Protokoll der Sitzung vom 14.06.2012

Vielleicht hören wir nach dem Sommer etwas von den versprochenen Konzepten und schaffen es dann auch im Ausschuss, ein bisschen auf die Tube zu drücken und effektiv an den Anträgen zu arbeiten und auch an den Themen, die uns wichtig sind.

Zum Haushalt wurde auch einiges gesagt. Es ist relativ unübersichtlich. Vieles wurde erst auf Nachfrage geliefert. Weitgehend ist es die rot-rote Vorlage. Die Gründe, den Einzelplan 09 abzulehnen, liegen nicht vor allem im Integrationsbereich. Dazu wird mein Kollege Spies gleich noch etwas sagen. Interessant wäre es, in Verbindung mit diesem Einzelplan darüber zu sprechen, ob die Verteilung der Budgets wirklich nach Bedarf geschehen ist oder vielleicht nach: Wo liegt denn eigentlich die Macht im Senat? – Das wäre eine spannende Frage, die man besprechen könnte.

Jedenfalls freue ich mich gleich auf die Bereiche Arbeit und Frauen, zu denen meine Kollegen etwas sagen werden. – Vielen Dank für die Aufmerksamkeit!

[Beifall bei den PIRATEN]

Vielen Dank! – Dann hat jetzt Frau Senatorin Kolat das Wort. – Bitte schön!

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren Abgeordnete! Auch ich möchte, bevor ich zu den Schwerpunkten meines Einzelplans komme, mich ganz herzlich bei vielen, vielen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern bedanken. Sowohl bei mir im Haus als auch hier im Abgeordnetenhaus und in den Fraktionen mussten viele Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter unter Zeitdruck vieles leisten. Auch von mir ein Dankeschön an dieser Stelle.

[Beifall bei der SPD und der CDU]

Bevor ich zu den Schwerpunkten des Einzelplans komme, die eins zu eins deckungsgleich mit den Schwerpunkten und Zielen der Senatspolitik sind, möchte ich kurze Anmerkungen zu den Ausführungen von einigen Abgeordneten hier machen.

Frau Bangert! Bei Ihnen stelle ich immer wieder fest, dass Sie die richtigen Fragen stellen und auch Akzente setzen.

[Beifall bei den GRÜNEN und den PIRATEN]

Sie sind nur sehr ungeduldig in Ihrer Form. An dieser Stelle nur das!

Zu Frau Breitenbach: Frau Breitenbach! Das Thema Arbeitsmarktpolitik besteht bei Ihnen nur aus ÖBS.

[Zuruf von Elke Breitenbach (LINKE)]

Sie kennen kein anderes Thema. Egal, worüber wir reden – ÖBS, ÖBS, ÖBS!

[Beifall bei der SPD und der CDU – Zurufe von Elke Breitenbach (LINKE) und von Wolfgang Brauer (LINKE)]

Der Arbeitsmarkt besteht auch aus anderen Bereichen. Ich komme noch dazu.

Herr Reinhardt! Mir haben die Diskussionen im Fachausschuss sehr viel Spaß gemacht, aber bei Ihnen muss ich leider feststellen, dass Sie sehr viele Fragen stellen, was Abläufe und Verfahren angeht.

[Zurufe von Elke Breitenbach (LINKE) und von Wolfgang Brauer (LINKE)]

Ich glaube, wir haben in unserem Fachausschuss sehr viele Themen, über die wir diskutiert haben und auch weiterhin diskutieren werden.

Nun zu den Schwerpunkten! Eine der höchsten Prioritäten in der Senatspolitik ist die Bekämpfung der Jugendarbeitslosigkeit.

