Simon Kowalewski
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Vielen Dank, verehrter Herr Präsident! – Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Dank der Berliner Bevölkerung hatten wir hatten in diesem Haus lange Zeit das Privileg, uns ohne Rechtsradikale über Flüchtlingsthemen unterhalten zu dürfen. Dass das jetzt, vier Monate vor der nächsten Wahl, ein Ende finden soll, finde ich erschreckend.
Aber zum Thema! Wir wissen aus der Anhörung zu diesem Thema im Ausschuss für Arbeit, Integration, Berufliche Bildung und Frauen, dass wir kaum etwas über die Situation von geflüchteten Frauen wissen, weil es nirgendwo Erhebungen gegeben hat. Aus Stichproben und aus der Erfahrung der Menschen, die mit geflohenen Frauen arbeiten, können wir aber schließen, dass ein großer Teil von ihnen von verschiedenen Formen von Gewalt betroffen ist.
Seit Anfang der Legislaturperiode weisen wir beispielsweise auf die prekäre Situation der Berliner Frauenhäuser hin, genauso lange wiegelt die Koalition das Thema ab. Deswegen hat sich auch nichts verändert. Die Frauenhäuser sind überbelegt, seit drei Jahren pausenlos, und den Antrag, der das ändern soll, haben wir gerade vertagt. Wobei: Im Berliner Haushalt sind lediglich 0,1 Prozent des Gesamtvolumens für den Bereich Frauen und Gleichstellung vorgesehen, also zwei Größenordnungen weniger als das, was in diesem Antrag gefordert wird. Vielleicht kommt es deswegen manch einem ein wenig viel vor.
Hilfesuchende Frauen bekommen oft zu hören, sie sollten die Zähne zusammenbeißen und die gewalttätige Situation noch ein bisschen aushalten. Oder sie werden in Notunterkünfte für Obdachlose gebracht und morgens wieder schutzlos auf die Straße gesetzt – und das mit minderjährigen Kindern und im „familienfreundlichen Berlin“! Das betrifft bereits Frauen, die der deutschen Sprache mächtig und mit der deutschen Bürokratie aufgewachsen sind. Wie soll es dann erst denen gehen, die diese Privilegien nicht haben?
Wir müssen nicht nur die Situation im Gewaltschutzbereich insgesamt deutlich verbessern, sondern den Frauen in den Unterkünften aktiv die Antigewaltmaßnahmen erklären und ihnen helfen, sie auch zu nutzen. Das müssen wir natürlich auch in allen anderen Bereichen tun. Das Beratungs- und Unterstützungsangebot müssen wir durch Beraterinnen verbessern, die die Sprache der geflüchteten Frauen sprechen. Wir brauchen Kinderbetreuungen für geflüchtete Mütter, damit diese die Möglichkeit haben, Termine und Kurse wahrzunehmen oder vielleicht
sogar, um studieren zu können. In allen Feldern braucht es auch Angebote allein für Frauen, um traumatisierten Gewaltopfern die Teilnahme überhaupt erst ermöglichen zu können.
Gerade deswegen ist es so skandalös, dass wir es in Berlin schaffen, ein funktionierendes, europaweit einzigartiges und von Geflüchteten selbst organisiertes Integrationsprojekt wie den Wagenplatz Kanal, der all diese Aufgaben erfüllt und den Senat keinen roten Heller kostet, einfach plattzumachen, um an dieser Stelle ein Massenlager hinzuklotzen – und die bürgerliche Presse klatscht dazu Beifall! Das zeigt deutlich, dass es scheinbar nicht gewünscht ist, wenn Geflohene, vor allem geflohene Frauen, aber eben auch Trans- oder Intersexuelle, einen Zugang zu selbstbestimmter Ausbildung und Arbeit bekommen. Geflohene Menschen sind aber genau das: Menschen, Menschen mit Wünschen, Träumen, Ideen und auch Problemen, die Menschen eben haben. Die kann man nicht einfach in Container einlagern wie Stückgut.
Viele sind traumatisiert – von der Situation, vor der sie geflohen sind, aber auch von dem Weg, den sie zurückgelegt haben, bis sie Berlin erreichten, schutzlos auf der Suche nach irgendeinem Loch im Zaun des Europas, das sich in seiner PR als Hort der Menschenrechte darstellt, ihnen aber an seinen Außengrenzen deutlich zeigt, dass es sie nicht haben will, dass es nicht helfen will und dass es Autokraten bezahlt, die sie an der Grenze erschießen lassen. Gerade Frauen, die das erlebt haben, brauchen deutlich bessere, auf ihre Bedürfnisse abgestimmte Hilfe, niedrigschwellig, in ihrer Sprache und sensibel gegenüber ihrer Kultur.
Deutschland hat 2011 die Istanbul-Konvention des Europarats zur Verhütung und Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und häuslicher Gewalt ratifiziert, und die ist rechtlich bindend. Es gibt eine EU-Konvention zum Schutz besonders schutzbedürftiger Flüchtlinge und die Aufnahmerichtlinie, gegen die in Berlin täglich verstoßen wird. Die aktuelle Situation ist also nicht nur katastrophal, sondern auch illegal.
Tun Sie endlich was dagegen, und stimmen Sie für diesen Antrag! Es ist zumindest ein erster und dringend benötigter Schritt. – Vielen Dank!
Vielen Dank! – Geschätzter Herr Dietmann! Ich muss natürlich Ihren Vorwurf absolut von mir weisen. Das können Sie sich sicher vorstellen. Was gerade Zwischenrufe und das Niederbrüllen von Rednerinnen und Rednern angeht, da sind Sie ja auch kein Neuling.
Das kennen Sie ja sehr gut auch aus Ihrer eigenen Art, hier mit Kolleginnen und Kollegen umzugehen. Natürlich hätte Frau Vogel sich beispielsweise auch selbst verteidigen können – aber gut, das sei unbenommen.
Der Punkt ist: Ich rechne es mir zu, Menschen, die sich mit Rechtsradikalen, mit Anhängern der NPD, gemeinsam in eine Reihe stellen,
gemeinsam mit ihnen demonstrieren und sich ihre Positionen zu eigen machen, als rechtsradikal zu bezeichnen. Und ich nehme es mir auch heraus, mit diesen Leuten dann nicht mehr inhaltlich diskutieren zu wollen.
Das gibt Konsens, dass wir das nicht machen, und dabei bleiben wir meiner Meinung nach auch. Deswegen sehe ich dafür keinen wirklichen Grund. – Geschätzter Herr Kollege Lux! Ich schließe mich Ihren Ausführungen dahin gehend komplett an!
Vielen Dank, Herr Präsident! – Ich frage den Senat: Hat die Informations- und Aufklärungskampagne Cannabis, für die im Gesundheitshaushalt für 2016 500 000 Euro eingestellt sind, bereits begonnen?
Und von wem wird diese Kampagne wie realisiert?
Danke schön, Herr Präsident! – Herr Czaja! Sie haben ja gesagt, die wird ausgeschrieben. Können Sie uns sagen, wann die ausgeschrieben wird, ob wir diese Ausschreibung auch sehen können und wann Sie denken, mit der Kampagne loslegen zu können, weil sie ja für 2016 im Haushalt steht.
Frau Präsidentin! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Auch wegen des Asylverhinderungspakets II werden wir in Zukunft wieder verstärkt mit alleine fliehenden Frauen, teils mit Kindern, teils ohne, zu tun haben. Natürlich ist die Flucht durch das Europa der neuen Stacheldrahtzäune für alle Menschen eine Tortur. Wir sehen es gerade wieder in den Medien – ein Spießrutenlauf durch Kälte und Tränengasschwaden, den wir ihnen ohne Not aufbürden. Frauen bzw. gerade Frauen mit Kindern leiden allerdings besonders darunter, wegen der patriarchalen Vorstellungen in den Ländern, aus denen sie fliehen, aber auch aufgrund des strukturellen Sexismus, der ihnen auf dem Weg und am Ziel begegnet. Frauen, die es alleine oder mit anderen schaffen, ihr bisheriges Leben hinter sich zu
lassen, den beschwerlichen und gefährlichen Weg anzutreten und das vermeintlich sichere Berlin zu erreichen, haben schon allein deswegen unsere besondere Unterstützung verdient, sich eine sichere und vor allem selbstbestimmte Existenz aufzubauen.
Die Berliner Fraueninfrastruktur, darüber haben wir hier schon viel geredet, wurde seit Jahrzehnten an einer sehr kurzen Leine gehalten. Das sehen wir selbstverständlich genauso wie Kollegin Kofbinger; während der Haushaltsberatungen haben wir das deutlich gemacht. Die Frauenhäuser klagen beispielsweise seit Jahren über zu wenig Mittel. Schon im Jahr 2014 konnten 827 hilfesuchende Frauen nicht untergebracht werden, was der Senat und die Koalition nicht als Grund ansahen, sie besser auszustatten. Deswegen ist es völlig klar, dass sich die dortigen Mitarbeiterinnen – und seien sie noch so qualifiziert – jetzt nicht auch noch nebenbei um Frauen aus den prinzipienbedingt sehr gewaltgeneigten Massenlagern kümmern können. Sie sind damit schutzlos.
Für Projekte der Ausbildungs-, Arbeits- und Selbstständigkeitsförderung gilt dasselbe – eine deutliche Aufstockung der Mittel ist hier vonnöten. Der Antrag fordert 10 Prozent der pauschalen Mehrausgaben. Das ist eher noch tiefgegriffen, denn es geht auch um die Einsparung von Kosten. Jede Frau, die einen Ausbildungsplatz oder eine Arbeit findet oder sich selbstständig machen kann, die sich sozialversichern und eine eigene Wohnung beziehen kann, verursacht weniger Kosten für die öffentliche Hand. Es handelt sich demnach um eine nachhaltige Investition. Da das bereits in den vorherigen Reden angedeutet wurde, möchte ich noch auf einen wichtigen Punkt zu sprechen kommen.
Während staatliche Strukturen bislang dabei versagt haben, ausreichende Schutzräume für Frauen und queere Menschen zu schaffen – gerade für solche mit Fluchterfahrung –, haben autonome Projekte diese Lücke gefüllt, auch in den Häusern in der Rigaer Straße, auch auf Wagenplätzen wie dem radikal queeren „Kanal“ in Neukölln. Diese wichtigen Einrichtungen sind akut bedroht, und zwar nicht durch Mittelknappheit – sie erhalten ohnehin keine öffentlichen Mittel –, sondern durch die Gentrifizierung der Stadt und die Versuche, missliebige Projekte einfach dadurch loszuwerden, dass ihre Flächen für den Bau weiterer Massenlager angeboten werden, sodass diejenigen, die sich für ihren Erhalt einsetzen, absurderweise als Asylgegnerinnen und -gegner diffamiert werden können. Deswegen müssen wir bei der Sicherung spezifischer Angebote zur Integration und Partizipation auch ein bisschen Flexibilität wagen und wichtige Projekte auch außerhalb der üblichen Strukturen stärken und erhalten, statt sie zu bekämpfen und dem sogenannten freien Markt preiszugeben. Ich bin sehr auf die Anhörung zu diesem Antrag in einer Woche gespannt. – Vielen Dank!
(Katrin Vogel)
Geehrter Herr Präsident! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Wir haben es hier mit einem Antrag zu tun, der mit ungewöhnlicher Geschwindigkeit den parlamentarischen Gang hinter sich gebracht hat.
Die erste Lesung war am 24. September 2015 – wohlgemerkt. Aber der Antrag ist ja auch dringend. In den letzten vier Monaten, also seit wir zum ersten Mal über diesen Antrag gesprochen haben, haben wir erlebt, wie HateSpeech in den sozialen Medien das unerträgliche Maß, das wir bereits bei der ersten Lesung angesprochen hatten, noch weit überstiegen hat.
