Vielen Dank, Herr Senator Dr. Nußbaum! – Für die antragstellende Fraktion Die Linke erteile ich jetzt dem Kollegen Zillich das Wort. – Sie haben bis zu zehn Minuten Redezeit wie auch Ihre nachfolgenden Redner. Bitte schön!
Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Auch wenn Sie manche Nuance gegenüber dem Konzept transparente Liegenschaftspolitik, so wie es der Senat vorgelegt hat, etwas anders gesetzt haben, glaube ich, bleibt die Grundrichtung gleich. Wir müssen zudem feststellen, dass in den allermeisten Punkten nach wie vor Unklarheit herrscht: in den Punkten Verfahren, Zusammensetzung des Portfolioausschusses und im Übrigen auch – dazu komme ich später noch mal – in der Frage, mit welchen Instrumenten auf Landesebene eine Liegenschaftspolitik umgesetzt werden soll. Insofern betreibt der Senat weiterhin ein Versteckspiel.
Er betreibt ein Versteckspiel, das sich in das gesamte Verfahren einreiht, auch in das Verfahren, nach welchen Maßgaben, nach welchen Beschlüssen gehandelt wird. Bewusst hat der Senat nicht etwa den Abgeordnetenhausbeschluss zur Neukonzeption der Liegenschaftspolitik aus dem Jahr 2010 erfüllt. Das hätte nämlich neben inhaltlichen Fragen vor allem zur Folge gehabt, dass das Senatspapier zur transparenten Liegenschaftspolitik dem gesamten Haus zur Beratung hätte vorgelegt werden müssen. Stattdessen hat sich der Senat für sein Konzept einen Hauptausschussbeschluss ausgedacht, der überhaupt nicht existiert, und hatte dadurch die Möglichkeit, nur dem Hauptausschuss, der ungeheuer wichtig ist, in Form einer roten Nummer, aber nicht dem gesamten Haus zu berichten. Die Koalitionäre im Hauptausschuss haben diesem Konzept schnell zugestimmt, bevor ihre Kollegen aus den anderen Ausschüssen allzu viel mitreden konnten. Ein solches Verfahren dementiert schon im Verfahren selbst den vor sich her getragenen Anspruch einer neuen und transparenten Liegenschaftspolitik, die die Bedarfe der Stadt über die Verwertung stellt.
In der Tat, wir brauchen eine grundlegende Neuausrichtung der Liegenschaftspolitik, sie ist nötig. Ich sehe Veränderungen, aber ich sehe diese grundlegende Neuausrichtung – mit Verlaub – nicht, trotz breit vorgetragener Absicht. Dazu, denke ich, müsste ein anderer Ausgangspunkt gewählt werden als die Frage – und das ist die Frage im Senatskonzept nach wie vor –, welche
Grundstücke aus dem öffentlichen Vermögen zusätzlich für die Verwertung gewonnen werden können. Nein, es muss zunächst mal die Frage gestellt werden, was die Stadt braucht, was sie in zehn Jahren, was sie in zwanzig Jahren, was sie darüber hinaus braucht.
Was braucht sie unter dem Blickwinkel einer sich verändernden, einer wachsenden Stadt? Was braucht sie für die Daseinsvorsorge? Was braucht sie für klimapolitische Herausforderungen? Was braucht sie für die wirtschaftliche Entwicklung? Da gibt es seitens des Senats weder ein Konzept noch ein Verfahren.
Wir wollen die Logik umkehren: weg vom Vorrang des Verkaufs und auch des Verkaufs zum Höchstpreis hin zu einem Prinzip, das den Verkauf oder auch eine andere Verwertung nur in Erwägung zieht, wenn eine Liegenschaft zur Nutzung im öffentlichen Interesse dauerhaft nicht benötigt wird. Grund und Boden sind ein natürlich begrenztes öffentliches Gut. Damit muss nachhaltig umgegangen werden. Wir brauchen eine Strategie zum Vorhalt von Flächen, wir brauchen ein strategisches Flächenmanagement, und wir brauchen natürlich auch einen Flächenankauf als Instrument. Diese Option fehlt im Senatskonzept. Sie haben sie auch hier einigermaßen von sich gewiesen, und auch in den Maßgaben der Koalition ist davon keine Rede.
