Protokoll der Sitzung vom 12.09.2013

[Beifall bei den GRÜNEN]

Ich finde es falsch, dass seitens des Senats die Debatte erneut gemieden wird. Daher ist es folgerichtig, dass im Parlament erneut nachgefragt wird.

Auf die Große Anfrage hat der Senat nun immerhin geantwortet. Er sagt, die Regelungen des aktuellen Staatsvertrags stellen – ich zitiere – „ein hohes Niveau zum Schutz von Kindern und Jugendlichen“ sicher. Veränderungsbedarf wird hier „allenfalls in Detailfragen“ gesehen. Gemeint sind damit sprachlich deutlichere Formu

lierungen. Da frage ich mich – gerade nach den Worten des Regierenden Bürgermeisters –, ob der Senat überhaupt ein Interesse an der Novellierung hat oder ob es ihm nur um Details geht. Dann brauchen wir auch keine öffentliche Debatte. Vor dem Hintergrund Ihrer Antwort auf die Große Anfrage kann man eins sagen, Herr Wowereit: Der Berg kreißte und gebar eine Maus. So sieht es bisher aus.

[Beifall bei den GRÜNEN – Beifall von Dr. Gabriele Hiller (LINKE)]

Ich möchte nur noch einmal daran erinnern: Das Scheitern des Staatsvertrags über den Schutz der Menschenwürde und den Jugendschutz im Dezember 2010 war in Deutschland beispiellos. Aber das Scheitern war – das wurde bereits gesagt – gut und gerechtfertigt. Wir sollten aber die gleichen Fehler nicht noch einmal machen. Wir brauchen also ein transparentes Verfahren. Vor allem dürfen wir nicht noch einmal die wichtigen Fragestellungen ausblenden, die durch die Digitalisierung aufgeworfen worden und weiter offen sind. Kinder- und Jugendschutz zu gewährleisten – ich glaube, da sind wir uns hier im Haus alle einig –, ist ein verfassungsrechtlicher Schutzauftrag, den wir ernst nehmen müssen. Wir müssen ihn auch zeitgemäß gestalten. Denn es gilt: Bei der Durchsetzung des Schutzauftrags muss die Verhältnismäßigkeit der Mittel gewahrt bleiben, das heißt, keine verpflichtenden Filter von Inhalten, keine Netzsperren et cetera pp. Das alles ist schlicht und ergreifend ungeeignet. Ebenso gilt es zu klären, welche Möglichkeiten überhaupt einer nationalen Regulierung es angesichts des globalen Netzes und seiner unterschiedlichen Akteure überhaupt noch gibt. Es liegt also einiges an Arbeit vor uns. Damit sollten wir hier und der Senat endlich beginnen. – Vielen Dank!

[Beifall bei den GRÜNEN und der LINKEN – Beifall von Heiko Herberg (PIRATEN)]

Vielen Dank, Herr Kollege Gelbhaar! – Für die Fraktion der CDU hat das Wort der Kollege Goiny. – Bitte schön!

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich kann mit einer gewissen Genugtuung festhalten, dass ich meine Rede, die ich zum Jugendmedienstaatsvertrag im Dezember 2010 hier gehalten habe, inhaltlich nicht korrigieren muss. Die CDU-Fraktion war damals schon der Meinung, dass der damals vorliegende Entwurf nicht geeignet ist, in der Form eines Rundfunkänderungsstaatsvertrags die Kriterien an einen Jugendmedienschutz zu erfüllen. Ich freue mich, dass wir heute doch einen weitgehenden Konsens im Haus haben, und kann mich insbesondere den Ausführungen des Kollegen Zimmermann an dieser Stelle anschließen.

(Frank Zimmermann)

Ich finde es gut, dass der Regierende Bürgermeister noch einmal deutlich gemacht hat, welche Themen wir eigentlich aufrufen müssen, wenn wir über den Jugendmedienschutz gerade auch im Bereich des Internets und der Nutzung neuer Medien reden. Ich kann den Regierenden Bürgermeister nur ausdrücklich ermuntern und unterstützen, diese Diskussion aktiv mitzugestalten und sich einzumischen. Ich glaube, darüber besteht in diesem Haus auch Konsens.