Ich habe zwei kleine Beispiele von gestern mitgebracht: Eine ARD-Korrespondentin hat in einer Kneipe antisemitische Morddrohungen erlebt. Als sie im Fernsehen darüber sprach, überschlugen sich im Internet die Kommentare von zwei Seiten: von den üblichen deutschen Antisemiten und von denen, die behaupteten, es gebe gar keinen Antisemitismus in Deutschland, und dieser Vorfall sei – natürlich falsch! – irgendwelchen Zuwanderern zuzuordnen. – Oder auch die Sprecherin von „Moabit hilft!“, also der Organisation, die sich auch gegen den Widerstand des LAGeSo dafür einsetzt, dass die Menschen, die dort tage- und wochenlang warten müssen, eben überleben können. Sie hatte sich auf ein Posting eines bislang sehr gewissenhaften Helfers verlassen, der scheinbar in seiner Überforderung einen missglückten Hilferuf abgegeben hat. Jetzt wird sie ebenfalls von Mobbing von verschiedensten Seiten, manche davon sogar hier auf der Regierungsbank, überzogen. – An wen sollen sich eigentlich diese Frauen wenden?
Die Frage, die sich viele von Ihnen jetzt vielleicht stellen, ist aber vermutlich eher: Warum bringt der Kowalewski jetzt gerade diese beiden Beispiele? – Ich wollte damit zum Abschluss der Beratung dieses Antrags noch auf einen Punkt hinweisen, den die Kollegin Czyborra schon angerissen hat: Das sogenannte Cybermobbing passiert meist nicht nur im Internet. Es hat oft Wurzeln im Offline-Leben. Es liegt an einer Gesellschaft, die in Zeiten von rassistischen und antisemitischen Aufmärschen längst jeden Anstand verloren hat. Es liegt an einer Gesellschaft von Antifeministinnen und Antifeministen, die sich zwar als Frauenrechtlerinnen und Frauenrechtler aufspielen, wenn es dazu dient, Frauen Verhaltensvorschriften zu machen, aber den Frauen, die in der Debatte eine ihnen nicht genehme Meinung einnehmen, gleich wünschen, Opfer einer Vergewaltigung zu werden.
Wir sind für diesen Antrag, weil er sinnvolle Maßnahmen zum Schutz vor Übergriffen im Internet enthält. Trotzdem sollten wir uns vor lauter Cyber-Cyber-Bingo nicht vormachen, dass wir eine kaputte Gesellschaft allein im Internet retten könnten. – Vielen Dank!
Geehrte Frau Präsidentin! Geschätzte Kolleginnen – mit deutlichem Gender-Gap! 1 von 500 Kindern kommt mit nicht primären Geschlechtsmerkmalen auf die Welt. In Berlin sind es dadurch statistisch knapp 100 pro Jahr. Wie viele es wirklich sind und was mit ihnen dann passiert, wissen wir allerdings leider nicht, weil das ja auch eins der Probleme ist, für die der vorliegende Antrag zumindest eine teilweise Abhilfe schaffen möchte. Es ist ein erster Schritt, dass nach der 2013 in Kraft getretenen Änderung des Personenstandsgesetzes die Möglichkeit besteht, Kinder ohne Geschlecht in das Geburtenregister einzutragen, wenn sie kein klar männliches oder weibliches Geschlecht haben. Allerdings fehlt leider weiterhin die Möglichkeit, unrichtig eingetragene Geschlechter aus diesem Register wieder löschen zu lassen. Dagegen klagt gerade ein Intersexueller, in dessen Geburtsurkunde „weiblich“ steht, weil sie vor 25 Jahren ausgestellt wurde und nicht in den letzten zwei Jahren, vor dem BGH.
In Anbetracht der Tatsache, dass die Gleichberechtigung zwischen Männern und Frauen inzwischen dazu geführt hat, dass es kaum noch Gesetze gibt, in denen Menschen aufgrund ihres Geschlechts ungleich behandelt werden, stellt sich natürlich die grundsätzliche Frage, warum der Bund und die CDU so erpicht darauf sind, sämtliche Menschen in ein binäres Geschlechterraster einzuordnen. Wofür brauchen wir diese Information eigentlich noch? Nur, um zu verhindern, dass zwei Menschen mit dem gleichen Geschlecht im Ausweis heiraten können, Herr Dr. Korte? – Das ist doch auch schon längst überholt!
Hier besteht also im Sinne der Antidiskriminierung noch deutlicher Nachholbedarf auf Bundesebene, und die Forderung nach einer Bundesratsinitiative in dem Antrag unterstützen wir demnach ebenfalls. Auch die Auffor
(Dr. Niels Korte)
derung an die Berliner Krankenhäuser teilen wir, denn es ist einfach nur eine Schande, dass Deutschland selbst nach der Rüge durch den UN-Folterausschuss von 2011 diese Form der Genitalverstümmelung weiterhin duldet und sie in Berliner Krankenhäusern weiter durchgeführt wird. Intersexualität immer noch vor allem als Krankheit zu verstehen, führt eben dazu, dass viele Ärztinnen und Ärzte weiter versuchen werden, sie verschwinden zu lassen.
Leider geht uns der Antrag, über den wir hier reden, nicht weit genug. Gerade im Namensrecht fordern wir, dass transsexuelle, Transgender und intersexuelle Menschen ihren Vornamen ohne diskriminierende Verfahren ändern können. Das haben wir in unserem Antrag „Initiative Berlin tritt ein für Selbstbestimmung und Akzeptanz sexueller und geschlechtlicher Vielfalt 2.0“ gemeinsam mit den Linken – wir haben es gerade schon gehört – bereits 2012 beantragt, zusammen mit den meisten Forderungen, die in diesem Antrag stehen. Wir haben ja gehört, das dreht gerade seine Runden in Koalitionsausschüssen, und ob das in dieser Legislaturperiode noch etwas wird, ist leider stark zu bezweifeln.
Wir werden dem Antrag, um den es hier geht, zustimmen, weisen aber trotzdem darauf hin, dass es dennoch, selbst wenn dieser Antrag angenommen würde, noch grausame geschlechtliche Diskriminierung gerade zum Nachteil von intersexuellen Menschen gäbe, die diese Koalition nicht einfach weiter aussitzen kann. Wenn dem Senat immer noch keine Regelung für die sprachliche Gleichbehandlung von trans- und intersexuellen Menschen vorliegt, wie aus der Beantwortung der Anfrage des Kollegen Lederer aus dem letzten Monat hervorgeht, dann schlage ich die Anrede „Hallo“ vor – und zwar für sämtliche Menschen.
Damit haben andere schon gute Erfahrungen beim Abbau geschlechtlicher Diskriminierung gemacht. – Danke!
Frau Präsidentin! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Auch im Verbraucherschutzhaushalt setzt sich – das hat Herr Senator Heilmann schon erwähnt – ein gefährlicher Trend fort. Während die institutionelle Förderung der Verbraucherzentrale stagniert, gibt es dafür mehr Projektmittel. Das heißt, dass die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter mehr Zeit darauf verwenden müssen, Projektanträge zu stellen, und damit diese Zeit nicht mehr für die Beratung der Verbraucherinnen und Verbraucher zur Verfügung steht.
Außerdem wird es durch die schleichende Projektisierung allen Verbraucherschutzes schwieriger, kurzfristig auf neue Trends oder Angebote zu reagieren. Wir haben im Haushalt 200 000 Euro für ein neues Hunderegister – eine Parallelstruktur zu existierenden Datenbanken, datenschutzrechtlich bedenklich und unnötig, zumal die Bezirke bereits angekündigt haben, dass es ihnen gar nicht möglich sein wird, diese Datenbanken zu pflegen. Stattdessen hungert Berlin die Tiersammelstelle aus, sodass der Berliner Tierschutzverein diese hoheitliche Aufgabe mit hochgezogenen Lefzen zu 90 Prozent aus Spendengeldern subventioniert, und das seit Jahren und eben auch noch bis Ende 2016, weil eine Kündigung vorher nicht möglich war. Ein neuer Betreiber soll per Ausschreibung gesucht werden. Wir wissen aber, wie gut Ausschreibungen in Berlin funktionieren. Wer sollte denn diese Tiersammelstelle günstiger betreiben können, ohne den Tierschutz zu gefährden, als das Tierheim?
Aber das ist ein geringer Kostenpunkt im Vergleich zu den 36,8 Millionen Euro, die der Senat für einen Tierversuchsneubau für die Charité ausgibt, und zwar direkt neben dem 24-Millionen-Euro-Tierversuchsneubau des MDC. Das ist dann der Senat, der sich – wir haben es gerade gehört – besser als je zuvor für den Tierschutz einsetzt? Ist das der Sinn des vielgelobten Berlin Institute of Health, über 60 Millionen Euro in den verschiedenen Haushalten zu verstecken
[Benedikt Lux (GRÜNE): Skandal!]
(Dr. Turgut Altug)
und damit auch direkt gegen den Koalitionsvertrag zu verstoßen, in dem es heißt, die Koalition werde sich für die Einschränkung von Tierversuchen einsetzen und verstärkt tierversuchsfreie Forschungsmethoden fördern? Dafür haben Sie gerade mal 10 000 Euro übrig, und die nur alle zwei Jahre für diesen Preis.
Zum Schluss: Wir reden hier nicht über Landwirtschaft.
Wir haben alle nicht über Landwirtschaft geredet. Wenn wir über Landwirtschaft reden, dann nur über das Endprodukt. Aber ich halte das für ein Problem, weiterhin. Berlin hat seine Kompetenz in der Landwirtschaft 2003 an das Monokultur- und Massentierhaltungsland Brandenburg verscheuert, sodass wir Berliner Initiativen zu Urban Gardening, solidarischer Landwirtschaft oder nachhaltiger Nutzung der Berliner Stadtgüter überhaupt nicht unterstützen können, während um uns herum überall Agroindustrieunternehmen Flächen in einem Ausmaß zusammenkaufen und verseuchen, dass dagegen jede LPG in der DDR im Vergleich wie ein idyllischer Bauernhof aus der CMA-Werbung aussieht. Und das müssen wir lustigerweise auch noch aus unseren Landesmitteln kofinanzieren. Das ist eine Schande. Wir werden uns dafür einsetzen, dass sich das ändert. – Vielen Dank!
Sehr geehrter Herr Präsident! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Die Neunzigerjahre sind eigentlich vorbei.
Das ist auch gut so. Ja! – An einer Stelle haben sie sich aber bis heute erhalten. Auch mit den leichten Erhöhungen im neuen Haushalt verdienen die Frauen und auch vereinzelt Männer, die in Beratungs- und Hilfsangeboten für Frauen in Frauenhäusern und Zufluchtswohnungen, in Frauenzentren sowie Frauenprojekten und -verbänden wichtige – die Kollegin Czyborra nannte sie gerade unverzichtbare – Arbeit leisten, inflationsbereinigt noch weniger als das, was 1995 schon zu wenig war.
Die finanzielle Geringschätzung der Arbeit von Frauen im Berliner Frauenhaushalt ist ein Makel, den wir wohl nie loswerden können. Das ist auch als Symbol verheerend. Beispielsweise sind – gerade schon erwähnt – die Frauenhäuser für viele Frauen die letzte Fluchtmöglichkeit und immer mehr überfüllt. Im vergangenen Jahr konnte allein in Berlin 1 900 hilfesuchenden Frauen kein Platz angeboten werden. Das sind 500 mehr als im Vorjahr. Die Frauenhäuser müssen also dringend erweitert und besser finanziert werden, und zwar vollständig besser finanziert, nicht nur für ausgewählte Plätze, gerade, weil es in Berlin zunehmend schwieriger wird, eine neue Wohnung zu finden. Oder wollen Sie Frauen, die Schutz vor Gewalt suchen, weiterhin auf das Land nach Brandenburg und somit aus ihren sozialen Strukturen, die gerade in solchen Situationen essentiell sind, verweisen?
