Protokoll der Sitzung vom 16.01.2014

es gibt eine Friedhofserweiterung,

[Benedikt Lux (GRÜNE): Ja!]

es gibt auch Weiterentwicklungen bei dem Gebäude. Es ist falsch, immer wieder zu sagen: Auf dem Feld wollt ihr was tun, ihr wollt zusätzliche Wohnungen bauen, aber für das Gebäude interessiert ihr euch überhaupt nicht. – Zwei Drittel des Gebäudes sind dauerhaft genutzt für Vermietung oder für Messen und Kongresse.

[Beifall bei der SPD]

Auch der Rest wird im Rahmen der finanziellen Möglichkeiten weiterentwickelt. Das macht deutlich: Dieses gesamte innerstädtische Quartier liegt uns am Herzen, wird aktiv gestaltet und weiterentwickelt, auch im Interesse der Berlinerinnen und Berliner!

Mir persönlich ist es ganz wichtig, auch das will ich an der Stelle noch mal betonen, dass die große Freifläche erhalten bleibt. Es ist mir aber auch wichtig, dass an den Rändern eine Weiterentwicklung möglich ist und dort neuer bezahlbarer Wohnraum für die Berlinerinnen und Berliner entsteht.

[Heidi Kosche (GRÜNE): Von wem bezahlbar?]

Die öffentliche Debatte darüber führen wir seit 2008. Schon meine Vorgängerin Frau Junge-Reyer hat die Berlinerinnen und Berliner in den unterschiedlichen Formaten immer wieder eingeladen und gefragt: Was wollt ihr? – Es hat Onlinebefragungen gegeben, Begehungen vor Ort, die Anwohner sind befragt worden, und alles ist immer wieder ausgewertet worden und in unserer Planungen und Überlegungen eingeflossen. Auch das, was wir jetzt konkret an den Rändern des Feldes vorhaben! Allein im Jahr 2013 hat es elf große öffentliche Veranstaltungen gegeben; zwischen 300 und 500 Leute sind dort hingekommen. Es hat viel Aufregung und Widerspruch gegeben, es gab aber auch viel Unterstützung und Beifall. Wir führen dort engagierte Diskussionen, und wer behauptet, das wären Hinterzimmerdiskussionen, der war entweder nicht dabei, oder das waren die größten Hinterzimmer Berlins, wo diese Diskussionen geführt wurden. Wir stellen uns der öffentlichen Debatte, aber wir führen Sie eben auch engagiert!

[Beifall bei der SPD – Zuruf von Antje Kapek (GRÜNE)]

(Bürgermeister Michael Müller)

Die Interessen der Parknutzer sind wichtig, aber es gibt eben auch ein gesamtstädtisches Interesse. Auch das muss für die Politik ein Thema sein, das unabhängig von denjenigen steht, die im Umfeld wohnen und das Feld jeden Tag für Sport, Spaß und Freizeit nutzen. Das ist ein Thema, das für die Stadtentwicklung im gesamtstädtischen Interesse zu berücksichtigen ist. Da ist es so, ich will es noch mal betonen: Die 230 Hektar in der Mitte sollen auch aus gesamtstädtischem Interesse erhalten bleiben. Sie haben es in den letzten Tagen mit Sicherheit mitverfolgt, dass ich vorgeschlagen habe, ungewöhnliche Wege zu gehen und so eine Fläche möglicherweise gesetzlich abzusichern. Warum nicht, wenn es Ängste und Sorgen nimmt? Wir meinen es ernst, wir wollen diese Fläche erhalten, und dann können wir auch solche Wege gehen.

