Protokoll der Sitzung vom 26.04.2012

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Sehr geehrte Kollegin Spranger! Sie haben davon gesprochen, dass wir in der Vergangenheit hier sehr klare Anträge und Beschlüsse gehabt hätten. Wenn man sich den Antrag ansieht, den Sie heute auf den Tisch gelegt haben, stellt man fest, dass er an Unklarheit und Allgemeinheit kaum zu übertreffen ist.

[Beifall bei den GRÜNEN und der LINKEN – Beifall von Oliver Höfinghoff (PIRATEN)]

Sie wollen ganz allgemein die Rolle der Wohnungsbaugesellschafen stärken. Aber was ist eigentlich deren Rolle? Sie haben in Ihrem Redebeitrag erwähnt, dass es gut ist, dass es landeseigene Wohnungsbaugesellschaften gibt. Darauf kann man sich zwischen uns relativ schnell einigen. Aber was ist deren Aufgabe? – Darüber haben Sie herzlich wenig verlauten lassen.

[Iris Spranger (SPD) meldet sich zu einer Zwischenfrage.]

Bündnis 90/Die Grünen hat im November einen Antrag eingebracht. Das war unser wohnungspolitisches Vollprogramm – die Drucksache 17/0029. Da haben wir hineingeschrieben, dass wir die Wohnungsbaugesellschaften zu einem zentralen wohnungspolitischen Steuerungsinstrument auf der Gesamtberliner Ebene entwickeln wollen. Das war das Ziel, und wir haben das untersetzt.

[Zurufe: Der Ton ist weg!]

Jetzt haben Sie das Mikro wieder. Ich wollte Sie eigentlich nur fragen, ob Sie eine Zwischenfrage zulassen.

[Iris Spranger (SPD): Er kann weiterreden. Ich mache danach eine Kurzintervention!]

Kurze Mikrofonsabotage hier!

[Oh! von der SPD und der CDU – Heiterkeit]

Herr Kollege Schneider! Wir haben in diesem Antrag – Drucksache 17/0029 – aufgeschrieben, was wir von den landeseigenen Wohnungsbaugesellschaften erwarten,

[Zuruf von Torsten Schneider (SPD)]

nämlich dass sie vorrangig Haushalte mit wenig Einkommen mit Wohnraum versorgen, dass sie sich konsolidieren und dass sie investieren, und zwar insbesondere in die energetische Sanierung. Da müssen sie Vorbild sein. Das sind die drei Aufgaben, die da stehen. Dazu habe ich von Ihnen herzlich wenig gehört.

[Beifall bei den GRÜNEN – Beifall von Martin Delius (PIRATEN)]

Wir haben das dann noch untersetzt. Der Antrag Drucksache 17/0201 beschäftigt sich ganz konkret mit der Frage, an wen Wohnungen vergeben werden sollen. Der ist im Geschäftsgang, und auch zu diesem Antrag habe ich von Ihnen bisher keine Reaktion vernommen. Wir haben darin vorgeschlagen, ein Drittel der Wohnungen – also von allen, die im Rahmen von Fluktuation frei werden – an Menschen zu geben, die Sozialleistungen beziehen – ALG II, Wohngeld, Grundsicherung –, ein Drittel der Wohnungen an Menschen zu geben, die einen Wohnberechtigungsschein bekommen – über die erste Gruppe hinaus –, und ein Drittel frei zu vermieten. Das sollte im Rahmen der Fluktuation das Prinzip sein. Das schlagen wir hier vor, und das liegt immer noch auf dem Tisch. Dazu würde ich von Ihnen gern etwas erfahren.

[Beifall bei den GRÜNEN – Beifall von Katrin Lompscher (LINKE)]

Sie sprechen in Ihrem Antrag und insbesondere in der Begründung von dem Spagat zwischen Betriebswirtschaft und sozialen Zwecken. Na klar! Das müssen wir hier entscheiden, in diesem Parlament: Wie viel Schuldenabbau soll sein? Wie viel Investition soll sein? Und wie viel Sozialpolitik wollen wir mit diesen landeseigenen Wohnungsbaugesellschaften machen? – Dass die eine soziale Aufgabe haben, ist hier wohl klar.

Wir haben immer die Frage – und da wird es interessant –, wie diese soziale Aufgabe gelöst werden soll.

