Protokoll der Sitzung vom 06.03.2014

Ich danke auch dem Aufsichtsratsvorsitzenden noch einmal für seine Klarstellungen. Aber auf einen Punkt möchte ich nichtsdestotrotz hinweisen.

[Zuruf von der LINKEN]

Ich hatte Ihnen vorhin vorgeworfen, dass Sie keine seriösen Finanzierungsvorschläge liefern. Dann sagen Sie, ja wir haben doch. Und was kommt raus, wenn man das kritisch hinterfragt? – Sie wollen das mit neuen Schulden finanzieren

[Dr. Klaus Lederer (LINKE): Was? – Dr. Manuela Schmidt (LINKE): Nein!]

oder mit dem Verzicht auf Schuldentilgung. Und das, meine Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen von der Opposition, lassen wir Ihnen nicht durchgehen, dass Sie hier zukünftige Generationen mit den aktuellen Problemen weiter belasten wollen. So sieht eine seriöse Haushaltspolitik nicht aus. Da machen wir nicht mit.

[Beifall bei der CDU und der SPD – Udo Wolf (LINKE): Für Vertreter der christlichen Partei gilt umso mehr: Du sollst nicht lügen! – Dr. Klaus Lederer (LINKE): Wir erklären es Ihnen nachher ausführlich! – Steffen Zillich (LINKE): Der dauerhafte Zuschuss aus dem Landeshaushalt ist total generationenfreundlich! – Heiterkeit bei der LINKEN]

Gestatten Sie eine Zwischenfrage? – Dann hat jetzt für die Piratenfraktion der Abgeordnete Herr Herberg das Wort. – Bitte sehr!

Ich glaube, wir befinden uns jetzt in einer Zeitschleife. Ich wollte schon wieder sagen, ja, danke, Herr Senator, dass Sie ein paar Fakten genannt haben, danke an die anderen Redner, dass Sie irgendwie zur Debatte beigetragen haben. Und dann kam Herr Garmer hinzu und hat wieder nicht zugehört. Ich habe ein bisschen das Gefühl, dass sich die SPD und die CDU einen schlanken Fuß machen wollen,

[Vereinzelter Beifall bei den PIRATEN]

(Heidi Kosche)

um aus der kompletten Verantwortung herauszukommen. Natürlich wird sich der Senat als exekutives Organ dieses Unternehmen anschauen und damit Sachen machen.

[Canan Bayram (GRÜNE): Sachen machen?]

Drücken wir es einmal so aus. Wir haben mit unserem Antrag jedoch unserem politischen Handeln Ausdruck verleihen wollen. Wir haben Sie eingeladen, dass Sie ebenfalls Ihre politischen Wünsche mit auf die Tagesordnung bringen. Wir haben sie klar und offen hier geäußert. Wir wollen eine Anstalt öffentlichen Rechts, wo alle Töchter mit drin sind. Wir wollen, dass es wieder soziale Strukturen in der Mitarbeiterschaft gibt. Wir wollen, dass aus dem Landeshaushalt Mittel für die Finanzierung des Rückkaufs eingestellt werden. Es sind ja 500 Millionen Euro in die Refinanzierung, also die Schuldentilgung geflossen. Wir wissen aber noch nicht genau, was 2014 sein wird. Wenn wir da auch wieder einen Überschuss haben, könnten wir das ebenfalls mit hineinpacken.

[Dr. Michael Garmer (CDU): Und wer soll das bezahlen?]

Na ja, das haben die Bürgerinnen und Bürger doch schon bezahlt. Wenn ich gerade schon sage, dass im Jahr 2012 und 2013 ein Überschuss erwirtschaftet wurde, und wenn wir dann sagen, 2014 ist auch wieder ein Überschuss da, dann stellt sich wieder die gleiche Frage: Wofür benutzen wir dieses Geld? Wir haben damals schon gesagt, wir könnten uns gut vorstellen, dass dieses Geld z. B. für die Wohnungsbauförderung, für die BVGEntschuldung oder hier für die Wasserbetriebe verwendet wird. Sie haben sich dieser kompletten Debatte verschlossen und gesagt, einzig und allein in die Schuldentilgung, und haben damit Tür und Tor geöffnet, dass genau in diesen Bereichen die Schulden auf diesen Unternehmen lasten werden.