[Beifall bei der SPD]

Es liegt nun aber auch im gesamtstädtischen Interesse, andere soziale Infrastruktur zu schaffen und an dieser Stelle Wohnungen zu schaffen. Wenn dann immer davon gesprochen wird – und vor allem Frau Kapek hat das gemacht –, dass jetzt Kompromisse gesucht werden müssten,

[Benedikt Lux (GRÜNE): Ja, klar!]

dann wissen Sie, Frau Kapek, dass das in diesem Stand des Verfahrens des Volksbegehrens gar nicht so einfach möglich ist. Das ist nicht mehr das Volksbegehren der Initiatoren. Das ist jetzt das Volksbegehren von 190 000 oder 200 000 Menschen, die gültige Unterschriften abgegeben haben. Das Parlament kann dazu noch einen Gesetzentwurf machen und etwas anderes vorlegen,

[Antje Kapek (GRÜNE): Genau!]

aber die Ziele des Volksbegehrens sind nicht mehr so zu verändern,

[Zuruf von Steffen Zillich (LINKE)]

sondern die Stadtgesellschaft und auch die Berliner Politik müssen sich konkret damit auseinandersetzen, was die Initiative „100 Prozent Tempelhofer Feld“ will: 100 Prozent alles verhindern – oder eben nicht! Dazu muss man eine klare Haltung haben. An der Stelle muss man entweder Ja oder Nein sagen!

[Beifall bei der SPD – Vereinzelter Beifall bei der CDU – Zuruf von Joachim Esser (GRÜNE)]

Die Initiatoren sind heute ja auch da, und ich finde, dass wir im gesamten Verfahren eigentlich ganz gut miteinander umgegangen sind. Wir hatten bei mir einen direkten Austausch und haben uns über Ziele und Inhalte unterhalten. An der Stelle will ich aber auch – eben weil es hier öffentliche Begleitung gibt – etwas sagen, was aus meiner Sicht nicht geht, das muss klargestellt werden: Im Zusammenhang mit der Auseinandersetzung sind im offiziellen Flyer des Volksbegehrens Dinge behauptet worden, die schlichtweg nicht wahr sind, mit denen aber Unter

schriften ergattert werden. Hier wird dargestellt, dass nicht an drei Baufeldern, sondern dass die gesamten Ränder des Tempelhofer Feldes massiv bebaut werden würden, dass in der Mitte des Tempelhofer Feldes Stadtvillen entstehen, Prestigeprojekte für Politiker und Wohlhabende, und dass aus der ZLB keine ZLB, sondern ein Einkaufszentrum wird. Das kann man so nicht stehenlassen. Da haben offensichtlich auch Menschen unterschrieben, um etwas zu verhindern, was überhaupt nicht zur Planungsgrundlage gehört. Das ist keine seriöse Auseinandersetzung!

[Beifall bei der SPD und der CDU]

Man muss es dann eben auch umgekehrt auf den Punkt bringen. Wir haben Informationen ausgegeben, die deutlich machen, was wirklich Planungsgrundlage ist:

[Zuruf von Joachim Esser (GRÜNE)]

230 Hektar, die frei bleiben, 1 700 Wohnungen am Tempelhofer Damm, die gebaut werden sollen, die Miethöhen – wir haben das alles dargestellt. Dagegen hat die Initiative geklagt und gesagt, es sei unerlaubt darzustellen, was der Senat will. Interessant dabei ist, was das Gericht dazu gesagt hat. Das Gericht hat gesagt, dass sie die Intention der Initiative, unsere Informationen zu stoppen, nicht teilen, sondern dass das, was der Senat gesagt hat, im Wesentlichen eine wertungsfreie Auflistung der beabsichtigten Baumaßnahmen sei. Als wir in unserem Flyer dargestellt haben, worum es eigentlich geht – und das ist der Kern der Auseinandersetzung –, dass nämlich dringend benötigte Wohnungen nicht gebaut werden, dass der Bau von Kitas und anderen Bildungseinrichtungen ausgeschlossen ist, dass geplante neue Wege für Fußgänger und Radfahrer nicht angelegt werden können, dass innerhalb des Taxiways keine Bäume gepflanzt werden können, der Bau von Sport- und Spielflächen durch das Volksbegehren verhindert wird –, als wir das dargestellt haben und die Initiative das verhindern wollte, hat das Gericht gesagt: Das Plakat ist eine zulässige Auflistung von Maßnahmen, die nach dem Gesetzentwurf nicht mehr zulässig sind.

