Zweitens: Mit Ihrem Antrag wollen Sie insbesondere Asylantragsteller aus Serbien und Bosnien-Herzegowina schützen. Ich empfehle Ihnen die Lektüre der Antwort des Senats auf meine Kleine Anfrage vom 16. November 2012. Dann werden Sie zur Kenntnis nehmen müssen, dass es in diesen Staaten keine Asylgründe gibt.
Ich nenne Ihnen einige Zahlen, die das untermauern: Im Jahr 2010 haben wir hier in Berlin 389 Asylantragsentscheidungen von Antragstellern aus Serbien bekommen. Von diesen ist kein einziger als Asylberechtigter und kein einziger als Flüchtling im Sinne des Flüchtlingsabkommens anerkannt worden. Im Jahr 2011: von 666 Entscheidungen 0 Asylberechtigte, 0 Flüchtlinge. 2012 – bis einschließlich Oktober haben die Zahlen vorgelegen –: 829 Entscheidungen, 0 Asylberechtigte, 0 Flüchtlinge. Die Zahlen für Bosnien-Herzegowina entsprechen dem, jedenfalls die Quote.
Darüber hinaus waren nur in einigen Einzelfällen Abschiebeverbote zu gewähren. Diese sind dann auch gewährt worden. Ich hätte volles Verständnis dafür, wenn Sie etwas Sinnvolles für politisch Verfolgte erreichen wollten, aber Sie nehmen sich ausgerechnet die Länder vor, in denen es keine politische Verfolgung gibt. Das verstehe ich nicht.
Drittens: Was, glauben Sie, wird geschehen, wenn es sich auf dem Balkan herumspricht, dass das Wunderland Deutschland unberechtigt Einreisenden, politisch nicht verfolgten – –
[Lachen bei den PIRATEN – Zurufe von den GRÜNEN, der LINKEN und den PIRATEN – Wolfgang Brauer (LINKE): Die Menschenfeindlichkeit des Dreggers!]
Meine Damen und Herren! Ich bitte, die Emotionen ein wenig herunterzukochen. Der Redner hat jetzt das Wort.
Sie können mal zuhören, und dann können Sie sich noch mal artikulieren, vielleicht auf sittliche Weise!
Was, glauben Sie, wird geschehen, wenn es sich auf dem Balkan herumspricht, dass das Wunderland Deutschland unberechtigt Einreisenden, politisch nicht verfolgten Angehörigen bestimmter dort unbeliebter Ethnien faktisch Aufenthalt gewährt?
[Zurufe von den GRÜNEN, der LINKEN und den PIRATEN – Wolfgang Brauer (LINKE): Das ist eine Beleidigung! Pfui Deibel!]
Wir haben in den letzten Monaten einen starken Anstieg der Asylbewerberzahlen aus diesen Staaten zu verzeichnen. Allein in Berlin lagen die Zugangszahlen der Asylantragsteller zuletzt bei bis zu 800 Personen pro Monat. Dabei haben den größten Zuwachs ausgerechnet die Staaten zu verzeichnen, in denen keine politische Verfolgung stattfindet und die Sie durch Ihren Antrag schützen wollen.
Viertens: Welche Auswirkungen wird Ihr Antrag auf die betroffenen Minderheiten in den Balkanstaaten haben? – Ich konstatiere Ihnen gerne, dass Sie für diese etwas Gutes unternehmen wollen. Aber ist das gut, was Sie vorschlagen? Glauben Sie, dass die Diskriminierungen gegenüber diesen ethnischen Minderheiten in den betreffenden Balkanstaaten abnehmen werden?
Nein, danke! – Müssen wir nicht befürchten, dass sich die Lebensverhältnisse für die betroffenen Minderheiten in ihren Herkunftsländern verschlechtern werden?
Fünftens: Schließlich müssen wir uns fragen, wie denn unsere Abschiebepraxis derzeit aussieht. Ist sie so unmenschlich, wie Sie uns glauben machen wollen?
