Entschuldigung, Herr Kollege, darf ich mal einen Moment unterbrechen? – Die Einzelgespräche stören den
Diesen Fehler hatten wir schon bei der alten Wohnungsbauförderung in Westberlin, für die wir immer noch jedes Jahr Hunderte von Millionen Euro Mietzuschüsse zahlen.
Was bedeutet es nun, dass die privaten Investoren entgegen den Warnungen des Finanzsenators doch im Antrag von SPD und CDU stehen? – Es bedeutet, dass die SPD wieder vor der CDU und der Bauträgerlobby eingeknickt ist.
Hier soll dem alten Bausumpf wieder einmal öffentliches Geld zugeschanzt werden. Und wie im alten Westberlin verkauft uns die große Koalition dies als soziale Wohltat. Was passieren soll, wenn ihr Fonds nach fünf bzw. sieben Jahren ausläuft, dazu sagt die Koalition wohlweislich nichts. Der vorliegende Antrag von SPD und CDU soll kurz vor der Bundestagswahl noch ein bisschen Wohnungspolitik simulieren. Die Wohnungsprivatisierungspartei SPD möchte sich noch einmal als Partei der Mieter aufspielen. Und die Zwangsräumungspartei CDU versucht, ihrem Klientel aus der Bauträgerschaft eine Perspektive aufzuzeigen. Wohnungspolitik für Investorinnen und Bausumpf – dafür steht diese Koalition aus SPD und CDU, Herr Graf.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es ist gerade mal drei Monate her, dass wir hier in der Plenarsitzung auch im Rahmen einer Aktuellen Stunde über die veränderte Wohnungs- und Mietenpolitik in Berlin diskutiert haben. Und ich finde, es ist gut, dass wir es nach drei Monaten erneut aufrufen, weil sich auch wieder in den letzten Wochen etwas getan hat, weil es Weiterentwicklungen gegeben hat in diesem Bereich, die miteinander zu diskutieren es lohnt. Und ich glaube, auch wenn man sich heute so die Umfrageergebnisse anguckt und wie die Berlinerinnen und Berliner die dringenden Probleme in der Stadt bewerten, dann wird schon eins deutlich: Die Mieten- und Wohnungspolitik beschäftigt viele Menschen. Mit viel Sensibilität beobachten die Menschen in
dieser Stadt Veränderungsprozesse, und sie machen sich Sorgen. Das ist richtig. Und sie erwarten, dass die Politik aktiv wird und eingreift. Nur eins ist auch klar geworden in diesen Umfragen: Die Berlinerinnen und Berliner sind weit entfernt von der hysterischen Tonlage, die die Oppositionsparteien hier anschlagen beim Thema Mieten- und Wohnungspolitik in unserer Stadt.
Wenn Sie hier behaupten – egal ob Linke oder Grüne –, es gäbe kein bezahlbares Wohnen in unserer Stadt, ist es schlichtweg falsch. Es ist schlichtweg falsch, Angst- und Panikmache. Ich habe im Mai den Mietspiegel vorgelegt, und, ich glaube, auch zu Ihrem Erstaunen ist da deutlich gewesen, dass die Durchschnittsmiete bei 5,54 Euro in Berlin liegt. Das heißt, im Bestand – das ist die Situation in Berlin –, wenn die Berlinerinnen und Berliner einen Mietvertrag haben, wenn sie nicht umziehen, sind sie geschützt. Sie sind geschützt durch Mietrecht, durch unsere Berliner Maßnahmen. Sie haben im Bestand eine gute Wohnungssituation.
Sie erwarten darüber hinaus aber natürlich auch Maßnahmen und eine aktive Politik, die dafür sorgt, dass das Wohnen in unserer Stadt bezahlbar bleibt. Das ist die Aufgabe, vor der wir stehen, dass die Veränderungsprozesse, die es tatsächlich gibt, nicht dazu führen, dass wir in fünf oder in zehn Jahren eine komplett andere Situation haben, sondern dass wir immer noch in allen Berliner Quartieren eine gute soziale Durchmischung haben und bezahlbare Mieten. Darum geht es.
Und deswegen – das, glaube ich, ist das Entscheidende – ziehen wir hier an einem Strang, die Koalitionsfraktionen und der Senat. Wir ergreifen alle Maßnahmen, die wir auf Landesebene nur ergreifen können, um genau hier regulierend einzugreifen. Wir haben – das ist mehrfach hier genannt worden, auch von Ihnen durchaus unterstützend und anerkennend genannt worden – mit Beginn des letzten Jahres das Mietenbündnis formuliert mit unseren städtischen Gesellschaften, denn genau dafür haben wir sie. Wir haben sie, um sie aktiv einzusetzen in der Wohnungs- und Mietenpolitik, nicht, um eine Rendite zu erwirtschaften, sondern um Wohnungs- und Mietenpolitik in unserer Stadt zu machen. Dafür nutzen wir unsere städtischen Gesellschaften.