Wir brauchen auch mehr Partizipation für die Zivilgesellschaft in der Liegenschaftspolitik. Da sind wir explizit anderer Auffassung, als Sie es hier vertreten haben.
Wir unterstützen daher den Vorschlag des Runden Tisches Liegenschaftspolitik zur Einrichtung eines Rates der Räume als ständiges Beratungsgremium von Senat und Abgeordnetenhaus. Ebenso begrüßen und unterstützen wir lokale und bezirkliche Aktivitäten zur Schaffung und Ausweitung partizipativer Ansätze, weil die Liegenschaftspolitik eben nicht nur eine exekutive Veranstaltung ist, sondern ganz maßgeblich auch über die Lebensbedingungen von Menschen mitentscheidet.
Ein nach einem solchen Prinzip entstandenes Verwertungsportfolio, das es natürlich auch nach unserer Auffassung geben kann und soll, würde dann nur Flächen umfassen, die langfristig nicht für Zwecke des Landes benötigt werden.
Bei der Entscheidung über das künftige Verwertungsportfolio soll das Abgeordnetenhaus ein sehr starkes Beteiligungsrecht haben. Hier sind wir bei der Beteiligung des Parlaments. Da gibt es einen Vorschlag der Koalition.
Die von der Koalition angekündigte Abschaffung der Wertgrenze für die Zustimmung des Parlaments zu einem Grundstücksverkauf kann durchaus sinnvoll sein, vorausgesetzt, die Einspruchsfristen sind mit den parlamentarischen Abläufen kompatibel. Aber im Senat und in der Koalition gibt es zum Thema Parlamentsbeteiligung einen Kampf mehrerer Linien. Anders als Sie es hier gemacht haben, Kollege Nußbaum, haben Sie in der Stellungnahme des Senats die Koalition nur wenig verbrämt gefragt, ob sie noch weiß, was sie da tut. Dieser Konflikt ist vielleicht den unterschiedlichen Rollen geschuldet, aber er braucht eine Klärung.
Wichtiger und exemplarischer für die Liegenschaftspolitik ist vielleicht ein anderer Konflikt in der Koalition. Da wollen die einen, eher die aus dem stadtentwicklungspolitischen Bereich, vor allem inhaltliche, fachliche Kriterien für die Sortierung der Liegenschaften. Andere wie etwa der Kollege Schneider
genau, Sie! – finden in dem Zusammenhang eigentlich nur eine Regelung von Belang, und die heißt, alles geht über meinen Tisch.
Wie gesagt, wir sind bei Ihnen, wenn es um eine Stärkung der parlamentarischen Entscheidungsmöglichkeiten geht, wenn sie so ausgestaltet sind, dass sie in irgendeiner Form parlamentarisch handhabbar sind. Aber das ersetzt keine inhaltliche Zielbestimmung für den Umgang mit städtischen Liegenschaften, auf die wir die Verwaltung festlegen. Herr Schneider! Ich halte es für eine Illusion zu glauben, man könnte allein dadurch umsteuern, dass man am Schluss, wenn alle Vorbereitungen abgeschlossen sind, einen Vorgang im Parlament stoppt.
Natürlich brauchen wir für eine solche Liegenschaftspolitik eine Institution, ein Instrument, das andere Aufgaben als der Liegenschaftsfonds jetzt haben wird. Aber es wäre Unsinn, die unzweifelhafte Kompetenz des Liegenschaftsfonds dafür nicht zu nutzen. Ich beteilige mich ausdrücklich nicht am Liegenschaftsfonds-Bashing, denn ich weiß sehr wohl, dass Sie im öffentlichen Auftrag und im Auftrag des Parlaments und nach dessen Vorgaben gehandelt haben. Aber wir brauchen eine zentrale Agentur, die strategisch Flächenmanagement betreibt, die im Auftrag des Landes vermarktet, verwaltet und ankauft. Ich bin gespannt, welche Auffassung dazu in der Koalition vertreten wird.
