Protokoll der Sitzung vom 16.01.2014

[Beifall bei der SPD – Beifall von Stefan Evers (CDU)]

Herr Senator Müller! So langsam müssten Sie zum Ende kommen.

Anderthalb Absätze gönne ich mir noch, weil mir das Thema wichtig ist. – Zwei Punkte möchte ich noch ansprechen, und das ist auch das Thema ZLB. Ich fand, es kam eben ein bisschen kurz. Da kam Frau Lompscher, glaube ich, hat es so mit erwähnt und gesagt: Ja, kann man drüber reden, kann man machen, wie auch immer.

[Zuruf von Heidi Kosche (GRÜNE)]

Auch das, finde ich, ist doch eigentlich ein Thema für eine gute öffentliche Debatte: Wie halten wir es eigentlich mit solchen Bauten? Ich will ein weiteres Beispiel an der Stelle nennen, bevor ich direkt zur ZLB komme.

[Ramona Pop (GRÜNE): Wir diskutieren das Beispiel Flughafen seit Jahren!]

Ich finde es einigermaßen schade, um es mal ganz vorsichtig zu diskutieren, wie die Stadtgesellschaft z. B. auch mit dem Humboldtforum umgeht. Das ist ein unglaublicher Bau in der Mitte der Hauptstadt. Das ist ein Statement des Bundes auch in der Hauptstadt zu sagen, wir machen so einen Bau für viele hundert Millionen in unserer Hauptstadt und laden die Welt ein, hierher zu kommen und zu diskutieren.

[Vereinzelter Beifall bei der CDU – Beifall von Liane Ollech (SPD)]

Das ist etwas Großartiges für die Stadtentwicklung und für die Entwicklung einer Hauptstadt.

Auch in einem natürlich anderen Format geht es genau darum bei der ZLB. Ich finde es fast unerträglich, wenn da pausenlos von der Bücherei und der Bücherausleihe und Wowereits Gedenkbau und was weiß ich, was da alles für ein Käse erzählt wird, geredet wird. Ich habe mir das angeguckt, europaweit, wie Hauptstädte, wie große Städte damit umgehen. Im Moment werden überall in den Städten Bibliotheken gebaut, aus gutem Grund.

[Zurufe von den GRÜNEN und der LINKEN]

Und die Bibliotheken werden gebaut als Kommunikations- und Medientreffpunkt für die nächsten 100, 200 Jahre.

[Beifall bei der SPD]

Das sind keine Bücherausleihen, sondern das sind Treffpunkte der Stadtgesellschaft, und das sind Orte, die andere Menschen, die in diese Stadt kommen, einladen. Das sind Orte zum Kommunizieren. Das ist etwas, worauf wir doch auch aufbauen können. Was sind denn die Stärken der Stadt? – Im Zusammenhang mit unserem Stadtentwicklungskonzept 2030 – einige von Ihnen haben ja auch diese Diskussion mit verfolgt –

[Zuruf von Sabine Bangert (GRÜNE)]

kommt immer wieder der Punkt: Setzt mehr auf den Hauptstadtstatus, auf die Internationalität dieser Stadt, auf das weltoffene, tolerante Berlin, auf Kunst, Kultur, auf junge Menschen, auf Bildung! Das sind eure Stärken. Damit wird Berlin sich hervorragend auch in den nächsten Jahren weiterentwickeln. – Wenn das so ist, kann ich doch nicht einen Bau einer Landeszentralbibliothek abtun als irgendeine Bücherausleihe. Das ist ein zentrales Entwicklungspotenzial für die nächsten Jahrzehnte unserer Stadt.

[Beifall bei der SPD]

Deswegen ist es so wichtig, auch mit diesem Bau voranzukommen.

Abschließend: Es ist so, dass die Stadt wächst, dass es Veränderungsprozesse in unserer Stadt gibt, die kann man gut oder schlecht finden, aber man kann sie nicht einfach wegbeschließen, sondern diese Veränderungsprozesse sind da, sie sind schon in vollem Gange. 100 000 Menschen in den letzten drei Jahren sind gekommen. 250 000 erwarten wir in den nächsten 15 Jahren. Die Menschen kommen, und das ist gut, eben für dieses tolerante und weltoffene und internationale Berlin, es ist gut für unsere wirtschaftliche Entwicklung, für Schaffung und Investition in neue Arbeitsplätze. Das Schlimmste von allem wäre, wenn die Politik einfach nur zuguckt, wie das alles in unserer Stadt stattfindet, ohne dass wir es aktiv begleiten. Und Bauen gehört eben mit zum aktiven Begleiten dazu.

Der Bau muss jetzt beginnen. Er beginnt schrittweise, und es dauert nun mal leider Jahre, auch bis man Ergebnisse sieht. Es geht nicht auf Knopfdruck, sondern es bedeutet, in Bautätigkeit zu investieren, um dann in einigen Jahren auch die sichtbaren Erfolge zu haben. Aber es ist wichtig, gerade auch für den Bereich Mieten und Wohnen. Wir haben gemeinsam so viel hier im Abgeordnetenhaus beschlossen für den Bestand, für die Dämpfung der Mietenentwicklung, regulierende Maßnahmen, alles richtig und wichtig, aber zu einem guten und sozialen Zusammenleben in unserer Stadt gehört es eben auch, neuen Wohnraum zu schaffen, neuen Wohnraum für die wachsende Stadt, für die Berlinerinnen und Berliner und

(Bürgermeister Michael Müller)

für die Menschen, die noch in unsere Stadt kommen. Das jetzt zu ermöglichen, das ist unsere Aufgabe im Zusammenhang mit dem Tempelhofer Feld, und dafür bitte ich Sie um Ihre Unterstützung.