Wir haben miteinander sofort die Kappungsgrenze übernommen, nachdem wir die bundesgesetzlichen Möglichkeiten dazu hatten, um den Mietanstieg in unserer Stadt zu begrenzen. Wir haben die Zweckentfremdungsverbotsverordnung formuliert, nachdem es 15 Jahre lang – vor Gericht gescheitert – nicht möglich war, mit dieser Verordnung in der Stadt zu arbeiten. Es liegt hier zur Beratung im Abgeordnetenhaus. Wir werden das in den nächsten Wochen miteinander beschließen können und haben mit Beginn des nächsten Jahres ein zusätzliches
Instrument, um begehrten und wichtigen Wohnraum in der Mitte unserer Stadt tatsächlich den Berlinerinnen und Berlinern auch wieder als Wohnraum anbieten zu können. Wir haben genug Hotels, Hostels und Studentenwohnheime und was weiß ich nicht alles in unserer Stadt. Wir brauchen begehrten Wohnraum in der Mitte unserer Stadt zum Wohnen und nicht als Ferienwohnung. Dafür haben wir die entsprechenden Maßnahmen formuliert.
Frau Schmidberger hat vor drei Monaten hier im Parlament gesagt: Was ist denn nun mit dem verlängerten Kündigungsschutz? – Ja, gefordert und gemacht, kann ich dazu nur sagen. Wir haben es natürlich sofort umgesetzt. Wir haben die zehn Jahre Kündigungsschutz durchgesetzt, und zwar für ganz Berlin, was Ihnen ja auch so wichtig war; nicht für einige Bezirke in unserer Stadt, sondern zehn Jahre Kündigungsschutz für ganz Berlin. Und auch das ist eine wichtige weitere Hilfe für die Berliner Mieterinnen und Mieter.
Mein Gott, wenn das nun Ihre ganze Kritik ist, dass wir gegenseitig in einem Wechselspiel und einer guten Zusammenarbeit miteinander einen politischen Anspruch formulieren, die Koalitionsfraktionen und der Senat, und mal ist der eine zwei Wochen schneller und mal der andere – wenn das Ihre ganze Kritik ist, dann haben Sie nicht viel zu bieten in der Wohnungspolitik. Das kann ich Ihnen sagen.
Entschuldigung, Herr Senator! – Senator Müller hatte dem Präsidium signalisiert, dass er keine Zwischenfragen wünscht.
Auch das gehört zur Bestandspolitik: Unsere Gesellschaften kaufen auch wieder. Sie bauen, aber sie kaufen auch wieder Bestände, um eine größere Verfügungsmasse zu haben, um stärker auf die Anforderungen unserer Stadt reagieren zu können. In den letzten anderthalb Jahren haben alle sechs Gesellschaften in ganz Berlin verteilt 15 000 Wohnungen gekauft. Es handelt sich um kleinteilige Bestände, nicht um große Blöcke und Tranchen. Auch das ist wichtig.
Ich möchte in dem Zusammenhang daran erinnern – das hat auch beim letzten Mal schon eine Rolle gespielt –: Wir haben 270 000 städtische Wohnungen in unserer Stadt, und wir werden am Ende dieser Legislaturperiode 300 000 städtische Wohnungen haben, mit denen wir arbeiten können. – Wenn es nach Ihrem Willen gegangen
wäre, liebe Berliner Grüne, hätten wir gerade mal noch 180 000 Wohnungen. Sie wollten mehr verkaufen und mehr privatisieren. Das ist die Wahrheit.
[Beifall bei der SPD und der CDU – Katrin Schmidberger (GRÜNE): Wo ist denn die Umwandlungsverbotsverordnung?]
Ja, so ist es. Es gibt noch eine Maßnahme, die man auf Landesebene ergreifen kann – alles andere ist abgearbeitet –, nämlich die Verhinderung der Umwandlung von Miet- in Eigentumswohnungen. Wir werden in Berlin noch beraten, ob das, zielgerichtet eingesetzt, ein gutes Instrument ist. Ich glaube, man muss darüber diskutieren. Man muss über jede Maßnahme, die man zur Verfügung hat, sehr ernsthaft beraten.
Es gibt noch eine Maßnahme, die auf Landeseben nicht zu bewegen, mir persönlich aber sehr wichtig ist. Ich glaube – ich habe ja gerade die Situation im Bestand beschrieben –, dass die Berlinerinnen und Berliner den größten Druck in dem Moment spüren, wo sie sich verändern. Deswegen brauchen wir ein Instrument bei Neuvermietungen. Wir brauchen in den nächsten Monaten ein Umdenken auf Bundesebene und eine Kappungsgrenze bei Neuvermietungen. Das ist entscheidend.
Wir reden über Instrumente, die in einer veränderten Wohnungs- und Mietenpolitik wichtig sind. Ich habe Ihnen gerade gesagt, dass es noch ein bis zwei Instrumente gibt, über die man reden kann. Alles andere ist für den Bestand abgearbeitet.