(Senatorin Dilek Kolat)

[Beifall bei der SPD und der CDU]

Kein Jugendlicher darf ohne Ausbildungsplatz bleiben! Wir haben im Jahr 2012 die besondere Herausforderung, dass wir den doppelten Abiturjahrgang haben. Es ist mir ganz klar, dass wir dieses Ziel nicht allein erreichen können, sondern dass es hier darauf ankommt, dass viele Berliner Unternehmen bereit sind, betriebliche Ausbildungsplätze zur Verfügung zu stellen. So haben wir im Rahmen der Sonderkommission „Ausbildungsplatzsituation und Fachkräfteentwicklung“ im Mai von den Kammern die Zusage bekommen, dass mehr betriebliche Ausbildungsplätze zur Verfügung gestellt werden. Wir haben vereinbart, dass wir uns im September, Oktober noch mal treffen und uns die Situation auf dem Ausbildungsmarkt genauer anschauen. Denn alle Kräfte – sowohl die Kammern als auch die Sozial- und Wirtschaftsverbände, aber auch wir in der Politik – sind gefragt, damit kein Jugendlicher von der Schule kommt und auf der Straße landet.

[Beifall bei der SPD und der CDU]

Dennoch will und kann ich mich meiner Gesamtverantwortung für das Ausbildungsplatzangebot in Berlin nicht entziehen und muss im Haushalt planerisch Vorsorge treffen, um die gegebenenfalls entstehende Versorgungslücke zu schließen. Dieses leistet der vorliegende Haushalt. Konkret bedeutet das, dass im Rahmen des Berliner Ausbildungsplatzprogramms unter Berücksichtigung des doppelten Abiturjahrgangs 2012 zusätzlich 500 Ausbildungsplätze im Jahr 2012 und 1 000 Ausbildungsplätze im Jahr 2013 angeboten werden. Konkret werden darüber hinaus 5,5 Millionen Euro jährlich für Zuschüsse zur Förderung von Berufsausbildung zur Verfügung gestellt. Wir wissen, wie wichtig es ist, im Rahmen von Verbundausbildung Unternehmen zu unterstützen, die aus eigener Kraft nicht ausbilden können. Hier können die Unternehmen auf die Unterstützung meines Hauses zählen!

[Beifall bei der SPD und der CDU]

Darüber hinaus ist es ganz wichtig, die Jugendlichen nicht nur in betriebliche Ausbildung zu bringen, sondern sie zu unterstützen, damit sie auch bis zum Ende durchhalten. Einige Jugendliche brauchen diese Unterstützung. So wollen wir mit einem neuen Mentoringprogramm dafür sorgen, dass diese Jugendliche auch Unterstützung bekommen, damit weniger Abbrüche vorkommen, die in Berlin leider sehr hoch sind. Wir können es uns – aus Sicht der Jugendlichen, aber auch aus Sicht der Unternehmen – nicht leisten, dass sie abbrechen müssen.

Ausbildungsfähigkeit – auch ein ganz großes Thema! Wir haben in Berlin ein Landesprogramm „Ausbildung in Sicht“, das sehr erfolgreich geführt wird. Da bekommen Jugendliche Unterstützung, die es auf Anhieb nicht schaffen können. Diesen Bereich möchten wir mit diesem Haushalt auch zusätzlich verstärken.

Die nächste große Priorität – ich denke, da sind wir uns alle einig – ist die Bekämpfung der Arbeitslosigkeit in der

Stadt. Trotz der positiven Entwicklung der letzten Jahre müssen wir feststellen, dass es auch heute 12,2 Prozent Arbeitslosigkeit gibt. 215 000 Menschen sind erwerbslos in unserer Stadt. Jeder einzelne ist zu viel. Arbeitslosigkeit schränkt ein, grenzt aus und vergeudet Potenziale, menschliche Fähigkeiten und Fertigkeiten. Wir müssen die Menschen in unserer Stadt, die erwerbslos sind, genauer und gut qualifizieren, damit sie auch als Fachkräfte in der Stadt zur Verfügung stehen.

