Vielen Dank, Frau Präsidentin! – Meine Damen und Herren! Heute ein wirklich wichtiges Thema, leider haben viele Menschen schon wieder den Saal verlassen. Ich freue mich deshalb, dass meine eigene Fraktion so zahlreich dageblieben ist.
Am Vortag zum 102. Internationalen Frauentag hat die Fraktion der Grünen ein Herzensthema zu ihrer Priorität gemacht. Aber, liebe noch Vorhandenen, lassen Sie mich gleich vorwegschicken, dass für uns natürlich auch an den anderen 364 Tagen die Gleichstellung der Geschlechter absolute Priorität hat.
Ich rede hier in erster Lesung zu einer Novellierung des Landesgleichstellungsgesetzes. Das hat auch einen Grund: Nach eingehender Prüfung und Würdigung der letzten Novellierung des LGG und ihrer daraus resultierenden praktischen Umsetzung haben wir uns entschlossen, Ihnen noch einmal die Erweiterung des LGG um das Verbandsklagerecht vorzuschlagen. Das erste Mal war im Mai 2009, also vor knapp vier Jahren. Denn leider ist die von Ihnen sicherlich gut gemeinte Betrauung der Frauen-
und Gleichstellungsbeauftragten in den Unternehmen mit Landesbeteiligung nicht der funktionierende Weg, als der er sicherlich einmal gedacht war. Ob bei der Besetzung der Geschäftsführung der Messe, wo es eine Frauen- und Gleichstellungsbeauftragte gar nicht gibt, oder die Besetzung der Stelle des Polizeipräsidenten/der -präsidentin, wo die Frauen- und Gleichstellungsbeauftragte nicht adäquat eingebunden wurde, überall wird eigentlich klar, dass dieses Konstrukt nicht funktionieren kann.
Das hat auch einen anderen Grund: Ich kann von einer Person, nämlich der Frauen- und Gleichstellungsbeauftragten, die mitten im Betrieb angesiedelt ist, kaum erwarten, dass sie eine völlig neutrale Position einnimmt. Eine solche Person ist natürlich dem Druck der Betriebsleitung, des Gesamtpersonalrats oder auch anderer Akteure ausgesetzt und kann niemals so unabhängig handeln wie eine externe Person.
Wir sind nach wie vor der Meinung, dass das Landesgleichstellungsgesetz natürlich hier das Mittel der Wahl sein muss, allerdings in einer ergänzten Variante.
Die Einrichtungen des Landes Berlin sind durch das Landesgleichstellungsgesetz zur aktiven Gleichstellung von Männern und Frauen in der Beschäftigung verpflichtet. Zudem verlangt das Gesetz die Beseitigung bestehender Unterrepräsentanz von Frauen, wenn sie in den Führungspositionen und Leitungsfunktionen vorliegt. Aber trotz eindeutiger Verfassungsgrundsätze und gesetzlicher Vorgaben kommt es immer wieder zu Verstößen gegen das LGG und den in der Berliner Verfassung verankerten Gleichstellungsgrundsatz. Das zeigt, dass hehre Verfassungsgrundsätze und Gleichstellungsgesetze allein für eine Veränderung der realen Alltagssituation leider nicht ausreichen.
Aus den wiederholten Verstößen gegen das Gleichstellungsgesetz werden mit dem vorliegenden Gesetzentwurf Konsequenzen gezogen. Um dem Recht künftig besser Geltung zu verschaffen, werden Bestimmungen hinsichtlich der Reichweite des LGG präzisiert. Das Instrumentarium zur Durchsetzung wird um ein Verbandsklagerecht erweitert. Das sollten wir eigentlich alle begrüßen.
Das Instrument der Verbandsklage ist unabhängig von der Verletzung eigener Rechte bzw. persönlicher Betroffenheit und zielt auf Diskriminierungsstrukturen. Es knüpft nicht an den Individualanspruch einer konkreten Person, sondern an ein Diskriminierungsmuster an und entpersonalisiert so die Rechtsfolge. Das ist ein wünschenswerter Effekt, denn ich kann ja nicht jeder abgewiesenen Bewerberin jetzt unbedingt zumuten, das noch einmal allein für sich durchzufechten.