Die Zweite-Stufe-Unterbringung und die 0,75 Stellen in der Wohnraumvermittlung sind da ein Tropfen auf den nicht mehr nur heißen, sondern sogar schon rot glühenden Stein. HYDRA bekommt eine Stelle einmalig für ein Jahr zur Ergebnissicherung des DIWA-Projekts. Das Beratungsangebot kann dadurch nicht ausgeweitet werden. Es steht eher zu befürchten, dass es gekürzt werden muss, um die Mietsteigerung auszugleichen, die auf den Träger zukommen. Das geschieht in dem Zweijahreszeitraum, in dem dank Manuela Schwesigs neuem Überwachungsgesetz ein ganz neuer Beratungsbedarf entsteht, sei es die Beratung zur Überwindung der unsinnigen Bürokratie für
(Evrim Sommer)
Sexarbeiterinnen und Sexarbeiter, die ihren Beruf weiter ausüben, die Ausstiegsberatung, für die, die sich nicht in diesem Ausmaß gängeln lassen wollen und natürlich die Einstiegsberatung für diejenigen, die diese dort entstehende Lücke wieder auffüllen wollen.
Für mehr Beispiele habe ich jetzt keine Zeit.
Es tut mir leid. Das Problem sollte aus meinem Beitrag sowie denen der beiden Vorrednerinnen relativ deutlich geworden sein. Der Frauenhaushalt ist mit einem Volumen von um die 20 Millionen Euro der kleinste Haushalt, über den Sie hier eine eigene Rederunde führen. Deswegen sollte es aber nicht auch gleichzeitig der armseligste sein. Global betrachtet würde es nicht mehr als einen Tag BER-Baustelle kosten, die gute Arbeit von Frauen hier in Berlin angemessen zu vergüten. Das sollte es uns doch wert sein. – Vielen Dank!
Wieder mal als Letzter. – Geehrter Herr Präsident! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Wir haben heute den ganzen Tag viel über das Los der Geflüchteten geredet – über das Versagen der Verwaltung, über Nazis, die am LAGeSo das Hausrecht ausüben, über unmenschliche hygienische Zustände in den Sammellagern, die keine Privatsphäre zulassen, über Obdachlosigkeit und fehlende gesundheitliche Versorgungsmöglichkeiten. Rund um den „Internationalen Tag zur Beseitigung der Gewalt gegen Frauen“ reden wir jedes Jahr über verschiedene Aspekte struktureller Diskriminierung von Frauen, und die wird leider trotzdem nicht weniger.
Ausgerechnet im Frauenministerium wird gerade ein Gesetz vorangetrieben, um Sexarbeiterinnen generell für unselbstständig und überwachungsbedürftig zu erklären und sie in das gefährliche Leben in der Illegalität zu drängen. Ein anderes Gesetz aber, das die sexuelle Selbstbestimmung ein kleines bisschen verbessern soll, indem es Vergewaltigung bestraft, wenn das Opfer durch einen überraschenden Angriff überrumpelt wird oder sich fälschlicherweise für schutzlos hält, wird hingegen bis heute vom Kanzleramt blockiert. Die Frauenhäuser – für viele Frauen die letzte Fluchtmöglichkeit, die Kolleginnen haben sie schon erwähnt – sind ständig überfüllt. Im vergangenen Jahr konnte allein in Berlin 1 900 hilfesuchenden Frauen kein Platz angeboten werden. Das sind 500 mehr als im Vorjahr.
Das Ergebnis sehen wir in einer anderen traurigen Statistik – der Zahl der von ihren Ehemännern, Lebensgefährten oder Ex-Partnern getöteten Frauen. Waren es 2012 in Deutschland noch 106 Fälle, so stieg die Zahl im vergangenen Jahr auf 160.
Danke! – Bei geflohenen Frauen addieren sich diese Problemkomplexe nicht, sie multiplizieren sich. In ein ohnehin überlastetes Hilfesystem hineinzukommen, gelingt den Frauen, die kaum Sprachkenntnisse, kaum finanzielle Mittel, kaum Kommunikationsmöglichkeiten und kaum Bewegungsfreiheit haben, gar nicht, wenn sie denn überhaupt wissen, dass es ein solches System in einem Land gibt, in dem schon die Registrierung als Asylsuchende Monate dauern kann, wenn sie nicht das nötige Schmiergeld haben, um sich eine Vorzugsbehandlung einzukaufen. Traumatisierte Menschen sind besonders verletzlich. Sie zu Hunderten, zu Tausenden zusammenzupferchen, ihnen absichtlich jede Zukunftsperspektive zu nehmen, um ein Exempel zu statuieren, ihnen weite Wege zu so grundsätzlichen Dingen wie Wasser oder Toiletten zuzumuten, ihnen keinen Rückzugsraum zu gewähren, das macht Menschen unglaublich dafür anfällig, Opfer von Gewalttaten zu werden.
Das ist ja auch bekannt. Und wer diese Fakten nicht wahrnimmt, wer besonders schutzbedürftigen Menschen keinen besonderen Schutz zukommen lässt, der handelt nicht nur fahrlässig, sondern vorsätzlich.
Deswegen hoffe ich auf die sehr baldige Annahme des Antrags. Alles andere wäre eine weitere Schande für diese Stadt. – Vielen Dank und einen schönen Feierabend!
Vielen Dank, sehr geehrte Präsidentin! – Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir reden hier über einen Antrag vom 15. Oktober 2014, der rechtzeitig vor den Haushaltsberatungen gestellt wurde, nämlich fast ein Jahr vorher, mit zwölf Fragen zum Kitaplatzneubau. Die Koalition will den Antrag ablehnen. Damit bleiben die Fragen offen.
Denn es geht – das wurde hier immer wieder abzuwiegeln versucht – hier um ein Konzept des gesamten Senats, um ein Konzept mehrerer Verwaltungen.
Die bisherigen Berichte zum Kitaausbau, die gerade der Kollege Eggert so gelobt hat, kamen von der Senatsverwaltung für Jugend. Die Probleme des Kitaplatzneubaus beschränken sich aber inzwischen nicht mehr nur auf jugendpolitische Herausforderungen. Wir haben es immer mehr mit bau- und liegenschaftspolitischen Fragestellungen zu tun. Das haben wir auch schon gehört. Die erfordern ein umfassendes Senats- und verwaltungsübergreifendes Konzept. Der Kitaplatzausbau ging in den letzten
Jahren vor allem mit einem Ausbau bestehender Gebäude einher. Jetzt fehlen allerdings immer noch 18 500 Plätze bis 2019, oder wenn wir die Senatsvorgabe nehmen, 10 000 Plätze zumindest bis 2017. Da reicht es einfach nicht mehr, nur auf dem bisherigen vergleichbar günstigen Erweiterungen von Kitas zu setzen. Wir brauchen deswegen vor allem ein Neubauprogramm.
Die Anhörung im Ausschuss hat ergeben, dass ein Kitaneubau pro Platz um die 25 000 Euro kostet.
Ja, gerne.
Ja.
Ich komme im Weiteren noch zu einigen Fragen, die unserer Ansicht nach noch nicht beantwortet sind.
Nein, geht ja noch weiter! Das würde ich dem Kollegen Eggert gerne erklären, warum wir der Meinung sind, dass diese Fragen nicht beantwortet sind.
Genau!
Kann ich vielleicht einfach mal kurz vortragen, dann werden wir uns hinterher komplett verstehen an der Stelle? – Wir haben jetzt mit diesen 25 000 Euro pro Platz und auch nach einer Berechnung des Paritätischen Wohlfahrtsverbands bei dieser Anhörung einen finanziellen Mehrbedarf von bis zu 107 Millionen Euro für diese 10 000 Plätze, die der Senat allein bis 2017 einrichten will.
Das ist im Vergleich mit den 30 Millionen vom Bund tendenziell doch relativ viel Geld.
Und – das kommt noch hinzu – wer neu bauen will oder eben auch muss, um Rechtsansprüche zu erfüllen, der braucht auch Grundstücke. Daher ist die Frage nach der Zurverfügungstellung landeseigener Grundstücke, die ja in diesem Antrag gefragt wurde, für die Träger höchst interessant. Die Beantwortung der Frage umfasst nämlich die Liegenschaftspolitik des gesamten Senats. Der Flächenbedarf ist eines der größten Probleme beim Kitaausbau, und der Senat hat darauf bisher keine Antwort. Die Bezirksstadträtin Sabine Smentek, die wir angehört haben, meinte bei der Anhörung, selbst wenn sie Millionen in den Bezirkshaushalt bekommen würde, dass sie keinen Platz mehr für den Neubau von Kitas finden würde.
Es bleiben aber auch noch weitere Fragen offen.
Dragoner-Areal, da machen wir jetzt die Großkita, oder? – Gelangt der Ausbau von Kitaplätzen hinsichtlich des Flächenmangels im kommenden Jahr oder 2017 an seine Grenzen? Das wissen wir nicht, aber es sieht einiges so aus. Gibt es entsprechende Prüfungen im Senat? Ist der Senat mit den Bezirken im Gespräch? Wenn nein, warum nicht? Wäre – jetzt kommt die Gretchenfrage – der Senat bereit, Flächen zu erwerben, also zu kaufen?
In dem Zusammenhang ist übrigens auch die Frage interessant, welche Möglichkeiten der Senat sieht, auch das aus dem Antrag, in Zusammenarbeit mit den Bezirken für die Sicherstellung einer ausreichenden Kitaversorgung bei Wohnneubauprojekten zu sorgen. Die Thematik hat Herr Senator Geisel heute Morgen auch schon kurz angesprochen. Das ist auch wieder eine Frage, die die Ju
gendverwaltung nicht allein beantworten kann, speziell deswegen, weil wir eben nicht wissen, welche Auswirkungen die Änderung des Berliner Modells, also die Einführung eines festen Anteils von 25 Prozent mietpreis- und belegungsgebundenen Wohnraums bei Neubauprojekten ab April 2015 hat.
Bisher wurden Infrastrukturmaßnahmen wie Kitas eben sozusagen von den Bauträgern mitberücksichtigt. Jetzt ändert sich das aber. Die Wohnungen werden als wichtiger angesehen als die Versorgung mit Kitas. Kann es sein, dass die eine oder andere Erschließungsmaßnahme zulasten von Investoren wegen des Angemessenheitsgrundsatzes vielleicht inzwischen gar nicht mehr möglich ist?
Es sind auch nicht nur die Flächenbedarfe, die unklar bleiben. Die Frage 3 z. B.: Geschaffene Plätze durch die Starthilfe. Fragen 6 und 7: Förderbedarfe pro Sparte. Frage 12: Kitaversorgung in der Nähe von Flüchtlingsunterkünften. Die ist ganz besonders interessant, denn wir haben immer noch – das hat eine schriftliche Anfrage jetzt gerade ergeben –, dass von 2 407 Kindern unter sechs Jahren, die in einer Unterkunft für Geflüchtete leben, 1 915 immer noch keine Kita oder Tagespflege besuchen. Das sind immer noch viel zu viele. Das wäre auch eine wichtige Frage aus diesem Antrag. Warum ist in manchen Bezirken – Marzahn-Hellersdorf, Neukölln, Reinickendorf – der Versorgungsgrad im Bereich null bis sechs Jahre immer noch unter 70 Prozent?
Aber meine Zeit ist doch jetzt schon um.
Na gut! Dann schießen Sie los.
Ja, gerne!
Dann sage ich dazu ganz kurz noch was: Es geht ja hier nicht nur um diejenigen, die gerade erst ganz frisch gekommen sind, sondern die Verweildauer in diesen Unterkünften ist ja relativ lang. Ein Erklärungsansatz, den ich in diesem Haus mal formuliert habe, wurde dann ja auch entsprechend sofort zurückgewiesen. Natürlich gibt es da verschiedene Gründe, aber trotzdem: 79,6 Prozent der Kinder von null bis sechs in den Flüchtlingsunterkünften besuchen keine Kita. Das ist meiner Meinung nach eine erschreckende Zahl. – So!