Wir von der CDU-Fraktion haben auch damals schon gesagt – da wurde hier eben auch angesprochen –, dass es in der Tat fraglich ist, ob man mit Mitteln des Rundfunkrechts in dieser Weise das Internet gestalten kann. Uhrzeitbegrenzungen für das Einstellen oder Zugänglichmachen bestimmter Inhalte oder andere Dinge haben wir schon damals für unsinnig gehalten, denn irgendwo auf der Welt ist immer 22.00 Uhr. Wer das Internet richtig verstanden hat, wird verstehen, dass man damit wenig effektiv Jugendmedienschutz im Internet gestalten kann.

Deshalb müssen wir uns zunächst einmal klar machen, was wir im Internet weiter möglich machen wollen und welche Rolle das Internet für uns in der Bundesrepublik Deutschland hat. Dann muss man gucken, welche Regeln man sinnvollerweise unter dem Aspekt des Jugendmedienschutzes in einen Rundfundänderungsstaatsvertrag packen kann.

Insofern finde ich es durchaus sportlich, wenn jetzt die Ministerpräsidenten der Meinung sind, hier gibt es sinnvollen Regelungsspielraum, den sie mit einem neuen Anlauf unterlegen wollen. Ich bin sehr gespannt, will aber durchaus sagen, dass meine Skepsis nicht kleiner geworden ist bei der Frage, ob es effektive und sinnvolle Ansätze gibt.

Worüber wir uns doch aber einig sind, ist, dass der Jugendmedienschutz und die Medienkompetenz insbesondre bei Kindern und Jugendlichen, aber auch bei Einsteigern aus der älteren Generation durchaus gefördert und gestärkt werden muss. Ich habe nur Zweifel, ob wir dort mit einem Medienstaatsvertrag das richtige Instrument in die Hand nehmen oder ob wir nicht auf anderen Politikfeldern, gerade auch im Bereich der Bildungspolitik, ein stärkeres Engagement an den Tag legen müssten, um wirklich eine Förderung der Medienkompetenz und einen effektiven Jugendmedienschutz zu erreichen. Ich glaube, dass wir mit einem Rundfundänderungsstaatsvertrag – sollte er sich noch einmal dieser Herausforderung stellen – wieder scheitern werden. Es gibt sicherlich Dinge, die man da sinnvollerweise regeln und neu justieren kann. Aber ich glaube – und das wäre die Bitte unserer Fraktion an den Regierenden Bürgermeister –, wenn wir den Jugendschutz im Internet aufgreifen und eine politische Debatte mit den Bundesländern dazu führen, dann sollte der Blick darauf geworfen werden, wo man außerhalb von Medienstaatsverträgen Verbesserungen erreichen

kann. Ich denke, wir haben da bessere Möglichkeiten, am Ende auch Fortschritte zu erzielen.

Ansonsten will ich es bestätigen: Es steht dem Berliner Abgeordnetenhaus gut an, sich weiter engagiert an dieser Debatte zu beteiligen. Wir waren in der letzten Wahlperiode mit unserer Anhörung im Medienausschuss jedenfalls ein Stück weit Wegbereiter, so dass sich die berechtigte Kritik im Parlament artikulieren konnte. Das hat sicherlich dazu beigetragen, dass der alte Vertrag nicht in Kraft getreten ist. Alle haben signalisiert, dass man aus der damaligen Diskussion die Lehren gezogen hat, und im Interesse eines effektiven Jugendschutzes gerade auch im Internet gibt es hier ein hohes Potenzial an Gemeinsamkeiten. Das sollten wir in den weiteren Diskussionen hier im Haus miteinander austauschen. – Herzlichen Dank!

[Beifall bei der CDU]

Vielen Dank, Herr Kollege Goiny! – Für die Fraktion Die Linke Frau Dr. Hiller. – Bitte schön!