[Beifall bei der SPD und der CDU]

Danke schön, Herr Senator Müller! – Für die zweite Rederunde hatte sich für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen noch einmal die Kollegin Kapek gemeldet, der ich jetzt das Wort erteile. – Bitte schön!

Vielen Dank, Herr Präsident! – Meine sehr geehrten Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Senator Müller! – Herr Buchholz! Sie haben ernsthaft gefragt, warum wir der Initiative „100 Prozent Tempelhofer Feld“ gratuliert haben. Erstens: Das gehört sich so. Wenn man so einen respektablen Erfolg hinlegt, dann darf man auch mal gratulieren, selbst, wenn man die Inhalte nicht teilt.

[Beifall bei den GRÜNEN – Vereinzelter Beifall bei den PIRATEN]

Und Sie sind die Einzigen, die es nicht getan haben. – Herzlichen Glückwunsch dazu!

Und zum Zweiten, lieber Herr Buchholz: Warum haben denn so viele Menschen unterschrieben? – Das liegt nicht etwa daran, dass alle hundertprozentig die Forderung geteilt haben – das tun ja nicht einmal alle Mitglieder der Initiative –,

[Zurufe von der SPD]

sondern die Menschen haben vor allem aus einem Grund unterschrieben: Es ist die einzige Möglichkeit, Senator Müller endlich zu einer Diskussion über seine Pläne zu zwingen.

[Lars Oberg (SPD): Was für ein Quatsch!]

Und damit haben sie recht.

[Beifall bei den GRÜNEN – Zurufe und Lachen von der SPD]

Dafür gebührt ihnen nicht nur Gratulation, sondern auch Dank.

Herr Evers! Ich finde, Sie haben eine sehr schöne Rede gehalten, und sie kommt der Farbe Ihrer Krawatte doch reichlich nahe. Auch wenn Sie sich in vielen Punkten im Vagen gehalten haben, haben Sie doch einige richtige Punkte genannt. Ich finde, der entscheidendste Punkt, auf den Sie hingewiesen haben, ist, dass in dem Gesetzentwurf, den „100 Prozent Tempelhofer Feld“ vorgelegt hat, tatsächlich nichts über die Kritik an den Plänen steht, sondern die Null-Lösung formuliert ist. Genau das ist der Grund dafür, dass wir gesagt haben: Wir müssen als Ab

geordnetenhaus diesen Kompromiss formulieren, und wir müssen ihn als Alternativvorschlag, als alternativen Gesetzentwurf am 25. Mai zur Abstimmung mit einreichen.

[Beifall bei den GRÜNEN]

Ich will noch ganz kurz etwas zur Kritik sagen. Ganz ehrlich: Natürlich mussten Sie einen Masterplan vorlegen. Das ist auch richtig, das habe ich auch an jeder Stelle gesagt. Aber, dass darin keine Schule geplant ist, dass die Quartiere nicht richtig erschlossen sind,

[Zuruf von der SPD: Stimmt alles gar nicht!]

dass die Sanierung des Gebäudes dank der nicht öffentlichen Kosten- und Finanzierungsplanung des Finanzsenators dazu führen wird, dass es sogar einen Rücklauf in der Sanierung des Flughafengebäudes geben wird, dass selbst Maren Kern vom BBU sagt: Diese großen Wohnungen, die Sie dort planen, braucht Berlin nicht. Wir brauchen kleine Wohnungen. – Das heißt: Gehen Sie in der durchschnittlichen Quadratmeterzahl von jetzt 120 auf etwa 70 herunter. Dann kommen Sie nämlich sogar zu mehr Wohnungen. Bauen Sie die ZLB nicht neu, sondern im Flughafengebäude, und Sie kommen zu mehr Wohnungen, und, und, und.

[Beifall bei den GRÜNEN]

Frau Kollegin! Sie müssten zum Ende kommen.

Ja! Herr Senator Müller hat auch ein bisschen überzogen. Gönnen Sie mir noch einen Satz!

Ja, ein Satz, ist klar!

Herr Müller! Sie haben sich in den letzten zweieinhalb Jahren an vielen Stellen beweglich gezeigt, und, das finde ich, verdient auch an dieser Stelle Respekt, und dafür möchte ich auch Ihnen danken. Ich glaube, jetzt wäre der Punkt, dies noch einmal zu tun. Tatsächlich ist das größte Problem im Hinblick auf Ihre Wohnungspolitik nicht die Initiative „100 Prozent Tempelhofer Feld“, sondern der Finanzsenator, der nämlich all die wichtigen Vorlagen, die aus Ihrem Haus kommen, ständig blockiert.

Den Vorwurf der Hinterzimmerpolitik müssen Sie sich nicht weiter anhören, wenn Sie einfach die FNPÄnderung vorschalten würden, bevor Sie Baurecht erteilen bzw. Bauplanentwürfe in die Öffentlichkeit geben. Deshalb sage ich es noch einmal: Ich glaube, dass wir viele richtige Ansätze haben. Ich glaube, das hat man auch heute gehört. Wir sind alle gar nicht so wahnsinnig

(Bürgermeister Michael Müller)

weit auseinander, wie man vielleicht noch vor Wochen meinen wollte. Das gilt auch für die Initiative. Deshalb lassen Sie uns bitte alle gemeinsam an einen Tisch kommen, und folgen Sie unserem Vorschlag, einen alternativen Gesetzentwurf zu formulieren und am 25. Mai zur Abstimmung zu stellen!

[Beifall bei den GRÜNEN]

Danke schön, Frau Kollegin Kapek! Sie haben gesehen, ich war etwas großzügiger!