[Zuruf von Ramona Pop (GRÜNE)]

Diese Auflistung ist zutreffend! Das muss man den Berlinerinnen und Berlinern sagen und sie fragen: Wollt ihr das wirklich?

[Beifall bei der SPD – Vereinzelter Beifall bei der CDU]

Wollt ihr all diese Maßnahmen verhindern? – Dann kann man unterschreiben, dann kann man mit Ja stimmen.

Ich hoffe sehr, dass wir exemplarisch am Beispiel Tempelhof genau darüber eine Auseinandersetzung führen: Was ist dringend geboten an Infrastrukturprojekten? Was brauchen wir? Welche Flächen brauchen wir? Wie gehen wir damit in der Stadt um?

(Bürgermeister Michael Müller)

Heute, wie so oft bei den vielen Diskussionen über den Wohnungsbau, wurde wieder gesagt: Ja, wir brauchen neuen Wohnungsbau, aber wir haben noch so viele andere Flächen. Warum denn Tempelhof und warum in der Größenordnung? – Es ist richtig, es ist ein Glücksfall für die Stadt, wir haben viel Wohnungsbaupotenzial, bis zu 200 000 Wohnungen, dafür haben wir Flächen für die nächsten 20, 25 Jahre. Aber wir müssen eben auch all dieses Potenzial nutzen. Mir ist eben auch ganz besonders wichtig, dass wir die Landesflächen nutzen, auf die wir raufkommen, in guten innerstädtischen Lagen.

Was ist das eigentlich für eine unsoziale Haltung zu sagen, ja, ich wohne zwar gut und richtig in der Innenstadt, und es ist ja auch schön, dass es zusätzliche Flächen gibt, irgendwo am Stadtrand, da kann und soll ja auch was passieren. Finde ich auch, es soll überall was passieren, in allen Quartieren, aber eben auch in der Mitte der Stadt soll was passieren. Und das abzulehnen und zu sagen, da in den guten, verkehrlich gut erschlossenen Lagen mit guter sozialer Infrastruktur, mit Einkaufsmöglichkeiten, da wollen wir keine neuen bezahlbaren Wohnungen, das ist eine unsoziale Haltung, der man sich entgegenstellen muss.

[Beifall bei der SPD – Beifall von Michael Braun (CDU)]

Wir wollen die soziale Durchmischung einer ganzen Stadt. Und dazu gehört es, eben auch diese Potenziale, die wir haben, zu nutzen und zu entsprechenden Bebauungen zu kommen.

Natürlich spielen unsere Planungen und unsere Vorstellungen, der Masterplan, tatsächlich eine Rolle. Aber da frage ich auch zurück, wenn immer gesagt wird, die Senatsverwaltung, der Bausenator, die kommen mit fertigen Masterplänen und wollen damit alles überrollen und sind gar nicht bereit für die Stadtgesellschaft: Wie soll es denn anders laufen? Ohne die Pläne? Ist es ernsthaft gemeint, dass Politik und Verwaltung in öffentliche Diskussionen mit 300 und 500 Leuten gehen und sagen, so jetzt lasst uns doch mal diskutieren, aber wir sagen euch nicht, was wir wollen? Ist doch lächerlich! Wir veralbern doch damit die Menschen.

[Beifall von Burgunde Grosse (SPD) und Daniel Buchholz (SPD)]

Es muss doch so sein, dass Politik und Verwaltung sagen, was sie wollen. Wir müssen doch Pläne vorlegen und sagen: Wir sehen diese und jene Potenziale und Gestaltungsmöglichkeiten. – Und dann entsteht darüber die Diskussion und Auseinandersetzung, und das ist völlig richtig. Ich habe auch überhaupt kein Problem damit, so wie bei der Entwicklung der Freifläche, der Parklandschaft Dinge zu korrigieren, es auch bei den anderen Plänen zu machen und zu sagen: Lasst uns reden über Größenordnungen! Lasst uns reden über Architektur! Ich habe damit kein Problem. Da bricht keinem Politiker ein Zacken aus der Krone, diese Diskussion zu führen.