Danke schön! – Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Danke, Herr Kollege Weiß, und allen Piratinnen und Piraten für diese Große Anfrage! Das könnte wirklich ein neuer Anlauf für einen neuen Jugendmedienschutzstaatvertrag werden, und es könnte ein Staatsvertrag werden, bei dem die Parlamente ihre Forderungen stärker einbringen können als bei jedem anderen. Aus dieser Sicht bin ich, Herr Wowereit, froh, dass Sie gesprochen haben. Das deutet zumindest an, dass Sie die Sache ernst nehmen, denn mit den Fragen, die die Piraten gestellt haben, wird in einer offenen Wunde gewühlt. Die Novellierung 2010 ist glücklicherweise gescheitert. Ich gebe Ihnen da völlig recht, und ich war damals auch froh, dass sie gescheitert ist.

Wie ich das heute im Parlament aufnehme, gibt es eine große Einigkeit zu inhaltlichen Dingen, die wir nicht wollen. Die Frage ist: Was wollen wir, und was ist rechtlich regelbar? – Darüber werden wir zu sprechen haben.

Ich bin ein wenig enttäuscht darüber, dass uns die Senatskanzlei hier vorgaukelt, der Staatsvertrag wäre auf einem guten Weg. Ich sehe das nicht so. Die Verantwortliche in Sachsen, Frau Ribbe, ist entschwunden. Ein neuer Verantwortlicher ist noch nicht gefunden. Man sucht – findet man ihn in Niedersachsen? – Verantwortlichkeiten also sind ungeklärt, und in Frage 3 lesen wir, dass sich ein Kompetenzgerangel andeutet: Der Bund könnte manches übernehmen. Das deutet meistens darauf hin, dass man keine Antworten hat. Auch wird unter 2. gesagt, dass bisher keine Eckpunkte formuliert wurden. Das heißt also: Faktisch befindet sich der Jugendmedienstaatsvertrag auf einem Abstellgleis.

(Christian Goiny)

Das ist eine Chance. Von der Weiterentwicklung des Bisherigen würde ich an dieser Stelle nicht sprechen. Es ist ein Neuanfang. Denn vor zehn Jahren, 2003, gab es weder Facebook noch Twitter. Es gab keine Smartphones. Es gab so vieles noch nicht, was heute völlig neu und mit geballter Kraft über die Jugendlichen hereinbricht und uns überrollt. Regelungsbedarf also ist da. Was ist schaffbar für die Politik? – Wir hinken hinterher, das haben wir festgestellt. Es geht nicht um neue Regelungen in Detailfragen. Nein, das ist lächerlich! Es geht um Grundsätzliches, und aus dieser Sicht wäre eine Neuauflage des alten Jugendschutzmedienstaatsvertrags für mich ein Desaster. Wo liegt der Regelungsspielraum? – Ich höre hier aus allen Fraktionen viele Fragen. Die Antwort hat noch keiner gegeben, und aus der Sicht begrüße ich es sehr, wenn wir in einen öffentlichen Diskurs gehen.

Herr Goiny! Sie haben recht: Wir haben das damals begonnen, und wir waren uns an manchen Stellen einig. Die Tür ist also geöffnet. Wir werden uns im Ausschuss zu verständigen haben, wie man den öffentlichen Diskurs führen kann.

Eine Sache noch zum Jugendmedienschutz: Gut, dass so viele hier und auch Herr Wowereit betont haben, dass die Medienkompetenzerweiterung die beste Möglichkeit ist, Jugendmedienschutz zu machen. An dieser Stelle müssen wir auch im Haushalt noch einmal genau gucken, was da gesichert ist. Mir erscheint das zu wenig, was in den Bezirken ankommt, zum Beispiel bei den freien Trägern. Mir erscheint es auch zu wenig, was in Schulen leitlinienmäßig gemacht wird. Da gibt es viel Papier, aber was wirklich durchgesetzt wird, ist eine andere Frage, weil ja auch Lehrer zum Teil mit dem Thema überfordert sind.

Sie müssten langsam zum Ende kommen, Frau Kollegin!