Grund und Boden sind eine entscheidende Ressource für die Gestaltung der Stadt und des Lebens der Menschen, und wir wollen sie im Sinne einer sozialen Gestaltung der Stadt einsetzen und erhalten. Wir wollen umsteuern und nicht nur so tun als ob. Dafür gibt es eine breite Bereitschaft in der Gesellschaft. Ich denke, wir sollten sie nutzen.
Vielen Dank, Herr Kollege Zillich! – Für die Fraktion der SPD hat jetzt das Wort der Kollege Dr. Arndt. – Bitte sehr!
Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Es wurde mehrfach betont: Die Liegenschaftspolitik in Berlin steht vor einer Zäsur und Neuorientierung. Die Linke, Herr Zillich, etikettiert diesen Prozess in der Großen Anfrage mit „viel Gerede und wenig Klarheit“. So der Untertitel. Dies ist mitnichten der Fall. Herr Senator Nußbaum hat in seinen Darlegungen das Konzept der transparenten Liegenschaftspolitik mehrmals deutlich gemacht. Hier wird klare Kante und Klarheit in den Prinzipien einer neuen Liegenschaftspolitik gezeigt. Das ist viel, und damit sind wir, glaube ich, auch auf einem guten Weg.
Herr Kollege Dr. Arndt! Moment, bitte! – Es ist wieder ein Geräuschpegel hier. Ich bitte, die Privatgespräche auch auf der Regierungsbank einzustellen.
Es gibt nur gegenwärtige und vergangene Zukünfte. Lassen Sie mich einen Blick zurück werfen, das haben meine Vorredner auch getan. Seit 2001 hat der Liegenschaftsfonds nahezu 7 000 Immobilien für das Land Berlin für über 2 Milliarden Euro veräußert. Dieses Ergebnis hat erheblich zur Konsolidierung des Berliner Haushalts beigetragen. Mit den Flächen wurden neue Märkte für Wirtschaft und Wohnen geöffnet, Bausteine für eine bessere Zukunft der Stadt. Ohne den finanziellen Beitrag des Liegenschaftsfonds in der Vergangenheit wäre die wirtschaftliche Erholung, wären aber auch neue Projekte wie die Freistellung der Kitabeiträge nicht möglich gewesen. Es gab sicherlich auch berechtigte Kritik an der Art der Geschäftstätigkeit der Institution – als Beispiel nenne ich im Namen der SPD-Fraktion die Stichworte Transparenz bei der Vergabe und Höchstpreisverfahren. Trotzdem bleibt die positive Bilanz des Liegenschaftsfonds haften, und ich möchte mich, wie Senator Nußbaum, bei den Mitarbeitern und vor allem beim Geschäftsführer
Eine Neuorientierung der Liegenschaftspolitik begründet sich vor allen Dingen aus dem strukturellen Wandel der Stadt. Immer mehr Menschen ziehen in die Stadt, der Wohnraum wird knapper, die räumlichen Verteilungskämpfe nehmen zu. Was nicht zunimmt, ist der Anteil des Bodens in dieser Stadt. Daher hat das Abgeordnetenhaus schon im Jahre 2010 eine Neuausrichtung der Liegenschaftspolitik eingefordert, Drucksache 16/3164, deren Umsetzung in Verwaltungshandeln sich derzeit vollzieht. Die SPD-Fraktion will die Liegenschaftspolitik stärker an stadtentwicklungs-, wirtschafts- und gesellschaftspolitischen Zielen orientieren sowie soziale, kulturelle, stadträumliche, ökologische und nachhaltige Ziele, aber auch arbeitspolitische Aspekte bei der Vergabe und Preisgestaltung mit berücksichtigen. Dies ist die notwendige Bedingung der Neuorientierung. Die hinreichende Bedingung ist die Aufgabe einer reinen Höchstpreisbetrachtung
Hier ist vom Vorrang der Verkaufsstrategie zugunsten einer strategischen Portfoliobetrachtung abzurücken, in der auch die Landesbeteiligungen mit betrachtet werden. Die schließt ausdrücklich die Übertragung landeseigener Grundstücke auf städtische Wohnungsbaugesellschaften ein. Ziel ist – und das ist, glaube ich, das Ziel aller Parteien hier im Hause – die Erstellung preiswerter Wohnungen durch städtische Gesellschaften. Das will die SPDFraktion in diesem Haus.