Es sind auch einige Worte über „Berlin-Arbeit“ gefallen. Da sind wir beim Thema Ungeduld, Frau Bangert! Ich kann Ihnen das ganz deutlich sagen: Hätte ich ein abgestimmtes Konzept vorgefunden, dann hätte ich es ein bisschen leichter gehabt und schneller geschafft.

[Zuruf von Michael Freiberg (CDU)]

Ein abgestimmtes Konzept heißt eben auch, dass wir uns mit der Regionaldirektion abstimmen. Vorhin wurde das infrage gestellt; das muss ich richtig stellen. Wir stimmen uns mit der Regionaldirektion sehr gut ab, was vorher nicht der Fall war. Und bei der Erarbeitung des Konzeptes „Berlin-Arbeit“ ist die Regionaldirektion selbstverständlich mit vertreten.

[Zuruf von Carola Bluhm (LINKE)]

Da kommen wir zu einem Grundsatz, dass die Instrumente aufeinander abgestimmt sein müssen. Dadurch werden wir eine viel bessere Wirkung erzielen. Aber mehr dazu, wenn wir Ihnen „Berlin-Arbeit“ präsentieren können! Das ist jetzt noch in der Abstimmung.

Qualifizierung hat Priorität, das habe ich mehrmals gesagt. Es war kein verantwortliches Handeln, Menschen im Bereich öffentlich geförderter Beschäftigung nicht richtig zu qualifizieren. Auch das ist in der Vergangenheit passiert. Sie einfach in Beschäftigungsmaßnahmen hineinschicken, sie ein, zwei oder drei Jahre arbeiten lassen und sagen: Ihr könnt jetzt sehen, wie ihr die nächste Maßnahme bekommt! –, das ist keine verantwortliche Arbeitsmarktpolitik. Ja, wir haben den Bereich öffentlich geförderter Beschäftigung neu ausgerichtet, und genau das haben wir geändert. Auch auf dem zweiten Arbeitsmarkt setzen wir auf Qualifizierung. 75 000 Langzeitarbeitslose haben wir in dieser Stadt. Für die müssen wir auch Angebote bereithalten, damit sie aus dieser Arbeitslosigkeit herauskommen und in den ersten Arbeitsmarkt integriert werden. Deshalb setzen wir auf Qualifizierung und Coaching.

[Beifall bei der SPD und der CDU]

Wir konnten die Mittel in diesem Bereich mit 36 Millionen Euro auch weiterhin sehr gut halten, und wir konnten 1 400 zusätzliche Bürgerarbeitsplätze mobilisieren. Viele Bezirke und Träger sind froh, dass wir das geschafft haben. Wir konnten so über 50 Millionen Euro an Bundesmitteln mobilisieren, von denen viele erwerbslose Menschen auch profitieren konnten.

(Senatorin Dilek Kolat)

[Vereinzelter Beifall bei der SPD und der CDU]

Zum Thema Integration: Ich denke, dass auch in diesem Haus Einigkeit besteht, dass Berlin Integration durch Teilhabe an Bildung, an Arbeit und am gesellschaftlichen Leben organisiert – auch erfolgreich organisiert. Herr Wolf! In Bezug auf das Thema interkulturelle Öffnung muss ich Sie korrigieren. Wir haben hier einen Schwerpunkt gesetzt – beim Thema interkulturelle Öffnung. Wir sind inzwischen bundesweit Modellstadt, und wir haben in diesem Haushalt mehr Mittel dafür zur Verfügung gestellt – 250 000 Euro, um die Kampagne „Berlin braucht dich!“ zu erweitern. Also hier ist ein klare Weiterentwicklung zu verzeichnen. Die Erfolge, die wir bisher erzielt haben, wollen wir fortführen und insbesondere das Thema interkulturelle Öffnung in Richtung Privatwirtschaft und auch Jobcenter erweitern. Da ist das Interesse sehr groß. Das Interesse am Berliner Modell ist groß, weil wir in den letzten Jahren so erfolgreich waren.

