Herr Präsident! Meine Damen, meine Herren! Jedes Schulkind in Berlin weiß und kann es am Zustand seines Schulgebäudes absehen: Der Investitionsbedarf in Berlin ist riesig. Dieser Bedarf übersteigt die verfügbaren Mittel bei weitem. Allein im Bildungs- und Wissenschafts-, dem Hochschulbereich liegt der Investitionsstau in der Summe bei deutlich über einer Milliarde Euro. Jede Investitionsentscheidung in diesem Land ist also zwangsläufig eine Schwerpunktentscheidung. Und bei jeder Investitionsentscheidung muss die Frage beantwortet werden: Wollen wir uns das leisten?, und, noch wichtiger: Können wir uns das leisten? – Diese Frage gilt für die Sanierung des ICC, sie gilt für die Nachnutzung von Tegel – wenn Tegel dann irgendwann mal nachgenutzt werden kann –; diese Frage gilt selbstverständlich auch für die Zentrale Landesbibliothek. Sie galt auch für die Kunsthalle, die ja dann verworfen wurde. Auch die Hochschule für Schauspielkunst Ernst Busch muss sich diese Frage stellen. Wir müssen uns diese Frage stellen: Wollen wir uns das leisten? Können wir uns das leisten?
Die SPD hat diese Frage immer eindeutig beantwortet. Wir haben unser Wort gegeben, die bauliche Situation der Hochschule für Schauspielkunst dauerhaft und grundsätzlich zu verbessern. Dieses Wort gilt. Dieses Wort gilt
Wir haben uns auch zur Schaffung eines Zentralstandorts bekannt. Und wir haben uns auch nach längerer Diskussion zum Standort Chausseestraße bekannt. Allerdings haben wir – das wissen alle Beteiligten – dieses Ja mit einer ganz glasklaren Bedingung verknüpft, und zwar bereits im Jahr 2010. Diese Bedingung lautete: Die Errichtung des Zentralstandorts der Hochschule für Schauspielkunst darf maximal 33 Millionen Euro kosten. Diese Entscheidung, dieser Beschluss ist zwei Jahre alt. Er ist nichts Neues, er ist zwei Jahre alt.
Wie kamen wir zu diesem Beschluss? – Bereits im Jahr 2010 wurden wir mit Kostensteigerungen konfrontiert. Im Jahr 2010 hatte dieses Parlament zu entscheiden, ob es an diesem Projekt festhält, obgleich es zu zusätzlichen Kosten, z. B. für den Erwerb von Flächen, kommt. Wir haben damals in der SPD-Fraktion intensiv diskutiert, und ich verrate kein Geheimnis, wenn ich sage: Ja, dieses Projekt stand damals auf der Kippe. Uns Wissenschaftspolitikern ist es nur deshalb gelungen, die Fraktion davon zu überzeugen, an diesem Projekt festzuhalten, weil wir uns gemeinsam darauf verständigt haben, dass wir weitere Kostensteigerungen nicht akzeptieren würden.
Dieses wurde dann von einer rot-roten Koalition im Hauptausschuss entsprechend umgesetzt, es wurde beschlossen und mit einer entsprechenden Berichtspflicht hinterlegt.
Der Senat hat uns nun, obgleich die Kostensteigerungsgrenze bekannt war, einen Haushalt vorgelegt, in dem es zu Mehrkosten kam. Man hat uns vorgeschlagen, für die Errichtung des Zentralstandortes nicht 33 Millionen Euro, sondern 34,9 Millionen Euro auszugeben.
Deshalb ist es eine Selbstverständlichkeit für uns, in den Haushaltsberatungen darüber zu diskutieren, ob wir dem Vorschlag des Senats folgen können oder nicht.
Wir haben uns nach langer Diskussion entschieden, an dem Kostendeckel festzuhalten. Ich glaube auch, dass das die richtige Entscheidung ist. Mehrere von Ihnen haben vorhin darauf hingewiesen, dass im Land Berlin immer mehr die Baukosten durch die Decke gehen.
Glauben Sie uns: Das ist nichts, was uns mit Freude erfüllt. Nein, das ist etwas, das wir sehr kritisch sehen. Deshalb glaube ich, dass ein Deckel für die Schauspielschule kein Sündenfall ist, sondern ein Beispiel dafür, wie wir im Land Berlin auch künftig die Kosten für Baumaßnahmen im Griff halten können.
[Beifall bei der SPD – Vereinzelter Beifall bei der CDU – Andreas Baum (PIRATEN): Kostendeckel statt Haushaltsplan!]
Ich kann verstehen, dass der Beschluss, dem Vorschlag des Senats nicht zu folgen, nicht auf einhellige Begeisterung stößt.
Ich kann verstehen, dass man diesen Beschluss falsch findet. Ich kann verstehen, dass sich Studierende dafür engagieren, dass der Standort auch mit den Mehrkosten realisiert wird. Was ich allerdings nicht verstehen kann, ist der Vorwurf des Wortbruchs, denn seit 2010 ist völlig klar: Für uns gibt es bei diesem Projekt einen Kostendeckel und der gilt.