Die Antwort auf meine Kleine Anfrage hat Folgendes ergeben: Im Jahr 2010 hatten wir 389 Entscheidungen über Asylbewerber aus Serbien, die in Berlin leben. Davon sind 3 Asylbewerber abgeschoben worden – 0,8 Prozent.
Im Jahr 2011 waren es von 666 4 Asylbewerber. Und 2012 waren es bis einschließlich Oktober 15 von 829. So weit – und das gehört auch zur Wahrheit – im Einzelfall gesundheitsbedingt keine Reisefähigkeit vorliegt, wird dies durch die Berliner Ausländerbehörde berücksichtigt. Eine ärztliche Untersuchung kurzfristig geltend gemachter gesundheitlicher Reiseunfähigkeit wird sichergestellt.
Wenn wir die Fakten zur Kenntnis nehmen, wird deutlich, dass für Ihren Antrag keine Notwendigkeit besteht.
Sehr gerne, Herr Präsident! – Ich bin sicher, dass dies die bevorstehenden Ausschussberatungen ebenfalls ergeben werden. – Vielen Dank!
Herr Kollege! Sie haben das gemacht, was Sie in der letzten Sitzung ebenfalls gemacht haben: Sie haben geistig gezündelt!
Ich will wirklich noch einmal ganz deutlich machen, Herr Kollege, dass insbesondere der erste Teil Ihrer Rede keinesfalls dazu geeignet war, sich zu diesem Antrag zu positionieren. Die Zahlen, die Sie vorgelesen haben, haben lediglich den Teil wiedergegeben, den bereits der Kollege Reinhardt dargestellt hat. Sie haben die Unzulänglichkeit des Asylrechts für bestimmte Personengruppen herausgestellt. Das ist genau das, was der Kollege Reinhardt auch gemacht hat. Gerade weil das Asylrecht so unzureichend ist, sind diese Menschen von Abschiebung bedroht. Gerade weil sie von Abschiebung bedroht sind, brauchen sie diesen Abschiebestopp. So wird die Logik richtig. Die haben Sie nicht erkannt.
Und es ist wirklich erstaunlich für mich, dass Sie sich hier vorn hinstellen, als Jurist auch noch sagen, Sie hätten diesen Antrag gelesen und keinen Fall erkennen können, in dem das eine Anwendung finden soll, und nicht erkennen können, dass dieser Antrag eine Notwendigkeit hat.
Der erste Teil Ihrer Rede war insoweit noch ehrlich, dass Sie deutlich gemacht haben, dass Sie die Menschen aus bestimmten Bereichen hier gar nicht haben wollen. Das sagt der Bundesinnenminister auch immer. Aber danach dann so zu tun, dass die Schutzbedürftigen, insbesondere die nach den UNHCR-Kriterien, die Alleinerziehenden, die Kranken, die Älteren und die Minderjährigen, dass Sie die immer noch schützen wollen, obwohl die in der Vergangenheit immer abgeschoben wurden, das haben Sie hier weder glaubhaft vorgetragen, noch können Sie mit der Aussage, die Sie ganz am Anfang getroffen haben, in irgendeinem Zusammenhang so etwas darstellen. Wissen Sie, Herr Dregger, ich habe mich wirklich gefragt: Warum werden Sie in der CDU so hoch gehalten? Warum halten Sie immer diese Reden, wie Sie sie hier halten? – Dann ist mir irgendwann aufgefallen: Der bringt immer ein paar rechte, knackige Parolen und tut dabei die ganze Zeit so, als wenn er ein seriöser, intellektueller Jurist wäre, der sich Gedanken gemacht hat.
Danke schön! – Herr Kollege Dregger! Wollen Sie replizieren? – Ich sehe, das ist nicht der Fall. Dann erteile ich jetzt für die Linksfraktion dem Kollegen Taş das Wort.
Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen von der SPD! Sie müssen sich für diese Koalition schämen.