Gegenwärtig werden die gesetzlichen Regelungen der Landeshaushaltsordnung und des Betriebe-Gesetzes sowie die Vorgaben für den Liegenschaftsfonds angepasst. Die SPD-Fraktion in diesem Haus fordert in diesem Zusammenhang den Senat auf, die rechtlichen und tatsächlichen Voraussetzungen zur Auflösung des gegenwärtigen Berliner Liegenschaftsfonds zu schaffen und dem Abgeordnetenhaus von Berlin nach der Sommerpause die entsprechenden Vorlagen zur Beratung und Zustimmung vorzulegen. Wir wollen, dass der Liegenschaftsfonds, ohne gesellschaftsrechtlich selbständig zu bleiben, anders orientiert wird. Ein Vorschlag ist es, die BIM in diesem
Ich bin überzeugt, es könnte ein guter Weg werden, wir haben gute Institutionen in der Stadt, die für das Wohl der Berlinerinnen und Berliner wirken. Insbesondere die BIM verwaltet und saniert im Landesauftrag schon jetzt Immobilien und bewirtschaftet insgesamt 1 500 Gebäude mit über 4 Millionen Quadratmeter Bruttogrundfläche. Im sogenannten Mieter-Vermieter-Modell könnte das Land weiterhin Eigentümer der immobiliengebildeten Sondervermögen bleiben und wird gegenüber der Verwaltung als Vermieter repräsentiert. Das Eigenkapital der BIM betrug schon 2011 rund 1,8 Milliarden Euro, es werden 274 Millionen Euro an das Land ausgeschüttet, auch das ist ein fiskalischer Wert. Es ist ein Vorschlag; einen Weg, wie er sich realisieren lässt, wird das weitere Verfahren in diesem Hause zeigen.
Eine Neuorientierung des Liegenschaftsfonds hin zur Stadtrendite hat natürlich auch fiskalische Konsequenzen. Während im Jahr 2011 noch 152 Millionen Euro an den Landeshaushalt abgeführt wurden, senkt der Senat im Zuge der Neuausrichtung der Berliner Liegenschaftspolitik die zukünftigen Einnahmeerwartungen, soweit mir das bekannt ist, auf 50 Millionen Euro ab. Der erhebliche Rückgang von zukünftigen Verkaufserlösen ist vor allem darauf zurückzuführen, dass das Land Berlin vier strategische Cluster im Rahmen eines Portfolios bilden wird, wie Herr Senator Nußbaum es uns erläutert hat, und nur noch Immobilien zur Veräußerung bereitgestellt werden, die auch mittel- und langfristig nicht benötigt werden. Die Stadt soll Eigentümer wertvoller Entwicklungsgrundstücke bleiben.
Damit sind wir beim zweiten Prinzip. Hierbei will die SPD-Fraktion stärker auf Erbbauverhältnisse statt Veräußerungen setzen. Die Liegenschaftspolitik wird auf strategisches Halten von knappem Grund und Boden ausgerichtet. Zum anderen können stadtverträgliche Nutzungsbindungen für die gesamte Laufzeit des Erbbauverhältnisses festgeschrieben werden, was bei einer Eigentumsübertragung rechtlich nicht möglich ist. Zusammenfassend bleibt festzustellen, dass gerade die BIM auch schon Erfahrungen mit der Erstellung von Erbauverträgen hat und sie bewirtschaftet und damit auch erhebliche Nettoerlöse erzielt, die der knappen Haushaltskasse zugutekommen.