Protokoll der Sitzung vom 31.01.2013

[Beifall bei der CDU und der SPD]

Ich meine durchaus, dass wir nicht nur über Selbstverständlichkeiten im Senatshandeln reden. Wenn wir über die Intensität gerade bei den Schwerpunktkontrollen sprechen, wie sie 2011 und 2012 durchgeführt wurden, dann gehen sie über das selbstverständliche Maß weit hinaus und machen deutlich, wo unser Senat – im Übrigen auch der Vorgängersenat, das sei der Wahrheit geschuldet – einen Schwerpunkt setzt in der Bekämpfung von illegalem Glücksspiel und der Prävention von Glücksspielsucht. Dabei wollen wir bleiben, und dafür möchten wir auch als Parlament den entsprechenden Rückenwind geben. Wir erwarten vom Senat, fordern ihn dazu auf und unterstützen ihn dabei, diese Schwerpunktkontrollen auch künftig durchzuführen. Dazu dient dieser Antrag zum einen.

Zum anderen weisen wir aber – das ist ja nun hinlänglich diskutiert worden – auf gewisse Vollzugsdefizite in den Bezirken hin. Wir weisen darauf hin, dass es insbesondere keine einheitliche Verwaltungspraxis in den Bezirken gibt. Da sehe ich durchaus den Senat mit der Möglichkeit versehen und auch in der Pflicht, eine solche einheitliche Verwaltungspraxis in Berlin herzustellen. Ihn dazu aufzufordern, steht uns als Parlament gut an, und ich bin sehr gespannt, mit welcher Begründung Sie sich in den Ausschüssen dem verweigern wollen.

[Michael Schäfer (GRÜNE): Die Kritik am Senat teilen wir ja!]

Nachdem Sie sich inhaltlich voll auf unserer Linie gezeigt haben, bin ich ganz zuversichtlich, dass wir auch im Ausschuss letzten Endes zu einem Konsens finden werden.

Was die Personalausstattung der Bezirke angeht, bin ich der Letzte, der nicht imstande wäre, anzuerkennen, dass wir dort auch Probleme haben, über deren Bewältigung wir sprechen müssen.

[Oh! von den PIRATEN]

Das liegt in der Natur der Sache, und das Thema der Personalentwicklung in Berlin ist ein anderes, das auch an anderen Stellen verhandelt wird, das natürlich auch dieses Problem betrifft und bei dem wir zu Gesprächen bereit sind und auch zu Lösungen kommen wollen. Niemand behauptet, dass wir dort keine Schwierigkeiten hätten.

[Zuruf von Thomas Birk (GRÜNE)]

Nichtsdestotrotz nützt es nichts, sich vor den Problemen wegzuducken und so zu tun, als fiele eine Lösung vom Himmel. Das tut sie durchaus nicht.

Zum Thema Café-Kasinos ist auch viel gesagt worden. Ich glaube im Gegensatz zum Kollegen Behrendt nicht, dass die rechtssichere Abgrenzung schon heute in der Eindeutigkeit möglich ist, wie er es gern hätte. Allein aus der Rechtsprechung heraus genügt uns das nicht. Hier möchten wir eine legislative Initiative des Senats anregen. Wir möchten anregen, dass wir auch im Umgang mit solchen Café-Kasinos zu einer klaren Handhabe kommen, denn es kann nicht sein, dass unser gemeinsamer, klar und eindeutig definierter politischer Wille, die Spielhallenflut in Berlin einzudämmen, dadurch in das Gegenteil verkehrt wird, dass Umgehungstatbestände – vermeintliche oder tatsächliche – ausgenutzt werden. Herr Kollege Buchholz hatte, glaube ich, auch darauf hingewiesen, dass die Zahl der Spielautomaten in Berlin weiter zugenommen hat, auch wenn wir kaum noch neue Spielhallen zugelassen haben. Das zeigt, wo das Problem liegt und dass hier eine gesetzgeberische Initiative angebracht ist.

Zu guter Letzt möchte ich noch auf den Hinweis von Frau Matuschek eingehen. Wir sind uns klar darüber, dass wir das Glücksspiel nicht verbieten können. Wir wollen das

auch überhaupt nicht. Glücksspiel wird auch in Zukunft stattfinden können und müssen. Die Frage ist, in welchem Rahmen dies geschieht. Da ist unser Anspruch derjenige, dass es in einem klar gesetzten und von uns klar definierten, in einem kontrollierten und sanktionierten Rahmen stattfindet. Das macht Glücksspielregulierung aus. Da ist sie auch erforderlich.

Ich glaube, dass niemand hier das Problem nicht sieht, dass wir, wenn wir jetzt die Geräte z. B. vollständig aus gastronomischen Einrichtungen verdammen, Probleme an ganz anderer Stelle hätten, indem das Glücksspielverhalten in den privaten Raum oder in den sozial unkontrollierten Onlinebereich gedrängt würde. Das ist das Letzte, was wir wollen. Aber wir erwarten, dass die gesetzgeberischen Auflagen im Bereich der Glücksspielprävention eingehalten werden. Um dazu den Senat in den Stand zu versetzen und dazu gesetzgeberische Initiativen anzuregen, haben wir diese beiden Anträge vorgelegt. Nachdem Sie Ihren inhaltlichen Konsens bereits kundgetan haben, hoffen wir auch auf Ihre Unterstützung und freuen uns auf die Beratung in den Ausschüssen. – Vielen Dank!

