Protokoll der Sitzung vom 30.08.2012

dauerlicherweise schon kennt: Die öffentlichen Haushalte werden für das unternehmerische Versagen der Flughafengesellschaft zahlen müssen. Der Nachtragshaushalt wird schon vorbereitet. Herr Regierender Bürgermeister! Sie fordern Geld vom Parlament, sagen aber nicht, woher es kommen soll.

[Regierender Bürgermeister Klaus Wowereit: Doch!]

Die Rechnung muss bis Weihnachten bezahlt werden, wenn die Flughafengesellschaft nicht Pleite gehen und in Schönefeld eine Investitionsruine hinterlassen soll. Da finde ich es schon fast zum Schmunzeln, wenn Frank Henkel und Raed Saleh Vorschläge machen, auf die Sanierung des ICC oder auf den Bau der ZLB zu verzichten. Beides sind ja eigentlich Maßnahmen, die erst in ein paar Jahren beginnen und – wenn überhaupt – erst dann Geld kosten würden. Sie müssten mir schon einmal verraten, wie Sie eine heute fällige Rechnung damit bezahlen wollen, dass Sie Ihren Urlaub in drei Jahren einsparen. Das kann so nicht sein. Das können weder Sie noch wir hinkriegen, wenn wir das Geld aus dem jetzigen Haushalt besorgen müssen.

Wir möchten Ihnen einen Vorschlag unterbreiten: Nächste Woche wollen Sie von der SPD und der CDU die Zahlungen für die Folgen des Bankenskandals in Höhe von 280 Millionen Euro freigeben, die im Haushalt bereits veranschlagt sind. Wir finden diese Zahlungen ärgerlich und unnötig.

[Torsten Schneider (SPD): Beenden wollen wir die Zahlungen!]

Wir fordern Sie auf, diese Zahlungen einzustellen und das Geld für den Flughafen zu nehmen. Zusammen mit den erwarteten Steuermehreinnahmen dürfte das reichen, ohne dass wir an der Bildung, den sozialen Leistungen oder der Straßensanierung sparen müssten.

[Torsten Schneider (SPD): Ein plausibler Vorschlag!]

Zuletzt wird sich die Frage stellen, ob das Abgeordnetenhaus bereit ist, einen Blankoscheck für die Flughafengesellschaft auszustellen. Für meine Fraktionen kann ich sagen, dass die Flughafengesellschaft dieses Vertrauen verspielt hat. Wie verhält es sich bei Ihnen, meine Damen und Herren von der Koalition? Wollen Sie ohne eine parlamentarische Begleitung der weiteren Schritte am Flughafen, ohne die Lieferung der notwendigen Informationen an das Parlament – ohne all das, was in der Vergangenheit gefehlt hat – das Geld bewilligen? Das würde ich gerne mit Ihnen beraten. Lassen Sie uns das tun! Lassen Sie uns den Untersuchungsausschuss möglichst bald einsetzen und aufklären! Wir müssen Verantwortung übernehmen. Wegducken geht nicht mehr. Das gilt insbesondere für den Regierenden Bürgermeister, der in der Pflicht steht, das Projekt zum Erfolg zu führen. – Vielen Dank!

[Beifall bei den GRÜNEN – Vereinzelter Beifall bei der LINKEN und den PIRATEN]

Vielen Dank, Frau Pop! – Der Abgeordnete Friederici hat nun für die CDU-Fraktion das Wort! – Bitte sehr!

Vielen Dank, Frau Präsidentin! – Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Berliner CDU-Fraktion und die Koalition haben sich ganz bewusst dafür entschieden, sich in der heutigen Plenarsitzung – direkt nach der Sommerpause – sachlich um das Thema Flughafen Berlin-Brandenburg zu kümmern.

[Beifall bei den PIRATEN – Lachen bei den GRÜNEN und der LINKEN]

Trotz der Verschiebung des Eröffnungstermins gilt für uns: Wir freuen uns auf BER. Wir stehen zu BER in guten wie in schlechten Zeiten.