Wir sind heute also mit der Debatte nicht fertig. Wir haben sie eröffnet, und wir werden zusammenarbeiten müssen, damit dieser Jugendmedienstaatsvertrag ein Erfolg wird. Die Position, die wir im Ausschuss erarbeiten, sollten wir dem Senat mitteilen, bevor er in die Verhandlungen geht, damit er weiß, was mit uns zu machen ist und was nicht. Schön wäre, wenn Klaus Wowereit dann auch wieder dabei ist.

[Beifall bei der LINKEN, den GRÜNEN und den PIRATEN]

Vielen Dank, Frau Kollegin Dr. Hiller! – Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Damit sind die Große Anfrage und die schriftliche Antwort besprochen.

Die Tagesordnungspunkte 11 und 12 sind auf der Konsensliste vermerkt.

Ich komme damit zu

lfd. Nr. 13:

Kein Realisierungswettbewerb für die Zentral- und Landesbibliothek – ZLB – vor Klärung der Rahmenbedingungen und Folgekosten

Beschlussempfehlung des Ausschusses für Kulturelle Angelegenheiten vom 19. August 2013 und Beschlussempfehlung des Hauptausschusses vom 28. August 2013 Drucksache 17/1135

zum Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen Drucksache 17/1015

Eine Beratung wird heute nicht mehr gewünscht. Zum Antrag auf Drucksache 17/1015 empfehlen der Fachausschuss mehrheitlich – gegen Grüne und eine Stimme der Piraten – und der Hauptausschuss – mehrheitlich gegen Grüne, bei Enthaltung der Piraten – die Ablehnung. Wer dem Antrag dennoch zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen! – Das sind die Fraktion Grüne und vereinzelte Piraten. – Wer die Ablehnung möchte, den bitte ich um das Handzeichen! – Das sind Linkspartei, CDU und SPD. – Enthaltungen? – Restliche Piraten. Damit ist der Antrag abgelehnt.

Ich komme zu

lfd. Nr. 14:

Offene, freie und zukunftsorientierte IT-Strategie mit Open-Source-Software – OSS - für das Land Berlin

Beschlussempfehlung des Ausschusses für Digitale Verwaltung, Datenschutz und Informationsfreiheit vom 10. Juni 2013 und Beschlussempfehlung des Hauptausschusses vom 28. August 2013 Drucksache 17/1136

zum Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen Drucksache 17/0853

Eine Beratung wird auch hier nicht mehr gewünscht. Zum Antrag auf Drucksache 17/0853 empfehlen der Fachausschuss mehrheitlich – dieses Mal gegen Grüne, Linke und Piraten – und der Hauptausschuss mehrheitlich – gegen Grüne und Piraten, bei Enthaltung der Linken – die Ablehnung. Wer dem Antrag dennoch zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen! – Das sind Grüne und die Piraten komplett, wenn ich das richtig sehe. – Wer möchte den Antrag ablehnen? – Das sind die Koalitionsfraktionen und der fraktionslose Abgeordnete. – Wer enthält sich? – Das ist die Linksfraktion. – Damit ist der Antrag abgelehnt.

Der Tagesordnungspunkt 15 steht als vertagt auf der Konsensliste.

(Dr. Gabriele Hiller)

Ich rufe auf

lfd. Nr. 15 A:

Nr. 5/2013 des Verzeichnisses über Vermögensgeschäfte

Dringliche Beschlussempfehlung des Hauptausschusses vom11. September 2013 Drucksache 17/1173

Wird der Dringlichkeit widersprochen? – Das ist nicht der Fall. Eine Beratung ist nicht vorgesehen. Der Hauptausschuss hat der Vorlage einstimmig mit allen Fraktionen zugestimmt. Wer dem Vermögensgeschäft 5/2013 zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen! – Das sind, wie ich es sehe, alle Fraktionen. – Wer ist dagegen? – Drei bei den Piraten. – Wer enthält sich? – Niemand. – Damit ist das Vermögensgeschäft beschlossen.

Ich komme zu