[Beifall bei den PIRATEN]

Diese Debatte haben wir heute wieder, denn einer dieser Punkte, die wir damals eingebracht hatten, betrifft die Wasserbetriebe, wo wir gesagt haben, wir würden dort eine Teilentschuldung für sinnvoll halten, um dort die gesamten Zukunftsprojekte zu befördern. Das sind politische Entscheidungen, die wir hier treffen müssen. Der Finanzsenator kann diese Entscheidungen gar nicht treffen. Er kann nicht einfach Überschüsse, die im Landeshaushalt erwirtschaftet werden, dafür benutzen, um dann in die Wasserbetriebe Geld reinzustecken. Das darf er gar nicht. Das dürfen nur wir hier. Wir müssen das entscheiden. Sie treffen solche Entscheidungen nicht. Und wir stoßen Sie immer wieder in diese Richtung und wollen, dass Sie langsam diese Entscheidungen treffen. Deswegen bringen wir das wieder auf die Tagesordnung und werden Sie aus dieser Debatte auch nicht rauslassen, weil Sie das den Berlinerinnen und Berlinern schuldig sind. – Danke schön!

[Beifall bei den PIRATEN – Vereinzelter Beifall bei der LINKEN]

Vielen Dank, Herr Herberg! – Weitere Wortmeldungen liegen mir gegenwärtig nicht vor. – Zu dem Antrag Drucksache 17/1242 empfiehlt der Hauptausschuss mehrheitlich gegen Grüne, Linke und Piraten die Ablehnung. Wer dem Antrag dennoch zustimmen möchte, den bitte ich jetzt um das Handzeichen. – Das sind die Fraktionen Bündnis 90/Die Grünen, die Fraktion Die Linke und die Piratenfraktion. Gegenstimmen? – Das ist die SPDFraktion, die CDU-Fraktion und der fraktionslose Abgeordnete. Enthaltungen? – Ich sehe keine Enthaltungen. Dann ist der Antrag abgelehnt.

Ich rufe auf

lfd. Nr. 3.3:

Priorität der Piratenfraktion

Tagesordnungspunkt 8

Gesetz über die Nutzung von Flächen mit gesamtstädtischer Bedeutung

Antrag der Piratenfraktion Drucksache 17/1489

Erste Lesung

Ich eröffne die erste Lesung. Für die Beratung steht den Fraktionen jeweils eine Redezeit von grundsätzlich bis zu fünf Minuten zur Verfügung. Es beginnt die Piratenfraktion. Das Wort hat der Herr Abgeordnete Magalski. – Bitte sehr!

Vielen Dank, Frau Präsidentin! – Liebe Kolleginnen und Kollegen! Werte Gäste! Wir Piraten stehen Bürger- und Volksentscheiden sehr positiv gegenüber, denn sie sind Ausdruck des Willens zu direkter Demokratie, Teilhabe und Mitbestimmung.

[Beifall bei den PIRATEN]

Wir wollen diese Teilhabe unter anderem durch die Absenkung der Quoren und eine Erweiterung der Abstimmungsberechtigten noch verbessern und haben bereits entsprechende parlamentarische Initiativen eingebracht. Der Volksentscheid zum Erhalt des Tempelhofer Feldes am 25. Mai gebietet den Volksvertretern im Abgeordnetenhaus, dem Volksgesetzgeber einen alternativen Gesetzesentwurf zur Abstimmung anzubieten.

[Unruhe]

(Heiko Herberg)

Darf ich Sie kurz unterbrechen? – Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich würde darum bitten, dass etwas mehr Ruhe im Saal einkehrt. – Fahren Sie bitte fort!

Das sage ich auch bei aller grundsätzlicher Sympathie für die Initiative „100 Prozent“. Dieser Konsens der im Abgeordnetenhaus vertretenen Fraktionen zeigt, dass es den bislang zur Abstimmung stehenden Gesetzesentwurf der Initiative an wichtigen Inhalten mangelt und das Entwicklungspotenzial, das die Fläche bietet, darin nicht ausreichend berücksichtigt wird. Besonders die Möglichkeit neuer demokratischer Beteiligungsmodelle kommt hier quasi nicht vor. Dazu später noch mehr.

Nun liegt es also an uns, liebe Kolleginnen und Kollegen, schnellstmöglich eine tragfähige und attraktive Gesetzesinitiative und Alternative für die Berlinerinnen und Berlin zu schaffen. Dass der bekannte Masterplan das in der Form nicht sein kann, leuchtet uns mittlerweile hoffentlich allen ein, denn der war ja der Grund dafür, diesen Volksentscheid herbeizuführen. Darum ist es mehr als notwendig, jetzt von dieser starren Haltung abzulassen und zu zeigen, liebe Koalition, dass ihr bereit seid, euch zu bewegen, nicht mehr nur noch fertige Pläne vorzulegen und diese breit angelegt vorzustellen, um dann nur noch nach Meinungen zu fragen, wenn längst alles entschieden ist,

[Vereinzelter Beifall bei den GRÜNEN]

sondern den Weg freizumachen für eine neue, ergebnisoffene Planung am Tempelhofer Feld, die mit einem obligatorischen partizipativen Beteiligungskonzept einhergeht. Deshalb haben wir mal was vorbereitet, das Gesetz über die Nutzung von Flächen mit gesamtstädtischer Bedeutung, kurz: Freiflächengesetz, noch kürzer: FreiFlG.