[Beifall bei der CDU und der SPD]

Das unterscheidet uns von dieser hier laut auftretenden, aber inhaltlich schwachen Opposition.

[Zuruf: Sie haben den Flughafen versemmelt!]

Das heißt aber nicht, dass wir mit allem einverstanden sind, was die Geschäftsführung und die Flughafengesellschaft machen. Transparenz und Offenheit wären manchmal wünschenswert und auch klarere Positionen. Die Entscheidung für BER an dem Standort BerlinSchönefeld, auf der Fläche und mit den Infrastruktureinrichtungen war richtig. Die Rückwärtsgewandtheit der Opposition – das wird im ersten Teil des Fragenkatalogs zum Untersuchungsausschuss deutlich – hilft dem Projekt BER, der Baustelle und Berlin nicht weiter.

1996 sind wir von völlig anderen Rahmenbedingungen ausgegangen. Keiner konnte damals ahnen, dass sich der Luftfahrtstandort Berlin – europaweit im Spitzenfeld bewegend – so entwickeln würde. Wer das heute behauptet, macht nicht nur deutlich, dass er sich nicht auskennt, sondern auch, dass er den Flughafen nicht will.

[Benedikt Lux (GRÜNE): Au weia!]

Die Berliner CDU-Fraktion freut sich über das Engagement der Fluggesellschaften. Genannt seine hier exemplarisch: Air Berlin und die Deutsche Lufthansa, die schon heute ihre Aktivitäten in Tegel und Schönefeld erheblich ausgeweitet haben.

[Uwe Doering (LINKE): Die Pleiteflieger!]

Sie leisten dort Großes wie auch die vielen anderen Unternehmen und ihre Mitarbeiter am Boden an den beiden Flughafenstandorten.

Wir verlangen von der Flughafengesellschaft, den vor Ort ansässigen Gewerbetreibenden des Flughafens BER in der Phase zu helfen, die sie ohne Umsätze bis zur Flughafeneröffnung überbrücken müssen. Den Unternehmen danken wir für ihren Willen und ihr Bekenntnis zum neuen Standort BER.

[Beifall bei der CDU – Vereinzelter Beifall bei der SPD]

Gleichfalls verlangen wir von der Flughafengesellschaft, dass das Schallschutzprogramm konsequent umgesetzt wird und die Beratung der betroffenen Anwohner stattfindet.

[Uwe Doering (LINKE): Donnerwetter! Jetzt schon!]

Die CDU-Fraktion bereitet eine Antragsinitiative vor, um dieses Vorhaben noch zu verstetigen. Die Menschen nicht nur in Berlin, sondern auch in Brandenburg haben ein Recht darauf. Infrastrukturprojekte dieser Größe sorgen häufig für Akzeptanzprobleme. Durch die Einhaltung der erweiterten Lärmschutzkriterien – so, wie sie jetzt wieder gelten – wird Vertrauen geschaffen, welches an anderer Stelle verloren gegangen ist. Es ist richtig, dass auch der Aufsichtsrat der Flughafengesellschaft diese Linie vorgegeben hat.

Es kommt jetzt darauf an, dass das Projekt BER finanziell abgesichert ist. Der Berliner Senat, die Landesregierung Brandenburg und die Bundesregierung sind in engem Kontakt, um dem Unternehmen der Gesellschaft und dem Luftfahrtstandort Berlin-Brandenburg die EU-Rechtskonformität zu bieten. Wir wissen, dass der neue Flughafen aus vielen Gründen leider teurer wird. Daher ist es richtig und wichtig, dass sich die Anteilseigner des Flughafens zu finanziellen Absicherungen des Projekts BER verabredet haben.

Für die CDU-Fraktion ist ganz klar – das machen auch die öffentlichen Meldungen der letzten Wochen deutlich –, wer das Thema wirklich ernst nimmt.