[Joachim Esser (GRÜNE): Warum machen Sie es dann nicht?]

Wer sagt denn, dass wir es nicht machen? – Wir machen es in diesen ganzen Veranstaltungen. Und alle Ergebnisse fließen mit ein in die Diskussion, aber, Herr Esser, es gehört zur Wahrheit etwas anderes dazu. Es gehört eben auch zur Ehrlichkeit in der Diskussion mit der Stadtgesellschaft dazu zu sagen, dass all diese Diskussionen Auswirkungen haben. Natürlich kann ich mich immer weiter unterhalten über die Menge der gebauten Wohnungen, aber es hat etwas zu tun mit der Miethöhe, ob ich 1 500 Wohnungen oder 100 Wohnungen baue, weil ich mit den Mieten runterwill.

[Beifall bei der SPD – Beifall von Kurt Wansner (CDU)]

Ich brauche auch ein gewisses Volumen. Ich brauche eine Mischkalkulation, die ich den städtischen Gesellschaften ermögliche. Es gibt Grundkosten beim Bau. Die sind völlig gleich, egal ob ich 100 oder 1 000 Wohnungen baue, aber sie fließen mit ein in die Mietenkalkulation. Das muss man den Menschen dann auch sagen, was es für Konsequenzen hat, wenn ich über Architektur rede, immer noch mal ein Türmchen, noch mal ein Erker und noch ein Fenster mehr, das kann man alles machen, alles schick und schön, aber es kostet Geld, das die Berlinerinnen und Berliner bezahlen müssen. Und es kostet auch Zeit.

Das will ich an der Stelle auch mal sagen: Es kann ja gut sein – soll ja so was schon mal gegeben haben in der Politik –, dass der eine oder andere auch aus parteipolitischen Gründen sagt, na ist doch gar nicht so schlimm, wenn es länger dauert, dann werden wir eben nicht so schnell fertig, dann hat eben die Koalition die Wohnungsbauziele 2016 nicht erreicht, oder der Müller hat ein Problem, weil er seine Ziele mit den Baumaßnahmen nicht erreicht. Um das hier vielleicht auch ein für alle Mal deutlich auszuräumen:

[Zuruf von Antje Kapek (GRÜNE)]

Wenn wir nicht schnell in Bautätigkeit kommen, wenn es nicht möglich ist, schnell neuen Wohnraum zu schaffen, schadet es nicht mir, es schadet den Berlinerinnen und Berlinern und den Menschen, die in unsere Stadt kommen und dringend Wohnraum benötigen.

[Beifall bei der SPD – Vereinzelter Beifall bei der CDU]

Es ist eine soziale Frage, wie wir damit umgehen, ob wir Wohnraum schaffen oder keinen Wohnraum schaffen. Und deswegen habe ich an der Stelle auch eine klare Haltung: Ja, ich möchte bauen. Ich möchte schnell bauen. Ich habe mir Partner gesucht, zwei städtische Wohnungsbaugesellschaften und eine Wohnungsbaugenossenschaft, die bereit sind, als Partner für den Wohnungsbau auf dem Tempelhofer Feld an den Rändern zur Verfügung zu stehen. Es wäre alles einfacher mit privaten Partnern –

(Bürgermeister Michael Müller)

die rennen mir die Bude ein, ich kann die Flächen dreimal am Tag vergeben –, die dann vielleicht schneller sind, aber die bauen genau das, was ich nicht will: Die bauen dann tatsächlich Luxus für einige wenige. Ich möchte Wohnungen mit den Wohnungsbaugesellschaften. Ich will Miethöhen von 6 bis 8 Euro. Ich will Kitas. Ich will studentisches Wohnen. Und dafür habe ich die Partner, und das ist auch das, was in der Stadt dringend gebraucht wird. Und dafür muss man sich gemeinsam engagieren.