Na ja, es geht ja jetzt vor allem erst mal um den Rechtsanspruch, den wir sicherstellen müssen. Ob wir da von einer Kitapflicht reden – vermutlich kann man davon ausgehen, dass einige dieser Kinder, gerade diejenigen, die gerade frisch nach Berlin gekommen sind, noch nicht sämtliche Anforderungen an ein perfekt geführtes Sprachlerntagebuch an der Stelle aufweisen, also eventuell auch durchaus einer Kitapflicht unterliegen würden, aber jetzt zu sagen, dann ist das jetzt halt so, dann sollen es die Willkommensklassen irgendwie richten, ist nicht der Weg, wie man das Problem, glaube ich, lösen kann. –
Jetzt ist die Zeit immer noch zu Ende. Deswegen vielen Dank!
Geehrter Herr Präsident! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Ich versuche in dieser Rede, keine Komposita mit dem Wortstamm „Cyber“ zu verwenden, weil diese Begriffe ernste Themen ins Lächerliche ziehen und die wichtigen Probleme, die bei der Gleichstellungs- und Frauenministerinnen und -ministerkonferenz besprochen wurden, in seltsame Zusammenhänge irgendwo zwischen Heizungsthermostaten und halb menschlichen, halb technischen Mischwesen verstecken. Aber es geht hier um ganz konkrete Probleme, die Menschen, vor allem Frauen in Berlin, ganz konkret betreffen und bedrohen. Und das umso mehr, je mehr sich der ganz normale Alltag in Onlinediensten abspielt, in denen Menschen sich heute treffen, austauschen, kennenlernen und den Kontakt aufrechterhalte – Räume, die zwar nicht rechtsfrei sind, wie manche gerne mantraartig wiederholen, aber doch eine deutliche Schutzlücke für Mädchen und Frauen aufweisen.
Im Internet, wo bekanntlich niemand weiß, dass du ein Hund bist, haben Erwachsene wesentlich mehr Möglichkeiten, sich als Kinder auszugeben und sexualisierte Kontakte mit Kindern anzubahnen, als es ohne die moderne Telekommunikation möglich wäre. Früher gab es die Ermahnung von Eltern, keine Süßigkeiten von Fremden anzunehmen. Heute ist die Welt so unübersichtlich geworden, dass solche einfachen Ratschläge nicht mehr greifen. Manche Eltern versuchen daher, ihre Kinder komplett vom Internet fernzuhalten oder ihnen mit Filtersoftware einen gefahrlosen Zugang zu ermöglichen. Beides ist allerdings, wie die Erfahrung zeigt, nicht möglich, im schlimmsten Fall sogar kontraproduktiv. Umso dringender sind die Förderung von Medienkompetenz, Selbstverteidigung im digitalen Raum und die Bekanntheit und schnelle Kontaktaufnahmemöglichkeit zu gut geschulten Beratungsangeboten und natürlich ebenso gut
geschulte Kräfte bei Polizei und Justiz, um die Täter dingfest zu machen.
Gewalt im Internet betrifft aber auch Erwachsene, vor allem Frauen. In dunklen Ecken des Internets versammeln sich Maskulisten und andere Menschen mit eingeschränktem Weltbild zu einer Art Onlinemiliz, um mit einem bedrohlich hohen Organisationsgrad den Krieg gegen Frauen zu planen, abzustimmen und durchzuführen – ob es darum geht, Diskussionen über alltäglichen Sexismus wie unter dem Hashtag „Aufschrei“ zu derailen und verächtlich zu machen oder darum, wie letztens unter dem Hashtag „GamerGate“, eine ganze Branche frauenfrei zu schießen – und das nur, weil ein Mann seiner ExFreundin dadurch eins auswischen wollte. Frauen, die sich im Internet mit einer dezidierten Meinung äußern, werden oft mit einem dichten Bombenteppich aus unfundierter Kritik, Hassbotschaften, Mord- und Vergewaltigungsdrohungen überzogen. Vielleicht taucht ja dann sogar noch jemand auf, der inkriminierende Fotos beisteuert. Sie müssen zu ihrer Sicherheit ihre Wohnung verlassen, sich mit unkundigen Stellen herumschlagen, die ihnen nicht helfen können, und zwar so lange, bis sie jede Betätigung einstellen und sich dem Onlineterrorismus geschlagen geben. Das dürfen wir nicht weiter zulassen – auch und gerade diejenigen von uns, die eine solche orchestrierte Hasswelle selbst noch nicht erlebt haben!
Der Antrag, jetzt diese Vorgaben der GFMK – im Gegensatz vielleicht zu anderen Vorschlägen wie diesem Prostitutionsüberwachungsgesetz, mit dem wir uns auch noch auseinandersetzen werden – mit großem Engagement statt nur gerade ausreichend umzusetzen, ist daher richtig und wichtig. Die Polizei und die Beratungsstellen müssen darauf vorbereitet werden, mit solchen neuartigen Verbrechen und deren Opfern umzugehen, natürlich auch mit deren Tätern – das noch dazu gesagt. Betroffene müssen auf Beratungs- und Opferschutzangebote hingewiesen werden. Schon Kinder müssen lernen, mit Informationen und Kontaktanfragen im Internet einen sinnvollen Umgang zu finden und selbst zu entscheiden, welche Informationen sie über sich selbst mit wem teilen wollen. Die polizeiliche Kriminalstatistik muss Verbrechen im Internet besser erfassen, nachvollziehbar machen und die Früherkennung von Trendverlagerungen ermöglichen. Da, wo Gesetzeslücken es Stalkern weiterhin ermöglichen, ihren Opfern im Internet nachzustellen, muss über den Bundesrat darauf gedrungen werden, diese zu schließen. – Ich freue mich auf die weitere Diskussion, die ja schnell und gut mit klaren Vorlagen abgeschlossen werden kann, wenn wir uns hier alle so einig sind, wie diese Rederunde offenbart hat! – Vielen Dank!
(Katrin Vogel)
Sehr geehrte Präsidentin! Liebe Kolleginnen Liebe Kollegen! Ich richte mich jetzt einfach an die Koalition: Auch wenn Sie eine Aktuelle Stunde nach der anderen darauf verwenden, die Berliner Wissenschaftslandschaft
über den grünen Klee zu loben, und das meistens nur, um von dringenden Themen abzulenken,
sehen wir alle gerade dabei zu, wie die früher einmal führende Forschung im Bereich der Medizin und Biotechnik in Berlin in der Mittelmäßigkeit oder Bedeutungslosigkeit versenkt wird. Das BIG, Ihr gefeiertes Institut, besteht aus zwei Partnerinnen, die gemeinsam die Zeichen der Zeit nicht erkannt haben und die völlig falschen Prioritäten setzen. Das MDC lässt sich für 24 Millionen, das meiste davon vom Bund, ein neues Tierversuchslabor errichten. Die Charité, heutzutage vor allem bekannt durch ihren völlig maroden Personalschlüssel, baut selbst aus Senatsgeldern für 60,8 Millionen ein eigenes direkt daneben. Das ist ein großartiges Zeichen von Koordination und Kooperation!
Und es ist natürlich völlig klar, dass die Zahl von 1,2 Millionen Versuchstieren, die in Berlin jetzt schon jedes Jahr gezüchtet werden und uns den unrühmlichen Titel Hauptstadt der Tierversuche einbringt, damit noch weiter steigen wird. Das können Sie jetzt zwar versuchen wegzudiskutieren, aber Sie werden es sehen, dass genau das passieren wird. Wenn Ihnen das sinnlose Leiden und Sterben von einem Säugetier pro menschlichem Einwohner und pro menschlicher Einwohnerin in dieser Stadt – und das alle drei Jahre – völlig egal ist, dann sind Sie schlechte, kaltherzige und schwer erträgliche Menschen. Haben Sie Ihren Kindern eigentlich schon erzählt, dass Sie mitverantworten, dass auch für Sie alle drei Jahre eine Maus oder Ratte, vielleicht ab und zu auch einmal ein Pferd, gequält und ermordet wird? Aber wenn Ihnen zusätzlich noch egal ist, dass Sie damit auch die Position der Berliner Biowissenschaften gefährden, dann sind Sie zusätzlich schlechte, uninformierte und destruktive Politikerinnen und Politiker, die das Absinken dieser Stadt, in der auch sonst kaum noch etwas funktioniert, in die Bedeutungslosigkeit auch in der Wissenschaft vorantreiben.
Im Gegensatz zu Aristoteles vor über 2000 Jahren ist die moderne Wissenschaft an einem Detailliertheitsgrad und bei einer Komplexität angelangt, die es unmöglich macht, Erkenntnisse an Tieren auf Menschen zu übertragen. Dass das auch gerade eben hier im Hause weiter behauptet wird, zeigt, wie gefährlich diese selbst in der wissenschaftlichen Gemeinschaft noch verbreitete Legende ist. Aber wo sollen die Nachwuchswissenschaftlerinnen und Nachwuchswissenschaftler die methodisch richtige Forschung an Simulationen, menschlichem Gewebe oder menschlichen Zellen aber auch lernen? – Hier in Berlin jedenfalls nicht. Kurse mit Ersatzmethoden müssen Studierende selbst bezahlen. Die Gelder für die Ausbildung sind alle schon in den Folterkellern gebunden, sodass Wissenschaft, die diesen Begriff verdient, zu einem Luxus für Wohlhabende wird. In Berlin aktuelles, zukunftsfähiges Wissen zu lernen, muss man sich erst mal leisten
(Dr. Hans-Christian Hausmann)
können. Oder ist das vielleicht ein geheimer Masterplan, um die Wohnheime wieder leerzubekommen?
Die Forschung an alternativen Energiequellen haben wir bereits verloren. Firmen aus diesem Bereich sind geschlossen, das einst weltweit führende Know-how ist weg, die Arbeitsplätze sind verloren, weil diese Forschung im Ausland gefördert, hier aber politisch blockiert wurde. Dann, wie hier in der letzten Sitzung geschehen, das letzte große Energietechnikunternehmen unter dem Licht aus Braunkohlestrom, den wir hier in diesem Haus so lieben, anzubetteln, doch bitte trotzdem in der Stadt zu bleiben, ist erbärmlich. Es hilft eben nichts: Wo moderne Forschung und Entwicklung nicht gewollt sind und blockiert werden, werden sie verschwinden. In der Biotechnik machen wir gerade genau denselben Fehler. Wie lange wollen wir das noch machen?
Die Anträge hat Frau Kollegin Hämmerling ausführlich begründet. Stimmen Sie doch einfach zu! – Schönen Tag noch!
Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! In meiner Rede vorhin habe ich schon darauf hingewiesen, dass in Berlin kaum noch etwas funktioniert. Dazu gehört bestürzenderweise auch die Arbeit der Jugendämter.
Vor anderthalb Jahren hingen weiße Fahnen aus den Bürofenstern des Bezirksamts Mitte. Das war keine lustige Kunstperformance, sondern damit wollten die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zeigen, dass sie vor der nicht mehr zu bewältigenden Arbeitsbelastung kapitulieren. Das ist kein Wunder. Vom Beginn der großen Koalition bis letztes Jahr wurden 124 Stellen in den Berliner Jugendämtern abgebaut. Das sind 10 Prozent, und das bei steigenden Geburtenzahlen!
Das Ergebnis: Kinderschutzmeldungen werden unzureichend bearbeitet, an Hilfekonferenzen in der Schule können Sachbearbeiterinnen und Sachbearbeiter der Jugendämter nicht mehr mitwirken, Fort- und Weiterbildung werden nicht mehr wahrgenommen. Einzelne Jugendamtsmitarbeiterinnen und -mitarbeiter sind für bis zu 120 Fälle gleichzeitig zuständig, und das bei einer Besoldung, die sehr zu wünschen übrig lässt, das haben wir
(Marianne Burkert-Eulitz)
schon gehört. Die Arbeit in den Jugendämtern ist also eine Hölle.