Dieser Gesetzentwurf ist vollständig auf das Tempelhofer Feld anwendbar, hat aber den Vorteil, dass er darüber hinaus auch viele andere in ihrer Planung teilweise höchst umstrittene Freiflächen im Land Berlin mit einschließt. Das ist der Sinn und Anspruch des Anwendungsbereichs, wie wir ihn unter § 1 beschrieben haben, ein Gesetz für viele Lösungen zu bieten.

Als prominentes Anwendungsbeispiel möchte ich den Mauerpark nennen, der nicht nur an zwei Bezirke angrenzt, sondern sowohl klimatisch, soziokulturell als auch historisch eine außergewöhnliche stadtpolitische Bedeutung hat. Solche für unsere Stadt unentbehrlichen Freiflächen gilt es, im Eigentum des Landes Berlin zu belassen und dauerhaft zu sichern.

[Beifall bei den PIRATEN]

Das haben wir unter § 2 im Erhaltungsgebot formuliert.

So komme ich auch schon zum Kern unseres Gesetzesvorschlags, den der Entwurf von „100 Prozent Tempelhofer Feld“ nur am Rande erwähnt: Partizipation. Ich zitiere aus § 3:

Allen Entscheidungen auf den Planungsebenen Raumordnung, Flächennutzung und Bebauung ist auf Landes- und Bezirksebene ein mehrstufiges obligatorisches Partizipationsverfahren vorgelagert.

Damit wollen wir eine attraktive Bürgerbeteiligung ermöglichen, die diesen Namen nicht nur verdient, sondern die auch endlich einmal zu verbindlichen partizipativen Entscheidungen führt, so, wie es sich für eine engagierte und progressive Metropole Berlin mit noch engagierteren Berlinerinnen und Berlinern gehört.

[Beifall bei den PIRATEN]

Für innovative demokratische Experimente bedarf es Mut. Wir Piraten sind bereit, diesen Mut aufzubringen und den Bürgerinnen und Bürgern dieser Stadt mehr Verantwortung und Entscheidungskompetenz an die Hand zu geben, denn am Beispiel des Tempelhofer Felds hat sich doch eines in der Praxis erwiesen: dass die klassischen Planungsinstrumente wie Flächennutzungsplan oder Bebauungspläne allein nicht ausreichen, um der gesamtstädtischen Bedeutung der Flächen und den Bedürfnissen der Berlinerinnen und Berliner an der Mitgestaltung ausreichend Rechnung zu tragen. Das erfolgreiche Volksbegehren erinnert uns nicht nur daran, es ermahnt uns geradezu, diesem Zustand Rechnung zu tragen und ihn zu verändern.

Des Weiteren gehört die Verwaltung der Flächen zum Kernstück unseres Entwurfs. Diese sollte nur durch landeseigene Unternehmen erfolgen, die transparent und partizipativ geprägt sein müssen, indem alle die Verwaltung oder Nutzung der Fläche betreffenden Informationen veröffentlicht werden. Obligatorische Beiräte für die Belange der Anwohnerinnen und Anwohner, der Nutzerinnen und Nutzer und des Landschafts-, Natur- und Umweltschutzes sollen gebildet und in die Entscheidungsprozesse eingebunden werden.

Die Maßnahme für die Entscheidung zu solchen Elementen in diesem Entwurf ist auch der investigativen Vorbereitung unserer Landesarbeitsgruppe, dem Squad Tempelhofer Feld, zu verdanken, dem ich an dieser Stelle ausdrücklich meinen Respekt zollen möchte.

[Vereinzelter Beifall bei den PIRATEN]

Wir gehören im Übrigen zu den Fraktionen, die sich, soweit ich mich erinnere, an die Entscheidungen ihres Landesverbands gebunden fühlen, liebe SPD. Nicht zuletzt soll ein überwiegender Teil der Freiflächen dem Natur- und Landschaftsschutz gewidmet sein. Bestehende schützenswerte Flächen und Biotope sind ebenso zu erhalten wie auch ihren Bedürfnissen entsprechend nachhaltig auszugestalten. Dass ein freier und öffentlicher

Zugang auf allen Freiflächen gewährleistet werden muss, erschließt sich von selbst.