Warum wäre das eine gute Sache auch hier in Berlin? – Das kann ich Ihnen an einem konkreten Beispiel sagen: Bei der Besetzung der Stelle des Polizeipräsidenten/der
Polizeipräsidentin kam es ja nun dazu, dass das ein Polizeipräsident wurde. Die Nachfrage, warum – ja, er war so einen ganz kleinen Tick besser als sie, man konnte es auch kaum sehen, es war nur mit der Lupe irgendwie zu finden, aber er war wirklich besser. – Gut! Damit ist natürlich erst mal der Form Genüge getan. Selbstverständlich! Das ist auch nicht zu beanstanden. Aber wenn man dann später mal nachgefragt hat: Ja, warum ist sie es denn nicht geworden? – Eine Präsidentin, hat jeder gesagt, ob das die Presse war, mit der ich gesprochen habe, oder meine befreundeten CDUler, das kann doch der Henkel nicht gegen seine eigenen Leute in der CDU durchsetzen, eine Frau da hin zu setzen. Bitte, sag mal, spinnst du?
Und das wäre nämlich jetzt für Herrn Henkel eine ganz große Hilfe, denn nun würden die eingetragenen Frauenverbände kommen und sagen: Herr Henkel, lass mal! Wir machen das für dich.
Und damit komme ich sehr gerne zum Schluss, denn es ist eine ganz positive Aussicht, auch mal für Frank Henkel, auf dem ich sonst immer so rumhaue, zu bitten: Stimmen Sie dem zu, nicht meinetwegen, sondern wegen Herrn Henkel! – Ich danke Ihnen.
Vielen Dank, Frau Kofbinger! – Für die SPD-Fraktion hat jetzt das Wort die Abgeordnete Frau Dr. Czyborra. – Bitte sehr!
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Pünktlich zum 8. März, morgen, dem Internationalen Frauentag, der weder überflüssig noch historisch überlebt ist, auch wenn das in der Presse zum Teil diskutiert wird, beschäftigen wir uns hier mit dem Landesgleichstellungsgesetz von Berlin, dem anerkanntermaßen besten und fortschrittlichsten Gesetz seiner Art.
Aber wie das so Art der Opposition ist, darf in Berlin nichts einfach gut sein, sondern muss infrage gestellt werden.
Zunächst haben wir den Antrag der Linken, die den Senat auffordert, seine Arbeit zu machen, was keines zusätzli
chen Parlamentsbeschlusses bedarf. Das wird mit einem Vorgang begründet, in dem der Senat seine Arbeit unzweifelhaft gemacht hat.
Nach anfänglich LGG-widrigem Verfahrensfehler wurde interveniert. Das Verfahren wurde geheilt und damit der Verstoß beseitigt. Allerdings passt manchen das Ergebnis nicht. Wer hier unausgesetzt behauptet, das Ergebnis sei einem LGG-widrigen Verfahren zuzuschreiben, missbraucht das LGG.
Interessanter ist hier schon der Antrag der Grünen, der verschiedene Änderungen am Gesetz vorschlägt. Das wirkt auf mich ein bisschen gewollt, nach dem Motto: Was können wir denn an einem ausgezeichneten Gesetz zum 8. März noch ändern? – Und man kommt wieder auf das Verbandsklagerecht. Das Verbandsklagerecht haben wir in unserem Rechtssystem z. B. im Umweltrecht. Die Umwelt ist ein allgemeines Gut, kann aber nicht für sich selbst eintreten. Frauen können das.
Ich als Frau stehe dem Ansinnen, dass Verbände in meinem Namen klagen, eher skeptisch gegenüber. Viele Frauenverbände, nicht alle, genießen meine große Sympathie. Die Frauenräte als Dachorganisation leisten wichtige, unverzichtbare Arbeit. Trotzdem denke ich, was wir brauchen, sind gewählte Frauenvertreterinnen, Frauen, die von den zu vertretenden Frauen mandatiert werden und die in die Lage versetzt werden, ihren Auftrag erfolgreich umzusetzen. Sie sind mit Rechten und Ressourcen auszustatten, um das effektiv zu tun. Diese Frauenvertreterinnen brauchen Vertrauen und, wie gesagt, Ressourcen und Mitwirkungsrechte.