Selbst die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter mit der höchsten intrinsischen Motivation fragen sich, warum sie weiterhin Blut, Schweiß und Tränen in ein System investieren sollen, das kaum noch wirksam helfen kann. Vielleicht wäre da auch mal ein Streik nötig, zur Erzwingung eines Personalschlüssels, mit dem die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter tatsächlich die Möglichkeit haben, Kinder und Jugendliche wirksam zu unterstützen, anstatt sie nur im Schnellverfahren von teurer, unpassender Hilfemaßnahme zu teurer, unpassender Hilfemaßnahme umzuschichten. Selbst denjenigen, die es insgeheim für okay halten, die Berliner Kinder und Jugendlichen auf dem Altar der schwarzen Null zu opfern,
Schwarze Messen – nein, das war etwas anderes! – sei gesagt, dass das auch ein Verstoß gegen das Ausführungsgesetz zum Kinder- und Jugendhilfegesetz ist – aus dem ich, mit Ihrer Zustimmung, Herr Präsident, kurz den § 34 Abs. 1 zitiere:
Das Jugendamt ist mit den Personal- und Sachmitteln auszustatten, die für die Erfüllung seiner Aufgaben nach dem Achten Buch Sozialgesetzbuch und nach diesem Gesetz erforderlich sind.
So einfach ist das.
Das passiert in Berlin nicht. Das wissen alle. Das wissen auch alle hier im Haus. Das wissen aber auch alle Menschen, die aus irgendwelchen Gründen schon mal mit dem Jugendamt in Kontakt waren. Das muss dringend geändert werden.
Bitte sagen Sie nicht, dass das die Aufgabe der Bezirke sei. Die Bezirke sind ausgequetscht und dank der Jahre der willkürlich ausgewürfelten Personalabbauzielzahlen effektiv handlungsunfähig.
Genau deswegen ist dieser Antrag auf Landesebene richtig und wichtig, und wir werden ihn nach Kräften unterstützen. – Vielen Dank!
Geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Liebe Gäste! Wir haben in Berlin viele geflüchtete Menschen, die oft sehr gute berufliche Qualifikationen mitbringen, manchmal sogar auch in schriftlicher Form, und die sich gerne mit ihrer Arbeit für die Gesellschaft, in der sie jetzt leben, einsetzen wollen. Obwohl seit letztem November Asylsuchende mit Aufenthaltsgestattung und Personen mit Duldung meist schon nach drei Monaten arbeiten dürfen – das hat Herr Kollege Simon gerade schon angesprochen –, fällt es leider in vielen Fällen immer noch schwer, beruflich Fuß zu fassen.
Das liegt auch daran, dass selbst drei Jahre nach dem Anerkennungsgesetz im Bund, noch etwas kürzer, aber doch auch schon seit einer Weile hier bei uns im Land, die Menschen, die versuchen, ihre beruflichen Qualifikationen anerkannt zu bekommen, an einer Mauer aus Bürokratie zerschellen. Das hat Kollegin Breitenbach gerade angesprochen. Das können Sie aber auch beispielsweise heute in der „FAZ“ nachlesen.
Und wir haben einen Mangel an motivierten und qualifizierten Erzieherinnen und Erziehern, Sozialpädagoginnen und Sozialpädagogen, Lehrerinnen und Lehrern. Besonders mangelt es an Fachkräften, die die Sprachen der geflüchteten Kinder und Jugendlichen sprechen können und die sich aufgrund der eigenen Fluchterfahrungen auch besser in deren Situation hineinversetzen können.
Der Antrag fordert nun, diese beiden Fakten erst einmal anzuerkennen und somit eine Lösung zu finden, um geflüchteten Menschen, die eine pädagogische Ausbildung genossen haben, den Einstieg in einen Beruf zu erleichtern und die Betreuungssituation in Kitas, Kinder- und Jugendeinrichtungen und Schulen zu verbessern, speziell die für geflüchtete Kinder und Jugendliche. Es ist natürlich sehr zu begrüßen, wenn zwei Probleme auf einmal gelöst werden können, ohne dass es dadurch zu irgendwelchen Nachteilen kommt. Deswegen stimmen wir diesem Antrag zu.
Zu den Befürchtungen, gerade des Kollegen Simon: Natürlich steckt der Teufel wie bei allen guten Ideen im Detail. Frau Kollegin Kittler hat ja schon ein paar davon ausgeführt. Natürlich gilt es auch sicherzustellen, dass die Qualität der Betreuung und der Sprachförderung auf keinen Fall darunter leidet, aber der vorliegende Antrag ist erst mal ein Prüfauftrag. Das kennen Sie ja auch aus Ihrem eigenen Skriptorium. Wir wollen, dass die Senatsverwaltung ihre Ressourcen und ihre Unterlagen nutzt, um diese Fragen zu klären. Natürlich brauchen wir dann auch einen Bericht. Das muss in den Antrag noch mit rein. Aber über die konkreten Schritte und die zu beachtenden Stolpersteine auf dem Weg können wir dann reden, wenn dieser Bericht vorliegt, oder eben die Kolleginnen und Kollegen in der nächsten Legislaturperiode. – Vielen Dank!
(Roman Simon)
Vielen Dank, Herr Präsident! – Liebe Kolleginnen! Aus Gründen der einfacheren Zuhörbarkeit ist diese Rede im generischen Femininum gehalten – männliche Personen sind natürlich mit gemeint.
Wir reden heute wieder einmal – das hat Kollegin Czyborra völlig richtig festgestellt – über ein Verbandsklagerecht. Verbandsklagerechte sind immer dann wichtig, wenn der Individualrechtsschutz nicht möglich ist – die Natur zum Beispiel, das haben wir gehört, kann selber nicht klagen – oder – das ist auch ein gutes Argument dafür – wenn der Individualrechtsschutz augenscheinlich nicht funktioniert. Und das zeigt unsere Erfahrung mit dem LGG, dass das da so ist.
Wir haben Unternehmen mit Landesbeteiligung, in denen es auch heute noch keine Frauenvertreterin gibt, zu
mindest ist das unser Kenntnisstand. Vielleicht haben Sie kleinlaut heimlich eine gewählt, aber das glaube ich nicht. Allein damit ist schon gegen das LGG verstoßen. Aber richtig schlimm wird es dann, wenn zum Beispiel Besetzungsverfahren klar entgegen der LGG-Vorgaben durchgeführt werden, was in diesem Fall auch schon automatisch der Fall ist, weil eben keine Frauenvertreterin eingebunden werden kann, und dann kann auch keine Frauenvertreterin dagegen vorgehen. Wer soll denn dann bitte intervenieren? Vonseiten der Verwaltung bestimmt niemand, denn das hat schon einmal eine Senatorin den Job gekostet.
Aber was passiert denn viel häufiger? – Unternehmen oder Behörden haben zwar eine Frauenvertreterin oder Gleichstellungsbeauftragte, aber werden sie nicht entsprechend des LGG in Auswahlverfahren, Einstellungen, Besetzungen von Ausbildungsplätzen, Beförderungen, Weiterbildungsmaßnahmen usw. einbinden oder ihre Einwände nicht berücksichtigen. Klar, die Frauenvertreterinnen können sich dann beschweren – bei genau den Leuten, die gerade gegen das Gleichstellungsgesetz verstoßen haben. In manchen Unternehmen hat das ungefähr den gleichen Effekt, als würden sie mit der Wand reden.
Natürlich sind die Frauenvertreterinnen auch prinzipiell vor Diskriminierungen aufgrund dieser Tätigkeit geschützt, aber in einer Organisation, in der das Landesgleichstellungsgesetz ohnehin für eine Art unverbindlicher Vorschlagskatalog gehalten wird, wissen die Frauenvertreterinnen wohl auch am allerbesten, dass sie sich keine große Karriere in dem Unternehmen mehr zu erhoffen brauchen, wenn sie dieser Tätigkeit allzu engagiert nachgehen.
Natürlich sind sie auch nicht von der Treuepflicht gegenüber dem Arbeitgeber entbunden. Deswegen wird es auch schwierig, diese Verstöße in irgendeiner Form öffentlich zu machen.
Aber gerne!
Ja, ich bin der Meinung, dass wir eigentlich überall in der Gesellschaft immer noch ein Patriarchat haben, das stark nach Exkrementen riecht, weil: Ansonsten brauchten wir gar nicht dieses Landesgleichstellungsgesetz. Aber die Fälle, die wir hier gehört haben, zeigen, dass wir es brauchen. Der optimale Zustand wäre natürlich, wenn wir es heute abschaffen könnten, weil wir sagen würden: Wir brauchen es nicht mehr. Das ist leider nicht der Fall. Wir müssen es sogar noch verstärken, damit es noch durchsetzungsfähiger wird, weil es ansonsten immer wieder zu Diskriminierungen aufgrund des Geschlechts kommen wird.
Ich war gerade bei der Treuepflicht stehengeblieben – deswegen kann ich jetzt auch keine Namen nennen. Ich treffe mich regelmäßig mit Frauenvertreterinnen. Ich kann sagen, dass in Berlin immer wieder gegen das Landesgleichstellungsgesetz verstoßen wird, in ganz großen Beispielen, wie wir das gerade eben im Vortrag von Kollegin Kofbinger gehört haben, aber auch in ganz vielen kleinen Fällen. Es sind also keine bedauerlichen Einzelfälle.
Und wer soll dagegen klagen? Die nicht eingestellte Bewerberin? – Die wird große Probleme haben nachzuweisen, dass sie aufgrund ihres Geschlechts diskriminiert wurde. Und die Stelle ist dann ohnehin weg. Die Frauenvertreterin, wie wir gerade gehört haben, nach § 20 Landesgleichstellungsgesetz, und zwar gegen das Unternehmen oder gegen die Behörde, die sie vertritt? – Das ist eigentlich auch eher ein In-sich-Geschäft, das vor allem Folgen für eben diese Frauenvertreterin hat. Die Mitarbeiterin, die keine Fortbildung bewilligt bekommt? – Da können wir uns auch vorstellen, dass das nicht viel hilft. Klagen muss eine Stelle, die selbst nicht in dem Unternehmen sitzt, die auch nicht nur eine konkrete Entscheidung anfechten, sondern strukturelle Diskriminierung grundsätzlich angehen kann.
Der Antrag macht hier einen sehr sinnvollen Vorschlag: nach engmaschigen Vorgaben anerkannte Vereine, die sich für die Gleichstellung der Geschlechter engagieren. So ist einerseits sichergestellt, dass dieses Klagerecht nicht aus anderen Motivationen heraus missbraucht wird, andererseits aber auch – eben weil die klagebefugten Vereine nur über begrenzte Mittel verfügen –, dass sie eben auch nur dann klagen, wenn die Erfolgsaussichten entsprechend hoch sind. Eine substanzlose Klagewelle,
die wahrscheinlich manche befürchten, ist nicht zu erwarten.
Deswegen bitte ich Sie jetzt alle: Stimmen Sie diesem Antrag zu, damit das in diesem Haus beschlossene beste Gleichstellungsgesetz des Universums auch eine Wirkung hat. – Vielen Dank!
Vielen Dank, Herr Präsident! – Liebe Kolleginnen! Liebe Kollegen! Ich fange mit dem Jugendfreizeitstättenbericht an. Schon in der ersten Lesung zu dem Antrag haben wir klargestellt, dass im Abgeordnetenhaus bis heute wichtige Meilensteine in der Weiterentwicklung der Jugendfreizeitstätten und zur Finanzierung der Jugendarbeit nicht gesetzt worden sind. Von außen sieht es sogar so aus, als träfen die Landespolitiker im Parlament gar keine Entscheidungen zur Jugendarbeit, weder zur Finanzierung noch zur Weiterentwicklung, und das, obwohl seit mindestens drei Jahren in den zuständigen Gremien, zum Beispiel im Jugendhilfeausschuss oder in den Bezirken, immer wieder über das Thema diskutiert wurde.
