflichten verbunden. Das ist auch richtig so. Wenn ein Unternehmen einen Auftrag erhält, für den es mit öffentlichen Geldern bezahlt wird, dann behalten wir uns allerdings das Recht vor zu überprüfen, ob die Durchführung dieses Auftrags auch mit dem öffentlichen Wohl zu vereinbaren ist. In der Praxis hat sich jedoch gezeigt, dass gerade Kleinunternehmen mit diesen anspruchsvollen Dokumentationspflichten vielfach überfordert waren und sich im Endeffekt kaum noch an öffentlichen Ausschreibungen beteiligt haben. Das führte dazu, dass viele Berliner Bau- und Handwerksbetriebe, die hier Menschen in Lohn und Brot bringen und ihre Steuern bezahlen, bei der Auftragsvergabe oftmals zugunsten größerer Betriebe, die nicht notwendig aus Berlin kamen, das Nachsehen hatten. Unser Entwurf sieht deshalb vor, Aufträge mit einem
geschätzten Auftragsvolumen von bis zu 10 000 Euro netto künftig von diesen Dokumentationspflichten freizustellen.
Zu guter Letzt wird auch ein regelmäßiger Vergabebericht in das Gesetz neu aufgenommen. Dieses Verfahren hat sich in anderen Bundesländern bewährt. Wir haben uns in der Koalitionsvereinbarung darauf verständigt, auch in Berlin die Arbeit von Vergabestellen und Kontrollkommissionen durch regelmäßige Evaluation zu begleiten und erforderlichenfalls eine Gesetzesanpassung vorzunehmen.
Sie sehen, wir befinden uns mit der Novelle des Berliner Ausschreibungs- und Vergabegesetzes auf einem guten Weg. – Ich danke Ihnen für die Aufmerksamkeit!
Vielen Dank! – Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hat jetzt der Abgeordnete Herr Olalowo das Wort. – Bitte sehr!
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Herr Kollege Jahnke! Ihrer Rede ist eigentlich nicht mehr sehr viel hinzuzufügen. Aber was Sie sagen, machen Sie nicht wirklich.
Die Koalitionsfraktionen erhöhen zwar den Mindestlohn im Landesvergabegesetz auf 8,50 Euro – das finden wir gut, und dem können wir auch zustimmen,
das ist sicher auch für die Menschen, die davon betroffen sind, eine Verbesserung. Sie wollen auch einen zweijährlichen Vergabebericht in das Gesetz aufnehmen. Dann erfahren wir wenigstens, was Sie gemacht haben. Aber Sie übernehmen damit eine alte Forderung von uns.
Das ist in Protokollen aus dem Jahr 2009 nachzulesen. – Letztlich zeugt Ihr Antrag aber nur von Aktionismus und bleibt ohne Substanz. Sie machen das, und nur das, was auf der Hand liegt. Dabei behalten Sie sich selbst möglichst große Spielräume vor. Vor allem gehen Sie die wichtigen Aspekte gar nicht an.
und das nicht nur für die Auftragnehmer des Senats Mindestlöhne festlegt, denn unser Gesetz geht auch auf die Betriebe und die Unternehmen des Landes ein.
Nein, es geht auf beides ein. – Darin machen wir auch einen Vorschlag für die Landesmindestlohnkommission. Zumindest das könnten Sie ins Gesetz mit hineinnehmen, denn bislang bleibt die Festlegung des Mindestlohns dem Senat überlassen. Immerhin, selbst Ihre Koalitionsvereinbarung sieht die Abstimmung mit den Sozialpartnern vor.
seitdem sind Sie eigentlich am Zug. Der Entwurf einer Verwaltungsvorschrift, wie es denn nun ausgeführt werden soll, die steht immer noch aus.
Sie sind jetzt über hundert Tage im Amt, da könnten Sie allmählich etwas vorlegen. Die Fünfjahresfrist, die im Gesetz steht, die bezieht sich auf die Fortschreibung und nicht auf die Vorlage der Verwaltungsverordnung.
Anderer Punkt: Berlin hat ein jährliches Vergabevolumen von über 4 Milliarden Euro. Da lässt sich auch ein Beitrag zur Modernisierung der Wirtschaft leisten. Aber auch dieses Feld lassen Sie unbestellt.
Was würden wir machen? – Genau, das kommt jetzt. – Eine innovationsorientierte Vergabe würde einen Impuls setzen, sie würde die Potenziale der Wissenschaftsstadt zusammen mit den Unternehmen dieser Stadt für zukunftsfähige Produkte und Dienstleistungen mobilisieren.
Das leidige Thema Kontrolle: Die Einführung eines Vergabeberichts, das ist ein guter Gedanke – das haben wir Ihnen, wie gesagt, auch schon 2009 vorgeschlagen –, aber was fehlt, ist die Kontrollgruppe.
Die gibt es wohl noch nicht. Was wollen Sie uns dann berichten? Wollen Sie uns eine Übersicht darüber vorlegen, welche Ausschreibungsergebnisse es in den letzten
zwei Jahren gegeben hat? Wir würden gern wissen, was passiert ist und welche Sie aus welchen Gründen nicht genommen haben.