Herr Goiny! Sie sagten, wir wollen keine Neuverschuldung zur Finanzierung der Mehrkosten. Aber das ist falsch, denn eigentlich müssten Sie sagen: Die Steuerzahler, die Bürger und Bürgerinnen von Berlin sind durch ihre Steuerzahlungen in der Lage, das Versagen der politisch Verantwortlichen auszugleichen.
Zum Schallschutz ist noch zu sagen: Die große Unterstützung, die man jetzt überall antrifft, höre ich erst, seitdem die Gerichte entschieden haben, dass die ursprünglichen Planungen so nicht in Ordnung sind. Nachdem ein Gericht festgestellt hat, dass es Änderungen geben muss, ist es natürlich einfach, das plötzlich alles toll zu finden. Wo waren Ihre Unterstützung und Ihr Zuspruch damals, als es noch nicht durch Gerichte entschieden war? Da hat man von Ihrer großen Unterstützung für den Schallschutz nichts gehört.
Wir halten also fest: Der Flughafen ist so erfolgreich, dass der Steuerzahler 444 Millionen Euro drauflegen muss. – Danke!
Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Es wird die Überweisung der Gesetzesvorlage an den Hauptausschuss empfohlen. Gibt es hierzu Widerspruch? – Das ist nicht der Fall. Dann verfahren wir so.
Vielfalt durch Einbürgerung stärken – zentrale Einbürgerungsfeier im Berliner Abgeordnetenhaus ausrichten
Beschlussempfehlung des Ausschusses für Arbeit, Integration, Berufliche Bildung und Frauen vom 23. August 2012 Drucksache 17/0485
zum Antrag der Fraktion der CDU und der Fraktion der SPD auf Annahme einer Entschließung Drucksache 17/0300
Für die Beratung steht den Fraktionen jeweils eine Redezeit von bis zu fünf Minuten zur Verfügung. Es beginnt die Fraktion der CDU. Das Wort hat der Herr Abgeordnete Dregger. – Bitte sehr!
Frau Präsidentin, vielen Dank! – Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir wollen hier im Abgeordnetenhaus mit einem jährlichen Empfang die neu Eingebürgerten ehren. Bitte gestatten Sie mir, dass ich unseren Antrag mit einigen grundlegenden Überlegungen begründe!
Unser Ziel ist es, dass alle dauerhaft hier lebenden Menschen Teil unseres Landes werden. Dazu gehört es auch, dass sie sich zu den Grundwerten unserer freiheitlichen,
demokratischen Grundordnung bekennen, die Teil unserer deutschen Identität ist. Warum ist das wichtig? – In Berlin leben Menschen aus 186 verschiedenen Ländern. Selbst wenn man wie Prof. Bade die Zukunft unseres Gemeinwesens als eine kosmopolitische Föderation der Kulturen sieht, so braucht auch eine Förderation wie ein Mosaik eine Struktur. Bei aller Vielfalt und Verschiedenheit der Menschen unserer Stadt kann eine Gesellschaftsordnung ohne innere Bindekräfte nicht existieren. Gerade eine demokratische Gesellschaft bedarf des Zusammenhaltes. Ernst-Wolfgang Böckenförde, ehemaliger Richter am Bundesverfassungsgericht, hat gesagt:
Das bedeutet: Unsere Demokratie ist in ihrem Bestand darauf angewiesen, dass sie von ihren Bürgern geschätzt und erhalten wird. Dazu ist es erforderlich, dass wir uns selbst unserer Werte bewusst werden, dass wir uns zu ihnen bekennen und sie nicht der Beliebigkeit anheimstellen.
Welches sind die Grundwerte, die unser Land seit über 60 Jahren im Inneren und nach außen friedlich zusammenhalten? – Um dies zu beantworten, müssen wir uns unserer zweieinhalbtausendjährigen kulturgeschichtlichen Wurzeln bewusst werden. Dazu gehört die griechische Antike, die die Frühformen der Demokratie hervorgebracht hat. Prägend war auch die Christianisierung, der wir Nächstenliebe, Fürsorge und soziale Verantwortung für die Hilfsbedürftigen verdanken.