Frau Kollegin Möller hat gerade schon kurz die Trickserei mit der Teilplafonderhöhung erläutert. Wir haben da
(Marianne Burkert-Eulitz)
gesehen, dass keine bedarfsgerechte Finanzierung stattfindet. Dann stellt sich zuallererst die Frage: Warum folgen der Senat und speziell diese sagenumwobenen Haushälter und Haushälterinnen, von denen hier immer die Rede ist, nicht den Vorschlägen der Bezirke? Aber viel wichtiger ist eigentlich die Frage, auf welcher Grundlage über die Höhe entschieden werden soll. Wie ist der Bedarf an Angebotsstunden in den Bezirken, bei den Kindern und Jugendlichen vor Ort? Woher weiß der Senat, wie viele Jugendliche im laufenden und in den kommenden Jahren Jugendfreizeitstätten besuchen werden und wie lange sie dort verweilen? Wie soll das Parlament, wie sollen wir hier einschätzen, wie viele Mittel bedarfsgerecht sind? Das geht eigentlich nur über diesen Bericht, denn der würde diese Bedarfe transparent machen und wichtige Antworten auf diese Fragen liefern.
Es ist und bleibt aber eine Tatsache: Wir haben keinen solchen Bericht, der vorliegende ist von 2005 und somit zehn Jahre alt. Eine Aktualisierung ist längst überfällig, und zwar gerade jetzt, wo die Bezirke mit dem Senat über diese Budgeterhöhung diskutieren. Interessant ist dabei auch, dass bereits 2009 eine Fraktion des Abgeordnetenhauses in einem Antrag an das Plenum eine Fortschreibung des damals vier Jahre alten Jugendfreizeitstättenberichts gefordert hat. In der Begründung der Drucksache 16/2328 heißt es – das möchte ich gerne mit Ihrer Genehmigung zitieren, Herr Präsident –:
Die aktuelle Information zur Lage der Jugendfreizeitstätten in Berlin zeigt, dass dieser Bereich durch die massiven Sparmaßnahmen des Senats in den letzten Jahren stark vernachlässigt worden ist. … Eine aktuelle Bestandaufnahme und eine zeitgemäße Bedarfseinschätzung ist daher unabdingbar.
Na, welche Fraktion war es?
Die CDU, richtig! – auch wenn der Herr Kollege Simon den Bericht jetzt kritisch sieht. Leider wurde dieser Antrag am 11. November 2010 dann im Plenum abgelehnt, und zwar mit den Stimmen der Koalition aus Linke und SPD.
Ja, so ist das Spielchen! – Jetzt ist die CDU allerdings nicht mehr in der Opposition, sondern regiert zusammen mit der SPD, und der Gegenstand, der Jugendfreizeitstättenbericht, ist immer noch der gleiche, und die Situation, die Unterfinanzierung der Jugendarbeit, hat sich auch noch nicht geändert.
In der Diskussion zum damaligen Antrag gab es eine Aussage des bekannten Jugendpolitikers Sven Kohlmeier von der SPD im Ausschuss, wo er sagte, dass die Fraktion den Antrag der CDU zwar prinzipiell verstehen, aber ablehnen würde, weil dieser Bericht 2010 keinen Sinn machen würde, da dieser nach der Übertragung der Ein
richtungen in die freie Trägerschaft dann wieder kurzfristig überarbeitet werden müsste. Der nächste Bericht sollte also wieder im Zehnjahresabstand vorgelegt werden, also im Jahr 2015. Und jetzt gucken wir doch mal in unsere Kalender: Liebe SPD, welches Jahr haben wir? – 2015. Sehr gut! – Wir haben also immer noch keinen Beschluss des Abgeordnetenhauses zur Finanzierung der Jugendarbeit. Wir haben nicht einmal eine Resolution. Es scheint kein politischer Wille bei SPD und CDU da zu sein, die Jugendarbeit in Berlin anzuerkennen und entsprechend zu fördern. Das ist traurig, und die Frage ist natürlich, wie Sie das den Jugendlichen vermitteln wollen. Stattdessen sprechen Sie sich ja lieber gegen eine Herabsetzung des Wahlalters aus.
Jetzt muss ich aber doch noch kurz zur Familienförderung kommen, denn auch die ist, wie die Jugendarbeit, über die wir gerade gesprochen haben, im Senat viel zu lange vernachlässigt worden, und das, obwohl eine systematische Familienförderung zwingend notwendig ist. Wir sehen das auch an den Forderungen des Berliner Beirats für Familienfragen im Familienbericht 2015 – der kommt bald, ein paar Forderungen kennen wir aber schon –, zum Beispiel was den Wohnraum von Familien angeht, die steigenden Mieten, die fehlenden generationsübergreifenden Wohnprojekte, Sozialwohnungen oder auch bei den Grünflächen-, Spiel- und Sportangeboten, wo eine bessere Instandhaltung gewünscht wird. Das sind nur zwei Beispiele, die zeigen, dass die Familienförderung den ganzen Senat und die Bezirke betrifft.
Vor allem fehlt es an umfangreichen und bedarfsgerechten Beratungs- und Hilfsangeboten. Die wenigen Familienzentren, die es in Berlin gibt, können den Bedarf nicht decken, und das, obwohl bekannt ist, dass die Stadt wächst. Das Sondervermögen Infrastruktur der Wachsenden Stadt hat sich leider in dem Punkt ein bisschen konservativ verhalten. Wir wissen, dass Familien zahlreich nach Berlin ziehen und dass Zugezogene hier auch Kinder bekommen oder bekommen werden. Was wir trotzdem nicht haben, sind umfangreiche und bedarfsgerechte Angebote für Familienfreizeit, Sport, Musik, Erholung. Was wir vor allem auch brauchen, sind Angebote für Familien, die Diversity-Dimensionen und Diskriminierungserfahrungen aufweisen oder von Armut stärker betroffen sind.
Ja, gerne!
Danke für diese Nachfrage! Es ist natürlich so, dass wir, wenn wir uns über diese Systematisierung von Familienförderung oder aber Berichte über die Situation von Jugendfreizeitstätten unterhalten, über Grundlagen reden, auf denen weiterhin eine Finanzierung, eine Förderung aufgebaut werden kann.
Wir können natürlich auch einfach aus dem hohlen Bauch heraus über irgendwelche Zahlen reden. Das hilft nur niemandem, weil überhaupt nicht bekannt ist, wie die Situation ist, und das in dem einen wie dem anderen Bereich.
Wir haben zum Beispiel die Information – das steht auch in diesem Bericht des Beirats für Familienfragen –, dass sich Regenbogenfamilien Strategien ausgedacht hätten, wie sie sich in Berlin bewegen können und welche Gegenden sie lieber nicht besuchen sollten. Weiß der Senat das, und wie will er das eigentlich ändern? Das sind alles Fragen, die wichtig sind. Ich würde dazu gerne noch mehr sagen, aber meine Redezeit ist jetzt abgelaufen.
Deswegen nur kurz: Wir sind für beide Anträge und bitten Sie, dem zuzustimmen. – Danke schön!
Vielen Dank! – Sehr geehrter Herr Präsident! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen, die noch da sind! Es ist nicht nur eine gute Idee, es ist Gesetz: Jede Frau und jeder Mann hat das Recht, sich in Fragen der Sexualaufklärung, Verhütung und Familienplanung sowie in allen eine Schwangerschaft unmittelbar oder mittelbar berührenden Fragen von einer hierfür bestimmten Beratungsstelle auf Wunsch anonym informieren und beraten zu lassen. – Das ist der Kernpunkt des hart umkämpften Schwangerschaftskonfliktgesetzes, dass es Frauen ermöglicht, zwar teilweise immer noch illegal, aber zumindest ohne Strafandrohung über ihren eigenen Körper zu bestimmen.
Das Recht bringt aber auch eine Pflicht mit sich: Die Länder stellen ein ausreichendes Angebot wohnortnaher Beratungsstellen für die Beratung sicher. Das heißt: Für jeweils 40 000 Einwohnerinnen und Einwohner ist mindestens ein Vollzeitäquivalent vorgesehen. Es wird mehr, wenn die Tätigkeit der Beratungsstellen damit auf Dauer nicht ordnungsgemäß durchgeführt werden kann. Eben gerade hat Herr Senator Kollatz-Ahnen schon die wenig überraschende Erkenntnis vermittelt, dass Berlin wächst. 50 000 neue Einwohnerinnen und Einwohner pro Jahr waren es in den letzten Jahren. Das wäre also mindestens mehr als eine volle Stelle in den Beratungsstellen jedes Jahr.
Die Realität sieht leider anders aus. Deswegen freue ich mich, dass wir heute in der ersten Priorität über unseren gemeinsamen Antrag „Sexuelle Selbstbestimmung gewährleisten; Beratungsstellen bedarfsgerecht ausstatten“ sprechen können. Die öffentlichen Zuschüsse für den Betrieb der Beratungsstellen an die freien Träger bleiben nämlich seit Jahren deutlich hinter dem Bedarf zurück. Das führt dazu, dass freie Stellen nicht neu besetzt werden können oder wegfallen. Auch im öffentlichen Gesundheitsdienst werden die Kapazitäten abgebaut, was den Druck auf die Angebote der freien Träger noch verstärkt. Dabei ist gerade in Berlin mit den hiesigen sozialstrukturellen Eckdaten – steigende Geburtenzahl, hohe Arbeitslosigkeit, viele prekär Beschäftigte oder SoloSelbstständige, hoher Anteil an Alleinerziehenden, besonders viele Menschen mit psychosozialen Problemen, drohender oder bestehender Obdachlosigkeit, viele Menschen ohne Aufenthaltstitel usw. – ein besonders hoher Beratungsbedarf vorhanden.
Außerdem wurden die Aufgaben der Beratungsstellen in derselben Zeit immer weiter aufgestockt. Pränataldiagnose, Gendiagnostik, Kinderschutz, frühe Hilfen, vertrauliche Geburt – all das sind natürlich wichtige Beratungsthemen. Aber zu glauben, sie ohne zusätzliches Personal
mal eben so en passant mit abdecken zu können, ist natürlich realitätsfern.
Besonders schwierig ist es für Menschen, die nicht der deutschen Sprache mächtig sind, ein passendes Beratungsangebot zu finden. Der Gemeindedolmetschdienst, der den Mangel an mehrsprachigen Beraterinnen und Beratern abfangen könnte, hängt trotz der positiven Erfahrung damit am seidenen Faden der Mittel für den öffentlich geförderten Beschäftigungssektor. Das ist natürlich ein ganz eigenes Kapitel. Einen Beratungstermin und gleichzeitig eine Dolmetscherin oder einen Dolmetscher zu bekommen, ist von daher so schwierig, dass manche Beratungsbedürftige sich von Angehörigen dolmetschen lassen – was gerade in solchen intimen Angelegenheiten ein Problem darstellt.
Gerade in Schwangerschaftskonflikten sind immer noch knappe Fristen zu wahren. Beratungswünsche müssen nach den Kategorien extrem dringend, sehr dringend und dringend abgearbeitet werden. Das bedeutet auch, dass die Berater und Beraterinnen keinen Dienst nach Vorschrift machen können. Mehr als bei anderen Angeboten sind die Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen ständig gezwungen abzuwägen, ob sie sich ihre Freizeit, die sie dringend brauchen, um sich von diesem fordernden Beruf zu erholen, gönnen oder Menschen in schwierigen Konfliktlagen rechtzeitig unterstützen.