Jetzt, Frau Schmidberger, kommen wir zum Neubau: Der Neubau spielt in der wachsenden Stadt eine entscheidende Rolle. Ich weiß, dass viele darüber nicht diskutieren wollen, weil es schwierig ist, im eigenen Quartier zu vermitteln, dass mit Veränderungen auch Baumaßnahmen verbunden sind. Aber wir brauchen Neubau, und zwar von allen möglichen Partnern, die wir nur haben können. Auch da spielen wieder unsere städtischen Gesellschaften eine Rolle. Sie werden in den nächsten Jahren 775 Millionen Euro einsetzen, davon 175 Millionen aus dem Eigenkapital. Mit einer entsprechenden Kreditaufnahme werden sie einige Tausend Wohnungen bauen können. Sie haben ihre Bautätigkeit bereits aufgenommen. Das wird als selbstverständlich abgetan. Über 10, 15, teilweise 20 Jahre haben die Gesellschaften nicht gebaut. Sie sollten gar nicht bauen. Jetzt sind sie in den konkreten Baumahnahmen. Die DEGEWO hat begonnen. Die HOWOGE hat gestern eine Maßnahme mit 400 Wohnungen begonnen. Weitere 400 Wohnungen in Lichtenberg folgen. Die WBM wird in den nächsten vier bis fünf Jahren bis zu tausend Wohnungen bauen.
Zwölf Grundstücke – das wurde gestern im Parlament beschlossen – stehen den Gesellschaften zusätzlich zur
Verfügung, auf denen bis zu 800 Wohnungen gebaut werden können. Weitere 50 Grundstücke sind schon angeboten und in der Abstimmung zwischen der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung, der Finanzverwaltung und den städtischen Gesellschaften. Hier wird inzwischen von den städtischen Gesellschaften ein richtig großes Rad gedreht.
Das Studentenwerk kommt dazu. Auch da laufen die Verhandlungen, um bis zu 5 000 Wohnungen für Studentinnen und Studenten zu bauen.
Das sind wichtige Maßnahmen. Alle sind für sich genommen vielleicht kleiner. Im Zusammenhang gesehen, ist es eine veränderte Neubaupolitik, die wir so dringend brauchen. Das ganze wird selbstverständlich mit einer veränderten Liegenschaftspolitik unterstützt. Der Kollege Wolf hat eben wieder gesagt, in der Liegenschaftspolitik passiere nichts, alles sei beim Alten. – Das ist gar nicht so, Udo Wolf. Gar nichts ist beim Alten, weil seit anderthalb Jahren nicht mehr das stattfindet, was vorher selbstverständlich war, nämlich dass alles zum Höchstpreis verkauft worden ist. Es ist gestoppt – sehr zum Leidwesen einiger Bauherren. Es ist aber richtig, dass das gestoppt ist und wir endlich gesagt haben: Wir wollen nicht mehr die alte Nummer und nach Höchstpreis verkaufen.
Jetzt sind wir in der Formulierung, was stattdessen kommt: der Portfolioausschuss, die Clusterung von Grundstücken, das Konzeptverfahren. Was ist an dem Konzeptverfahren eigentlich falsch? Ich frage das, weil es eben in der Rede so diffamiert wurde. Was ist daran falsch, dass eine Stadt sagt: Ich habe nicht mehr so viele Grundstücke, und die Grundstücke, die ich einsetze – egal, ob für Gewerbe, Daseinsvorsorge oder kulturelle Zwecke –, will ich sehr verantwortlich vergeben und schaue mir ganz genau an, mit welchem Bauherrn ich möglichst viel für die Stadt erreichen kann? Der Bauherr soll mir das Konzept vorlegen; das bewerte ich, und dann entscheide ich, wer es kriegt. Was ist daran falsch? Das haben wir miteinander verabredet, und das findet statt.
Ich glaube, dass es auch richtig ist, dass wir in Zukunft in unserer Liegenschaftspolitik verstärkt auf Erbpachtmodelle setzen. Das ist nichts weltbewegend Neues. Der Liegenschaftsfonds hat jetzt schon 22 Millionen Euro Einnahmen pro Jahr aus Erbpachtmodellen.
Das kann man ausbauen und somit auch langfristig die Grundstücke zumindest in einer gewissen Verfügungsgewalt behalten.
Ein weiteres Instrument – neben der aktiven Liegenschaftspolitik – ist natürlich auch der Wohnungsbaufonds bzw. die Wohnungsbauförderung. Auch an der Stelle will
ich sagen, dass ich darüber staune, wie selbstverständlich das abgehakt wird und sich die Opposition im KleinKlein verliert. Das wirklich dramatisch Positive ist, dass wir nach anderthalb Jahren dieser Regierungsarbeit im rot-schwarzen Senat ganz selbstverständlich wissen: Wir werden 320 Millionen Euro in den nächsten fünf Jahren für Wohnungsbauförderung zur Verfügung haben. Das ist der entscheidende Quantensprung nach vorne. Das war doch in den letzten Jahren nicht der Fall. Jetzt haben wir 320 Millionen Euro aus Bundes- und Landesmitteln zur Verfügung, und nun reden wir auch an der Stelle wieder darüber, was der bessere Weg ist. Was ist daran schlimm?
Man kann sich doch einmal über unterschiedliche Modelle unterhalten. Natürlich ist das ein gangbarer Weg, die städtischen Gesellschaften direkt zu unterstützen. Klar kann man landeseigenes Geld nehmen und direkt an städtische Gesellschaften vergeben.