Dazu brauchen wir zum einen erst einmal Klarheit, Transparenz. Was steckt eigentlich drin in den Wohnungsbaugesellschaften? Ich habe jüngst eine Kleine Anfrage gestellt – weil wir heute auch über das Thema AV Wohnen diskutiert haben – und den Senat gefragt, wie viele landeseigene Wohnungen es gibt, die passfähig zu den Kosten der Unterkunft für einen Ein-PersonenHaushalt, einen Zwei-Personen-Haushalt, einen DreiPersonen-Haushalt usw. sind. Der Senat hat geantwortet – Zitat –:

Der Senat kann hierzu keine Aussage treffen.

So werden wir hier nicht informiert. So werden wir im Nebel stehen gelassen. Entweder Sie wissen das nicht – das ist schlimm –, oder Sie wissen es und trauen sich nicht, das zu sagen. Beides ist ein Skandal.

[Beifall bei den GRÜNEN und der LINKEN – Beifall von Martin Delius (PIRATEN)]

Die Wohnungsbaugesellschaften sind betriebswirtschaftlich – auch das muss man diskutieren – in den letzten fünf, sechs Jahren vorangekommen. Sie haben bessere Zahlen vorgelegt, sind mit dem Schuldenabbau vorangekommen und haben auch ein gewisses Maß an Überschüssen. Wir wollen, dass über die Verwendung dieser Überschüsse hier im Parlament diskutiert wird – im Beteiligungsausschuss, im Hauptausschuss, im Parlament. Wir wollen hier darüber diskutieren und entscheiden, wie viel Schuldenabbau erfolgen soll, wie viel in die Sanierung investiert werden kann, wie viel in neue Wohnungen investiert werden kann und wie viel wir über eine soziale Mietenpolitik an die Mieterinnen und Mieter zurückgeben können. Das wollen wir hier im Parlament entscheiden. Frau Spranger! Auch dazu will ich von Ihnen eine Stellungnahme haben. – Danke!

[Beifall bei den GRÜNEN – Vereinzelter Beifall bei der LINKEN]

Frau Abgeordnete Spranger hat das Wort zu einer Kurzintervention. – Bitte!

Herr Otto! Man sollte immer auch wissen, was man in vergangenen Wahlperioden wie getan hat. Ich erinnere mich daran, dass gerade die Grünen gefordert haben, sämtliche Wohnungsbaugesellschaften zu privatisieren.

[Beifall bei der SPD und der CDU – Thomas Birk (GRÜNE): Quatsch! Was für ein Unsinn!]

Wir mussten sogar ausrechnen, welchen Wert die Wohnungsbaugesellschaften kumuliert haben. Sie haben in vielen einzelnen Parlamentsreden genau das gefordert. Es ist also ein Schein, was Sie hier tun. Sie sagen, Sie wollen Mieterrechte stützen. In Wirklichkeit reden Sie aber ganz

klar für Privatisierungen, lieber Herr Otto. Auch an der Stelle müssen Sie sich die Frage gefallen lassen, was die Grünen in den vergangenen Wahlperioden von sich gegeben haben. Insofern bleiben Sie schön ruhig! Wir werden diesen Antrag miteinander besprechen. Ich sage Ihnen aber, dass Sie dies künftig in der Form nicht mehr tun sollten. Wenn Sie über Dinge sprechen möchten, sind wir gern dazu bereit. Sie müssen aber auch all das wahrnehmen, was Sie in der Vergangenheit gefordert haben. Sie veranstalten hier einen Schein. Das kann ich in der Öffentlichkeit durchaus noch einmal wiederholen.

Was steckt in den Wohnungsbaugesellschaften, Herr Otto? – Sie sind doch im Beteiligungsausschuss. Fragen Sie doch dort die Beteiligten! Jede Wohnungsbaugesellschaft ist dort vertreten und bringt Ihnen die entsprechenden Daten.

[Zuruf von Thomas Birk (GRÜNE)]

An dieser Stelle, Herr Otto, habe ich von Ihnen noch nicht viel gehört. Dann wüssten Sie, was in den Wohnungsbaugesellschaften enthalten ist. Ich lasse hier nicht zu, dass Sie die Wohnungsbaugesellschaften herunterreden und schlechtreden. Solange ich hier im Parlament bin – und das sind einige Jahre in unterschiedlichen Rollen –, war ich immer sehr stolz darauf, dass wir Wohnungsbaugesellschaften haben. Das, was die Wohnungsbaugesellschaften tun, ist richtig. Wir unterstützen das. – Herzlichen Dank!

[Beifall bei der SPD und der CDU]

Vielen Dank! – Herr Otto? Ich gehe davon aus, dass Sie antworten möchten. – Bitte!

Frau Kollegin Spranger! Jetzt haben Sie blöderweise auf keine meiner Fragen geantwortet.