Die operativen Geschäfte des Flughafens führt die Geschäftsführung der Flughafengesellschaft. Der Aufsichtsrat kontrolliert dies und ist auf die Berichte der Geschäftsführung und der Wirtschaftsprüfer angewiesen. Dieses wird durch die Aktenlage und die Protokolle belegt. Das hat auch die Akteneinsicht gezeigt, die ich und einige Kollegen in der Sommerpause genommen haben.

[Uwe Doering (LINKE): Donnerwetter!]

Bis vor Kurzem wollten die Grünen einen Regionalflughafen haben. Dieser wäre unwirtschaftlich, hoch subventioniert und würde sich auf Jahrzehnte nicht tragen.

[Zurufe von den GRÜNEN]

Das müsste der Steuerzahler dann richtig teuer bezahlen. Außerdem wären dadurch damals Fakten geschaffen worden, die Berlin als Standort nur Nachteile gebracht hätten. Die Grünen hätten damit lieber Leipzig und Ros

tock, Hannover und Neuhardenberg gestärkt. Das ist die verantwortungslose Haltung der Grünen und der hier versammelten Opposition.

[Beifall bei der CDU und der SPD]

Hinzu kommt, dass Renate Künast – selbst Vielfliegerin – ein maximales Nachtflugverbot von acht Stunden am BER haben wollte. Auch das hätte dem Flughafen nachhaltig geschadet. Auch diese politische Aussage wird Bestandteil unseres Untersuchungsausschusses sein.

Für das Gelingen des Flughafens ist es wichtig, keine neue Standortdiskussion zu führen. Das ist ein bigotter Wunsch der Grünen. Heute heucheln Sie vor, schnellstmöglich und effizient BER öffnen zu wollen. In Wirklichkeit haben Sie in der Vergangenheit verzweifelt Argumente gegen BER gesucht.

[Benedikt Lux (GRÜNE): Was?]

Auch die ständige Diffamierung des Flughafens seitens der Grünen in der letzten Wahlperiode, wie beispielsweise von einer damaligen grünen Verkehrspolitikerin, BER sei ein Luxusflughafen und zu groß, hat dem Standort und dem Projekt geschadet, es hat Vertrauen gekostet und wird uns in den nächsten Monaten in den Beratungen des Untersuchungsausschusses beschäftigen. Darauf kann sich die Opposition schon heute freuen.

[Beifall bei der CDU und der SPD]

Dem früheren Aufsichtsratsmitglied Senator Wolf ist vorzuwerfen, dass er seit Amtsantritt bis zum Schluss 2011 immer wieder die Fragen der Union, ob der Flughafen nicht zu klein sei, verneint hat. Damit hat dieses Flughafenaufsichtsratsmitglied vorsätzlich Schaden angerichtet,

[Lachen bei den GRÜNEN und den PIRATEN – Zurufe von den GRÜNEN und den PIRATEN]

den es nun gilt, im Untersuchungsausschuss aufzuarbeiten. Als Vertreter des damaligen Berliner Senats im Aufsichtsrat des Flughafens, als Verantwortlicher für die Berliner Wirtschaft hat er ehemaliger Senator einen maßgeblichen Anteil daran, dass der Flughafen nun möglicherweise zu klein gebaut worden ist.

[Lachen bei der LINKEN]

Da können Sie von den Linken gerne lachen, aber was soll man von Ihnen schon erwarten. Hier treten Sie für acht Stunden Nachtflugverbot ein – auch zum Ende der rot-roten Regierung –, und in Brandenburg wollen Sie nur fünf Stunden. Was wollen Sie eigentlich? Das ist Ihre verkehrspolitische Kompetenz.

[Beifall bei der CDU]

Der Untersuchungsausschuss wird kommen. Die Berliner CDU-Fraktion wird die Einsetzung und die Arbeit konstruktiv und inhaltlich begleiten.

[Uwe Doering (LINKE): So wie eben?]

Dabei sind für die CDU drei Fragen von zentraler Bedeutung: Warum wird BER später eröffnet? Warum wird BER teurer? Wie geht es nach der Eröffnung – wir blicken nämlich nach vorne – von BER mit dem Luftverkehr in Berlin-Brandenburg weiter?