Die Schwangerschaftskonfliktberatung ist de facto ein Frauenberuf. Wir teilen doch alle die Auffassung, dass gleichwertige Arbeit auch gleich entlohnt werden muss. Das war auch eine der wichtigen Forderungen zum internationalen Frauentag am letzten Sonntag. Daher ist es absolut inakzeptabel, dass in diesem Bereich, in dem vor allem Frauen eine hochqualifizierte, verantwortungsvolle und emotional fordernde Aufgabe wahrnehmen, weiterhin so schlecht bezahlt wird.
Gerade in so klaren Fällen von Leistungsungerechtigkeit muss das Land Berlin seinem eigenen Anspruch nach Gender-Budgeting nachkommen. Lassen Sie uns also diesen Antrag beschließen, um die Situation von Schwangeren in Berlin zu verbessern, um gesetzliche Vorgaben zu erfüllen und um zu einem geschlechtergerechten Haushalt beizutragen. – Vielen Dank!
Vielen Dank, Herr Präsident! – Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Kollegen Eggert und Simon wiesen schon darauf hin: Sechs Anträge in einer Rederunde, das ist selbst für die 50-Meter-HallenschwimmbeckenMetropole Berlin relativ sportlich. Ich versuche trotzdem, zu allen etwas zu sagen. In unserem Antrag – lfd. Nr. 9 a – fordern wir, jährlich den aktuellen Bedarf an zeitlich flexiblen Betreuungsangeboten in Kitas, Schulhort und Tagespflege, aber auch in Familienzentren zu analysieren, den Bedarf zu untersuchen – mehr nicht. Warum haben wir im August 2013 diesen Antrag eingebracht? – Die erwünschte zunehmende Erwerbsbeteiligung von Frauen, aber auch die steigenden beruflichen Erwartungen an Mobilität und Verfügbarkeit in den Abend- und Nachtstunden sowie am Wochenende erfordern ein Angebot an Kinderbetreuung, das sich an den individuellen Bedürfnissen der Sorgeberechtigten orientiert. Betroffene Sorgeberechtigte, insbesondere Alleinerziehende, stehen vor der Herausforderung, Familie und Beruf in Einklang zu bringen, und wünschen sich auch eine Kinderbetreuung zu ungewohnten Zeiten – zum Beispiel auch nachts. Das forderten zum Beispiel 51 Prozent der befragten Eltern in Pankow.
In Antworten auf Kleine Anfragen, zuletzt durch meine Kollegin Graf vom 8. April 2014, legte der Senat die Anzahl der Kinder mit ergänzender Betreuung dar, also
der Kinder, die über die gewöhnlichen Öffnungszeiten hinaus in die Betreuungseinrichtungen gehen. In der Tagespflege sinken die Zahlen seit Jahren rapide. Dagegen steigen die Zahlen in der Kita und im Schulhort. Insgesamt gibt es nur 13 Kitas, die erweiterte – –
Gerne!
Lieber Herr Kollege! Das ist genau das Problem, dass wir das immer nur retrospektiv feststellen können, wie sich die Zahlen entwickelt haben. Für manchen mögen diese Zahlen sogar überraschend sein. Der Grund, weshalb wir den Antrag gestellt haben, ist der, dass wir das gern auch schon vorher wüssten, damit entsprechende Steuerungsmöglichkeiten bestehen. Dafür wäre es sinnvoll, die Zahlen zu analysieren. Das ist der Grund, weshalb wir diesen Antrag gestellt haben. Ich würde noch nicht unbedingt von einer Diskrepanz sprechen, aber wir können das für die Zukunft eigentlich nur wissen, wenn wir uns das näher anschauen.
Ja, gern!
Zu der Frage: Die Studie und die Auswertung durch den Verband der Alleinerziehenden sind mir durchaus bekannt. Wie ich im Weiteren noch ausführen werde, gibt es durchaus schon Bestrebungen der Senatsverwaltung, diese Fragen zu klären, diese Zahlen zu analysieren. Ich halte es aber trotzdem nicht für sinnlos, das zu tun, denn letztlich kann auch der Verband der Alleinerziehenden nur auf das Datenmaterial zurückgreifen, das sie haben, also nur auf die Zahlen, die es überhaupt gibt. Deshalb ist es sinnvoll, dem Senat, der sich schon um vernünftige Zahlen und eine vernünftige Planbarkeit bemüht, einen Beschluss dieses Hauses mitzugeben, um ihn zu unterstützen und ihn aufzufordern, gerade mit diesen Betroffenen, gerade den Alleinerziehenden, zu reden, wenn sie ihre Projektionen machen.
Vielleicht noch kurz zur Anhörung, die wir dazu im Ausschuss hatten: Da wurde die Erweiterung der Öffnungszeiten durchaus unterschiedlich betrachtet, mit Vor- und Nachteilen, die das mit sich bringt. Die Kritik, die es gab, aber auch die Ansprüche der von den Eltern gewünschten Flexibilisierung unterzubringen, das ist schwierig. Das Problem muss aber gelöst werden. Wie die Bezirksstadträtin Keil deutlich gemacht hat, flexible Kitas dürfen nicht zu prekären Beschäftigungsverhältnissen führen, denn darunter würde die Qualität der Betreuung leiden. Der Verband der alleinerziehenden Mütter und Väter, den Sie angesprochen haben, hat auch festgestellt, dass die Bedarfe von Alleinerziehenden bisher weitestgehend ignoriert worden sind. Das macht Pankow, also Pankow analysiert die Bedarfe. Das muss aber auch in anderen Bezirken in Berlin passieren. Wie gesagt, der Senat ist dran. Wenn wir diesen Antrag annehmen, dann hätte er eben auch eine Arbeitsaufforderung von diesem Haus und die Aufforderung, mit allen Betroffenen zu reden. Das fänden wir gut.
Ansonsten muss ich jetzt schnell machen. Zum Antrag „Fördern statt testen – Sprachförderung für alle“: Das hat Kollegin Möller schon ausgeführt: Der NichtdeutscheHerkunftssprachen-Hintergrund ist nur ein Indiz für die ursächliche Notwendigkeit von Sprachförderung. Es gibt aber wichtigere Ursachen: fehlende Sprachbildung zu Hause aufgrund fehlender Zeit oder mangelnder Bereitschaft der Eltern, dafür zu sorgen. Faktoren wie Armut spielen hier eine große Rolle, die sind aber in der Kindertagesförderungsverordnung überhaupt nicht berücksichtigt. Darauf haben im Ausschuss auch die Anzuhörenden hingewiesen. Deswegen halten wir diesen Antrag für unterstützenswert.
Zur Bedarfsprüfung: Wie die Linken und der Koa-Vertrag fordern, soll die Prüfung des Bedarfs aufgegeben werden. Außerdem sollen – das sagt der Antrag – zum ersten Geburtstag der Kinder die Sorgeberechtigten besser über die Kitabetreuung oder auch über Tagespflegeangebote informiert werden, umso mehr für den Besuch der entsprechenden Einrichtungen zu werben. Das Problem ist, dass § 4 im Kindertagesförderungsgesetz sich immer noch ein bisschen liest wie eine Regelung zur Aufbewahrung von Kindern, deren Sorgeberechtigte aufgrund ihrer Erwerbstätigkeit keine Zeit für die Förderung der Kinder haben. Und das widerspricht dem Bildungsauftrag, den die Kitas und auch die Tagespflegeeinrichtungen inzwischen als Einrichtungen der frühkindlichen Bildung erhalten haben, und zwar völlig unabhängig vom Bedarf der Sorgeberechtigten. Das heißt, wir stellen fest, jedes Kind soll ein Recht auf eine hochwertige frühkindliche Bildung haben, nicht nur die Kinder von Eltern, die einer Arbeit nachgehen. Von daher nehmen wir diesen Antrag auch gerne an, auch um den Sorgeberechtigten und den Behörden unnötige Bürokratie zu ersparen.
Der Eigenanteil der Kitaträger: Da ist es bisher so, dass die Träger einen Eigenanteil aufbringen, laut Senat aus verschiedenen Formen der Erbringung des Eigenanteils wie z. B. dem Einwerben von Drittmitteln, Spenden, Sponsoring – da kann man sich fragen, ob Sponsoring bei Kitas wirklich eine schlaue Sache ist –, aber auch, wie wir das in der Praxis erleben, dass der Anteil auf die Eltern umgelegt wird, oder auch, dass Eigenleistungen als Eigenanteil abgerechnet werden. Das ist also alles nicht so prima. Es ist völlig unverständlich, warum die Träger für die Realisierung eines Rechtsanspruchs, wofür das Land Berlin verantwortlich ist, ihr eigenes Geld mitbringen sollen.
Ich habe leider nicht zu allen Punkten etwas sagen können. Zu dem Grünen-Antrag reden wir ohnehin noch im Ausschuss. Wir sehen auch den Antrag, die Kitas als Partner im Netzwerk Kinderschutz zu stärken, positiv und werden dafür stimmen. – Danke schön!
Vielen Dank, Frau Präsidentin! – Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Wir reden heute über einen Antrag, dass Berlin sich im Bundesrat dafür einsetzen wolle, dass es ein bundesweites Recht für anerkannte Organisationen gibt, um gegen Tierschutzverstöße rechtlich vorzugehen.
(Fabio Reinhardt)
Der Tierschutz, der von Anfang an in der Berliner Verfassung von 1995 als Staatsziel definiert war, ist im Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland auch seit 2002 verankert. Dort heißt es im Artikel 20a – ich zitiere mit Ihrer Genehmigung –:
Der Staat schützt auch in Verantwortung für die künftigen Generationen die natürlichen Lebensgrundlagen und die Tiere im Rahmen der verfassungsmäßigen Ordnung durch die Gesetzgebung und nach Maßgabe von Gesetz und Recht durch die vollziehende Gewalt und die Rechtsprechung.
Haben Sie den Fehler bemerkt? – Die Rechtsprechung kann diesem Auftrag überhaupt nicht nachkommen, denn ein eiserner Grundsatz des Rechtswesens lautet: Nemo iudex sine actore – niemand ist Richter ohne Kläger. Kläger kann im Verwaltungsrecht nur sein, wer selbst in eigenen Rechten verletzt ist. Es gilt grundsätzlich das System des Individualrechtsschutzes. Dass Tieren im Verwaltungsrecht keine Klagebefugnisse zuteilwerden, brauche ich vermutlich nicht zu erwähnen. Sie nehmen an der Rechtsordnung nur als Objekt teil. Es gibt also keinen Kläger, folglich keine Rechtsprechung, folglich auch keine Umsetzung dieses Verfassungsauftrags.
Eine Klagebefugnis für Vereine, die damit gegen Tierschutzverstöße vorgehen können, um diesen Fehler im System unseres Staates zu heilen, gibt es landesrechtlich bereits in Bremen, Nordrhein-Westfalen, Hamburg, Rheinland-Pfalz und dem Saarland. In Berlin wurde eine Regelung auf Landesebene bisher abgelehnt, und zwar im Jahr 2006, im Jahr 2009 und auch im Jahr 2013.
An die letzte Debatte dazu erinnere ich mich ja noch sehr lebhaft. Die Koalition wies dabei vor allem darauf hin, dass eine bundesrechtliche Regelung sinnvoller sei als 16 verschiedene in den Bundesländern. Der Kollege Kohlmeier erläuterte, dass verschiedene Fraktionen im Bundestag, namentlich die SPD, die Grünen und die Linksfraktion, ein Verbandsklagerecht im Tierschutz befürworten würden.
Und mit einer anderen Bundesregierung werde dieses auch schon kommen. Jetzt haben wir eine andere Bundesregierung, an der die SPD sogar beteiligt ist, und können trotzdem keine Verbesserung erwarten, nicht vom Bundestag und auch nicht von der Bundesregierung. Der Bundesrat hingegen könnte einen solchen Gesetzentwurf durchaus beschließen. Dort hat Rot-Rot-Grün nämlich momentan die Mehrheit.