[Beifall bei den GRÜNEN]

Stattdessen flüchten Sie sich in die Keule der bewussten Falschbehauptung.

[Beifall bei den GRÜNEN]

Sie haben – jetzt erzähle ich einmal, wie es war; Sie können später darauf reagieren – gesagt, wir hätten verlangt, alles zu veräußern. Das ist natürlich totaler Quatsch. Das hat hier niemand verlangt.

[Beifall bei den GRÜNEN – Zuruf von Iris Spranger (SPD)]

Was wir hier vorgestellt haben, waren immer geschlossene Konzepte, mit denen wir eine Mietenpolitik für diese Stadt organisieren wollen. Es war eine Mietenpolitik, bei der wir überlegt haben, wie viele Wohnungen mit wel

chen Miethöhen für wen und wo benötigt würden. Diese Position haben wir all die Jahre lang vertreten.

Jetzt schauen wir vielleicht noch einmal auf die SPD und die letzte Koalition. Sie haben mit der GSW eine Kleinstadt an die Börse gebracht.

[Beifall bei den GRÜNEN und den PIRATEN]

Nun stellen Sie sich hier hin und machen uns Vorwürfe. Ich finde das unerhört. Hier hat auch niemand – Sie haben vielleicht nicht richtig zugehört – eine Wohnungsbaugesellschaft schlecht- oder heruntergeredet. Ich habe vielmehr gesagt, dass sie betriebswirtschaftlich auf einem guten Weg sind. Ich habe auch gesagt, dass wir im Parlament darüber entscheiden möchten, was mit teilweise vorhandenen Überschüssen zu geschehen hat. Ich kann zwar im Beteiligungsausschuss nach der wirtschaftlichen Lage fragen – das tue ich übrigens auch sehr häufig –, aber wir wollen hier Beschlussvorlagen mit Varianten haben, was mit den Überschüssen zum Beispiel der HOWOGE in den Jahren 2010, 2011, 2012 geschehen soll, ob es Neubau, weitere Sanierung oder weiteren Schuldenabbau geben soll. Darum geht es. Das gehört hier auf den Tisch. Darüber wollen wir entscheiden. Sie können mit Ihren Falschbehauptungen erst einmal zu Hause bleiben. – Danke schön!

[Beifall bei den GRÜNEN und den PIRATEN]

Vielen Dank, Herr Otto! – Das Wort für die CDUFraktion hat der Abgeordnete Brauner. – Bitte sehr!

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Das Thema Wohnen ist emotional und spannend wie immer, einfach aus dem Grund, weil viele Menschen nach Berlin kommen und wir immer mehr Haushalte in dieser Stadt haben. Insofern ist dies zunächst einmal ein begrüßenswerter Zustand. Trotzdem heißt das für uns, dass wir uns der Herausforderung annehmen müssen, ein Konzept haben zu müssen, wie wir mit unseren städtischen Wohnungsgesellschaften umgehen. Das genau ist auch Gegenstand des Antrages und nicht irgendwelche wilden Behauptungen. Es geht um ein planvolles Vorgehen, damit Wohnen in Berlin liebens-, lebenswert und auch bezahlbar bleibt. Das ist unsere generelle Situation. Auf diese arbeiten wir hin.

[Beifall bei der CDU]

Sehr geehrter Herr Otto! Es lohnt sich manchmal, auch kurze Anträge zu lesen. Wir machen im Moment vielleicht nicht so viel Papier schwarz wie Sie. Das, was Sie jedoch fordern, ist hier enthalten. Insofern liegen wir an dieser Stelle manchmal auf einer Linie; die Konsequenz ist allerdings nicht dieselbe.

Uns geht es darum – das haben wir im Antrag auch deutlich gemacht –, eine Strategie zu erarbeiten, die auch vernünftig und fundiert begründet sein soll. Es wird nicht damit gehen, dass Sie vielleicht einmal die eine oder andere Frage stellen, sondern geht nur damit, dass man sich sehr intensiv – das ist in diesem Fall auch Aufgabe exekutiven Handelns – mit der jeweiligen Situation des Wohnungsunternehmens dahin gehend auseinandersetzt, wie der Bestand, die Finanzierungsstruktur, die Planung aussieht und was möglich ist. Das ist Gegenstand dieses Antrags und auch Gegenstand des Konzepts, mit dem wir für Berlin eine vernünftige Ausrichtung der Wohnungsgesellschaften im Parlament auf dieser Grundlage entscheiden und beschließen wollen. Das ist zukunftsrichtig. Das bringt uns auch mietenpolitisch auf den richtigen Weg.