Wir haben noch nicht überall diese Frauenvertreterinnen in den Betrieben. Das wissen wir. Wir wissen aber auch, wo nicht LGG-konform gehandelt wird, sind wir als Parlament, ist der Senat, sind die Aufsichtsräte und Aufsichtsrätinnen, sind die Vorstände in der Pflicht. Gesetzeskonformes Handeln von Unternehmen ist Vorstandsaufgabe. Gesetzeskonformes Handeln von Unternehmen ist Vorstandsaufgabe, nicht gesetzeskonformes Handeln führt zu Nachteilen für das Unternehmen, mit allen Konsequenzen. Aber die Umsetzung von Gesetzen braucht manchmal Zeit, besonders wenn es partizipativ geschehen soll.
Frau Czyborra! Da Sie gesagt haben, Frauen sind kein Allgemeingut und können für sich selbst sprechen, habe ich die Nachfrage, ob Ihnen denn bewusst ist, dass die Frauenvertreterinnen sozusagen nicht in einer Sphäre wirken, in der sie auch von Einflussnahmen frei sind, und dass sie sich sehr wohl überlegen – das hatten wir bei der Vorstandsbesetzung bei der BSR –, ob sie sich in diesen Konflikt begeben oder nicht.
Dann gibt es noch die weitere Situation, dass die Bewerberin, wie jetzt die Polizeipräsidentin, die abgelehnt wurde,
in eine Konkurrentenklage gehen müsste, um ihr Recht gegebenenfalls durchzusetzen und dass wir diese Frauen alleine lassen, dass wir sie im Stich lassen.
Das ist hier langsam keine Nachfrage mehr, sondern wird zum Korreferat. Das geht mir dann doch etwas zu weit. Ich habe außerdem nicht gesagt, Frauen sind kein Allgemeingut. Das ist auch ein bisschen eine Verdrehung. In diesem Sinne mache ich dann einfach mal weiter.
Das LGG in seiner letzten Fassung gilt noch nicht einmal zweieinhalb Jahre, und wenn wir ehrlich sind, brauchen betriebliche Prozesse ihre Zeit, in den Köpfen und in den Strukturen auch. Ich neige selber zur Ungeduld, aber genau genommen ist der Gesetzgebungsvorgang noch nicht einmal abgeschlossen, und die Verwaltungsvorschriften zum LGG sind noch in der Abstimmung.
In Berlin werden die Frauenvertreterinnen gewählt und nicht ernannt, wie das anderswo meist der Fall ist. Sie haben also ungleich mehr Legitimation, und sie besitzen Klagerecht. Die Wahl findet entsprechend dem Personalvertretungsgesetz alle vier Jahre statt. Das wird auch als Grund angeführt, warum zum Teil noch nicht gewählt wurde – weil seit Inkrafttreten des Gesetzes noch keine Wahlen stattgefunden haben. Das kann man kritisieren. Das hat aber eine ziemlich hohe Plausibilität.
Bei den geschilderten Verhältnissen erscheint mir ein Verbandsklagerecht doch eher wie ein Outsourcing von Verantwortung auch in diesem Haus. Was Sie da anführen, das würde bedeuten, dass eine Arbeitnehmervertretung in Betrieben grundsätzlich zahnlos ist, weil die Betriebsräte, die Arbeitnehmervertreter auch immer Teil der Betriebes sind. Das würde ja bedeuten, dass man innerhalb von Betrieben keine sinnvolle Arbeitnehmervertretung durchführen kann und auch keine sinnvolle Frauenvertretung. Das sollten wir vielleicht dann doch noch mal intensiver diskutieren.
Wir freuen uns auf den 11. Umsetzungsbericht zum LGG, wo erstmals über die Umsetzung in den Betrieben in dem Zeitraum 2011 bis 2012 berichtet werden wird. Der Bericht wird uns auch die Grundlage bereitstellen, mögliche Umsetzungsdefizite und Erfolge zu diskutieren. Wir zumindest freuen uns auf diesen Bericht.
Wir werden aber sicherlich die Vorschläge dieses Antrags der Grünen in den Ausschüssen noch mal intensiv diskutieren. Da können wir uns vertieft mit all diesen Aspekten auseinandersetzen. Ich wünsche allen Frauen und besonders den Frauen in unseren Betrieben jedenfalls einen kämpferischen 8. März. – Vielen Dank!
Vielen Dank, Frau Dr. Czyborra! – Für die Linksfraktion hat jetzt das Wort die Abgeordnete Frau Sommer. – Bitte sehr!