[Beifall bei der CDU und der SPD]

Vielen Dank, Herr Evers! – Für die Linksfraktion hat jetzt das Wort der Abgeordnete Herr Dr. Albers. – Bitte sehr!

Vielen Dank, Frau Präsidentin! – Meine Damen, meine Herren! Bevor sich jemand wundert: Wir haben bei uns gewürfelt, wer hier zu den beiden Anträgen heute reden darf. Sie verwöhnen uns ja bei der Auswahl Ihrer Prioritäten nicht sonderlich, und die stets einsetzende Flucht Ihrer eigenen Leute aus dem Plenarsaal, wenn Ihre Themen hier aufgerufen werden,

[Daniel Buchholz (SPD): Wie ist es bei Ihnen? – Oliver Friederici (CDU): Bei Ihnen ist die Hälfte erst gar nicht gekommen!]

wirft jedes Mal ein bezeichnendes Licht darauf, welche Relevanz Sie Ihren eigenen Anträgen beimessen. Offensichtlich liegen da die individuellen Prioritäten doch eher Richtung Kasino und weniger bei dem, was Sie uns hier als entschlossenes politisches Handeln verkaufen wollen, und dann sei es auch so protokolliert.

[Beifall bei der LINKEN, den GRÜNEN und den PIRATEN]

Berlin war unter Rot-Rot das erste Bundesland, das die Gesetzgebungskompetenz, die seit 2006 bei den Ländern liegt, genutzt hat, um ein eigenes Spielhallengesetz zu verabschieden, das seit Juni 2011 und nicht, wie es in Ihrer Antragsbegründung steht, seit Juni 2012 in Kraft ist.

Es gab also schon politisches Handeln, bevor Sie irgendwie in die Regierung gestolpert sind.

[Beifall bei der LINKEN]

Ihr Antrag I – Ansiedlung und Bestand von Café-Kasinos reduzieren – steht in der Kontinuität dieser Gesetzgebung. Der grundsätzliche Handlungsbedarf ist in der Diskussion 2011 ausreichend erläutert worden. Den aktuellen notwendigen Handlungsbedarf haben Sie hier und in Ihrer Begründung dargestellt. Nun handeln Sie doch einfach, statt sich selbst ständig zum Handeln aufzufordern.

[Beifall bei der LINKEN und den PIRATEN – Vereinzelter Beifall bei den GRÜNEN]

Zum einen haben Sie, was den Aushang des Jugendschutzgesetzes, Automaten ohne Prüfsiegel und die Einhaltung des Rauchverbots in solchen Kaschemmen betrifft, keinen Regelungs- – das wurde schon gesagt –, sondern ein Umsetzungsproblem. Lösen Sie das durch entsprechendes Verwaltungs- und Behördenhandeln! Sie haben Ihren Wählern doch pausbäckig eine Null-Toleranz-Strategie in Ihrem Wahlprogramm versprochen, Herr Graf. Da werden Sie doch nicht schon am Aushang des Jugendschutzgesetzes scheitern.

[Beifall bei der LINKEN und den PIRATEN]

Da, wo Sie ein Regelungsproblem haben, finden Sie gefälligst Regelungen! Sie schreiben es doch selbst:

... überwiegt also „das Gepräge“ einer Spielhalle, so wird keine Gaststätte betrieben, sondern ein Spielhalle... ohne die erforderliche Erlaubnis.

Wo keine Gaststätte betrieben wird, gilt auch kein Gaststättengesetz. Was soll da der Verweis auf die Spielverordnung des Bundes und das Bundesgaststättengesetz? Da müssen Sie sich den Pelz schon auch einmal selbst nass machen. Dafür sind sie jetzt in der Verantwortung. Wenn Sie dazu diese Anträge brauchen, um Ihre eigenen Hunde zum Jagen zu tragen, dann bitte schön.

In Ihrem sogenannten Wahlprogramm, Herr Graf, tauchen Spielhallen zweimal auf. Auf Seite 60 versprechen Sie: 70 Spielhallen sind genug. Auf Seite 80 preisen Sie Ihre Gebietsentwicklungsbezirke als Lösungen gegen Spielhallen und Ramschläden an. Und was ist nun? – Nun, wo es darauf ankommt, Probleme nicht nur zu beschreiben, sondern sie zu lösen, pulverisieren Sie Ihre eigenen Wahlversprechungen auf die Aufforderungen an den eigenen Senat – das muss man sich einmal auf der Zunge zergehen lassen –, den „konsequenten Vollzug“ der geltenden gesetzlichen Bestimmungen „anzustreben“, Herr Buchholz. Das hätten wir uns einmal erlauben sollen.