Und sie haben auch rechtssystematisch recht, schließlich ist das Verbandsklagerecht für Naturschutzverbände auch seit 2002 im Bundesnaturschutzgesetz verbindlich geregelt, nachdem es zuvor Gegenstand der Landesgesetzgebungen war. 2006 kam das Umweltrechtsbehelfsgesetz
hinzu, das die Klagegegenstände auf Industrieanlagen und Infrastrukturprojekte ausgedehnt hat. Dieses Gesetz wurde unter der großen Koalition im Bund beschlossen, nicht unter der aktuellen, sondern unter der davor, und hat, liebe CDU, Sie sind da manchmal ein bisschen ängstlich, nicht dazu geführt, dass neue Industrieanlagen oder Verkehrsprojekte völlig unmöglich wurden. Es hat nur zu einem angemesseneren Interessenausgleich geführt.
Auch die Verbandsklagebefugnis bei Verstößen gegen das Behindertengleichstellungsgesetz oder den lauteren Wettbewerb sind bundesrechtlich geregelt. Wir sind uns also hier einig. Wir wollen das Verbandsklagerecht auf Bundesebene, und mit diesem Antrag geben wir Ihnen die Chance, das zu beschließen.
Inhaltlich bleibe ich bei meinen Ausführungen vom vorletzten Jahr. Momentan gibt es ein deutliches Rechtsungleichgewicht. Gegen einschränkende Verwaltungsakte können die Tierausnutzer klagen. Wenn aber das einschlägige Tierschutzrecht nicht ausreichend gewürdigt wird, gibt es ohne Verbandsklagerecht keinen aussichtsreichen Rechtsweg.
Nehmen Sie an, Sie seien Amtstierärztin. Durch den permanenten Sparzwang arbeiten Sie weit hinter Ihrer Kapazitätsgrenze. Und nun wissen Sie bei jedem Antrag genau, dass eine Ablehnung zu einer Klage führen kann und sehr wahrscheinlich wird, also mehr Arbeit bedeutet, eine Genehmigung aber keine Folgen haben kann. Neuerdings erschießen Landwirtinnen Amtsveterinärinnen gerne mal, wenn sie mit einer Beschlagnahmeverfügung nicht einverstanden sind, mit der Schrotflinte. Hätten Sie den Eindruck, vor dem Hintergrund Ihrer Expertise und Gesetzeskenntnis, in dieser Situation sinnvolle Entscheidungen treffen zu können? Glauben Sie, dass Sie in dieser Situation Ihrer Aufgabe, den Tierschutz gegenüber Tierhalterinnen und Tierhaltern durchsetzen, nachkommen können? Darüber können Sie ein bisschen nachdenken, bis der Antrag im Ausschuss aufgerufen wird.
Ich freue mich wieder einmal auf die konstruktive Diskussion. Immerhin teilt ein Großteil dieses Hauses das Ziel, das Verbandsklagerecht endlich zu ermöglichen. – Vielen Dank!
Vielen Dank, Herr Präsident! – Liebe Kolleginnen! Liebe Kollegen! Lieber Herr Simon! Die Daten, die wir haben, sind zehn Jahre alt. Seitdem wurde unheimlich viel gespart. Ich weiß nicht, ob uns diese Daten unbedingt weiterhelfen. Es gab schon vor zweieinhalb Jahren die Aufforderung der Linksfraktion an den Senat – und zwar zu Recht –, ein Konzept zur Verbesserung der Rahmenbedingungen für die Leistungserbringung und die Finanzierung der Kinder- und Jugendarbeit zu entwickeln. Ber
linweit sollten vergleichbare Qualitäts-, Fach- und Ausstattungsstandards in der Jugendarbeit entwickelt werden. Dabei geht es natürlich um die Planungssicherheit für die Jugendarbeit und auch um eine Qualitätssicherung in der Leistungserbringung. Der Antrag wurde, wie wir gehört haben, leider abgelehnt.
Da wir jetzt einen vergleichbaren Antrag haben, lässt sich feststellen: Die Sicherung der Kinder- und Jugendförderung, der Kinder- und Jugendarbeit, insbesondere ihre Finanzierung und Ausstattung ist es wert, erneut und immer wieder diskutiert zu werden – und zwar mit allen Beteiligten. Die Notwendigkeit erfordert natürlich eine Begründung, und die ergibt sich, wenn man sich die Debatte der letzten zweieinhalb Jahre vor Augen führt. – Ich muss ein bisschen schneller sprechen, denn das ist relativ komplex.
Der von der Kollegin Möller erwähnte Brandbrief vom 23. November 2012 hat uns – und auch die Senatorin für Jugend und den Senator für Finanzen – darauf aufmerksam gemacht, dass die Bezirke an den Jugendeinrichtungen sparen, Angebote einstellen oder nur noch unter ganz fragwürdigen Bedingungen fortführen. Ganze Einrichtungen werden geschlossen, bezirkliche Infrastruktur wird ausgedünnt und abgewickelt. Die jährlichen Kürzungen lägen insgesamt bei 4 bis 7 Millionen Euro – wohl gemerkt: jährlich. Aufgrund dieses Brandbriefes gab es dann eine Anhörung im Jugendausschuss und dabei haben wir gehört, dass nicht die 10 Prozent die die Ausführungsgesetz zum SGB VIII festgesetzt sind, aufgewendet werden, sondern pro Bezirk zwischen 2,6 und 4,3 Prozent, Tendenz weiter sinkend. Wenn man das überschlägt, kommt man auf 180 Euro pro Kind oder Jugendlichem zwischen 6 und 20 Jahren.
Der Rat der Bürgermeister – das haben wir auch von der Kollegin Möller gehört – hat dann am 23. Mai 2013 ein Moratorium für die Jugendarbeit beschlossen, um bis zur Aufstellung des Haushalts 2016/2017 ein nachhaltiges Modell zur Sicherung der fachlichen, personellen, sächlichen und vor allem strukturellen Standards zu erarbeiten.
Der Landesjugendhilfeausschuss hat beschlossen, das Abgeordnetenhaus aufzufordern, den Beschluss des Rats der Bürgermeister im Haushalt abzusichern, woraufhin der Finanzsenator geschrieben hat, der Vorschlag der Bezirksbürgermeister fordere zusätzliche Ressourcen ein, und die gebe es nicht. Also: nicht.
Während der Haushaltsberatungen für 2014/2015 hat der Landesjugendhilfeausschuss beschlossen, den Senat einen Vorschlag erarbeiten zu lassen, wie denn die Angebote finanziert werden sollen. Das haben die Koalitionsfraktionen im AGH dann im Dezember endgültig abgelehnt, das Moratorium, und ignorieren damit sämtliche Forderungen des Rats der Bürgermeister, des Landesjugend
(Roman Simon)
hilfeausschusses und der Jugendhilfeausschüsse der Bezirke.
Am 29. November 2014 hat das Jugendforum im Abgeordnetenhaus stattgefunden. Die Jugendparlamente haben uns unter dem Motto „Hole deine 10 Prozent“ aufgefordert, 10 Prozent der Mittel für die Jugendhilfe und die Jugendarbeit zu verwenden, und zum Ausdruck gebracht, dass sie bereit wären, mit den jugendpolitischen Sprecherinnen und Sprechern des Abgeordnetenhauses ins Gespräch zu kommen. Die jugendpolitischen Sprecherinnen und Sprecher der Koalitionsfraktionen waren zu dem Zeitpunkt leider nicht mehr da. In der Folge hat mein Kollege Martin Delius zu der Forderung eine schriftliche Anfrage gestellt. In der Antwort hieß es, die Arbeitsgruppe hätte ihre Arbeit beendet und ihre Arbeitsergebnisse in einem Bericht zur produktbezogenen Finanzierungssystematik der bezirklichen allgemeinen Kinder- und Jugendförderung zusammengefasst. Der Bericht sollte, so der Senat, dem Unterausschuss Bezirke im Januar 2015 vorgelegt werden. Der Januar hat jetzt noch zwei Tage.
Wir stellen fest: Bis heute fehlen irgendeine Haltung, Stellungnahme oder ein Vorschlag des Abgeordnetenhauses zu einer standardgemäßen Finanzierung der Jugendarbeit, obwohl das Thema seit zweieinhalb Jahren immer wieder diskutiert wird. Es fehlt die Vorlage des Senats für das von Frau Staatssekretärin Klebba angekündigte Jugendförderungsgesetz, und es fehlt noch immer der erwähnte Bericht.
In den letzten zweieinhalb Jahren gab es unzählige Debatten. Im Senat hat sich inzwischen zwar wenig, aber immerhin etwas bewegt. Wir haben inzwischen Haushaltsüberschüsse in Höhe von fast 1 Milliarde Euro. Inzwischen haben wir im Senat konkrete Arbeitsgruppen und Planungen, und zwar genau für das, was Die Linke in ihrem Antrag fordert. Das Abgeordnetenhaus ist inzwischen das einzige Gremium, das noch überhaupt nichts zu dem Thema beschlossen hat.
Wollen wir die Politik weiter auf allen Seiten an uns vorbeiziehen lassen, Herr Kollege Simon? – Das wäre auch ein Affront gegen die Arbeit des Senats. Das kann sich die Koalition eigentlich nicht leisten. Deswegen fordern wir Sie dazu auf, nach zweieinhalb Jahren endlich eine klare Haltung des Abgeordnetenhauses herbeizuführen. Es wird Zeit, die Jugendarbeit standard- und bedarfsgerecht zu finanzieren. Jugendzentren sind kein „Nice-toHave“, sie sind wichtige Einrichtungen auf dem Weg ins Erwachsenenleben. Für viele Jugendliche sind sie eine zweite Familie, in der sie Hilfe und Unterstützung von Sozialarbeiterinnen und Sozialarbeitern, Erzieherinnen und Erziehern erhalten, eine Hilfe, die langfristig dazu führt, Kinder und Jugendliche vernünftig zu sozialisieren und auf dem Weg ins Erwachsenenleben zu begleiten, was langfristig zu Kostenersparnissen führt, denn: Wer
bei der Jugendförderung spart, muss am Ende mehr Geld in die Bereiche Arbeit, Gesundheit, Justiz und Polizei stecken. – Vielen Dank!
Vielen Dank, Frau Präsidentin! – Sehr geehrter Herr Senator Henkel! Sie wissen ja, dass das Bundesverfassungsgericht 1994 die Strafbarkeit des Cannabisbesitzes nur deshalb nicht aufgehoben hat, weil der Besitz kleiner Mengen grundsätzlich keine Strafverfolgung nach sich zog. Ich frage Sie jetzt: Wenn Sie entgegen der Bitte Ihrer Polizeikräfte die Strafverfolgung ab 1 Gramm in öffentlichen Verkehrsmitteln, in Straßen, in denen es Schulen oder Kitas gibt, oder an jedem Platz, wo jemand davon ausgeht, dass da Drogenhandel stattfinden könnte, durchsetzen, glauben Sie nicht, dass Sie dann als derjenige in die Geschichte eingehen werden, der das zweifellos nicht mehr verfassungsmäßige Cannabisverbot zu Fall brachte?
Vielen Dank für die Beantwortung, Herr Senator Heilmann! – Sie haben das Beispiel mit den Zigaretten gebracht. Da würde ich doch ganz gerne mal noch nachfragen: Wäre der Zigarettenhandel nur auf dem Schwarzmarkt möglich, mit den bekannten Jugendschutzproblemen, würden Sie dann auch der Meinung sein, dass es sinnvoll wäre, diesen Schwarzmarkt dann über das gesamte Stadtgebiet zu verteilen, indem man ihn an einzelnen Stellen, wo er bisher auftritt – – dann sozusagen überhaupt nicht mehr kontrollierbar wäre, im Interesse des Jugendschutzes?