Ein weiterer Punkt: Vielfalt der Lebensweisen unterstützen und vor Diskriminierung schützen! – Berlin ist weltoffen und tolerant. Das sagen wir immer wieder. Aber es gehört auch zur Wahrheit, dass tagtäglich Diskriminierungen passieren. Es kann nicht sein, dass Menschen nur deshalb, weil sie anders aussehen oder anders leben, Diskriminierung erfahren. Deswegen ist die Arbeit der Landesantidiskriminierungsstelle in meinem Haus sehr wichtig. Wir finanzieren das weiter und verstärken auch die Beratungsmöglichkeiten in diesem Bereich.

Wir haben darüber hinaus unser Landesprogramm gegen Rechtsextremismus, Rassismus und Antisemitismus im gleichen Umfang weiterfinanziert – 2,3 Millionen Euro. Vorhin habe ich leider von der Opposition gehört, wir würden da nicht viel machen. Ich muss an dieser Stelle sagen, dass ich bei dem Thema „Rechtsextremismus, Rassismus und Antisemitismus“ den Schulterschluss aller Demokraten erwarte, und wenn wir hier ein Landesprogramm haben, das erfolgreich ist, dann bitte ich die Opposition, an dieser Stelle so viel Mumm zu haben und zu sagen: Ja, das ist erfolgreich, was wir in diesem Bereich in Berlin machen, und wir sind stolz darauf.

[Beifall bei der SPD und der CDU]

Dazu zählt die mobile Beratung gegen Rechtsextremismus, unsere Landeskoordination „Schule ohne Rassismus – Schule mit Courage“, aber auch das Beratungsnetzwerk. Wir setzen auf Prävention, wir stärken die Zivilgesellschaft, und vor allem – das ist ganz wichtig – machen wir auch Opferschutz.

Ganz zum Schluss: Berlin ist auch Vorreiter und spitze, was die Förderung von Frauen angeht. Das gilt für das Thema Landesgleichstellungsgesetz und die Umsetzung von Gender Budgeting, aber auch für die hervorragende Infrastruktur, die wir hier in unserer Stadt vielen Frauen bieten, die in Not sind, die Beratung brauchen, die sich qualifizieren wollen oder Beruf und Familien vereinbaren

wollen. Wir finanzieren genau diese Sachen auch weiter – ohne Kürzungen –, und wir führen ebenfalls das Programm „Fraueninfrastrukturstellen“ weiter.

Als gesellschaftlich sehr wichtig erachte ich, dass wir einen bestimmten Bereich verstärken konnten: Antigewaltprojekte haben etwas mehr Geld bekommen. Gewalt an Frauen müssen wir ächten und dürfen wir nicht zulassen. Schutzmöglichkeiten in diesem Zusammenhang sind sehr wichtig, sodass ich denke, dass wir mit diesem Haushalt vielen Frauen, die betroffen sind, gute Hilfestellung leisten können.

Letzter Punkt – Gender Budgeting –: Auch da sind wir bundesweit, was die Implementierung angeht, sehr weit. Darauf können wir stolz sein. Erstmalig habe ich in meinem Einzelplan allerdings über die Daten hinaus auch gleichstellungspolitische Zielkomponenten formuliert. Das ist Vorbild für andere Einzelpläne auch. Frau Bangert! Ihren Aufruf gebe ich gern an Sie zurück. Auch die Grünen waren bei den Haushaltsberatungen, was GenderBudget-Ziele angeht nicht sehr aktiv dabei. Ich will Sie aufmuntern, dieses Instrument zu nutzen und als gleichstellungspolitische Steuerungsmöglichkeit einzusetzen.

[Anja Kofbinger (GRÜNE): Was war das denn? Wir haben das eingeführt!]

Rundum bin ich eigentlich sehr froh, wie mein Haushalt ausgestattet ist. Wir können vieles in dieser Stadt mit diesen Mitteln und mit den richtigen Konzepten voranbringen. – Herzlichen Dank!