Es gibt in dieser Debatte weitere Aspekte, die ich nicht verstehen kann. Einer dieser zentralen Aspekte, die ich nicht verstehen kann, ist die Aufforderung an den Regierenden Bürgermeister, sich nun endlich gegen das Parlament durchzusetzen. Heute haben die Piraten und die Grünen in Gestalt des Kollegen Lauer und der Kollegin Bangert dieser Debatte die Krone aufgesetzt. Ich glaube, liebe Kolleginnen und Kollegen, dies ist das erste Parlament, in dem die Opposition einen Regierungschef ernsthaft auffordert, sich mit Hilfe seiner Richtlinienkompetenz kraftvoll gegen das Parlament durchzusetzen.
Wo sind wir eigentlich? Ich welchem Land leben Sie, und welche Verfassung kennen Sie eigentlich? Der Haushaltsgesetzgeber sind wir. Wir kontrollieren den Senat und nicht umgekehrt.
Wenn Sie gern eine Richtlinienkompetenz des Regierenden Bürgermeisters gegenüber dem Abgeordnetenhaus haben wollen, dann können wir den ganzen Laden hier zumachen, dann ist es genau das Kasperletheater, von dem Sie immer behaupten, dass es das sei. Weil es das eben nicht ist, ist es eine Selbstverständlichkeit, dass wir in Haushaltsberatungen unsere Pflicht ernst nehmen, jede einzelne Ausgabe zu prüfen.
Es ist nicht Ausdruck einer Regierungskrise, sondern Ausdruck einer funktionierenden Demokratie, wenn auch Regierungsfraktionen diese Pflicht ernst nehmen und den Haushaltsentwurf des Senats kritisch durchleuchten. Es ist eine Selbstverständlichkeit und es ist Alltagsgeschäft, dass ein Haushaltsentwurf das Parlament nie so verlässt, wie er reingegeben wurde. Manche nennen dies das strucksche Gesetz; ich nenne es die gute Kultur der Demokratie, die Ihnen offensichtlich nicht passt, weil Sie sich ein Parlament vorstellen, das nach der Pfeife des Regierenden Bürgermeisters tanzt, der Richtlinienkompetenz ruft, und Sie gehen alle in die Deckung. Das kann es doch nicht ernsthaft sein!
[Vereinzelter Beifall bei der SPD und der CDU – Joachim Esser (GRÜNE): Sie wollen das doch auch haben!]
Die Berlinerinnen und Berliner haben uns nicht dafür gewählt, Fähnchen zu schwenken und T-Shirts zu tragen. Die Berlinerinnen und Berliner erwarten von uns Antworten.
Und sie erwarten zu Recht eine Antwort: Was sagt eine Regierungsfraktion eigentlich, wenn sie nein sagt, als Nächstes? Wir haben nein gesagt zum Vorschlag des Senats. Was sagen wir aber dann?
Weil wir diese Frage aber gern mit den Betroffenen diskutieren, gab es heute ein Gespräch unseres Fraktionsvorsitzenden mit der Leitung der Hochschule für Schauspielkunst und Studierendenvertretern.
Dort wurde vonseiten der Hochschule noch einmal dargestellt, welche Bedeutung für sie der Standort Mitte hat. Sie hat auch dargestellt, dass – anders als die Senatsverwaltung uns auch in roten Nummern sagt – der Standort auch für 33 Millionen Euro zu haben ist. Ich finde – ich glaube, da spreche ich für die ganze Koalition –, die Hochschule für Schauspielkunst hat die Chance zu erhalten, zu beweisen, dass nicht nur wir unser Wort halten, sondern auch sie das, was sie sagt, umsetzen kann.
Deshalb schlagen wir vor, dass die 3 Millionen Euro Bauvorbereitungsmittel, die wir in den Haushalt einstellen werden, um 30 Millionen Euro Verpflichtungsermächtigungen ergänzt werden, mit denen eine von den drei folgenden Optionen umgesetzt werden kann. Entweder soll die Chausseestraße in einer dann abgespeckten Variante realisiert werden. Wenn das nicht geht, sagen wir aber auch ganz klar, was dann kommt:
Wenn die Chausseestraße nicht zu realisieren ist, dann ist selbstverständlich die Sanierung im Bestand eine Option, denn wir wollen nicht über einen einzigen Standort reden. Wir reden über die Hochschule, und diese braucht auch ein klares und funktionierendes Szenario und keinen Standortfetisch, den manche von Ihnen hier verbreiten.
Die SPD hat immer ja zur HfS gesagt. Die SPD hat auch immer ja zu 33 Millionen Euro zur Herstellung eines guten baulichen Zustandes gesagt, und die SPD hat immer nein zu Mehrkosten gesagt. Dabei bleiben wir: Ja zur HfS, ja zu 33 Millionen Euro, nein zu Mehrkosten! – Vielen Dank!
Vielen Dank, Herr Kollege Oberg! – Kollege Udo Wolf hatte um eine Kurzintervention gebeten. – Bitte, Sie haben das Wort! Sie wissen, Sie haben drei Minuten Zeit.
Danke, Herr Präsident! – Herr Oberg! Das war ein beredtes Beispiel dafür, dass die SPD-Fraktion mittlerweile jeder Form von Regierungsfähigkeit verlustig gegangen ist.
Was Sie hier gerade getan haben, ist, zu erklären und zu behaupten, Sie würden irgendwelche Worte halten, die Sie irgendwann gegeben haben. Und dann erklären Sie, dass Sie genau das nicht tun werden, indem Sie nach wie vor die drei Optionen im Spiel behalten. Das Wort wurde gegeben – damals – für den Zentralstandort Chausseestraße.