[Beifall bei der LINKEN und den GRÜNEN – Heiterkeit bei der LINKEN]

Im Übrigen reduzieren Sie in beiden Anträgen das Problem auf die Orte, wo Sucht ausgelebt wird. Aber dazu,

wie und wo sie entsteht und wo und wie Prävention beginnen muss, kommt unter I und II zunächst einmal gar nichts von Ihnen.

Stattdessen heißt es in Ihrem Antrag II „Spielhallen intensiver kontrollieren und weiterhin illegales Glücksspiel bekämpfen“ – offenbar bedarf es ja dieser besonderen Aufforderung des „weiterhin“ in wessen schlafmützige Richtung auch immer –:

Das Abgeordnetenhaus spricht sich auch für die erneute Durchführung von konzertierten Aktionen („Schwerpunkt-Razzien“)... aus.

Übernehmen wir es dann ab jetzt, hier im Parlament, zukünftig adäquate polizeiliche Maßnahmen festzulegen?

[Beifall von Dr. Gabriele Hiller (LINKE)]

Wenn Sie Ihren überforderten Innensenator unbedingt selbst demontieren und mit Ihren eigenen Anträgen endgültig zum Grußonkel machen wollen, dann helfen wir Ihnen selbstverständlich gern dabei. – Vielen Dank!

[Beifall bei der LINKEN, den GRÜNEN – Vereinzelter Beifall bei den PIRATEN]

Vielen Dank, Herr Dr. Albers! – Für die Piratenfraktion hat jetzt das Wort der Abgeordnete Herr Kowalewski. – Bitte sehr!

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen! Nach dem Wortaustausch der Kollegen Buchholz und Behrendt ist eigentlich schon alles gesagt. Es gibt in diesem Haus tatsächlich den Konsens, von dem auch Herr Evers sprach. Das ist auch gut so.

Aber: SPD und CDU machen Anträge zu Ihrer Priorität, die fordern, im Verwaltungsvollzug das geltende Recht anzuwenden. Das ist erst einmal ein deutliches Zeichen von fehlender Kreativität. Die beantragte Verweisung an den Ausschuss für Stadtentwicklung und Umwelt macht auch noch die Verkennung des Problems deutlich. Spielhallen sind nicht in erster Linie ein städtebauliches Thema.

[Beifall von Philipp Magalski (PIRATEN)]

Zumindest wirkt ein bodenrechtlicher Bezug sehr konstruiert, und sie sind zum anderen auch nicht unbedingt dem Bereich Sicherheit zuzuordnen. Neben Verbraucherschutz geht es vor allem um Gesundheit, Sozialpolitik und Jugendschutz.

Reden wir aber über die Anträge, wie Sie sie gestellt haben! Es geht hier um die Eindämmung von bestimmten Gewerbebetrieben. Es wird unterstellt, dass diese Einrichtungen schwerwiegende Verstöße gegen Rechtsnormen

begehen und zahlreiche dieser Orte als kriminalitätsbelastet anzusehen sind. In Verbindung mit der Absicht, die Spielstätten einzudämmen, wird eine pauschale Kriminalisierung der Betreiber und der sogar der Nutzer dieser Einrichtung vorgenommen. Das ist nicht nur alarmistisch, sondern auch gefährlich. Es lenkt nämlich vom gesundheitspolitischen Thema der Spielsucht ab. Schade, dass Herr Senator Czaja nun weg ist. Er saß vorher die ganze Zeit dort. Auch, dass die Linksfraktion ihren gesundheitspolitischen Sprecher ins Rennen gewürfelt hat, begrüße ich ausdrücklich.

Verständlich ist das alles, wenn man betrachtet, dass sich der Senat über die Einnahmen von Automatensteuern und anderen Steuerarten aus den Spielhallen freut, genauso wie über diejenigen aus den staatlich konzessionierten Kasinos, Klassenlotterie, Lotto, Toto, Keno und wie alle „guten“ Glücksspiele heißen.

Wenn man nun allerdings nur die Konkurrenz der eigenen Angebote ausschalten wollte, könnte man das auch einfach sagen. Als Problem werden hier allerdings die stadtbildstörenden Suchtverrichtungsbuden geschildert. Besonders problematisch scheinen diese dort, wo andere Gewerbe verdrängt werden. Spielhallen bieten scheinbar immer eine hohe Flächenproduktivität. Wenn Sie sich in manchen Kiezen auffällig ausbreiten, liegt das einfach an marktwirtschaftlichen Regelungsmechanismen. Dass diese Gewerbebetriebe wie alle anderen auch von den zuständigen Behörden überprüft werden, sollte man auch ohne zusätzlichen Beschluss des Abgeordnetenhauses hoffen. Wenn das nicht geschieht, könnte es daran liegen, dass die Bezirke dank Personaleinsparung ihre Aufgaben einfach nicht mehr wahrnehmen können.

[Daniel Buchholz (SPD): Einige können es. Wie kommt das denn?]

Ja, manche können es. Da haben sie gerade einmal Glück gehabt. Aber dank weiterer Einsparungen bekommen wir das auch noch hin.