Geformt haben uns auch Reformation und Aufklärung, die deutschen Dichter, Denker und Musiker, die Säkularisation, die bürgerliche Revolution von 1848 und die erste deutsche Verfassung von 1849 ebenso wie die Brüche, Tiefpunkte und Verbrechen des 20. Jahrhunderts, aber auch der deutsche Erfindergeist und die Leistungen des Wiederaufbaus in der politischen, wirtschaftlichen und moralischen Stunde Null nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs.
Ohne diese Meilensteine wäre unser Grundgesetz so nicht entstanden, das mit unübertroffener Klarheit den Kernsatz unserer sittlichen Ordnung in Artikel 1 zum Ausdruck bringt:
Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt.
[Dr. Wolfgang Albers (LINKE): Geht es nicht eine Nummer kleiner? – Fabio Reinhardt (PIRATEN) meldet sich zu einer Zwischenfrage.]
Ist es nicht wichtig, die nachkommenden Generationen ebenso wie unsere Zuwanderer für diese kulturgeschichtliche Identität zu gewinnen, ja zu begeistern? – Wir Deutsche müssen uns aber auch fragen, ob wir uns selbst in ausreichendem Maße für unsere freiheitlich-demokratische Grundordnung begeistern. Ist es nicht immer wieder erforderlich, unsere Werteordnung als unantastbar und als Grundlage unseres zivilisierten Zusammenlebens einzufordern? In den Zeiten von Rechtsextremismus, Linksextremismus und islamistischem Extremismus haben wir dazu jeden Anlass.
Herr Dregger! Verzeihung, wenn ich Sie kurz unterbreche, aber ich glaube, der Zusammenhang mit dem Antrag geht Ihnen zunehmend verloren!
Frau Präsidentin! Sie bemängeln das ja regelmäßig. Ich würde vorschlagen, Sie hören zu, dann erschließt er sich auch.
Herr Dregger! Seien Sie gewiss, ich höre zu, und ich habe eben noch mal extra in den Antrag geschaut! – Aber fahren Sie einfach fort!
Vielen Dank! Das tue ich. – Zugleich müssen wir uns im Klaren sein: Wir müssen die eingliederungswilligen Zuwanderer willkommen heißen und ihnen das Gefühl vermitteln, dass wir zur Gemeinschaft mit ihnen bereit sind. Wer sich ausgegrenzt und nicht willkommen fühlt, der kann auch nicht für unsere Grundwerte gewonnen werden.
Daher sind auch Symbole wichtig. Mit dem geplanten Empfang hier im Abgeordnetenhaus ehren wir die neu Eingebürgerten.
Wir drücken ihnen unsere Wertschätzung aus, und vor allem zeigen wir, dass ihre neu erworbene deutsche Staatsbürgerschaft unumkehrbar mit den Grundwerten
unserer freiheitlich-demokratischen Grundordnung verbunden ist. Ich bitte Sie alle daher, diesem Vorhaben heute Ihre Zustimmung zu geben. Das wäre ein starkes Signal für eine tolerantes Berlin auf einem klaren Wertefundament. – Vielen Dank!
Vielen Dank, Herr Dregger! – Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hat jetzt Frau Abgeordnete Bayram das Wort. – Bitte!
Vielen Dank, Frau Präsidentin! – Meine Damen und Herren! Herr Kollege Dregger! Ich muss mich wirklich über Ihre Rede wundern. Die Frau Präsidentin hat es auch angesprochen: Was hat das eigentlich mit der Einbürgerungsfeier hier im Abgeordnetenhaus zu tun?
Sie können stolz in Ihren nächsten Ortsverein gehen und verkünden, dass Sie die Leitkultur im Berliner Parlament ganz hochgehalten haben.
Aber, Herr Kollege, glauben Sie wirklich, dass das eine Willkommenskultur für Menschen ist, die sich für dieses Land entschieden haben?
Um Ihre Gedächtnislücken zu schließen, will ich auch über all die Menschen reden, die nach der Gründung der Bundesrepublik und nach der Verabschiedung des Grundgesetzes in unser Land gekommen sind und es mit aufgebaut haben – darunter auch meine Eltern. Diese Menschen wollen nicht in einer Einbürgerungsfeier, die von einer solchen CDU-Haltung dominiert ist, gefeiert werden.